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Übersicht
- 1 ✔ Kurz und knapp
- 2 Fristlose Kündigung nach Wasserguss auf Vermieter durch Mieter
- 3 ✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Hanau
- 4 ✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
- 5 ✔ FAQ – Häufige Fragen: Fristlose Mietvertragskündigung
- 6 § Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- 7 ⬇ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Hanau
✔ Kurz und knapp
- Überschütten des Vermieters mit Wasser vom Fenster aus stellt eine nachhaltige Hausfriedensstörung und wichtigen Kündigungsgrund dar.
- Bereits ein einziger Wassergusskann fristlose Kündigung rechtfertigen, da es sich um einen vorsätzlichen tätlichen Angriff handelt.
- Eine Abmahnung ist bei vorsätzlicher Körperverletzung entbehrlich, da offensichtlich erfolglos.
- Anwaltskosten für Prüfung und Ausspruch der Kündigung sind erstattungsfähiger Kündigungsschaden.
- Nach wirksamer fristloser Kündigung bestehen keine Mängelbeseitigungsansprüche mehr.
- Erneute Bedrohung mit Pflichtverletzung begründet Aussichtslosigkeit einer Abmahnung.
- Zeugenaussage zur Glaubhaftmachung, auch ohne direkte Beobachtung der Tat.
- Bedingter Vorsatz (dolus eventualis) genügt bei bewusstem Inkaufnehmen der Folgen.
Fristlose Kündigung nach Wasserguss auf Vermieter durch Mieter
Das Mietverhältnis zwischen Vermieter und Mieter basiert auf Gegenseitigkeit und gegenseitigem Respekt. Beide Parteien tragen die Verantwortung dafür, ein friedliches Miteinander zu schaffen und aufrechtzuerhalten. Allerdings kann es durchaus zu Konfliktsituationen kommen, in denen die Grenzen des Zumutbaren überschritten werden. In solchen Fällen muss der Vermieter die Möglichkeit haben, das Mietverhältnis fristlos zu beenden, um weitere Eskalationen zu verhindern. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Mieter den Vermieter vorsätzlich mit Wasser überschüttet. Derartige Handlungen stellen eine massive Störung des Hausfriedens dar und können eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Im Folgenden werden wir uns mit einem konkreten Gerichtsurteil zu diesem Thema befassen.
✔ Der Fall vor dem Amtsgericht Hanau
Fristlose Kündigung eines Mietvertrags nach Wasserguss auf Vermieter
Im vorliegenden Fall ging es um eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen einer Vermieterin und ihrer Mieterin. Die Parteien stritten über die Räumung und Herausgabe des gemieteten Wohnraums sowie über widerklagende Ansprüche auf Mängelbeseitigung. Die Vermieterin hatte das Mietverhältnis außerordentlich gekündigt, nachdem die Mieterin sie an zwei aufeinanderfolgenden Tagen, am 18.05.2023 und am 19.05.2023, jeweils mit einem Eimer Wasser überschüttet hatte. Die Mieterin goss das Wasser aus einem Fenster in den Hof, wobei sich die Vermieterin im Hof befand und vollständig durchnässt wurde.
Das rechtliche Problem lag darin, ob dieses Verhalten der Mieterin eine außerordentliche Kündigung des Mietvertrags rechtfertigte. Die Vermieterin sah in den Wassergüssen eine erhebliche Störung des Hausfriedens und argumentierte, dass ihr eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unter diesen Umständen nicht zumutbar sei. Die Mieterin hingegen bestritt die Vorwürfe und brachte widerklagend Ansprüche auf Mängelbeseitigung vor.
Gerichtliche Entscheidung zur außerordentlichen Kündigung
Das Amtsgericht Hanau entschied zugunsten der Vermieterin und bestätigte die außerordentliche Kündigung des Mietvertrags. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf die §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB, wonach eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, wenn der Mieter den Hausfrieden nachhaltig stört und dem Vermieter eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zumutbar ist.
Das Gericht stellte fest, dass die Mieterin durch ihr Verhalten den Hausfrieden erheblich gestört hatte. Die Beweisaufnahme ergab, dass die Mieterin an den genannten Tagen jeweils einen Eimer Wasser aus dem Fenster in den Hof goss und die Vermieterin dabei vollständig durchnässte. Ein Zeuge bestätigte, dass er die Vermieterin jeweils durchnässt im Hof angetroffen hatte und dass die Mieterin nach einer emotional geführten Diskussion am Fenster stand und äußerte, sie würde es wieder tun.
