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Verkehrsunfall – Haushaltsführungsschaden – fiktive Abrechnung

Ein alltäglicher Auffahrunfall in Augsburg führte zu einem bemerkenswerten Rechtsstreit, der den Wert der heimischen Fürsorge infrage stellte. Das Landgericht musste darüber befinden, wie hoch ein Haushaltsführungsschaden zu bemessen ist, wenn die verletzte Person selbst keine Haushaltshilfe einstellen konnte. Die zentrale Frage dabei: Welcher fiktive Stundenlohn ist für die unfallbedingt ausgefallene Hausarbeit überhaupt anzusetzen?

Zum vorliegenden Urteil Az.: 074 S 2948/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Augsburg
  • Datum: 06.12.2023
  • Aktenzeichen: 074 S 2948/22
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Verkehrsunfallrecht, Schadenersatzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Person, die nach einem Verkehrsunfall Schmerzensgeld und Schadenersatz, insbesondere für die Haushaltsführung, forderte. Sie beantragte die Zurückweisung der Berufung der Beklagten und verteidigte das erstinstanzliche Urteil.
  • Beklagte: Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Sie legte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein, da sie die Berechnung des Haushaltsführungsschadens für fehlerhaft hielt und dessen Herabsetzung oder Abweisung forderte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Klägerin wurde am 25. Oktober 2016 bei einem Auffahrunfall verletzt, verursacht durch das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug. Der Rechtsstreit betraf Ansprüche der Klägerin aus dem Personenschaden.
  • Kern des Rechtsstreits: Im Berufungsverfahren ging es um die korrekte Berechnung des fiktiven Haushaltsführungsschadens. Wesentliche Streitpunkte waren die anzusetzende Stundenanzahl für die Beeinträchtigung in der zweiten Woche nach dem Unfall und die Höhe des fiktiven Stundensatzes.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht änderte das erstinstanzliche Urteil ab und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 879,44 € nebst Zinsen an die Klägerin für den Haushaltsführungsschaden. Die Berufung der Beklagten wurde im Übrigen zurückgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht berechnete den Haushaltsführungsschaden neu auf Basis von 109,93 Stunden Gesamtbeeinträchtigung. Es legte einen fiktiven Stundensatz von 8,00 € netto zugrunde, da der gesetzliche Mindestlohn bei einer fiktiven Abrechnung keine Rolle spiele.
  • Folgen: Die Revision wurde zugelassen, weil die Rechtsprechung zur Höhe des fiktiven Stundensatzes bei Haushaltsführungsschäden uneinheitlich ist und eine Klärung durch ein höheres Gericht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

Der Fall vor Gericht


Der alltägliche Schreck: Ein Auffahrunfall und seine Folgen

Ein Blechschaden ist ärgerlich, doch was, wenn man danach nicht mehr den eigenen Haushalt führen kann? Genau um diese Frage, genauer gesagt um die Entschädigung für ausgefallene Hausarbeit, drehte sich ein Urteil des Landgerichts Augsburg. Am 25. Oktober 2016 kam es zu einem Verkehrsunfall. Die spätere Klägerin, also die Person, die vor Gericht eine Forderung stellt, musste mit dem Auto ihres Mannes verkehrsbedingt anhalten. Das Fahrzeug hinter ihr wurde von einem weiteren Auto, dessen Fahrerin unachtsam war, auf das Heck des Wagens der Klägerin geschoben.

Unfall auf städtischer Straße: Drei autos stehen nach Kollision, Fahrerinnen mit schockiertem Blick
Auffahrunfall auf städtischer Straße: unachtsames Fahren, Schaden, Verletzungen und Streit um finanzielle Entschädigung. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Dass die Versicherung des unfallverursachenden Fahrzeugs, die spätere Beklagte (also die Partei, gegen die geklagt wird), für den gesamten Schaden allein verantwortlich ist, war zwischen den Beteiligten unstrittig. Der reine Sachschaden am Auto der Klägerin, der laut einem Gutachten eines Sachverständigen 1.758,83 Euro netto (also ohne Mehrwertsteuer) betrug, wurde von der Versicherung bereits vor dem Gerichtsverfahren bezahlt.

Die Klägerin machte jedoch zusätzlich Ansprüche wegen eines Personenschadens geltend. Sie forderte Schmerzensgeld, eine finanzielle Entschädigung für erlittene körperliche und seelische Beeinträchtigungen, für ein sogenanntes HWS-Trauma (eine Verletzung der Halswirbelsäule, oft als Schleudertrauma bekannt) von mindestens 850 Euro. Außerdem verlangte sie einen Haushaltsführungsschaden in Höhe von 1.950,50 Euro. Dieser Schaden entsteht, wenn eine verletzte Person ihren Haushalt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt führen kann und dafür entweder eine Hilfe einstellen muss oder aber den Wert der nicht geleisteten Arbeit ersetzt bekommen möchte. Die Klägerin berechnete diesen Betrag auf der Basis von 141,75 ausgefallenen Stunden zu einem Stundensatz von 14 Euro. Hinzu kamen eine Auslagenpauschale (ein pauschaler Betrag für kleinere Ausgaben wie Porto oder Telefonkosten) von 30,00 Euro, Fahrtkosten von 20,40 Euro und Parkgebühren von 14,30 Euro sowie die Erstattung von Anwaltskosten, die bereits vor dem Prozess angefallen waren.

