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Fiktive Schadensabrechnung bei eigener Werkstatt: Dieser Gewinnanteil wird gekürzt

Eine Werkstattinhaberin nutzte die fiktive Schadensabrechnung bei eigener Kfz-Werkstatt und verlangte 100% der Kosten, obwohl die Reparatur nie stattfand. Das Gericht drohte daraufhin mit dem Abzug des gesamten Unternehmensgewinns, weil die Chefin ihre fehlende Werkstattauslastung nicht belegen konnte.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 S 23/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Mosbach
  • Datum: 31.08.2022
  • Aktenzeichen: 5 S 23/22
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht, Verkehrsrecht, Wirtschaftlichkeitsgebot

  • Das Problem: Eine Klägerin betreibt eine eigene Kfz-Werkstatt und rechnete einen Unfallschaden fiktiv (auf Gutachtenbasis) ab, da sie das Fahrzeug unrepariert verkauft hatte. Die beklagte Versicherung zog daraufhin den erwarteten Unternehmensgewinn der Werkstatt (20 %) von den theoretischen Reparaturkosten ab.
  • Die Rechtsfrage: Muss ein Fahrzeugeigentümer, der selbst eine Werkstatt besitzt, bei fiktiver Schadensabrechnung den Unternehmensgewinn von den Reparaturkosten abziehen lassen, obwohl die Reparatur nicht stattfand?
  • Die Antwort: Ja. Das Gericht wies die Berufung zurück. Die fiktive Abrechnung unterliegt den wirtschaftlichen Grenzen und der subjektiven Betrachtung der Lage des Geschädigten. Der Gewinnabzug ist vorzunehmen, wenn der Werkstattbetreiber nicht beweist, dass seine Werkstatt im relevanten Zeitraum voll ausgelastet war.
  • Die Bedeutung: Wer als Werkstattbetreiber einen Unfallschaden fiktiv abrechnet, muss substantiiert darlegen, dass er keine freien Kapazitäten für eine Eigenreparatur hatte. Gelingt dieser Nachweis nicht, wird der Gewinnaufschlag (typischerweise 20 %) auch bei fiktiver Abrechnung abgezogen, um eine Bereicherung zu vermeiden.

Darf die Versicherung bei einer Werkstattinhaberin den Gewinn kürzen?

Ein Verkehrsunfall ist ärgerlich genug. Doch für Inhaber einer Kfz-Werkstatt wird die Schadensabwicklung oft zum juristischen Hürdenlauf. Genau das musste eine Werkstattbetreiberin vor dem Landgericht Mosbach erfahren. Sie verlangte von der gegnerischen Versicherung den vollen Schadensersatz laut Gutachten. Die Versicherung weigerte sich jedoch, den sogenannten Unternehmergewinn zu zahlen. Der Streitwert betrug am Ende exakt 800,07 Euro. Dieser Fall wirft eine spannende Frage auf: Muss sich eine Fachfrau so behandeln lassen, als hätte sie den Wagen in ihrer eigenen Werkstatt repariert, obwohl sie ihn unrepariert verkauft hat?

Eine kritisch blickende Werkstattleiterin hält einen Zahlungsbeleg neben ein Sachverständigengutachten, wobei die bezahlte Summe geringer ist als die geforderte.
Werkstattinhaber streiten mit Versicherungen um Kürzung des Gewinns bei fiktiver Schadensabrechnung. Symbolbild: KI

Die Klägerin betreibt selbst eine Autowerkstatt. Ihr Fahrzeug wurde bei einem Unfall beschädigt. Die Haftung der Gegenseite stand zu 100 Prozent fest. Der Gesamtschaden belief sich laut Gutachten auf 4.600,33 Euro. Die Versicherung zahlte einen Großteil, kürzte aber die Summe. Sie behielt jenen Teil ein, der üblicherweise als Gewinnmarge einer Werkstatt gilt. Die Klägerin akzeptierte das nicht. Sie zog vor das Amtsgericht Buchen und später vor das Landgericht Mosbach. Ihr Argument: Da sie den Wagen gar nicht repariert, sondern verkauft habe, dürfe ihr Gewinnanteil nicht gekürzt werden.

Worum geht es beim Streit um die fiktive Abrechnung?

Der Kern des Konflikts liegt in der Art der Abrechnung. Die Klägerin wählte die fiktive Abrechnung – also die Geltendmachung der Reparaturkosten allein auf Basis eines Gutachtens ohne Durchführung der Reparatur –. Dies ist ihr gutes Recht. Doch die Versicherung wandte ein, dass die Klägerin als Profi billiger reparieren könne. Sie könne die Reparatur in ihrem eigenen Betrieb zum Selbstkostenpreis durchführen. Daher sei der Gewinnaufschlag von meist 20 Prozent abzuziehen.