Das Gericht bewertete die Aussage des Zeugen als glaubhaft und lebensnah. Der Zeuge machte seine Aussage ohne erkennbare emotionale Beteiligung und räumte ein, dass er die eigentlichen Wassergüsse nicht beobachtet hatte. Trotzdem konnte er bestätigen, dass die Mieterin in unmittelbarer Nähe des Tatorts gesehen wurde und glaubhaft schilderte, wie sie die Vermieterin bedrohte.
Rechtliche Bewertung des Verhaltens der Mieterin
Das Gericht erkannte in dem Verhalten der Mieterin eine grobe Verletzung der gegenseitigen Rücksichtnahmepflicht. Das Schütten eines Eimers Wassers aus dem Fenster in den Hof eines vermieteten Gebäudes stellt an sich ein vertragswidriges Verhalten dar, das den Hausfrieden stört. Diese Störung war nach Ansicht des Gerichts nachhaltig und erheblich, sodass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar war.
Eine Abmahnung war nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB entbehrlich. Das Gericht begründete dies damit, dass bereits ein einzelner Wasserguss eine vorsätzliche Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB darstellt. Eine Abmahnung erschien daher nicht angezeigt, zumal die Mieterin ausdrücklich und endgültig abgelehnt hatte, eine künftige Pflichtverletzung zu unterlassen.
Kostentragung und Nebenentscheidungen
Das Gericht entschied weiterhin, dass die Mieterin die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs zu tragen hat. Die Vermieterin hätte ohne den Vergleich aller Voraussicht nach den Rechtsstreit gewonnen, sodass die Mieterin die Kosten zu tragen hatte. Die Widerklage der Mieterin auf Mängelbeseitigung wurde als zulässig, aber unbegründet angesehen, da das Mietverhältnis durch die wirksame außerordentliche fristlose Kündigung beendet war.
Die Vermieterin hatte zudem Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 € aus § 280 Abs. 1 BGB als Kündigungsschaden. Die Inanspruchnahme anwaltlichen Rates zur Prüfung und zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung erschien angemessen.
✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall
Die Entscheidung verdeutlicht, dass ein Mieter durch das Überschütten des Vermieters mit Wasser den Hausfrieden nachhaltig und erheblich stört. Ein solches Verhalten stellt eine grobe Verletzung der Rücksichtnahmepflicht dar und rechtfertigt eine fristlose Kündigung des Mietvertrags ohne vorherige Abmahnung. Die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter überwiegt hier das Interesse des Mieters am Fortbestand des Vertrags.
✔ FAQ – Häufige Fragen: Fristlose Mietvertragskündigung
Welche Verhaltensweisen des Mieters können eine fristlose Kündigung des Mietvertrags rechtfertigen?
Eine fristlose Kündigung des Mietvertrags durch den Vermieter kann durch verschiedene Verhaltensweisen des Mieters gerechtfertigt sein. Ein häufiger Grund ist der erhebliche Mietrückstand. Wenn der Mieter in zwei aufeinanderfolgenden Monaten keine Miete gezahlt hat oder nur einen Teil der Miete gezahlt hat und die ausstehenden Beträge insgesamt höher sind als eine Monatsmiete, kann der Vermieter fristlos kündigen. Auch wenn der Mieter über mehr als zwei Monate hinweg keine Miete oder nur teilweise Miete gezahlt hat, sodass er mit einem Betrag von mehr als einer Monatsmiete im Rückstand ist, ist eine fristlose Kündigung möglich.
Ein weiterer Grund für eine fristlose Kündigung ist die erhebliche Störung des Hausfriedens. Dies kann der Fall sein, wenn der Mieter andere Mieter beschimpft, ihnen Prügel androht oder es tatsächlich zu körperlichen Angriffen kommt. Auch das Beschmieren von Wohnungstüren mit Kot oder das Auskippen von Essensresten kann eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Selbst wenn der störende Mieter aufgrund einer seelischen Erkrankung schuldlos handelt, bleibt die Kündigung wirksam.
Die unerlaubte gewerbliche Nutzung der Mieträume kann ebenfalls zur fristlosen Kündigung führen. Wenn der Mieter die Wohnung ohne Zustimmung des Vermieters gewerblich nutzt, stellt dies eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann.
