Skip to content
Menu

10 Irrtümer im Familienrecht und die tatsächliche Rechtslage

Irrtümer aus dem Familienrecht
Symbolfoto: Wavebreak Media Ltd / Bigstock (orig.)

Irrtum Nr. 1: Nach der Hochzeit gehört den Ehegatten alles jeweils zur Hälfte:

Falsch! Nach dem gesetzlichen Regelfall leben die Ehegatten nach der Hochzeit im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, sofern sie nicht durch einen Ehevertrag etwas anderes miteinander vereinbart haben. Die sog. „Zugewinngemeinschaft“ ist vom Grundsatz von der Vermögenstrennung geprägt, so dass jeder Ehegatte Eigentümer und Inhaber seines Vermögens bleibt. Das gilt ausdrücklich auch für das während der Ehe erwirtschaftete Vermögen, das zunächst dem Ehepartner gehört, der es eingenommen bzw. gekauft hat. Ein sog. „Zugewinnausgleich“ findet in der Regel erst dann statt, wenn die Ehe einmal geschieden wird. Dabei wird das Vermögen für beide Ehepartner getrennt zu Beginn der Ehe und zum Zeitpunkt der Scheidung ermittelt. Übersteigt der Zugewinn des einen Ehegatten den Zugewinn des anderen, so steht die Hälfte des Überschusses dem anderen Ehegatten als Ausgleichsforderung zu. Ein vorzeitiger Zugewinnausgleich kann es geben, wenn die Ehegatten nach längerer Ehezeit einen Ehevertrag schließen oder nach längerer Ehe den Güterstand der Ehe ändern.

Irrtum Nr. 2: Ehegatten haften untereinander für ihre jeweiligen Schulden:

Nein! Sofern die Ehepartner im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, gilt für Schulden nichts anderes als für das Vermögen (s.o. Irrtum Nr. 1). Für die vor und während der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten haftet jeder Ehegatte grundsätzlich allein und mit seinem eigenen Vermögen; er braucht also nicht für die Schulden des anderen Ehegatten einzustehen. Lediglich bei Geschäften zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie besteht eine Ausnahme (sog. Schlüsselgewalt; z.B. die Anschaffung von Lebensmitteln oder Kleidungsstücken für die Familie). Ansonsten ist eine Haftung nur dann möglich, wenn ein Ehegatte beispielsweise eine (wirksame) Bürgschaftserklärung abgibt oder beide Ehepartner gemeinsam einen Kreditvertrag unterzeichnen. Anders ist die Rechtslage hingegen, wenn die Ehegatten durch einen Ehevertrag – abweichend von dem gesetzlichen Regelfall – im Güterstand der sog. „Gütergemeinschaft“ leben. Diese ist nämlich gerade dadurch gekennzeichnet, dass das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten wird. Dieses sog. „Gesamtgut“ haftet dann für alle Schulden mit der Folge, dass auch für die von nur einem Ehegatten eingegangenen Verbindlichkeiten das Vermögen beider Ehepartner haftet.

Irrtum Nr. 3: Ein Ehevertrag kann nur vor der Hochzeit geschlossen werden:

Falsch! Es handelt sich hierbei um einen sehr weit verbreiteten Irrtum. Richtig ist, dass ein Ehevertrag sowohl vor der Hochzeit als auch während der Ehe geschlossen werden kann. § 1408 BGB regelt sogar ausdrücklich, dass auch nach der Eingehung der Ehe der Güterstand noch durch einen Ehevertrag aufgehoben oder geändert werden kann. Allerdings bedarf ein Ehevertrag zur Wirksamkeit der notariellen Beurkundung. Man kann während der Ehe sogar von dem einen in den anderen Güterstand wechseln und später wieder in den ursprünglichen Güterstand. Durch Güterstandswechsel (sog. „Güterstandsschaukel“) lässt sich ein steuerfreier Transfer von Vermögenswerten von einem Ehepartner auf den anderen vollziehen.

