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DSL-Vertrag – Kündigung wegen Unterschreitung der maximalen Übertragungsgeschwindigkeit

AG Kiel, Az.: 106 C 21/11, Urteil vom 04.03.2011

1. Es wird festgestellt, dass durch die Kündigung des Klägers vom 14.06.2010 der zwischen den Parteien geschlossene pp. DSL flat komplett – Vertrag mit der Vertrags-Nr. pp. zum 31.07.2010 beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 83,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung jedoch durch Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der Kündigung eines Telekommunikationsvertrages.

DSL-Vertrag - Kündigung wegen Unterschreitung der maximalen Übertragungsgeschwindigkeit
Symbolfoto: sarayut/Bigstock

Der Kläger ging im September 2009 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Vertrag über Telekommunikationsleistungen ein, der von der Rechtsvorgängerin der Beklagten als „pp.DSL flat komplett“ bezeichnet wurde und für den der Kläger monatlich 29,90 Euro zu zahlen hat. Der Vertrag wurde für eine Laufzeit von 24 Monaten geschlossen. Neben Telefondienstleistungen war Gegenstand der Vereinbarung eine so genannten „Internet-Flatrate“. Den Vereinbarungen zugrunde lag das Preis- und Leistungsverzeichnis der Rechtsvorgängerin der Beklagten, das in Kopie zur Akte gereicht worden ist (Bl. 29 d. A.) und auf deren Inhalt verwiesen wird. Insbesondere heißt es in dem Verzeichnis zu dem vom Kläger gewählten Tarif wörtlich: „Anschlussbreite Downstream/Upstream in KBit/s (bis zu) […] 16.384/1125“.

Der Kläger stellte fest, dass die Datenübertragungsgeschwindigkeit aus dem Internet deutlich langsamer war als er sich erhofft hatte. Wie sich herausstellte, lag dies am Telefonanschluss des Klägers, der aus technischen Gründen, für die die Beklagte nicht einzustehen hat, eine Übertragungsgeschwindigkeit von höchstens 3.500 kBit/s zulässt. Dies war weder dem Kläger noch der Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Vertragsschluss bekannt.

Der Kläger kündigte daraufhin mit Schreiben vom 14.06.2010 den Vertrag zum 31.07.2010, nachdem er ein Angebot der Beklagten nicht annahm, den Vertrag umzustellen und eine Anschlussbreite von 6.000 kBit/s bei einem um einen Euro reduzierten Tarif zu vereinbaren. Die Beklagte wies die Kündigung zurück. Vorgerichtlich beauftragte der Kläger die Prozessbevollmächtigte mit der Vertretung. Sie forderte die Beklagte mit Schreiben vom 23.08.2010 auf, bis zum 31.08.2010 zu erklären, die Kündigung zum 31.07.2010 zu akzeptieren. Die Beklagte lehnte dies ab.

Der Kläger meint, zu Recht aus wichtigem Grund gekündigt zu haben. Da ihm die versprochene Bandbreite nicht zur Verfügung gestellt werden könne, sei ihm ein Festhalten an der Vereinbarung bis zum Ende der Laufzeit nicht zumutbar. Er beantragt, wie erkannt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise, die Verweisung an das örtlich zuständige Amtsgericht pp..

Sie meint, ein Kündigungsgrund bestehe nicht. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe dem Kläger eine Übertragungsbreite von bis zu 16.000 kBit/s versprochen und nicht garantiert, dass diese Übertragungsgeschwindigkeit tatsächlich erreicht werde. Dies könne die Beklagte auch gar nicht versprechen, denn hierfür sei die Kapazität des Telefonanschlusses am Haushalt des Klägers maßgebend, die von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin nicht beeinflusst werden könne. Entsprechend sei in den AGB der Beklagten auch geregelt, dass die Leistungsparameter der Anschlussleitung für die maximale Bandbreite für die Anschlussbandbreite maßgebend sei, so dass diese erst nach Freischaltung des Anschlusses bekannt sei.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Das angerufene Gericht ist zuständig. Nach hiesiger Auffassung ist die örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Kiel gem. § 29 Abs. 1 ZPO begründet. Erfüllungsort der Dienstleistungen aus dem Telekommunikationsvertrag ist der Wohnort des Klägers, weil an diesem Ort die vertragstypische Leistung für den Verbraucher erbracht wird. Zwar werden die Rechenleistungen der Beklagten am Ort des Servers, also am Sitz der Beklagten erbracht. Jedoch nimmt der Nutzer die Leistungen nicht in pp., dem Sitz der Beklagten, sondern in seiner Wohnung in Anspruch. Dass dies lediglich virtuell geschieht, ändert nichts daran, denn virtuell ist letztlich auch die Erbringung der Rechenleistungen am Sitz der Beklagten. Entsprechend kann man insoweit vertreten, dass der Erfüllungsort der Leistungen aus dem DSL-Vertrag überall dort liegt, wo diese Leistungen in Anspruch genommen werden (AG Ehlingen, Urteil v. 11.01.2008, Az. 1 C 356/07; siehe auch KG, Beschluss v. 17.09.2007, Az. 2 AR 37/07 in Bezug auf einen Mobilfunkvertrag; beide zitiert nach juris).