Ein weiteres Beispiel ist die Gefährdung der Gesundheit anderer Mieter. Wenn der Mieter durch sein Verhalten die Gesundheit oder andere Rechtsgüter der Mitmieter vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, kann dies ebenfalls eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dies ist der Fall, wenn in der Wohnung regelmäßig und lautstark gefeiert wird und dabei die übrigen Hausbewohner gefährdet werden.
Schließlich kann auch die wiederholte Belästigung des Vermieters oder anderer Mieter eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Ein Beispiel hierfür ist das Überschütten des Vermieters mit Wasser. Solche Handlungen stellen eine erhebliche Vertragsverletzung dar und machen die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar.
Wann ist eine Abmahnung vor der fristlosen Kündigung entbehrlich? (8)
Eine Abmahnung vor der fristlosen Kündigung ist in bestimmten Fällen entbehrlich. Dies gilt insbesondere bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen des Mieters. Ein Beispiel hierfür ist das Begehen von strafbaren Handlungen gegen den Vermieter oder andere Personen im Zusammenhang mit dem Mietverhältnis. Dazu zählen Tätlichkeiten, Bedrohungen oder schwerer Diebstahl. Solche Handlungen machen die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar, sodass eine Abmahnung nicht erforderlich ist.
Ein weiteres Beispiel ist die eindeutige und ernsthafte Ablehnung des Mieters, sein vertragswidriges Verhalten zu ändern. Wenn der Mieter beispielsweise klar zum Ausdruck bringt, dass er sein Verhalten nicht ändern wird, ist eine Abmahnung als „ergebnislose Förmelei“ anzusehen und daher entbehrlich.
Auch bei einer erheblichen Verwahrlosung der Wohnung kann eine Abmahnung entbehrlich sein. Wenn der Zustand der Wohnung so gravierend ist, dass eine sofortige Kündigung gerechtfertigt ist, muss der Vermieter nicht erst abmahnen.
Das Überschütten des Vermieters mit Wasser stellt ebenfalls eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar, die eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt. Solche Handlungen zerstören das notwendige Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien und machen die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar.
In all diesen Fällen ist die Abmahnung entbehrlich, da die Schwere der Pflichtverletzung eine sofortige Reaktion des Vermieters rechtfertigt.
Was versteht man unter einer nachhaltigen Störung des Hausfriedens?
Eine nachhaltige Störung des Hausfriedens liegt vor, wenn das Verhalten eines Mieters wiederholt oder besonders intensiv ist und dadurch das friedliche Zusammenleben im Mietobjekt erheblich beeinträchtigt wird. Wiederholte oder besonders schwere Störungen können eine fristlose Kündigung rechtfertigen, da sie die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar machen.
Beispiele für nachhaltige Störungen des Hausfriedens sind:
Wiederholte Beleidigungen und Bedrohungen gegenüber anderen Mietern oder dem Vermieter. Dies kann auch körperliche Angriffe umfassen, die den Straftatbestand der Körperverletzung erfüllen.
Üble und unangemessene Handlungen wie das Beschmieren von Wohnungstüren mit Kot oder das Auskippen von Essensresten.
Androhung von Gewalt mittels Drohbriefen, die geeignet sind, die Betroffenen erheblich zu verunsichern, selbst wenn es nicht zur tatsächlichen Anwendung von Gewalt kommt.
Regelmäßige und laute Feiern, die die übrigen Hausbewohner gefährden oder erheblich stören.
Erhebliche Belästigungen wie das wiederholte Füttern von Tauben, was zu einer erheblichen Verschmutzung und Belästigung führt.
Verwahrlosung der Wohnung, die zu einer Gefährdung der Gesundheit anderer Mieter führt.
Eine Abmahnung ist in solchen Fällen oft entbehrlich, wenn das Verhalten des Mieters so schwerwiegend ist, dass eine sofortige Kündigung gerechtfertigt ist. Ein Beispiel hierfür ist das Überschütten des Vermieters mit Wasser, was eine erhebliche Vertragsverletzung darstellt und die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar macht.