Irrtum Nr. 4: Ehegatten können sich durch die Hochzeit automatisch gegenseitig vertreten:

Auch hierbei handelt es sich um einen häufigen Rechtsirrtum. Oftmals wird eine Heirat (zusätzlich) legitimiert mit der Argumentation, dass man z.B. im Falle einer dringend notwendigen medizinischen Behandlung als Ehegatte des Patienten auskunftsberechtigt gegenüber den Ärzten sein möchte und/oder eine medizinische Behandlung dann notfalls – ohne oder gar gegen den Willen des schwer erkrankten und nicht mehr ansprechbaren Ehepartners – ggf. einleiten bzw. abbrechen könne. Eine durch die Ehe automatisch eintretende Generalvollmacht hat der Gesetzgeber jedoch bewusst nicht vorgesehen. Eheleute können nicht alleine deshalb, weil sie miteinander verheiratet sind, ohne weiteres füreinander rechtsgeschäftlich handeln. Eine Ausnahme hat der Gesetzgeber lediglich für die sog. „Schlüsselgewalt“ – also für diejenigen Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie – vorgesehen (s.o. Irrtum Nr. 2). Bei allem, was darüber hinausgeht, unterscheidet das Gesetz hinsichtlich der Frage der Vertretungsmacht (damit ist die Befugnis gemeint, für eine andere Person wirksam rechtsgeschäftlich zu handeln) – so unromantisch das im Einzelfall auch klingen mag – nicht zwischen einem Ehegatten und einem beliebigen Dritten.

Auf das einleitende Beispiel bezogen bedeutet dies, dass die Schweigepflicht des behandelnden Arztes eines Ehegatten in der Regel auch gegenüber dem anderen Ehegatten gilt, er also mitnichten alleine aufgrund seiner Stellung als Ehepartner medizinische Auskünfte erhalten darf. Auch die Einwilligung in eine medizinische Behandlung des Ehepartners bzw. deren Abbruch ist ohne eine gesonderte Vollmacht im Regelfall nicht möglich. Wer also für solche Fälle gewappnet sein möchte, sollte rechtzeitig über die Errichtung einer Patientenverfügung und einer Vorsorgevollmacht nachdenken. Zwar hat der Bundesrat derzeit einen Gesetzesentwurf für eine gesetzliche Vertretungsmacht von Ehegatten in den Bundestag eingebracht (BR-Drucksache 505/16). Sollte dieser Entwurf Gesetz werden, so bezieht er sich auf die reine Vertretung in einigen Gesundheitsangelegenheiten, so dass selbst dann für alle anderen Bereiche (schwerwiegende medizinische Maßnahmen oder freiheitsentziehende Unterbringung; Vertretung in finanziellen Dingen) die Errichtung einer gesonderten (Vorsorge-)Vollmacht für die wirksame Vertretung des Ehepartners auch weiterhin unverzichtbar sein wird. Auch berechtigt die Ehe nicht dazu, die Post des jeweils anderen Ehegatten einfach ohne dessen Zustimmung zu öffnen und zu lesen. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass es sogar umstritten ist, ob Eltern die Post, E-Mails und SMS ihrer, heranwachsenden Kinder lesen dürfen.

Irrtum Nr. 5: Bei einer einvernehmlichen Scheidung kann man auf den Anwalt auch verzichten:

Nein, zwar vereinfacht eine einvernehmliche Trennung das gesamte Scheidungsverfahren, ermöglicht es aber nicht, auf einen Rechtsanwalt zu verzichten. Die Scheidung durch einen Richter setzt einen entsprechenden Scheidungsantrag voraus, der nur durch einen Anwalt gestellt werden kann. Im Scheidungsverfahren herrscht also grundsätzlich Anwaltszwang.

Irrtum Nr. 6: Bei einer einvernehmlichen Scheidung kann ein Anwalt beide Parteien vertreten:

Nein, da es einem Rechtsanwalt bereits aufgrund seiner Berufsordnung nicht gestattet ist, widerstreitende Interessen zu vertreten. Was jedoch oftmals gemeint sein wird, wenn von einem „gemeinsamen“ Anwalt im Rahmen eines Scheidungsverfahrens gesprochen wird, ist die Konstellation, dass bei einer Einvernehmlichkeit aus Kostengründen nur eine Partei einen Rechtsanwalt beauftragt und dieser dann den Scheidungsantrag beim Familiengericht stellt. Die Parteien vereinbaren dann, sich die Kosten für den Rechtsanwalt zu teilen.

Irrtum Nr. 7: Gegen den Willen des (Noch-)Ehegatten ist eine Scheidung nicht möglich:

Falsch! Eine Scheidung ist natürlich auch gegen den Willen des (Noch-)Ehegatten möglich. Voraussetzung ist lediglich, dass das Trennungsjahr abgelaufen ist und ein Scheidungsantrag gestellt wurde. Man spricht von einer sog. „einverständlichen Scheidung“, wenn entweder ein beiderseitiger Scheidungsantrag oder aber eine Zustimmung des anderen Ehegatten vorliegt. Es wird dann unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist und die Ehe kann nach Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden. Eine sog. „streitige Scheidung“ ermöglicht die Scheidung auch gegen den Willen des anderen Ehegatten unabhängig vom Nachweis, dass die Ehe gescheitert ist. Es wird unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit drei Jahren getrennt voneinander leben. Allerdings kann die Ehe auch schon vor Ablauf der drei Jahre geschieden werden, wenn eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann. Die einseitige Zerrüttung auf Seiten eines Ehegatten reicht bereits aus, wenn offensichtlich ist, dass dieser unter keinen Umständen bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzukehren, um die Ehe fortzusetzen (z.B. indem er eine dauerhaft eine neue Partnerschaft eingeht).