Der Weg durch die Instanzen: Vom Amtsgericht zur Berufung

Das Amtsgericht Augsburg, die erste gerichtliche Instanz in diesem Fall, holte ein unfallanalytisches und biomechanisches Sachverständigengutachten ein. Ein solches Gutachten untersucht den Unfallhergang und die Kräfte, die auf die beteiligten Personen gewirkt haben, um die Wahrscheinlichkeit von Verletzungen einschätzen zu können. Mit Urteil vom 09. September 2022 gab das Amtsgericht der Klage teilweise statt. Es sprach der Klägerin ein Schmerzensgeld von 600,00 Euro zu. Den Haushaltsführungsschaden setzte das Gericht auf 1.125,00 Euro fest. Dabei ging es von 93,75 Stunden aus, die die Klägerin im Haushalt ausfiel, und legte einen Stundensatz von 12,00 Euro zugrunde. Diesen Stundensatz begründete es mit dem damaligen Mindestlohn und einer richterlichen Schätzungsmöglichkeit, die im Gesetz, genauer in § 287 der Zivilprozessordnung (ZPO) – das ist das Regelwerk für Gerichtsverfahren in Zivilsachen – vorgesehen ist. Auch die geltend gemachten Fahrtkosten, Parkgebühren und die Auslagenpauschale wurden der Klägerin zugesprochen.

Gegen dieses Urteil legte die Beklagte, also die Versicherung, Berufung ein. Eine Berufung ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine Überprüfung des Urteils durch die nächsthöhere Instanz, hier das Landgericht, erreichen kann. Die Berufung der Versicherung richtete sich aber ausschließlich gegen die Zuerkennung des Haushaltsführungsschadens. Sie kritisierte, dass die Berechnung des Haushaltsführungsschadens durch das Amtsgericht nicht nachvollziehbar sei. Es fehle eine plausible Würdigung der Tatsachen, die für die Berechnung herangezogen wurden, und die Ausführungen des Gerichts seien widersprüchlich. Insbesondere sei unklar, von welcher unfallbedingten Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit (oft mit MdH abgekürzt, also dem Grad der Beeinträchtigung bei der Haushaltsführung) in der zweiten Woche nach dem Unfall ausgegangen wurde, da das Amtsgericht hier nur von einer „teilweisen Einschränkung“ sprach. Zudem sei der angesetzte Stundensatz von 12,00 Euro brutto (also vor Abzug von Steuern und Sozialabgaben) überhöht; es müsse ein Nettobetrag angesetzt werden. Die Versicherung beantragte daher, das Urteil des Amtsgerichts bezüglich des Haushaltsführungsschadens von 1.125,00 Euro und eines Teils der Anwaltskosten aufzuheben und die Klage in diesem Punkt abzuweisen. Die Klägerin hingegen wollte, dass die Berufung zurückgewiesen wird und verteidigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Im Berufungsverfahren wurde die Klägerin vom Landgericht nochmals informatorisch angehört, das heißt, sie wurde mündlich zu den Umständen befragt.

Die Knackpunkte vor dem Landgericht: Wie viele Stunden Haushaltshilfe sind fair?

Das Landgericht Augsburg musste sich also im Berufungsverfahren im Wesentlichen mit zwei Fragen rund um den Haushaltsführungsschaden auseinandersetzen: Wie viele Stunden konnte die Klägerin unfallbedingt tatsächlich nicht im Haushalt arbeiten, insbesondere in der zweiten Woche nach dem Unfall? Und: Welcher Stundensatz ist für diese ausgefallenen Stunden anzusetzen, wenn man – wie hier – keine tatsächliche Haushaltshilfe eingestellt hat, sondern den Schaden fiktiv, also nur auf dem Papier, berechnet?

Die erste Woche nach dem Unfall: Ein klarer Fall?

Für die erste Woche nach dem Unfall (vom 26. Oktober bis zum 31. Oktober 2016) ging das Landgericht, wie schon das Amtsgericht, von einer 100-prozentigen Einschränkung der Klägerin im Haushalt aus. Das bedeutet, man nahm an, dass sie in dieser Zeit gar keine Haushaltstätigkeiten oder Kinderbetreuung übernehmen konnte. Die vom Amtsgericht angesetzten wöchentlichen Stunden für verschiedene Tätigkeiten – Einkaufen (3 Stunden/Woche), Zubereitung der Mahlzeiten (14 Stunden/Woche), Reinigung (4 Stunden/Woche), Wäschewaschen (2 Stunden/Woche), Bügeln (1 Stunde/Woche) und Pflanzenpflege (0,5 Stunden/Woche) – ergaben zusammen 24,5 Stunden für die reine Haushaltsführung. Hinzu kamen 48 Stunden pro Woche für die Kinderbetreuung. Diese Ansätze hielt das Landgericht für plausibel und nicht zu beanstanden. Somit ergaben sich für die erste Woche 72,5 Stunden (24,5 Stunden Haushalt + 48 Stunden Kinderbetreuung), die als zu ersetzender Schaden galten.

Die zweite Woche: Wie stark war die Klägerin noch eingeschränkt?

