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Auffahrunfall beim Verlassen eines Kreisverkehrs – Haftung

LG Osnabrück, Az.: 4 S 158/16, Urteil vom 07.09.2016

I.

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung durch nicht anfechtbaren einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu diesem Hinweisbeschluss binnen 2 Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

II.

Auffahrunfall beim Verlassen eines Kreisverkehrs - Haftung
Symbolfoto: Ilya_kovshik/Bigstock

Mit der Berufung macht der Beklagte geltend, das Amtsgericht habe rechtsfehlerhaft die Regeln des Anscheinsbeweises zu Lasten des Beklagten angewendet. Einen typischen Geschehensablauf als Voraussetzung für einen Anscheinsbeweis habe der Kläger nicht bewiesen. Im Übrigen habe das Amtsgericht durch Übergehen des Antrags des Beklagten auf Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens dessen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

Mit den gegen das amtsgerichtliche Urteil erhobenen Einwendungen dringt der Beklagte nicht durch. Das Amtsgericht hat der Klage mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen wird, stattgegeben.

Die Entscheidung des Amtsgerichts beruht auf der rechtsfehlerfreien Feststellung, der Verkehrsunfall sei auf das Verschulden des Beklagten zurückzuführen, der auf das klägerische Fahrzeug mit seinem Fahrrad aufgefahren sei, mit der Folge, dass dieser für die Unfallschäden allein hafte. Dabei hat das Amtsgericht in nicht zu beanstandender Weise die Aussage des Zeugen T. zu Grunde gelegt. Die Haftung des Beklagten folgt aus § 823 Abs. 1 BGB. Der Beklagte hat nach den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichts, die Rechtsfehler nicht erkennen lassen, gegen §§ 1 Abs. 2 und 4 Abs. 1 StVO verstoßen. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der Zeuge hinreichend verwertbare Angaben zur Kollision und dem Kollisionsort gemacht. Er hat dazu ausgesagt, dass der klägerische Pkw schon gestanden habe, er dann mit der Fahrerin Blickkontakt aufgenommen habe und den Fußgängerüberweg habe überqueren wollen. In diesem Moment habe er die Kollision wahrgenommen.

Aus dem damit bewiesenen tatsächlichen Geschehensablauf lassen sich, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat, die typischen Elemente eines Auffahrunfalls entnehmen, der den Schluss auf die Unaufmerksamkeit des Beklagten und damit auf dessen Verschulden zulässt. Zwar ist grundsätzlich für die Annahme eines Anscheinsbeweises zu Lasten des Auffahrenden erforderlich, dass feststeht, dass sich das vorausfahrende Fahrzeug schon eine gewisse Zeit vor dem nachfolgenden Fahrzeug befunden und diesem die Möglichkeit gegeben hat, einen ausreichenden Sicherheitsabstand aufzubauen. Allerdings dürfen diese Voraussetzungen nicht überspannt werden und hängen von der konkreten Örtlichkeit, insbesondere der möglichen Fahrgeschwindigkeit, dem in Ansatz zu bringenden Bremsweg und dem damit zusammenhängenden notwendigen Abstand der Fahrzeug zueinander ab. Ereignet sich, wie hier, ein Unfall beim Verlassen eines Kreisverkehrs, so sind an den Nachweis des längere Zeit hintereinander Herfahrens der Fahrzeuge geringe Anforderungen zu stellen, weil sich situationsbedingt Fahrzeuge in einem Kreisverkehr nur sehr kurze Zeit bewegen. Vorliegend ist zudem zu berücksichtigen, dass der Beklagte auf einem Fahrrad unterwegs war. Er hätte unschwer auch bei einer zeitlich vorhergehenden Verletzung der Vorfahrtspflicht durch die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs auf diese Verkehrssituation reagieren können, indem er seine Geschwindigkeit verringert hätte und ein Auffahren auf das im Fußgängerüberwegbereich anhaltende klägerische Fahrzeug verhindern können. Nach der Aussage des Zeugen T. war eine mögliche – bestrittene – Vorfahrtverletzung durch die Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs jedenfalls nicht ursächlich für die Kollision, da der klägerische Pkw bereits den Kreisverkehr verlassen hatte und stand, als der Zeuge das Auffahren des Beklagten wahrnahm.

Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Unfallrekonstruktion war nicht veranlasst. Die Unfallspuren befinden sich bei dem Pkw im rechten hinteren Heckbereich. Betroffen sind der Scheinwerfer wie auch der Heckdeckel und der Stoßfänger. Diese Schadensspuren am Pkw reichen auch nach Überzeugung der Kammer nicht aus, um einem Sachverständigen die Frage vorzulegen, wie sich der Unfall tatsächlich ereignet hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Schadensspuren an dem Fahrrad nicht gesichert wurden, dass auch auf der Fahrbahn keinerlei Unfallspuren festgestellt wurden und dass die Fahrweise des Beklagten vor der Kollision nicht bekannt ist. Die Anstoßstelle spricht bereits nach allgemeiner Lebenserfahrung für ein Auffahren durch den Beklagten, für das eine frontale Erfassung des Heckbereichs des Pkw keineswegs erforderlich ist, wie der Beklagte offenbar meint. Da das klägerische Fahrzeug den Kreisverkehr schon ganz überwiegend verlassen hatte, wie sich aus der Aussage der Zeugin E. ergibt, wäre eine Kollision im mittleren Heckbereich des Pkw sogar eher abwegig gewesen. Soweit der Beklagte vorträgt, die Spuren ließen eindeutig auf einen Aufprall in einem schrägen Winkel durch den Beklagten schließen, so kann dies dahinstehen. Auch ein Aufprall im schrägen Winkel ließe sich mit dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere mit der Aussage des Zeugen M. in Einklang bringen. Dafür, dass ein Aufprall im schrägen Winkel durch den Beklagten die Annahme eines Auffahrunfalls ausschließe, ist nichts dargetan.

Die zur Entscheidung stehende Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und eine Urteilsentscheidung ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten, § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO. Ein rechtlich relevanter neuer Tatsachenvortrag im Sinne des § 531 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Das angefochtene Urteil beruht aus den genannten Gründen nicht auf einer falschen Rechtsanwendung.

Eine mündliche Verhandlung im Sinne von § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO ist nicht geboten.

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