Das Amtsgericht Buchen hatte der Versicherung bereits recht gegeben und die Klage über den Restbetrag abgewiesen. Die Klägerin ging in Berufung. Sie wollte die fehlenden 800,07 Euro erstreiten. Das Landgericht Mosbach musste nun entscheiden, ob die Eigenschaft als Werkstattinhaberin auch dann Nachteile bringt, wenn gar keine Reparatur stattfindet.

Welche rechtlichen Regeln gelten für Werkstattinhaber?

Das deutsche Schadensrecht folgt dem Prinzip der Erforderlichkeit. Der Geschädigte soll so gestellt werden, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde. Dabei gilt das Wirtschaftlichkeitsgebot – also die Pflicht des Geschädigten, den Schaden so gering wie möglich zu halten, soweit dies zumutbar ist –. Wer eine eigene Werkstatt hat, kann sein Auto oft günstiger reparieren als ein Laie.

Was bedeutet die subjektbezogene Schadensbetrachtung?

Juristen sprechen hier von der subjektbezogenen Schadensbetrachtung – also der Bewertung des Schadens unter Berücksichtigung der ganz individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten des Geschädigten –. Ein normaler Autofahrer muss in eine Fremdwerkstatt gehen. Er zahlt dort Material, Lohn und den Gewinn der Werkstatt. Ein Werkstattinhaber zahlt in seinem eigenen Betrieb nur Material und Lohn. Der Gewinnanteil entfällt, da er sich selbst keine Rechnung schreibt.

Die Rechtslage bei konkreter Reparatur

Repariert der Inhaber sein Auto tatsächlich selbst, ist die Lage klar. Er bekommt nur seine Selbstkosten ersetzt. Einen entgangenen Gewinn bekommt er nur dann, wenn seine Werkstatt voll ausgelastet war. Nur wenn er wegen der Eigenreparatur einen zahlenden Kunden abweisen musste, entsteht ihm ein Gewinnschaden. Hatte er Leerlauf, kostet ihn die Eigenreparatur keinen Gewinn.

Das Problem bei fiktiver Abrechnung

Komplizierter wird es, wenn der Inhaber gar nicht repariert. Die Klägerin argumentierte: Wenn keine Reparatur stattfindet, blockiere ich auch keine Hebebühne. Also könne man mir nicht vorhalten, ich hätte „billiger“ reparieren können. Ich nehme einfach das Geld laut Gutachten. Das Landgericht Mosbach musste klären, ob die strengen Regeln der Eigenreparatur auch auf diesen theoretischen Fall übertragbar sind.

Wie begründete das Landgericht Mosbach seine Entscheidung?

Das Gericht wies die Berufung der Klägerin zurück. Es bestätigte das Urteil des Amtsgerichts Buchen vom 2. Juni 2022 (Az. 1 C 66/22). Die Richter folgten der Argumentation der Versicherung vollumfänglich. Die Klägerin erhält die geforderten 800,07 Euro nicht. Die Kammer stützte sich dabei auf eine detaillierte Analyse der höchstrichterlichen Rechtsprechung.

Gilt das Spargebot auch ohne Reparatur?

Das Gericht stellte klar: Ja. Auch bei der fiktiven Abrechnung darf sich der Geschädigte nicht bereichern. Die fiktive Abrechnung ist kein Freibrief für pauschale Forderungen. Sie orientiert sich daran, was ein vernünftiger Mensch in der Lage des Geschädigten getan hätte. Das Landgericht zitierte dazu den Bundesgerichtshof.

Der Bundesgerichtshof entschied am 29. Oktober 2019 (Az. VI ZR 45/19), dass Rabatte, die ein Geschädigter erhalten würde, auch bei fiktiver Abrechnung abzuziehen sind. Wenn ein Großkunde 20 Prozent Rabatt auf alle Reparaturen bekommt, darf er bei der Versicherung nicht 100 Prozent abrechnen. Er erhält nur das, was er tatsächlich hätte zahlen müssen. Das Landgericht Mosbach übertrug diesen Gedanken auf den vorliegenden Fall.

Warum ist der Gewinnabzug hier zulässig?