Komplizierter wurde es bei der zweiten Woche (vom 1. November bis zum 7. November 2016). Hier war das Urteil des Amtsgerichts nach Ansicht des Landgerichts nicht klar genug. Das Amtsgericht hatte zwar 21,25 Stunden für diese Woche angesetzt, aber nicht konkret dargelegt, wie es zu dieser Zahl kam. Das Landgericht vermutete, dass das Amtsgericht hier einfach die Angaben aus der Klageschrift der Klägerin übernommen hatte. Dort hatte die Klägerin vorgetragen, in der zweiten Woche lediglich die Zubereitung der Mahlzeiten (14 Stunden) und die Pflanzenpflege (0,5 Stunden) selbst erledigen zu können. Das bedeutet, sie konnte 14,5 Stunden an Haushaltstätigkeiten selbst ausführen. Zieht man diese von den üblichen 24,5 Stunden für den Haushalt ab, verblieben 10 Stunden für sonstige Haushaltstätigkeiten, die die Klägerin nicht erbringen konnte und die somit als Schaden anzusehen waren.

Aber was war mit der Kinderbetreuung in der zweiten Woche? Hierzu hatte die Klägerin im Berufungsverfahren bei ihrer Anhörung glaubhaft geschildert, dass sie ihre Tochter auch in der zweiten Woche nicht selbst betreuen konnte. Das Gericht ging davon aus, dass die Großeltern die Tochter an drei Tagen pro Woche betreuten. An den verbleibenden vier Tagen der zweiten Woche konnten aber weder der beruflich verhinderte Ehemann noch die Klägerin selbst die Betreuung übernehmen. Bei einer üblichen Kinderbetreuungszeit von 48 Stunden pro Woche ergibt sich für diese vier Tage ein Ausfall von (48 Stunden / 7 Tage) * 4 Tage = 27,43 Stunden. Diese Stunden kamen also zu den 10 Stunden für den Haushalt hinzu. Für die zweite Woche ergab sich somit eine zu ersetzende Stundenanzahl von 10 Stunden (Haushalt) + 27,43 Stunden (Kinderbetreuung) = 37,43 Stunden. Insgesamt über beide Wochen waren es dann 72,5 Stunden (erste Woche) + 37,43 Stunden (zweite Woche) = 109,93 Stunden.

Das Gericht hielt es übrigens nicht für einen Fehler, dass die Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit (MdH) nicht ausdrücklich in Prozentzahlen bestimmt wurde. Aus dem Ansatz der geringeren Stundenzahl für die zweite Woche (37,43 Stunden im Vergleich zu den vollen 72,5 Stunden) werde ja bereits deutlich, dass die Klägerin nur teilweise eingeschränkt war. Es sei klar, welcher Anteil der Gesamtzeit von einer gedachten Hilfskraft hätte übernommen werden müssen. Entscheidend sei die Differenz zwischen der Zeit, die die Klägerin ohne Verletzung für den Haushalt aufgewendet hätte, und der Zeit, die sie verletzt tatsächlich aufwenden konnte.

Die Gretchenfrage: Welcher Stundenlohn für eine nicht wirklich eingestellte Hilfe?

Der wohl umstrittenste Punkt war die Höhe des fiktiven Stundensatzes. „Fiktiv“ bedeutet hier, dass die Klägerin keine reale Haushaltshilfe bezahlt hat, sondern den Wert ihrer eigenen, unfallbedingt ausgefallenen Arbeit ersetzt verlangt. Das Amtsgericht hatte hier 12,00 Euro angesetzt. Das Landgericht entschied jedoch, dass lediglich ein Betrag von 8,00 Euro netto (also nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben) als fiktiver Stundensatz anzusetzen sei. Es folgte damit einer Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München.

Aber warum nur 8,00 Euro netto, wenn man dafür doch kaum legal eine Haushaltshilfe engagieren könnte? Das Gericht begründete dies damit, dass es sich eben um eine fiktive Abrechnung handelt. Bei einer solchen fiktiven Abrechnung werden gewisse Unterschiede zur Realität hingenommen. Der Geschädigte, der keine dritte Person für Geld beschäftigt, hat ja auch keine tatsächlichen finanziellen Aufwendungen. Der Ersatzbetrag kommt ihm also ohne Abzüge zugute. Diese „Unwägbarkeiten“, wie es das Gericht nannte, spiegeln sich in der Bemessung eines Netto-Stundenlohns wider. Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn spiele bei dieser fiktiven Schadensbemessung keine Rolle. Das Mindestlohngesetz (MiLoG) habe keine automatisch erhöhende Wirkung, da bei einer fiktiven Abrechnung auf den Nettolohn einer vergleichbaren, einfachen Hilfskraft abgestellt wird – also das, was eine solche Kraft nach Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen (sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgeberanteile) tatsächlich in der Tasche hätte. Es gehe nicht um die Bezahlung von konkret eingestellten professionellen Fachkräften.

Das Urteil des Landgerichts: So wurde entschieden

Auf die Berufung der Beklagten (der Versicherung) änderte das Landgericht Augsburg das Urteil des Amtsgerichts Augsburg vom 09. September 2022 in dem Punkt ab, der den Haushaltsführungsschaden betraf. Die Versicherung wurde nun verurteilt, an die Klägerin für den Haushaltsführungsschaden 879,44 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Im Übrigen, also bezüglich der anderen Punkte des erstinstanzlichen Urteils, die von der Berufung nicht angegriffen wurden (wie Schmerzensgeld), wurde die Berufung zurückgewiesen, da sie sich nur gegen den Haushaltsführungsschaden richtete. Die Kosten des Rechtsstreits wurden entsprechend dem jeweiligen Gewinnen und Verlieren aufgeteilt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, das heißt, die Klägerin könnte die Zahlung grundsätzlich schon verlangen, auch wenn noch weitere Rechtsmittel möglich wären.

