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Schadensgutachten mangelhaft – Ersatzfähigkeit der Kosten

Ein schwerer Traktorunfall, ein scheinbar klares Schadensbild – doch dann wurde das Gutachten zum Stolperstein. Der Sachverständigenbericht wies eine entscheidende Lücke auf, die den Geschädigten zum Handeln zwang. Als der Eigentümer des Unfalltraktors den Fehler kurzerhand selbst behob, entbrannte ein überraschender Rechtsstreit über die Kosten dieses lückenhaften Gutachtens.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 7 U 45/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Schleswig-Holstein
  • Datum: 07.01.2025
  • Aktenzeichen: 7 U 45/24
  • Verfahrensart: Berufung
  • Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht, Versicherungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eigentümer des beschädigten Schleppers und Geschädigter, der auf vollständigen Schadensersatz inklusive Sachverständigenkosten klagte.
  • Beklagte: Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers, die dem Grunde nach haftbar war, sich aber gegen die vollständige Zahlung der Sachverständigenkosten wehrte und Berufung einlegte.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Kläger forderte von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers, der Beklagten, Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall. Obwohl ein Sachverständigengutachten einen wirtschaftlichen Totalschaden des klägerischen Schleppers feststellte, unterließ es die Restwertermittlung. Der Kläger ermittelte den Restwert daraufhin selbst, doch die Beklagte weigerte sich, die vollständigen Gutachterkosten zu übernehmen.
  • Kern des Rechtsstreits: Der zentrale Streitpunkt war, ob der Kläger Anspruch auf vollständigen Ersatz der Sachverständigenkosten hat. Dies betraf ein Gutachten, das bei einem wirtschaftlichen Totalschaden keine Restwertermittlung enthielt. Der Kläger hatte diesen Mangel jedoch durch eigene Initiative behoben, indem er selbst Restwertangebote einholte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht wies die Berufung der Beklagten zurück. Es bestätigte damit das erstinstanzliche Urteil, wonach die Beklagte die vollen Kosten für das Sachverständigengutachten zu tragen hat.
  • Begründung: Das Gericht begründete die Entscheidung damit, dass Sachverständigenkosten grundsätzlich zu den zu ersetzenden Schäden gehören, solange das Gutachten zweckmäßig ist. Auch ein fehlerhaftes Gutachten ist ersatzfähig, wenn der Fehler nicht dem Geschädigten zuzurechnen ist. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger den Mangel der fehlenden Restwertermittlung eigenständig und ohne zusätzliche Kosten für die Beklagte behoben, wodurch das Gutachten weiterhin nutzbar war.
  • Folgen: Die Beklagte muss die vollständigen Sachverständigenkosten für das mangelhafte, aber vom Kläger ergänzte Gutachten tragen. Zudem hat die Beklagte alle Kosten des Berufungsverfahrens zu übernehmen.

Der Fall vor Gericht


Wer zahlt für ein fehlerhaftes Gutachten nach einem Unfall?

Jeder Autofahrer fürchtet diesen Moment: Es hat gekracht. Ist der Schaden größer, wird oft ein Sachverständiger beauftragt. Dieser Experte soll objektiv feststellen, wie hoch die Reparaturkosten sind oder was das Fahrzeug vor dem Unfall noch wert war. Doch was passiert, wenn dieser Experte einen Fehler macht? Wenn sein Gutachten – also sein schriftlicher Bericht – unvollständig ist? Muss die gegnerische Versicherung die Kosten für dieses fehlerhafte Gutachten trotzdem bezahlen? Genau diese Frage musste das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein in einem Urteil klären.

Ein Traktorunfall und ein unvollständiger Bericht

Mann am Tisch prüft Kostenvoranschläge neben kaputtgemachten Traktor auf landwirtschaftlichem Hof
Eigenständiger Traktor-Verkauf wegen unvollständigem Gutachten und Streit um Kosten auf dem Land. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Am 7. Januar 2022 kam es zu einem schweren Verkehrsunfall. Ein Traktor samt angehängter Feldspritze wurde von einem anderen Fahrzeug erfasst und überschlug sich. Der Eigentümer des Traktors, nennen wir ihn den Kläger, war unverschuldet in den Unfall verwickelt. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers, hier die Beklagte, musste daher grundsätzlich für den gesamten entstandenen Schaden aufkommen. Das war zwischen den beiden Parteien auch unstrittig.