Die Richter argumentierten logisch stringent. Die fiktive Abrechnung simuliert eine Reparatur. Man fragt: Was würde die Reparatur diesen konkreten Geschädigten kosten? Bei der Klägerin wäre eine Reparatur in der eigenen Werkstatt möglich gewesen. Hätte sie diese Möglichkeit genutzt, wären ihr nur die Selbstkosten entstanden. Der Unternehmensgewinn von 20 Prozent wäre nicht angefallen.

Das Gericht betonte: Die Klägerin darf fiktiv abrechnen. Aber sie muss sich so behandeln lassen, als hätte sie wirtschaftlich vernünftig gehandelt. Ein wirtschaftlich denkender Werkstattinhaber repariert sein Auto selbst, um Kosten zu sparen. Er beauftragt keine fremde Konkurrenzwerkstatt. Daher sind die Kosten der Fremdwerkstatt (inklusive Gewinn) nicht „erforderlich“ im Sinne des Gesetzes.

Die Rolle der Auslastung

Es gab jedoch ein wichtiges „Aber“. Der Abzug des Gewinns ist nicht automatisch rechtens. Er setzt voraus, dass die Werkstatt der Klägerin freie Kapazitäten hatte. Wäre der Betrieb im fraglichen Zeitraum komplett ausgebucht gewesen, hätte die Klägerin einen zahlenden Kunden wegschicken müssen, um ihr eigenes Auto zu reparieren. In diesem Fall wäre ihr ein Gewinn entgangen. Dann hätte sie den vollen Betrag verlangen dürfen.

Wer muss die Auslastung der Werkstatt beweisen?

Hier kam der entscheidende prozessuale Punkt ins Spiel. Es geht um die sekundäre Darlegungslast – also die Pflicht einer Partei, interne Vorgänge offenzulegen, weil der Gegner diese nicht kennen kann –. Die Versicherung kann nicht wissen, wie voll das Auftragsbuch der Klägerin war. Die Klägerin hingegen weiß das sehr genau.

Die Entscheidung zur Beweislast

Das Gericht verlangte von der Klägerin „substantiierte Angaben“. Sie hätte konkret vortragen müssen: „In der Zeit vom Unfall bis zum Verkauf war meine Werkstatt zu 100 Prozent ausgelastet.“ Sie hätte dies mit Auszügen aus ihrem Terminplaner oder Auftragsbuch belegen können. Doch das tat sie nicht. Sie schwieg zu diesem Punkt.

„Mangels eines solchen Vortrags ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass die Werkstatt ausgelastet war.“

Da die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht nachkam, ging das Gericht vom Regelfall aus. Der Regelfall bedeutet: Es gab freie Kapazitäten. Damit wäre eine Eigenreparatur ohne Gewinnverlust möglich gewesen. Folglich durfte die Versicherung den Gewinnanteil kürzen.

Welche Gegenargumente prüfte das Gericht?

Die Klägerin hatte sich mit Händen und Füßen gewehrt. Sie brachte mehrere juristische Argumente vor, die das Gericht jedoch allesamt verwarf.

Das Argument der Unbestimmtheit

Die Klägerin verwies auf ein Urteil des Amtsgerichts Lingen vom 23. Januar 2021 (Az. 4 C 164/20). Dort hieß es, bei fiktiver Abrechnung sei der Reparaturzeitraum gar nicht bestimmbar. Man wisse ja nicht, wann die Reparatur stattgefunden hätte. Deshalb könne man auch nicht prüfen, ob die Werkstatt zu diesem unbekannten Zeitpunkt ausgelastet war.

Das Landgericht Mosbach ließ dieses Argument nicht gelten. Der Zeitraum sei sehr wohl bestimmbar. Es gehe um die Zeitspanne zwischen dem Unfalltag und dem Tag, an dem das Auto unrepariert verkauft wurde. In diesem gesamten Zeitraum hätte die Klägerin die Möglichkeit zur Eigenreparatur gehabt. Sie hätte für diesen Zeitraum ihre Auslastung darlegen müssen. Das sei ihr zumutbar gewesen.

Der Unterschied zu Großkundenrabatten

Ein weiteres Argument der Klägerin betraf den Vergleich mit Großkundenrabatten. Rabatte bekomme man immer. Freie Werkstattkapazitäten habe man aber nur manchmal. Das sei nicht vergleichbar. Das Gericht sah das anders. Es berief sich auf das Oberlandesgericht Düsseldorf.

Das OLG Düsseldorf hatte am 15. Juni 2021 (Az. 1 U 142/29) entschieden, dass die Grundsätze gleich seien. Egal ob Rabatt oder Eigenleistung: In beiden Fällen hat der Geschädigte einen persönlichen Vorteil. Dieser Vorteil muss den Schaden mindern. Das Wirtschaftlichkeitsgebot gilt universell.