Die Begründung im Detail: Schritt für Schritt zur neuen Summe

Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Berufung der Versicherung zulässig und teilweise begründet sei. Die Klägerin habe gegen die Beklagte (die Versicherung) nach Ansicht des Gerichts nur einen Anspruch auf Zahlung eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von 879,44 Euro. Dieser Anspruch ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen, unter anderem aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 2 S. 1, 843, 844 BGB), dem Versicherungsvertragsgesetz (§ 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 VVG) und dem Pflichtversicherungsgesetz (§§ 1, 3 S. 1 PflVG), die zusammen regeln, wann und in welcher Höhe Schadensersatz bei Unfällen zu leisten ist.

Die Stunden im Haushalt und für die Kinder: Was ist nachvollziehbar?

Wie bereits dargelegt, überprüfte das Gericht die vom Amtsgericht angesetzten Stunden für Haushalt (24,5 Std./Woche) und Kinderbetreuung (48 Std./Woche) und befand sie für gut nachvollziehbar. Für die erste Woche nach dem Unfall ging es von einem kompletten Ausfall von 72,5 Stunden aus. Für die zweite Woche korrigierte es die Berechnung und kam auf 37,43 ausfallbedingte Stunden (10 Stunden Haushalt und 27,43 Stunden Kinderbetreuung). Die Gesamtzahl der zu ersetzenden Stunden belief sich somit auf 109,93 Stunden.

Der umstrittene Stundensatz: Warum nur 8 Euro netto?

Entscheidend für die niedrigere Summe im Vergleich zum Amtsgericht war der angesetzte Stundensatz. Statt der 12,00 Euro des Amtsgerichts setzte das Landgericht, wie erwähnt, nur 8,00 Euro netto an. Es betonte, dass bei der fiktiven Abrechnung eines Haushaltsführungsschadens nicht der Mindestlohn maßgeblich sei, sondern der Nettolohn, den eine einfache, nicht unbedingt professionelle Hilfskraft für vergleichbare Tätigkeiten erzielen würde. Die Idee dahinter ist, dass der Geschädigte, der ja keine realen Kosten für eine Hilfe hat, nicht bessergestellt werden soll, als wenn er den Schaden konkret durch Anstellung einer Hilfe behoben hätte und dafür Steuern und Abgaben angefallen wären. Ausgehend von den 109,93 ermittelten Stunden zu je 8,00 Euro netto ergab sich somit der fiktiv zu ersetzende Haushaltsführungsschaden von 879,44 Euro (109,93 Stunden * 8,00 €/Stunde).

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, also die Kosten für den Anwalt der Klägerin, die schon vor dem Prozess entstanden waren, musste die Versicherung ebenfalls erstatten. Diese wurden auf Basis des nun berechtigten Anspruchs der Klägerin (600,00 Euro Schmerzensgeld + 879,44 Euro Haushaltsführungsschaden + 64,70 Euro für Auslagen, Fahrtkosten und Parkgebühren, also insgesamt 1.544,14 Euro) berechnet. Hier blieb es bei dem vom Amtsgericht zugesprochenen Betrag von 255,85 Euro.

Auswirkungen auf die Kosten des Rechtsstreits

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits, also wer die Gerichtsgebühren und die Anwaltskosten der Gegenseite tragen muss, richtet sich danach, wer im Prozess wie viel gewonnen oder verloren hat. Dies ist in § 92 Absatz 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Da die Klägerin im Berufungsverfahren einen Teil ihres zugesprochenen Haushaltsführungsschadens wieder verlor, musste sie auch einen Teil der Kosten tragen. Für die erste Instanz (Amtsgericht) trägt die Klägerin 46 % und die Beklagte (Versicherung) 54 % der Kosten. Für die zweite Instanz (Landgericht) trägt die Klägerin 22 % und die Beklagte 78 % der Kosten.

Das Gericht hat außerdem die Revision zugelassen. Die Revision ist ein weiteres Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof, der höchsten Instanz in Zivilsachen. Dies geschah, weil das Gericht der Meinung war, dass die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert. Der Grund: Die Rechtsprechung der verschiedenen Gerichte zur Höhe des Stundensatzes bei der fiktiven Abrechnung von Haushaltsführungsschäden ist uneinheitlich. Während einige Gerichte sich am Mindestlohn orientieren (damals 12,00 Euro brutto, was etwa 10,80 Euro netto entspricht) oder andere gesetzliche Regelungen heranziehen, setzen das Oberlandesgericht München und nun auch das Landgericht Augsburg einen niedrigeren Nettobetrag an. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs könnte hier für mehr Klarheit sorgen.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass Opfer von Verkehrsunfällen grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung haben, wenn sie aufgrund ihrer Verletzungen zeitweise ihren Haushalt nicht führen oder ihre Kinder nicht betreuen können – auch ohne dass sie tatsächlich eine Ersatzkraft einstellen. Bei der Berechnung dieser Entschädigung sind Gerichte jedoch sehr genau: Sie prüfen sowohl die Anzahl der ausgefallenen Stunden als auch den angemessenen Stundenlohn für eine fiktive Haushaltshilfe. Der wichtigste Streitpunkt liegt dabei beim Stundenlohn – während manche Gerichte sich am damaligen Mindestlohn von 12 Euro orientierten, setzte das Landgericht Augsburg nur 8 Euro netto an, da keine realen Kosten für den Geschädigten entstehen. Diese unterschiedliche Rechtsprechung zeigt, dass die Höhe solcher Entschädigungen noch nicht einheitlich geregelt ist, weshalb das Gericht die Revision zum Bundesgerichtshof zuließ, um deutschlandweit für Klarheit zu sorgen.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist ein Haushaltsführungsschaden und wann habe ich Anspruch darauf?