Irrtum Nr. 8: Eltern haften für ihre Kinder:

Es handelt sich hierbei nahezu schon um einen Klassiker der Baustellenbeschilderung, der aber zugleich auch ein geläufiger Rechtsirrtum ist. Die zunächst einmal erschreckende Wahrheit lautet: Eltern haften gar nicht für ihre Kinder. Verursacht ein Kind einen Schaden – beispielsweise indem es mit einem Stein ein Auto zerkratzt, so haftet das Kind u.U. – je nach Alter – selbst. Dabei gilt: ist das Kind unter sieben Jahre alt, so ist es „deliktsunfähig“ und haftet somit für gar keinen Schaden. Kinder zwischen sieben und achtzehn Jahren haften grundsätzlich – je nach individueller Einsichtsfähigkeit – für von ihnen verursachte Schäden. Für Kinder zwischen sieben und zehn Jahren gilt eine Haftungsprivilegierung für den Bereich des Straßenverkehrs. Die Eltern haften nur dann, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Diese Haftung beruht jedoch nicht auf dem Eltern-Kind-Verhältnis, sondern darauf, dass die Eltern eine ihnen obliegende Pflicht – die Aufsichtspflicht – verletzt haben. Sie haften also nicht für das Fehlverhalten des eigenen Kindes, sondern für ihr eigenes Fehlverhalten. Verletzen die Eltern (bzw. die Aufsichtspflichtigen) ihre Aufsichtspflicht, so haften sie ggf. Dritten gegenüber für den daraus entstandenen Schaden. Die Ersatzpflicht tritt jedoch nicht ein, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht genügt haben oder wenn der Schaden auch bei entsprechender Aufsichtsführung entstanden wäre. Was Eltern im Rahmen ihrer Aufsichtspflichten tun müssen, hängt vom Alter des Kindes, der konkreten Situation und damit letztlich immer vom Einzelfall ab.

Irrtum Nr. 9: Eltern müssen die Rechnungen ihrer Kinder begleichen:

Minderjährige unter sieben Jahren sind geschäftsunfähig, d.h. sie können überhaupt keine wirksamen vertraglichen Verpflichtungen eingehen. Kinder zwischen dem siebten und dem achtzehnten Lebensjahr sind beschränkt geschäftsfähig, d.h. sie können Rechtsgeschäfte nur dann wirksam abschließen, wenn diese lediglich rechtlich vorteilhaft sind (Kaufverträge beispielsweise können in der Regel nicht rechtlich vorteilhaft sein) oder der Erziehungsberechtigte dem Rechtsgeschäft vorher zugestimmt hat. Falls diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist das Rechtsgeschäft schwebend unwirksam und hängt von der Genehmigung der Eltern ab. Erteilen sie die Genehmigung, wird das Rechtsgeschäft wirksam und die Zahlungsverpflichtung tritt ein. Verweigern sie jedoch die Genehmigung, so bleibt das Rechtsgeschäft unwirksam und es entsteht keine Zahlungsverpflichtung für die Kinder. Dabei ist zu beachten, dass nicht etwa die Eltern durch die Genehmigung Vertragspartner werden, sondern das Kind.

Irrtum Nr. 10: Anspruch auf Ausbildungsunterhalt:

„Eine feste Altersgrenze, ab deren Erreichen der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfällt, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Allerdings gehört es zu den schützenswerten Belangen des Unterhaltspflichtigen, sich in der eigenen Lebensplanung darauf einstellen zu können, wie lange die Unterhaltspflicht dauern wird.“ Nimmt ein Kind im Alter von 26 Jahren noch ein Studium auf, ohne seinen Vater hiervon vorher in Kenntnis zu setzen, so besteht laut BGH kein Anspruch mehr auf Ausbildungsunterhalt (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 03.05.2017, Az. XII ZB 415/16).

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Wie können wir Ihnen helfen?

Wir sind Ihr Ansprechpartner in allen rechtlichen Angelegenheiten. Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Ersteinschätzung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Rechtstipps

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!