Die Schwere der Beeinträchtigung für andere Hausbewohner und den Vermieter spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewertung, ob eine nachhaltige Störung des Hausfriedens vorliegt. Eine nachhaltige Störung muss so gravierend sein, dass sie das Mietverhältnis schwer belastet und eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses unzumutbar macht.
§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils
- § 543 Abs. 1 BGB: Ermöglicht die außerordentliche fristlose Kündigung eines Mietvertrags, wenn dem kündigenden Teil die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
- § 569 Abs. 2 BGB: Definiert die nachhaltige Störung des Hausfriedens als wichtigen Grund für die außerordentliche fristlose Kündigung.
- § 91a ZPO: Regelt die Kostenentscheidung bei übereinstimmender Erledigungserklärung im Rechtsstreit. Die Parteien tragen die Kosten nach billigem Ermessen.
- § 546 Abs. 1 BGB: Begründet den Anspruch des Vermieters auf Rückgabe der Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses.
- § 223 StGB: Definiert die vorsätzliche Körperverletzung. Ein einzelner Wasserguss kann als vorsätzliche Körperverletzung angesehen werden.
- § 280 Abs. 1 BGB: Regelt den Schadensersatzanspruch bei Pflichtverletzungen. Hier geht es um die Erstattung der Rechtsanwaltskosten als Kündigungsschaden.
- § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO: Bestimmt die Kostentragungslast bei teilweiser Rücknahme der Klage. Die Beklagte trägt die Kosten bei Rücknahme der Widerklage.
- § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB: Besagt, dass eine Abmahnung entbehrlich ist, wenn eine Fortsetzung des Mietverhältnisses selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten ist.
⬇ Das vorliegende Urteil vom Amtsgericht Hanau
AG Hanau – Az.: 34 C 92/23 – Beschluss vom 19.02.2024
I. ….
II. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs hat die Beklagte zu tragen.
Gründe
(beschränkt auf den Beschlusstenor zu II.)
Die Parteien stritten über die Räumung und Herausgabe von gemietetem Wohnraum sowie widerklagend über Ansprüche auf Mängelbeseitigung.
Die Parteien schlossen im schriftlichen Verfahren den aus Ziffer I. dieses Beschlusses ersichtlichen Vergleich und vereinbarten u. a., dass über die Kosten des Rechtsstreits das Streitgericht in analoger Anwendung von § 91a ZPO entscheiden soll. Dieser übereinstimmende Antrag der Parteien ist dahingehend auszulegen, dass die Hauptsache aufgrund des geschlossenen Vergleichs übereinstimmend für erledigt erklärt wird, die Kostenfrage aber nach § 91a ZPO zu beantworten sein soll.
Deshalb war gemäß § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden. Für diese Entscheidung gibt im Allgemeinen der ohne die Erledigungserklärung zu erwartende Verfahrensausgang den Ausschlag, so dass die Parteien die Kosten entsprechend zu tragen haben.
Dies führte zur Auferlegung der Kosten auf die Beklagte, da sie ohne Abschluss des Vergleichs in dem Rechtsstreit aller Voraussicht nach unterlegen wäre. Im Wege dieser summarischen Prüfung ergibt sich, dass die Klage zulässig und begründet war. Die Widerklage war zulässig, aber unbegründet.
Die Klägerin hatte Anspruch auf Rückgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach § 546 Abs. 1 BGB. Denn das zwischen den Parteien ursprünglich bestehende Mietverhältnis hat durch die außerordentliche Kündigung vom 24.05.2023 sein Ende gefunden. Der Klägerin steht hierbei der Kündigungsgrund des §§ 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB zur Seite. Denn die Beklagte hat durch ihr Verhalten den Hausfrieden nachhaltig gestört, sodass der Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unter Berücksichtig aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Verschuldens der Beklagten nicht zumutbar ist.
Unstreitig goss die Beklagte am 18.05.2023 und am 19.05.2023 jeweils einen mit Wasser gefüllten Eimer aus dem Fenster in den Hof aus, als sich auch die Klägerin jeweils im Hof befand. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte die Klägerin mit den Wassergüssen getroffen und gänzlich durchnässt hat.