Ein Haushaltsführungsschaden entsteht, wenn Sie nach einem Unfall oder einer Verletzung nicht mehr in der Lage sind, Ihren Haushalt wie gewohnt zu führen. Dies betrifft alle Aufgaben, die üblicherweise im eigenen Haushalt anfallen, wie zum Beispiel Kochen, Putzen, Wäsche waschen, Einkäufe erledigen, Gartenarbeit oder die Betreuung von Kindern. Der Schaden liegt darin, dass Ihre Fähigkeit, diese Aufgaben selbst zu erledigen, eingeschränkt oder ganz aufgehoben ist.

Für Sie bedeutet das: Dieser Schaden wird finanziell ausgeglichen, auch wenn Sie keine externe Hilfe (z.B. eine Haushaltshilfe) einstellen. Es geht um den Wert Ihrer verlorenen Arbeitskraft im Haushalt, nicht nur um tatsächlich entstandene Kosten. Stellen Sie sich vor, Sie haben vor einem Unfall regelmäßig gekocht und geputzt. Wenn Sie dies nach dem Unfall nicht mehr können, entsteht Ihnen ein Schaden, selbst wenn Ihr Partner diese Aufgaben nun übernimmt oder Sie sich unter Schmerzen durchkämpfen.

Wann habe ich Anspruch auf einen Haushaltsführungsschaden?

Ein Anspruch auf Ersatz eines Haushaltsführungsschadens besteht, wenn folgende grundlegende Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Schadensverursachung durch Dritte: Ihre Verletzung und die daraus resultierende Beeinträchtigung der Haushaltsführung müssen durch ein schädigendes Ereignis verursacht worden sein, für das eine andere Person oder Stelle verantwortlich ist (z.B. ein Verkehrsunfall, ein Behandlungsfehler).
  • Tatsächliche Beeinträchtigung: Ihre Verletzung muss dazu führen, dass Sie die notwendigen Arbeiten im Haushalt tatsächlich nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erledigen können. Die Fähigkeit zur Haushaltsführung muss objektiv vermindert sein.
  • Bisherige Haushaltsführung: Sie müssen die betreffenden Aufgaben vor dem schädigenden Ereignis auch tatsächlich selbst im Haushalt verrichtet haben. Es wird die Fähigkeit ersetzt, die Sie vor der Schädigung hatten und nun verloren haben.
  • Dauer der Beeinträchtigung: Die Beeinträchtigung muss nicht dauerhaft sein, aber eine gewisse Erheblichkeit und Dauer aufweisen, um als ersatzfähiger Schaden anerkannt zu werden.

Wie wird ein Haushaltsführungsschaden bewertet?

Die Höhe des Haushaltsführungsschadens wird ermittelt, indem der Umfang Ihrer Beeinträchtigung in Stunden pro Tag oder Woche festgestellt wird. Diese Stunden werden dann mit einem fiktiven Stundenlohn (oft an den Kosten einer Haushaltshilfe oder einem vergleichbaren Lohn orientiert) multipliziert. Wichtig ist, dass der Schaden auch dann zu ersetzen ist, wenn die Arbeiten im Haushalt von Angehörigen übernommen werden oder Sie sich trotz Schmerzen dazu zwingen. Es ist der Wert der verlorenen Arbeitsleistung, nicht der tatsächlich aufgewendete Betrag für eine externe Kraft.

Die Bewertung berücksichtigt auch die Größe des Haushalts, die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen und den Umfang der zuvor erbrachten Leistungen.


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Wie wird die Höhe des Haushaltsführungsschadens berechnet, wenn keine externe Hilfe eingestellt wurde?

Auch wenn nach einem Unfall keine externe Haushaltshilfe eingestellt wurde, kann ein Schaden für die verlorenen oder eingeschränkten Haushaltsarbeiten entstehen. Dieser sogenannte fiktive Haushaltsführungsschaden berücksichtigt den Wert der Aufgaben, die Sie selbst nicht mehr oder nur eingeschränkt erledigen können. Er wird in zwei Hauptkomponenten berechnet: die Anzahl der ausgefallenen Stunden und der dafür anzusetzende Stundensatz.

Wie die verlorenen Stunden ermittelt werden

Die Ermittlung der ausgefallenen Stunden ist der erste Schritt. Hierbei geht es nicht darum, welche Aufgaben tatsächlich von jemand anderem übernommen wurden, sondern welche Arbeiten Sie aufgrund Ihrer Verletzung nicht mehr selbst erledigen konnten oder nur mit erheblich größerem Aufwand.

  • Ausgangspunkt ist Ihre Situation vor dem Unfall: Es wird zuerst geschaut, wie viele Stunden Sie üblicherweise für die Haushaltsführung aufgewendet haben. Dazu gehören Aufgaben wie Kochen, Putzen, Wäsche waschen, Einkaufen, Kinderbetreuung oder Gartenarbeit.
  • Bewertung der unfallbedingten Einschränkung: Danach wird festgestellt, inwieweit Sie durch die Verletzung bei diesen Aufgaben eingeschränkt sind. Stellen Sie sich vor, Sie konnten vor dem Unfall 10 Stunden pro Woche für den Haushalt aufwenden. Nach dem Unfall können Sie davon beispielsweise nur noch 50 % erledigen. Dann wären 5 Stunden pro Woche ausgefallen.
  • Die Ermittlung des Ausmaßes Ihrer Einschränkung basiert oft auf ärztlichen Gutachten und einer genauen Beschreibung Ihrer täglichen Abläufe vor und nach dem Unfall. Hier spielen auch Faktoren wie Haushaltsgröße und Alter der Haushaltsmitglieder eine Rolle.