Um die genaue Schadenshöhe zu ermitteln, beauftragte der Kläger einen Sachverständigen. Dieser sollte den Schaden am Traktor und an der Feldspritze bewerten. In seinen Gutachten vom 18. Januar 2022 kam der Experte zu einem klaren Ergebnis: In beiden Fällen lag ein Wirtschaftlicher Totalschaden vor. Das bedeutet, die Kosten für eine Reparatur wären höher als der Wert, den die Fahrzeuge vor dem Unfall hatten – der sogenannte Wiederbeschaffungswert. Eine Reparatur lohnte sich also wirtschaftlich nicht mehr.

Doch hier enthielt das Gutachten für den Traktor eine entscheidende Lücke. Der Sachverständige stellte fest, dass für das Wrack kein Restwert mehr zu erzielen sei. Der Restwert ist der Betrag, den man für das beschädigte Fahrzeug noch bekommen kann, wenn man es verkauft. Normalerweise ermittelt ein Gutachter diesen Wert, indem er Angebote von spezialisierten Händlern einholt. In diesem Fall verzichtete der Sachverständige jedoch darauf. Trotz dieses Fehlers stellte er dem Kläger für beide Gutachten zusammen eine Rechnung von über 5.200 Euro, die der Kläger auch bezahlte.

Die Initiative des Geschädigten: Wie ein Mangel behoben wurde

Der Kläger stand nun vor einem Problem: Er hatte ein Gutachten, in dem ein wichtiger Teil für die Schadensabrechnung fehlte. Statt sich aber an den Gutachter zu wenden oder mit der Versicherung zu streiten, wurde er selbst aktiv. Er holte auf dem regionalen Markt eigenständig drei Angebote für den demolierten Traktor ein. Am 16. Februar 2022 verkaufte er das Fahrzeug an den Höchstbietenden für 20.000 Euro. Er hatte also den fehlenden Restwert selbst ermittelt und realisiert.

Erst nach diesem Verkauf, am 8. März 2022, meldete sich die gegnerische Versicherung mit einem eigenen Angebot für das Wrack. Dieses lag mit über 44.000 Euro deutlich höher als der vom Kläger erzielte Preis. Die Versicherung zahlte daraufhin einen Teil des Schadens, weigerte sich aber, die gesamten Kosten zu übernehmen – insbesondere die Kosten für das aus ihrer Sicht mangelhafte Gutachten.

Der Weg durch die Gerichte: Streit um die Gutachterkosten

Weil die Versicherung nicht den vollen Schaden beglich, zog der Kläger vor das Landgericht Flensburg. Das Gericht gab ihm in weiten Teilen recht. Es verurteilte die Versicherung zur Zahlung von über 30.000 Euro. Auch die Kosten für das Gutachten müsse die Versicherung tragen. Die Begründung des Landgerichts: Das Gutachten sei zwar fehlerhaft gewesen, weil der Restwert fehlte. Aber es war nicht komplett unbrauchbar. Die Werte für die Reparaturkosten und den Wiederbeschaffungswert waren korrekt und für die Abrechnung nutzbar. Da der Kläger den Fehler selbst behoben hatte, indem er Angebote einholte, sei das Gutachten im Ergebnis doch brauchbar gewesen.

Die Versicherung wollte diese Entscheidung nicht akzeptieren und legte Berufung beim Oberlandesgericht Schleswig-Holstein ein. Das ist die nächsthöhere gerichtliche Instanz. Im Laufe des Berufungsverfahrens einigten sich die Parteien über einige Punkte, sodass am Ende nur noch eine einzige Frage übrig blieb: Muss die Versicherung die Kosten für das Traktor-Gutachten in Höhe von rund 3.000 Euro bezahlen oder nicht?

Die zentrale Frage: Muss die Versicherung für das lückenhafte Gutachten zahlen?

Was genau musste das Oberlandesgericht also klären? Die Position der Versicherung war klar: Das Gutachten war unvollständig und damit mangelhaft. Ein Gutachten ohne Restwertermittlung sei bei einem Totalschaden praktisch wertlos. Daher müsse sie auch nicht dafür bezahlen. Der Kläger habe zudem das Fahrzeug verkauft, bevor die Versicherung überhaupt eine Chance hatte, das Gutachten zu prüfen oder selbst einen höheren Restwert zu ermitteln.

Der Kläger hielt dagegen: Der Sachverständige habe seinen Job gemacht und den Schadenumfang korrekt bewertet. Den fehlenden Restwert habe er selbst ermittelt und damit den Mangel des Gutachtens geheilt. Warum sollte er also auf den Kosten für den Gutachter sitzen bleiben, wenn er durch seine Eigeninitiative die Schadensabwicklung erst ermöglicht hatte?

