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Fristlose Mietvertragskündigung bei Nichtduldung der Wohnungsbesichtigung

LG Frankfurt, Az.: 2/11 S 172/15, Beschluss vom 08.09.2015

1. Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung gegen das am 11.06.2015 verkündete Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Az.: 33 C 408/15 (57)) gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen.

2. Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu Ziffer 1. binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

3. Der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen. Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden gemäß § 118 Abs. 1 S. 4 ZPO nicht erstattet.

4. Der Antrag des Beklagten nach § 718 Abs.1 ZPO auf Aufhebung der Entscheidung des Amtsgerichts Frankfurt am Main über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils vom 11.06.2015 (Az.: 33 C 408/15 (57)) wird zurückgewiesen.

Gründe

Fristlose Mietvertragskündigung bei Nichtduldung der Wohnungsbesichtigung
Symbolfoto: Von Alexander Limbach /Shutterstock.com

Die zulässige Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 11.06.2015 (Az.: 33 C 408/15 (57)) hat nach einstimmiger Überzeugung der Kammer offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichtes nicht. Auch eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

Das Amtsgericht hat zu Recht den Beklagten zur Räumung und Herausgabe der von ihm innegehaltenen Wohnung verurteilt. Auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens in der Berufung ist eine hiervon abweichende Bewertung der Sach- und Rechtslage nicht geboten. Weder rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung noch beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung (§ 513 ZPO).

Infolge dessen war der Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen, weil seine beabsichtigte Rechtsverteidigung in diesem Rechtszug keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§§ 114Abs. 1 S. 1, 119 Abs. 1 S. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Räumung und Herausgabe gemäß § 546 Abs. 1 BGB zutreffend auf die Beendigung des Mietverhältnisses spätestens durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 13.05.2015 (Bl.62 d.A.) gemäß § 543 Abs. 1 BGB gestützt.

Denn der Klägerin kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden.

Nachdem sich Nachbarn des Beklagten über unangenehme Gerüche, die aus seiner Wohnung drangen, beschwert hatten, war er in einem anderen Rechtsstreit von dem Amtsgericht Frankfurt am Main mit Urteil vom 10.09.2014 (Az.: 33 C 1739/14 (94)) zur Duldung der Besichtigung der Wohnung durch die Klägerin verurteilt worden.

Am 14.10.2014 ließ der Beklagte die Wohnungsbesichtigung zu. Insoweit behauptet die Klägerin, sie habe eine Verwahrlosung der Wohnung festgestellt. Gemäß § 138 Abs. 3 ZPO ist von dem Beklagten als zugestanden anzusehen, dass er sich mit ihr auf einen weiteren Besichtigungstermin am 20.11.2014 verständigte. Zu diesem Termin aber gewährte er ihr – was ebenfalls unstreitig ist – keinen Zutritt.

Nachdem am 17.11.2014 der Mieter der Wohnung, die unter der des Beklagten gelegen ist, mitgeteilt hatte, dass es zu Wasseraustritt an den Decken in einigen seiner Räume gekommen sei, und nachdem die Klägerin den Beklagten unter dem 08.12.2014 schriftlich aufgefordert hatte, einem von ihr beauftragten Unternehmen Zutritt zu gewähren (Bl.14 d.A.), war ein Mitarbeiter des Unternehmens …, ein Subunternehmen der von der Klägerin beauftragten …, in der Wohnung des Beklagten. Der Mitarbeiter stellte fest, dass die Rohrleitungen in Ordnung waren, dass jedoch der „Boden in Bad, Flur und angrenzende Zimmer … sehr nass (war)“ (Bl.52 d.A.). Sofern der Beklagte erstmals in der Berufung eine solche Nässe auf dem Boden in Abrede stellt, ist dieses neue Verteidigungsmittel gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen. Erstinstanzlich hatte der anwaltlich vertretene Beklagte nur einen Ursachenzusammenhang mit der Nässe in der darunterliegenden Nachbarwohnung bestritten.

Mit Schreiben vom 07.01.2015 erklärte die Klägerin die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses – mit der Begründung, dass der Beklagte sie „an einer möglicherweise notwendigen Gefahrenabwehr“ hindere, nämlich der ggf. notwendigen „technische(n) … Estrich- und/ oder Wandtrocknung“ (Bl. 16 ff d.A.).

Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 07.05.2015 in der hiesigen Sache (Az.: 33 C 408/15 (57)) hat der Beklagte erklärt, dass seine Wohnung am 13.05.2015 um 10.00 Uhr durch ein Trocknungsunternehmen betreten und besichtigt werden kann. Den Termin am 18.05.2015 hat er nur „alternativ“ genannt. Insoweit hat zwischen den Prozessbevollmächtigten geklärt werden sollen, an welchem der beiden Termine alle beteiligten Personen teilnehmen können (Bl.56 d.A.). Es ist daher die Pflicht des Beklagten gewesen, sich für den primär zugesagten 13.05.2015 parat zu hatten, sofern er nicht eine gegenteilige Mitteilung erhält – was nicht der Fall gewesen ist.

Nachdem der Beklagte am 13.05.2015 pflichtwidrig nicht zugegen war, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 13.05.2015 jene außerordentliche fristlose Kündigung ausgesprochen (Bl.62 d.A.), welche jedenfalls wirksam ist. Es stellt eine erhebliche Pflichtverletzung des Beklagten dar, die von der Klägerin nicht mehr hinzunehmen ist, dass er trotz des eindringlichen Hinweises der erkennenden Amtsrichterin in der mündlichen Verhandlung „auf die Notwendigkeit einer Besichtigung der Mieträume …, um mögliche weitere Schäden im Zusammenhang mit einem Wasserschaden zu beseitigen“ (Bl.74 d.A.), den Zutritt zu seiner Wohnung zu dem vereinbarten Termin verhindert hat. Dem berechtigten Räumungs- und Herausgabebegehren der Klägerin steht nicht entgegen, dass ihre am 13.05.2015 anwesende Mitarbeiterin an der Vereinbarung eines Ersatztermins zur Abklärung der etwaigen Gefahrensituation interessiert war. Dass sie auch zugesagt habe, dass die Verweigerungshaltung des Beklagten folgenlos bleibe, hat selbst sein Prozessbevollmächtigter nicht behauptet. Im Übrigen wird auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.04.2015 (Az.: VIII ZR 281/ 13) verwiesen.

Gemäß § 574 Abs. 1 S. 2 BGB steht dem Beklagten ein Widerspruchsrecht nicht zu.

Nach alldem besteht für die hilfsweise beantragte Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht gemäß § 538 ZPO kein Raum.

Die Entscheidung des Amtsgerichts über die vorläufige Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils ist gemäß §§ 718Abs. 1, 712 ZPO nicht abzuändern. Denn gemäß § 712 Abs. 2 S. 1 ZPO ist dem Antrag des Schuldners nicht zu entsprechen, wenn ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Dies ist vorliegend der Fall, weil die Berufung des Beklagten als Schuldner keine Aussicht auf Erfolg hat.

Auch zur Vermeidung weiterer Kosten wird die Rücknahme der Berufung angeraten. Bei einer Rücknahme entsteht – abgesehen von den ohnehin anfallenden Rechtsanwaltskosten – lediglich eine 2,0-fache Gerichtsgebühr (KV 1222 GKG). Wird demgegenüber die Berufung förmlich durch Beschluss zurückgewiesen, verbleibt es bei der 4,0-fachen Gerichtsgebühr (KV 1220 GKG).

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