Der passende Stundensatz

Für die ausgefallenen Stunden wird ein angemessener Stundensatz angesetzt. Dieser Satz ist nicht der Lohn für eine tatsächliche Haushaltshilfe, die Sie eingestellt hätten. Stattdessen wird ein fiktiver Betrag verwendet, der dem Wert der verlorenen Haushaltsleistung entspricht.

  • Gerichte orientieren sich an üblichen Stundenlöhnen: Der Stundensatz leitet sich in der Regel von dem ab, was eine allgemeine Haushaltshilfe im jeweiligen regionalen Bereich verdienen würde. Dieser Satz liegt typischerweise über dem Mindestlohn, aber unter dem Stundenlohn von spezialisierten Fachkräften wie einer gelernten Reinigungskraft oder Köchin.
  • Kein einheitlicher Satz: Es gibt keinen festen, bundesweit einheitlichen Stundensatz. Gerichte berücksichtigen verschiedene Faktoren und Statistiken, um einen fairen Wert zu ermitteln.

Die Berechnung des fiktiven Haushaltsführungsschadens erfolgt somit nach dem Prinzip: Haushaltsführungsschaden pro Zeiteinheit = Anzahl der unfallbedingt ausgefallenen Stunden × Angemessener Stundensatz

Was Sie beachten sollten

Im Gegensatz zur Erstattung von tatsächlich entstandenen Kosten für eine eingestellte Haushaltshilfe, bei der die Rechnungen als Beleg dienen, müssen bei einem fiktiven Haushaltsführungsschaden die Notwendigkeit und der Umfang der verlorenen Arbeitsleistung detailliert dargelegt und nachgewiesen werden. Dies erfordert eine genaue Dokumentation Ihrer Fähigkeiten und Einschränkungen vor und nach dem Unfall.


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Welche Rolle spielt die Kinderbetreuung bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens?

Die Kinderbetreuung ist ein wichtiger und oft übersehener Bestandteil des Haushaltsführungsschadens. Ein Haushaltsführungsschaden entsteht, wenn eine Person aufgrund einer Verletzung oder Beeinträchtigung die gewohnten Aufgaben im Haushalt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erledigen kann. Dazu gehören nicht nur Kochen, Putzen oder Einkaufen, sondern eben auch die Betreuung von Kindern.

Kinderbetreuung als Teil des Haushaltsführungsschadens

Kinderbetreuung wird als eine eigenständige und ersatzfähige Leistung innerhalb des Haushaltsführungsschadens angesehen. Das bedeutet, wenn eine Person durch eine Verletzung daran gehindert wird, ihre Kinder wie zuvor zu betreuen, entsteht dadurch ein Schaden. Dieser Schaden umfasst die Zeit und den Aufwand, der normalerweise für die Kinderbetreuung aufgewendet wurde, und der nun nicht mehr erbracht werden kann.

Dazu zählen alle typischen Aufgaben wie:

  • Füttern und Anziehen der Kinder
  • Hausaufgabenbetreuung
  • Spielen und altersgerechte Beschäftigung
  • Fahrten zu Kindergarten, Schule oder Freizeitaktivitäten
  • Allgemeine Aufsicht und Fürsorge

Wie der Umfang der Kinderbetreuung berechnet wird

Der Umfang der Kinderbetreuung wird bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens berücksichtigt, unabhängig davon, ob tatsächlich eine externe Betreuungsperson eingestellt wurde oder nicht. Es geht darum, wie viel Zeit und Aufwand die verletzte Person hätte aufwenden müssen, um die Kinder zu betreuen.

Die Berechnung basiert auf der durchschnittlichen Zeit, die vor dem schädigenden Ereignis täglich oder wöchentlich für die Kinderbetreuung aufgewendet wurde. Hierbei können auch alterstypische Bedürfnisse der Kinder eine Rolle spielen (z.B. Kleinkinder benötigen intensivere Betreuung als Schulkinder).

Die Bemessung des Werts der Kinderbetreuung

Der Wert der verlorenen Kinderbetreuungsleistung wird in der Regel anhand eines fiktiven Stundensatzes ermittelt. Das ist der Betrag, der anfallen würde, wenn man eine vergleichbare Leistung auf dem freien Markt einkaufen müsste. Es wird also geschätzt, was eine professionelle Kinderbetreuung für die verlorene Zeit kosten würde.

Die Formel für die Bemessung ist vereinfacht dargestellt:

Haushaltsführungsschaden Kinderbetreuung = Stundenumfang der Betreuung pro Zeiteinheit × fiktiver Stundensatz

Es ist entscheidend, dass der Schaden auch dann entsteht und geltend gemacht werden kann, wenn die Kinderbetreuung durch andere Familienmitglieder unbezahlt übernommen wird. Das Gesetz sieht vor, dass derjenige, der den Schaden verursacht hat, die Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands tragen muss, auch wenn dies nur fiktiv durch den Wert der verlorenen Arbeitsleistung berechnet wird.


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Warum wird bei der fiktiven Abrechnung des Haushaltsführungsschadens oft ein geringerer Stundenlohn als der Mindestlohn angesetzt?