Der Vorwurf der Vermischung

Die Klägerin warf dem Gericht vor, fiktive und konkrete Abrechnung zu vermischen. Sie verliere dadurch ihr Wahlrecht. Das Gericht widersprach deutlich. Das Wahlrecht bleibe bestehen. Man dürfe fiktiv abrechnen. Aber man dürfe sich nicht an der Abrechnung bereichern. Die Grenzen des Wahlrechts liegen dort, wo die Wirtschaftlichkeit beginnt.

Wie sieht die Berechnung im Detail aus?

Um die Entscheidung transparent zu machen, lohnt ein Blick auf die Zahlen. Zwar nennt das Urteil keine detaillierte Aufschlüsselung der 4.600,33 Euro, aber die Logik der Kürzung ist mathematisch klar nachvollziehbar.

Die Versicherung akzeptierte die Netto-Reparaturkosten. Sie zog davon jedoch pauschal 20 Prozent ab. Dieser Satz gilt in der Rechtsprechung als üblicher Unternehmergewinn.

Eine beispielhafte Rechnung verdeutlicht das Prinzip:
Angenommen, die reinen Reparaturkosten im Gutachten betragen 4.000 Euro netto.
Darin enthalten ist kalkulatorisch der Gewinn der Werkstatt.
20 Prozent von 4.000 Euro sind 800 Euro.
Die Versicherung zahlt also nur 3.200 Euro (Material und Lohnkosten).
Die Differenz von 800 Euro ist genau jener Betrag, um den hier gestritten wurde (im konkreten Fall 800,07 Euro).

Das Gericht bestätigte diese Rechenweise. Ohne den Nachweis der vollen Auslastung muss sich die Werkstattinhaberin diese 20 Prozent abziehen lassen.

Welche Bedeutung hat das Urteil für die Praxis?

Dieses Urteil des Landgerichts Mosbach (Az. 5 S 23/22) ist ein Dämpfer für Kfz-Betriebe, die Unfallwagen unrepariert weiterverkaufen. Es stärkt die Position der Versicherer. Wer vom Fach ist, muss sich seine Fachkenntnis anrechnen lassen.

Eine Warnung an Prozessanwälte

Das Gericht sendet eine klare Botschaft an Anwälte in ähnlichen Fällen. Es reicht nicht, abstrakte Rechtsfragen zu diskutieren. Der Vortrag muss konkret sein. Ohne den Beweis der fehlenden Kapazität ist die Klage von vornherein fast aussichtslos. Der Verweis auf die Unmöglichkeit der Reparaturplanung zieht nicht mehr.

Die Tür zur Revision steht offen

Einen Hoffnungsschimmer gibt es für die Klägerin dennoch. Das Landgericht hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Richter begründeten dies mit der grundsätzlichen Bedeutung der Sache. Es gebe widersprüchliche Urteile verschiedener Gerichte.

„Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.“

Die Frage, ob der Gewinnabzug auch dann gilt, wenn das Auto unrepariert verkauft wird, ist höchstrichterlich noch nicht explizit für diesen Spezialfall geklärt. Bis der Bundesgerichtshof hier ein Machtwort spricht, gilt die Linie von Mosbach und Düsseldorf: Wer selbst reparieren kann, bekommt weniger Geld – auch wenn er gar nicht repariert.

Unfallschaden gekürzt? So wehren Sie sich

Versicherungen nutzen oft komplexe Urteile, um Schadensersatzzahlungen zu kürzen. Besonders bei der fiktiven Abrechnung für Werkstattinhaber ist die Rechtslage umstritten und hängt von Details wie der Betriebsauslastung ab. Unser Fachanwalt für Verkehrsrecht prüft die Kürzung Ihrer Versicherung und zeigt Ihnen, wie Sie den vollen Ihnen zustehenden Betrag einfordern können.

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Experten Kommentar

Aus meiner jahrelangen Praxis weiß ich, dass der Knackpunkt hier meist gar nicht die Rechtslage selbst ist, sondern die Beweisbarkeit im Rückspiegel. Versicherer spekulieren oft darauf, dass Werkstattinhaber ihre Auslastung nicht lückenlos dokumentiert haben. Wer kann schon Monate später glaubhaft belegen, dass er am Unfalltag genau einen zahlenden Kunden wegschicken musste? Das ist die eigentliche Falle: Ohne ein penibles „Ablehnungstagebuch“ oder lückenlose Werkstattkalender läuft die Argumentation der vollen Auslastung fast immer ins Leere. Ich erlebe regelmäßig Mandanten, die zwar theoretisch gute Karten hätten, aber an dieser faktischen Hürde scheitern. Der Gewinnabzug ist in der Realität oft weniger ein juristisches Problem als ein Disziplinproblem bei der Dokumentation.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie beweise ich die volle Auslastung meiner Werkstatt?