Die Klage ist auch begründet. Die Kündigung des Vertrages zum 31.07.2010 war wirksam. Der Kläger hat einen Anspruch auf Feststellung dieser von der Beklagten bestrittenen Tatsache und auch ein Interesse an dieser Feststellung.

Der Kündigungsgrund folgt aus § 313 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Abs. 2, Abs. 1 BGB. Die Tatsache, dass die Durchleitungsfähigkeit des Anschlusskabels eine Übertragungsgeschwindigkeit von ca. 16.000 kBit/S nicht – und zwar auch nicht annähernd – erlaubt, sondern nur ca. 3.500 kBit/S stellt eine zur Kündigung rechtfertigende Störung der Geschäftsgrundlage dar, die den Kläger zur Kündigung berechtigte. Die Geschäftsgrundlage ist gem. § 313 Abs. 1, 2 gestört, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausstellen und die Parteien den Vertrag nicht oder mit einem anderen Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die wahren Umstände gekannt hätten. Ist in einem solchen Falle eine Anpassung des Vertrages an die wahren Umstände nicht möglich oder zumutbar, kann der benachteiligte Teil den Vertrag kündigen. So liegt der Fall hier. Dass der Kläger und die Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Vertragsschluss davon ausgingen, eine Übertragungsgeschwindigkeit von bis zu 16.000 kBit/s ist möglich, folgt schon daraus, dass sonst eine andere, geringere Übertragungsrate gewählt worden wäre. Es kann weder davon ausgegangen werden, dass der Kläger sehenden Auges Geld für eine Dienstleistung ausgegeben hätte, die für ihn in dieser Form keinen Sinn ergibt noch davon, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten daran interessiert war, ihren Kunden Dienste anzudienen, die für die Kunden nicht nutzbar waren. Dass letztlich auch die Beklagte selbst die Frage der Leistungsfähigkeit des Anschlusskabels als Umstand wahrnimmt, der für die Vertragsdurchführung von ausschlaggebender Bedeutung ist, folgt aus ihren eigenen AGB, wonach in den Fällen, in denen aufgrund technischer Gegebenheiten, die nicht in der Sphäre der Beklagten liegen, weniger als 50 % der Bandbreite gemäß DSL-Vertrag realisiert werden können – wie auch im vorliegenden Fall – die Kunden der Beklagten ein Stornierungsrecht haben. Das Gericht verkennt hierbei weder, dass die Beklagte für die technischen Gegebenheiten des Hausanschlusses des Kläger nicht einzustehen hat noch dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten dem Kläger nicht eine dauernde Bandbreite von 16.000 kBit/s garantierte, sondern nur eine Übertragungsgeschwindigkeit bis zu 16.384 kBit/s. In der Tat schuldet die Beklagte nicht, worauf das Gericht bereits mit Beschluss vom 13.01.2011 hingewiesen hat, dass zu jeder Zeit die maximale Übertragungsrate zur Verfügung gestellt werden kann. Kann aber, wie im vorliegenden Fall, zu keiner Zeit und das auch nicht annähernd eine Übertragungsrate erreicht werden, die noch nicht einmal die Hälfte der in Aussicht gestellten Maximalrate darstellt, so erscheint es nicht billig, den Kläger darauf zu verweisen, es sei nur eine Übertragungsrate bis zu einer bestimmten Höhe, keine Mindestrate versprochen worden. Dies kann nicht das Ergebnis einer verständigen Auslegung des Vertrages zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten sein. Sinnvoll ausgelegt werden kann die vertragliche Abrede nur dahingehend, dass zwar eine Maximalübertragungsrate nicht garantiert werden kann, dass aber schon eine Übertragungsrate möglich sein muss, die signifikant über der Rate des zur Zeit des Vertragsschlusses bestehenden billigeren Alternativangebotes von 2.084 kBit/s liegen muss. Das ist bei einer maximalen Übertragungsrate von 3.500 kBit/ s jedenfalls noch nicht der Fall.

Für den Kläger war auch ein Festhalten am Vertrag zu veränderten Bedingungen, demgegenüber die Kündigung nachrangig ist, nicht zuzumuten. Insbesondere musste er nicht auf das vorgerichtliche Angebot der Beklagten eingehen, auf den Tarif mit der Übertragungsrate bis zu 6.000 kBit/s zu wechseln. Dies hätte ihn einen Euro weniger pro Monat gekostet. Jedoch wäre auch dann nur eine Übertragungsrate von wenig mehr als der Hälfte der Maximalbandbreite möglich. Darauf musste sich der Kläger nicht einlassen.

Da die Beklagte mit der Pflicht, die Kündigung hinzunehmen, durch die Zurückweisung der Kündigung in Verzug kam, hat der Kläger Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Beauftragung seiner Prozessbevollmächtigten. Der Zinsanspruch insoweit folgt aus § 291 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung – es gibt eine Vielzahl von vergleichbaren Fällen und insoweit keine obergerichtliche oder höchstrichterliche Rechtsprechung – ist die Berufung gem. § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen.

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