Bei der sogenannten fiktiven Abrechnung eines Haushaltsführungsschadens wird das Prinzip angewendet, dass der Geschädigte nicht bessergestellt werden darf, als er ohne den Schaden wäre. Dies ist ein zentraler Gedanke im deutschen Schadensersatzrecht.

Keine Besserstellung durch den Schaden

Wenn Sie durch einen Unfall Ihre Haushaltsführung nicht mehr selbst übernehmen können, entsteht Ihnen ein Schaden. Dieser Schaden wird ersetzt. Das Besondere bei der fiktiven Abrechnung ist, dass Sie keine tatsächlichen Kosten haben müssen, indem Sie zum Beispiel eine Haushaltshilfe einstellen. Der Schaden wird vielmehr auf Basis der Kosten berechnet, die theoretisch entstanden wären, wenn Sie eine Ersatzkraft beauftragt hätten.

Da Sie in diesem fiktiven Szenario keine tatsächlichen Zahlungen für die Haushaltstätigkeiten leisten, fallen für Sie auch keine Steuern oder Sozialabgaben an. Ein Mindestlohn ist immer ein Bruttolohn, von dem noch Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abgezogen werden müssen, die letztlich der Arbeitnehmer nicht erhält. Wenn nun der Haushaltsführungsschaden auf Basis des Brutto-Mindestlohns oder eines höheren Brutto-Stundensatzes berechnet würde, würden Sie einen Betrag erhalten, der diese nicht anfallenden Steuern und Abgaben beinhaltet. Dies würde Sie finanziell besserstellen, als wenn Sie selbst gearbeitet hätten oder eine Kraft einstellen und bezahlen müssten.

Ansatz eines Netto-Stundenlohns

Aus diesem Grund wird bei der fiktiven Abrechnung in der Regel ein Netto-Stundenlohn angesetzt. Dieser Netto-Betrag entspricht dem, was eine (ungelernte) Haushaltshilfe auf die Hand erhalten würde, wenn sie ohne offizielle Anmeldung beschäftigt wäre oder wenn man den Netto-Anteil einer offiziell angemeldeten Kraft zugrunde legt. Gerichte nutzen oft spezielle Tabellen oder Sachverständigengutachten, um einen angemessenen, regional üblichen Netto-Stundenlohn für Haushaltsdienstleistungen zu ermitteln. Dieser Wert liegt typischerweise unter dem gesetzlichen Mindestlohn für eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, da letzterer die Arbeitgeberkosten und die Abzüge des Arbeitnehmers berücksichtigt.

Für Sie bedeutet das, dass der Ersatz des Haushaltsführungsschadens darauf abzielt, den Wert der Ihnen entfallenen Eigenleistung auszugleichen, ohne Ihnen einen zusätzlichen finanziellen Vorteil zu verschaffen, der über den tatsächlichen Verlust hinausgeht.


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Welche Nachweise sind wichtig, um einen Haushaltsführungsschaden glaubhaft zu machen?

Ein Haushaltsführungsschaden entsteht, wenn eine Person aufgrund eines Unfalls oder einer Verletzung ihre üblichen Aufgaben im eigenen Haushalt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erledigen kann. Es geht dabei nicht nur um die professionelle Hilfe, die eventuell benötigt wird, sondern auch um die verlorene Fähigkeit, den Haushalt selbst zu versorgen. Um einen solchen Schaden geltend zu machen, ist es entscheidend, dessen Existenz und Umfang glaubhaft zu machen. Das bedeutet, es müssen Nachweise vorgelegt werden, die das Gericht oder die gegnerische Versicherung überzeugen.

Medizinische Belege sind grundlegend

Der erste und wichtigste Schritt ist der Nachweis der körperlichen Beeinträchtigung durch ärztliche Atteste und Berichte. Diese Dokumente müssen klar darlegen:

  • Welche Verletzungen vorliegen.
  • Inwiefern diese Verletzungen die Fähigkeit zur Haushaltsführung beeinflussen.
  • Wie lange die Beeinträchtigung voraussichtlich andauert oder andauern wird (temporär oder dauerhaft).

Ärztliche Gutachten, die die Auswirkungen der Verletzung auf alltägliche Bewegungen und Belastungen beschreiben, sind hierfür unerlässlich. Sie zeigen, wie die körperliche Einschränkung konkret die Ausführung von Haushaltsaufgaben wie Putzen, Kochen, Wäschewaschen oder Kinderbetreuung behindert.

Akribische Dokumentation des Haushaltsalltags

Um den Umfang des Haushaltsführungsschadens nachvollziehbar zu machen, ist eine detaillierte Dokumentation der ausgefallenen Stunden und der Art der Beeinträchtigung von großer Bedeutung. Hierfür können Tagebücher oder sorgfältig geführte Aufzeichnungen dienen:

  • Auflistung der Aufgaben: Notieren Sie präzise, welche konkreten Aufgaben im Haushalt vor der Verletzung erledigt wurden und welche davon nun nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich sind (z.B. Staubsaugen, Einkaufen, Kochen, Gartenarbeit, Kinderbetreuung).
  • Zeitaufwand: Halten Sie fest, wie viel Zeit die jeweilige Aufgabe normalerweise in Anspruch genommen hat und wie viel Zeit Sie nun dafür aufwenden können oder wie viel Fremdhilfe erforderlich ist. Es ist wichtig, die reduzierte Arbeitsfähigkeit in Stunden pro Tag oder Woche zu beziffern.
  • Art der Beeinträchtigung: Beschreiben Sie genau, warum eine bestimmte Aufgabe nicht mehr ausgeführt werden kann (z.B. „kann nicht mehr bücken zum Staubsaugen“, „Heben von Einkaufstüten ist unmöglich“, „Schmerzen beim Kochen am Herd“).