Diese Überzeugung gründet sich auf die Vernehmung des Zeugen W. Der Zeuge bekundete, dass er sowohl am 18.05.2023 als auch am 19.05.2023 bei seiner Rückkehr von der Arbeit die Klägerin im Hof angetroffen habe, wobei diese „klitschnass“ wie bei der „Ice-Bucket-Challenge“ gewesen sei. Zwar habe er nicht sehen können, wie die Beklagte die Klägerin mit Wasser überschüttet oder einen Eimer in der Hand gehalten habe. Der Zeuge konnte aber bestätigen, dass er die Beklagte zwei Mal im unmittelbar zeitlichen und räumlichen Zusammenhang zum Ort, an dem die Klägerin behauptet, vom Wasser getroffen worden zu sein, gänzlich durchnässt angetroffen hat. Auch hat er nachvollziehbar schildern können, wie die Beklagte am 18.05.2023 am Fenster stand und nach einer ihrerseits emotional geführten Diskussion äußerte, sie würde es wieder tun.
Aufgrund der lebensnahen und widerspruchsfreien Aussage des Zeugen bestehen keine Bedenken an der Glaubhaftigkeit der Aussage oder der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Der Zeuge machte seine Aussage sine ira et studio (vgl. Tacitus, Annales I, 1) und räumte etwa freimütig ein, dass er die eigentlichen Wassergüsse nicht beobachtet habe.
Die Beklagte handelte dabei auch pflichtwidrig. Bereits das Schütten eines Eimers Wassers aus dem Fenster in den Hof eines vermieteten Gebäudes begründet an sich ein vertragswidriges Verhalten, das den Hausfrieden und die gegenseitige Rücksichtnahmepflicht stört. Der Kündigung wegen Störung des Hausfriedens liegt die Bedeutung des Hausfriedens für das gedeihliche Miteinander, das auch das Zusammenarbeiten aller Hausnutzer auf dem Grundstück umfasst, zugrunde. Die Vorschrift ist demnach Ausdruck des Gebots gegenseitiger Rücksichtnahme (Schmidt-Futterer/Streyl, § 569 BGB, Rdnr. 34). Die Beklagte hat dieses Rücksichtnahmegebot in grober Weise wiederholt verletzt.
Der Beklagten fällt hierbei auch zumindest bedingter Vorsatz (dolus eventualis) zur Last. Der Beklagten war nach eigenem Vortrag bewusst, dass sich zum fraglichen Zeitpunkt die Klägerin im Hof aufhielt. Nach eigenem Sachvortrag erfolgten die Wassergüsse jeweils gerade, um die Klägerin davon abzuhalten, das Fahrrad der Beklagten umzustellen. Dass sie die Klägerin hierbei treffen könnte, nahm die Beklagte damit zumindest billigend in Kauf.
Die Hausfriedensstörung ist auch nachhaltig i.S.v. § 569 Abs. 2 BGB. Die Angriffe auf die Klägerin durch die Wassergüsse machen eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar. Bereits jeder einzelne der Wassergüsse ist dazu geeignet, aufgrund seiner Nachhaltigkeit und Schwere einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen. Schließlich handelt es sich um auch strafrechtlich relevante, vorsätzliche tätliche Angriffe und nicht um bloße Bagatellen wie etwa unhöfliches Verhalten.
Eine Abmahnung war nach § 543 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BGB entbehrlich. Bereits ein einzelner Wasserguss stellt eine vorsätzliche Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB dar, der bei Abwägung der beiderseitigen Interessen eine Abmahnung nicht angezeigt erscheinen lässt. Darüber hinaus verspricht eine Abmahnung auch offensichtlich keinen Erfolg, da es die Beklagte ausdrücklich und endgültig abgelehnt hat, eine künftige Pflichtverletzung zu unterlassen, und im Gegenteil sogar neue Pflichtverletzungen angedroht hat.
Der Klägerin stand ein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 627,13 € aus § 280 Abs. 1 BGB als Kündigungsschaden zu. Die Inanspruchnahme anwaltlichen Rates zur Prüfung und zum Ausspruch der außerordentlichen Kündigung erscheint angemessen.
Die Widerklage war zulässig, wäre allerdings in der Sache erfolglos geblieben. Denn durch die wirksame außerordentlich fristlose Kündigung mit Schreiben vom 24.05.2023 wurde das Mietverhältnis zwischen den Parteien beendet und vermag daher keine Mängelbeseitigungsansprüche mehr begründen.
Soweit die Beklagte die Widerklage teilweise zurückgenommen hat, trifft die Kostentragungslast gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO ebenfalls die Beklagte.