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts: Voller Kostenersatz für den Geschädigten

Das Oberlandesgericht wies die Berufung der Versicherung zurück. Das bedeutet: Die Versicherung muss die vollen Kosten für das Sachverständigengutachten des Traktors bezahlen. Das Urteil des Landgerichts Flensburg war somit richtig.

Warum das Gutachten trotz des Fehlers als „brauchbar“ galt

Aber wie kam das Gericht zu dieser Entscheidung? Die Richter argumentierten in mehreren Schritten. Zuerst stellten sie klar, dass Kosten für ein Gutachten zum ersatzpflichtigen Schaden gehören, wenn es notwendig und zweckmäßig ist, um den Schaden geltend zu machen.

Der entscheidende Punkt war jedoch die Bewertung des Fehlers. Das Gericht sagte: Ja, die fehlende Restwertermittlung ist ein Mangel. Dieser Mangel kann ein Gutachten unter Umständen sogar völlig unbrauchbar machen. Aber hier war das anders. Warum? Weil der Kläger den Mangel selbst behoben hat – und zwar ohne dass für die Versicherung zusätzliche Kosten entstanden sind. Er holte selbst die Angebote ein. Damit war die Grundlage für die Schadensabrechnung wieder vollständig.

Stellen Sie es sich wie den Kauf eines neuen Smartphones vor. Sie packen es aus und stellen fest, dass das Ladekabel fehlt. Ist das ganze Smartphone deshalb wertlos? Nein, natürlich nicht. Sie können sich ein Ladekabel besorgen und das Gerät nutzen. Der Kläger hat hier quasi das „Ladekabel“ selbst besorgt, indem er den Restwert ermittelte. Dadurch wurde das „Gesamtpaket“ – das Gutachten plus die selbst ermittelten Angebote – für die Versicherung nutzbar, um den Schaden zu regulieren.

Der Geschädigte haftet nicht für die Fehler seines Gutachters

Ein weiterer wichtiger Gedanke des Gerichts betrifft die Verantwortung für Fehler. Wem wird ein Fehler des Gutachters zugerechnet? Das Gericht stellte klar: Der Sachverständige ist nicht der sogenannte Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Das ist ein juristischer Begriff, der sich am besten mit einem Alltagsbeispiel erklären lässt: Wenn Sie einen Handwerker beauftragen, eine Lampe anzubringen, und dieser bohrt dabei eine Wasserleitung an, haften Sie nicht automatisch für den Fehler des Handwerkers. Er ist ein selbstständiger Experte. Ähnlich sah das Gericht das Verhältnis zwischen dem Kläger und seinem Gutachter. Der Kläger muss sich die Fehler des von ihm beauftragten Experten nicht einfach so zurechnen lassen, als wären es seine eigenen.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Fehler auf falschen Angaben des Klägers beruhen würde. Das war hier aber nicht der Fall. Im Gegenteil: Der Kläger hat den Fehler des Gutachters nicht nur nicht verursacht, er hat ihn sogar aus der Welt geschafft. Es würde dem Grundgedanken des Schadensersatzes widersprechen, den Kläger dafür zu bestrafen, dass er proaktiv eine Lösung gefunden hat.

Die Kostenfrage: Spielt der Pauschalpreis eine Rolle?

Zuletzt ging es noch um die Höhe der Gutachterkosten. Die Versicherung hätte argumentieren können, dass das Gutachten günstiger sein müsste, weil ja eine Leistung – die Restwertermittlung – fehlte. Doch hier kam ein weiterer Aspekt ins Spiel: Der Sachverständige hatte ein Pauschalhonorar abgerechnet. Das ist ein fester Preis für die gesamte Leistung. Ob dieser Preis überhöht war, wurde von der Versicherung nicht behauptet.

Selbst wenn er es gewesen wäre, hätte dies dem Kläger laut Gericht nicht unbedingt geschadet. Hier zogen die Richter einen Vergleich zum sogenannten Werkstattrisiko. Wenn Sie Ihr Auto nach einem unverschuldeten Unfall in eine Werkstatt bringen, müssen Sie nicht prüfen, ob diese die günstigste am Markt ist. Das Risiko, dass eine anerkannte Fachwerkstatt etwas teurer ist als eine andere, trägt die Versicherung des Schädigers. Ähnliches gilt für die Gutachterkosten. Solange der Preis nicht völlig aus dem Rahmen fällt, muss die Versicherung ihn ersetzen.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschied, dass Autofahrer auch die Kosten für fehlerhafte Gutachten von der gegnerischen Versicherung ersetzt bekommen können, wenn sie den Mangel selbst beheben. Im konkreten Fall hatte der Sachverständige bei einem Totalschaden vergessen, den Restwert des Unfallfahrzeugs zu ermitteln – der Geschädigte holte daraufhin selbst Angebote ein und verkaufte das Wrack. Das Gericht stellte klar, dass Unfallgeschädigte nicht für Fehler ihrer beauftragten Gutachter haften müssen, sondern im Gegenteil sogar belohnt werden, wenn sie proaktiv Lösungen finden. Diese Rechtsprechung stärkt die Position von Unfallopfern erheblich und zeigt, dass eigenverantwortliches Handeln zur Schadensminderung nicht bestraft, sondern honoriert wird.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was passiert, wenn mein Schadensgutachten Fehler oder Lücken enthält?