Diese detaillierten Notizen helfen, den Schaden nicht nur qualitativ, sondern auch quantitativ zu erfassen.

Zeugenaussagen zur Bestätigung

Ergänzend zu den medizinischen und persönlichen Aufzeichnungen können Zeugenaussagen zur Glaubhaftmachung beitragen. Personen aus dem direkten Umfeld, wie zum Beispiel Familienmitglieder, Lebenspartner, Mitbewohner oder enge Freunde, können bestätigen:

  • Die häusliche Situation vor der Verletzung: Welche Aufgaben die geschädigte Person im Haushalt üblicherweise erledigt hat.
  • Die sichtbaren Einschränkungen nach der Verletzung.
  • Die Notwendigkeit von Hilfe durch andere Personen, die sie beobachten konnten.

Diese Zeugenaussagen untermauern die eigenen Angaben und die medizinischen Belege und tragen dazu bei, ein umfassendes Bild des entstandenen Schadens zu vermitteln.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Haushaltsführungsschaden

Ein Haushaltsführungsschaden entsteht, wenn jemand durch eine Verletzung oder Krankheit nicht mehr wie gewohnt den eigenen Haushalt führen kann. Dies umfasst Tätigkeiten wie Kochen, Putzen, Einkaufen oder Kinderbetreuung. Der Schaden wird dadurch ersetzt, dass der Wert der ausgefallenen Haushaltsarbeit entweder durch tatsächliche Kosten für Hilfe oder fiktiv – also rechnerisch und ohne tatsächliche Ausgabe – ermittelt wird. Rechtsgrundlage sind §§ 823 Absatz 1, 249 Absatz 2 Satz 1, 843 und 844 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Beispiel: Nach einem Unfall kann jemand nicht mehr selbst kochen und putzen; der Wert dieser nicht erbrachten Arbeit wird als Schadensersatz geltend gemacht.


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Fiktive Abrechnung (fiktiver Haushaltsführungsschaden)

Bei der fiktiven Abrechnung wird der Schaden der ausgefallenen Haushaltsarbeit berechnet, ohne dass tatsächlich eine Haushaltshilfe eingestellt und bezahlt wurde. Statt der tatsächlich entstandenen Kosten wird ein angemessener Stundenlohn für die ausgefallenen Stunden angesetzt, um die verlorene Arbeitskraft zu bewerten. Dies verhindert eine Überkompensation, da keine zusätzlichen Steuern oder Sozialabgaben berücksichtigt werden. Die fiktive Abrechnung basiert auf der Vorstellung, was es gekostet hätte, wenn eine Hilfe eingestellt worden wäre. Beispiel: Wer nach einem Unfall keine Hilfe angestellt hat, kann trotzdem den Wert der nicht erbrachten Arbeit (z. B. 10 Stunden zu 8 Euro netto) erstattet bekommen.


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Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit (MdH)

Die Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit beschreibt, in welchem Umfang eine Person durch Verletzung oder Krankheit eingeschränkt ist, ihre Haushaltstätigkeiten auszuüben. Sie wird meist in Stunden pro Zeitraum angegeben, muss aber nicht zwingend in Prozent ausgedrückt werden. Die MdH ist entscheidend für die Berechnung des Haushaltsführungsschadens, da sie angibt, wie viele Stunden der Betroffene den Haushalt nicht selbst führen kann. Beispiel: Kann jemand nach einem Unfall nur noch 50 % der üblichen Haushaltsaufgaben erledigen, entspricht dies einer MdH von 50 % oder den ausgefallenen Stunden.


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Berufung

Die Berufung ist ein Rechtsmittel im Zivilprozess, das es einer Partei ermöglicht, ein Urteil der ersten Instanz (z. B. Amtsgericht) von einem höheren Gericht (z. B. Landgericht) überprüfen zu lassen. Dabei wird die Sache in der Regel in vollem Umfang nochmal geprüft, nicht nur formale Fehler. Im vorliegenden Fall beantragte die Versicherung die Berufung gegen die Höhe des anerkannten Haushaltsführungsschadens. Die Berufung ist im Zivilprozessrecht in den §§ 511 bis 522 der Zivilprozessordnung (ZPO) geregelt. Beispiel: Eine Partei ist mit der Entscheidung des Amtsgerichts nicht einverstanden und holt eine neue Richterspruch ein.


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Zivilprozessordnung – § 287 ZPO (richterliche Schätzung)

§ 287 der Zivilprozessordnung erlaubt es Gerichten, wenn der Schaden oder Aufwand nicht genau beziffert werden kann, den Umfang des Schadens durch richterliche Schätzung festzulegen. Dabei berücksichtigt das Gericht alle für und gegen einen Anspruch sprechenden Umstände, um eine plausible Schadenshöhe zu bestimmen. Im Fall wurde dieser Paragraf genutzt, um den angemessenen Stundensatz für den Haushaltsführungsschaden festzusetzen, obwohl keine exakten Belege für eine tatsächliche Zahl vorlagen. Beispiel: Ist unklar, wie viele Stunden exakt verloren gingen, kann das Gericht schätzen, wie viele Stunden realistisch ausgefallen sind.


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Das vorliegende Urteil


LG Augsburg – Az.: 074 S 2948/22 – Endurteil vom 06.12.2023


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