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Nachbarschaftsstreit um Baumüberhang

Kölner Landgericht weist Klage ab und klärt Grenzen der Grundstücksbenutzung

In einem aktuellen Fall, der vor dem Landgericht Köln verhandelt wurde, ging es um einen Nachbarschaftsstreit der besonderen Art. Der Kläger forderte den Rückschnitt von Ästen und Zweigen, die von Bäumen auf dem Grundstück des Beklagten auf sein eigenes Grundstück überwucherten. Das Hauptaugenmerk des Rechtsstreits lag auf der Frage, ob der Kläger einen Anspruch auf den Rückschnitt der Bäume hat, insbesondere im Kontext des § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 910 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Gericht musste klären, ob die überhängenden Äste eine objektive Beeinträchtigung der Grundstücksbenutzung darstellen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 S 27/20 >>>

Zulässigkeit und Begründung der Berufung

Nachbarschaftsstreit um Baumüberhang
Nachbarschaftsstreit um Baumüberhang: Ein Urteil, das die Grenzen der Grundstücksbenutzung und die Rechte von Grundstückseigentümern klärt. (Symbolfoto: Simon Annable /Shutterstock.com)

Das Gericht stellte fest, dass die Berufung des Beklagten zulässig und begründet ist. Obwohl ein Überhang der Äste und Zweige vorlag, der das Eigentum des Klägers beeinträchtigen könnte, wurde ein Anspruch auf Rückschnitt abgelehnt. Das Gericht betonte, dass nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers entscheidend ist, sondern die objektive Beeinträchtigung der Grundstücksbenutzung.

Objektive Beeinträchtigung und Beweislast

Der Beklagte konnte nachweisen, dass von den überhängenden Ästen keine relevante Beeinträchtigung ausgeht. Das Gericht stellte klar, dass eine Beeinträchtigung nur dann vorliegt, wenn die Störungen im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts des Überwuchses nicht außer Verhältnis stehen. Im vorliegenden Fall wäre ein Rückschnitt der Bäume unzumutbar, da dies zu einem Absterben der Bäume oder zu einer erhöhten Risikolage führen könnte.

Alter der Bäume und Nachbarschaftsrecht

Ein weiterer wichtiger Aspekt war das Alter der Bäume. Alle strittigen Gehölze waren mindestens sechs Jahre alt. Nach § 47 Abs. 1 des Nachbarschaftsgesetzes NRW kann der Kläger daher keine Beseitigung mehr verlangen. Ein Rückschnitt würde in diesem Fall auf eine unzulässige Beseitigung der Bäume hinauslaufen.

Sachverständigengutachten als Entscheidungsgrundlage

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf die Ausführungen eines Sachverständigen. Dieser hatte festgestellt, dass ein Rückschnitt der Bäume zu massiven Schädigungen führen würde, die das Überleben der Gehölze gefährden. Daher würde der vom Kläger geforderte Rückschnitt letztlich zu einer Beseitigung der Bäume führen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und die Revision wurde nicht zugelassen. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen. Damit setzt das Landgericht Köln ein klares Zeichen in Bezug auf die Grenzen der Grundstücksbenutzung und die Rechte von Grundstückseigentümern im Kontext von Nachbarschaftsstreitigkeiten um Baumüberhang.

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Das vorliegende Urteil

Landgericht Köln – Az.: 6 S 27/20 – Urteil vom 02.03.2023

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Leverkusen vom 16.01.2020 (Az.: 21 C 202/19) wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Eines Tatbestands bedarf es gemäß §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 1, 2 ZPO nicht, da ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung unzweifelhaft nicht zulässig ist, §§ 543 Abs. 1, 544 Abs. 2 ZPO.

II.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

1.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Rückschnitt der von dem Grundstück des Beklagten auf sein Grundstück herüberwachsenden Äste und Zweige der – im Einzelnen näher bezeichneten – Kastanie (#1), Schwarz-Erlen (#2 und #6) oder der Ahorn-Bäume (#3, #4 und #5). Ein diesbezüglicher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 910 Abs. 1 S. 2 BGB.

a.

Zwar liegt nach den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen jeweils ein Überhang vor, der das Eigentum des Klägers in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigen könnte.

b.

Ein Anspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 910 Abs. 1 S. 2 BGB scheidet nach § 910 Abs. 2 BGB im vorliegenden Fall indes aus, da die Benutzung des Grundstücks letztlich nicht als beeinträchtigt anzusehen ist.

aa.

Ob eine Beeinträchtigung vorliegt, entscheidet nicht das subjektive Empfinden des Grundstückseigentümers; maßgebend ist vielmehr die objektive Beeinträchtigung der Grundstücksbenutzung. Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass von den herüberragenden Ästen keine Beeinträchtigung ausgeht, trägt der Nachbar, auf dessen Grundstück der Baum steht (BGH, U. v. 11.06.2021 – V ZR 234/19, NJW 2021, 2882 dort Rn. 15 m.w.N.; vgl. BGH, U. v. 14.11.2003 – V ZR 102/03, NJW 2004, 1037), vorliegend der Beklagte.

bb.

Einen hinreichenden Nachweis hat der Beklagte erbracht. Denn an einer relevanten Beeinträchtigung fehlt es, wenn die Störungen im Vergleich zu den Wirkungen des Rückschnitts des Überwuchses außer Verhältnis stehen und die Beseitigung des Überhangs deshalb unzumutbar ist. Dass ist bspw. der Fall, wenn die verlangte Maßnahme die begründete Gefahr in sich birgt, dass sie zu einem Absterben der Bäume oder zu einer erhöhten Risikolage führt. In diesem Fall liefe das Rückschnittbegehren letztlich auf eine verbotene Beseitigung des Baumes hinaus (vgl. OLG Köln, U. v. 12.07.2011 – 4 U 18/10, BeckRS 2011, 19837 m.w.N.).

Vorliegend sind sämtliche in Rede stehenden Gehölze unstreitig mindestens sechs Jahre alt. Nach § 47 Abs. 1 NachbG NRW kann der Kläger als Nachbar in der Folge eine Beseitigung nicht mehr verlangen. Dementsprechend ist auch ein etwaiger klägerischer Anspruch der hier in Rede stehenden Art ausgeschlossen, da er auf eine Beseitigung der Gehölze insgesamt hinauslaufen würde.

Dies steht zur Überzeugung der Kammer auf Grundlage der nachvollziehbaren, in sich plausiblen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. Ing. O. in seinem Sachverständigengutachten vom 30.12.2021 (Bl. 390) sowie dem nachfolgenden Ergänzungsgutachten vom 11.07.2022 (Bl. 456) fest. Hierzu hat der Sachverständige festgestellt, eine Entfernung des Überhangs – der vom Kläger begehrte Rückschnitt – würde so massive Schädigungen der Gehölze mit sich bringen, dass kaum eines der betroffenen Gehölze überleben werde (vgl. Bl. 398). In der Folge würde der vom Kläger begehrte Rückschnitt zu einer Beseitigung der Bäume führen.

2.

Mangels Anspruchs in der Hauptsache scheidet der vom Kläger hierneben geltend gemachte Anspruch auf Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung nebst Zinsen aus.

III.

1.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

2.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

3.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist die Revisionszulassung durch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 3.000,00 €.

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