Sie müssen durch lückenlose Auszüge aus Ihren Terminbüchern oder der Auftragsverwaltung die vollständige Auslastung schriftlich belegen. Es reicht vor Gericht nicht aus, dies nur pauschal zu behaupten oder Zeugen zu benennen. Sie müssen nachweisen, dass Sie für Ihre Eigenreparatur zwingend einen zahlenden Kunden abweisen mussten.

Juristen bezeichnen dies als sekundäre Darlegungslast. Da nur Sie Einblick in Ihre internen Abläufe haben, müssen Sie diese detailliert offenlegen. Im Urteil scheiterte die Klägerin, weil sie genau diese konkreten Unterlagen nicht vorlegte. Ohne Beweise unterstellt das Gericht, dass Sie genügend freie Kapazitäten für das eigene Fahrzeug hatten. Folglich entsteht kein ersatzfähiger Gewinnschaden durch abgewiesene Fremdaufträge, sondern nur ein Anspruch auf reine Selbstkosten.

Unser Tipp: Sichern Sie sofort alle Auftragsbücher und Terminkalender für den genauen Zeitraum zwischen Unfall und Reparatur. Diese Dokumente sind Ihr einziger Weg zum vollen Schadensersatz.


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Was passiert, wenn ich keine Werkstattauslastung nachweisen kann?

Wenn Sie die Vollauslastung nicht beweisen können, geht das Gericht von freien Kapazitäten in Ihrer Werkstatt aus. In diesem Fall ist der Abzug des Unternehmergewinns durch die Versicherung vollkommen rechtmäßig. Der Richter unterstellt dann, dass Sie den Schaden durch Eigenreparatur ohne Gewinnausfall hätten beheben können.

Ohne lückenlose Dokumentation greift sofort die gesetzliche Vermutung des sogenannten „Regelfalls“. Das Gericht nimmt dabei an, dass Ihr Betrieb genügend Leerlauf für die Reparatur hatte. Juristisch bedeutet dies, dass Ihnen durch den Unfall kein realer entgangener Gewinn entstanden ist. Die Versicherung darf deshalb pauschal rund 20 Prozent von der Rechnung abziehen. Ihre Klage auf Auszahlung dieser Differenz wird abgewiesen. Das Gericht argumentiert hier streng mit Ihrer Schadensminderungspflicht zur kostengünstigen Eigenreparatur.

Unser Tipp: Kalkulieren Sie bei fehlenden Belegen ohne den Unternehmergewinn, um unnötige Prozesskosten zu sparen. Akzeptieren Sie den Abzug in diesem Fall lieber sofort.


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Muss ich meine Werkstattauslastung immer lückenlos dokumentieren?

Ja. Aus juristischer Sicht ist eine lückenlose Dokumentation Ihrer täglichen Werkstattauslastung absolut notwendig. Ohne historische Daten zu Ihrer konkreten Auftragslage können Sie im Streitfall Ihrer sogenannten sekundären Darlegungslast nicht nachkommen. Gerichte verlangen rückwirkend präzise Belege für die fehlende Kapazität zum Unfallzeitpunkt.

Das Gericht fordert im Prozess „substantiierte Angaben“ für oft weit zurückliegende Zeiträume. Sie müssen beweisen, dass Ihre Werkstatt an einem spezifischen Datum in der Vergangenheit voll ausgelastet war. Eine bloße Behauptung oder pauschale Aussage reicht hierfür keinesfalls aus. Ohne archivierte Terminpläne ist diese Beweisführung faktisch unmöglich. Fehlt dieser konkrete Nachweis, gilt Ihre Klage von vornherein als fast aussichtslos. Sie verlieren dadurch Ihren Anspruch auf den vollen Schadensersatz.

Unser Tipp: Archivieren Sie Ihre täglichen Terminpläne ab sofort revisionssicher als Beweismittel für die Zukunft. Erstellen Sie diese Daten niemals nachträglich, da dies strafbarer Prozessbetrug wäre.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Das vorliegende Urteil


Landgericht Mosbach – Az.: 5 S 23/22 – Urteil vom 31.08.2022


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