Wenn Ihr Schadensgutachten, das den Umfang und die Höhe eines Schadens belegen soll, Fehler oder Lücken aufweist, ist dies zunächst eine Situation, die Klärungsbedarf mit sich bringt. Es bedeutet nicht zwingend, dass das gesamte Gutachten wertlos ist. Die Auswirkungen hängen stark von der Art und dem Umfang der Mängel ab.

Arten von Fehlern und Lücken im Gutachten

Ein Schadensgutachten kann verschiedene Arten von Mängeln aufweisen. Dies können zum Beispiel sein:

  • Fehlende Ermittlungen: Bestimmte beschädigte Teile oder Posten wurden übersehen oder nicht ausreichend untersucht. Stellen Sie sich vor, nach einem Autounfall wurde ein versteckter Schaden am Fahrwerk nicht erfasst, obwohl er vom Unfall stammte.
  • Fehlerhafte Werte: Die angegebenen Reparaturkosten, Wiederbeschaffungswerte oder Restwerte sind falsch berechnet oder basieren auf veralteten oder unzutreffenden Daten. Beispielsweise, wenn ein zu hoher oder zu niedriger Stundensatz für die Werkstatt angesetzt wurde oder das falsche Fahrzeugmodell zur Berechnung herangezogen wurde.
  • Unvollständige Beschreibung: Der Schaden ist nicht präzise genug beschrieben, was die Nachvollziehbarkeit erschwert.
  • Methodische Fehler: Der Gutachter hat bei der Ermittlung des Schadens eine unpassende oder fehlerhafte Methode angewendet.

Solche Fehler können menschliche Ursachen haben, auf unzureichenden Informationen basieren oder bei komplexen Schäden entstehen.

Wann ein Gutachten trotz Mangel „brauchbar“ sein kann

Ein Schadensgutachten ist trotz einzelner Mängel oft noch „brauchbar“, wenn es im Kern die wesentlichen Informationen zum Schaden korrekt wiedergibt und als Grundlage für die Schadensabwicklung dienen kann. Dies ist der Fall, wenn:

  • Die Fehler oder Lücken geringfügig sind: Das Gutachten ist in seinen Hauptaussagen korrekt und die Mängel betreffen nur kleinere, leicht korrigierbare Aspekte oder einen kleinen Teil des Gesamtschadens.
  • Die Korrektur einfach möglich ist: Die fehlenden Informationen können ohne großen Aufwand ergänzt oder die fehlerhaften Werte berichtigt werden, oft durch eine simple Ergänzung oder Klarstellung des Gutachters.
  • Der Kern des Schadens unbestritten ist: Die Grundursache und ein Großteil des Schadens sind durch das Gutachten plausibel belegt, auch wenn in Details Abweichungen bestehen.

Für Sie bedeutet das: Ist das Gutachten trotz der Unstimmigkeiten noch in der Lage, einen überwiegenden Teil Ihres Schadens plausibel und nachvollziehbar darzustellen, kann es weiterhin eine wichtige Rolle spielen.

Bedeutung für die weitere Vorgehensweise

Wenn ein Schadensgutachten Fehler oder Lücken enthält, ergeben sich verschiedene Konsequenzen:

  • Anzweiflung durch die Gegenseite oder Versicherung: Die gegnerische Versicherung kann das Gutachten aufgrund der Mängel als nicht ausreichend oder fehlerhaft zurückweisen oder die Zahlung verzögern. Dies ist ein häufiger Vorgang, da Versicherungen die Schadenhöhe genau prüfen.
  • Klärungsbedarf mit dem Gutachter: Oft ist es notwendig, den Gutachter, der das Gutachten erstellt hat, auf die Mängel anzusprechen. Er kann dann eine Ergänzung zum ursprünglichen Gutachten erstellen, in der die Fehler korrigiert oder Lücken geschlossen werden. Dies ist in der Regel schneller und kostengünstiger als ein komplett neues Gutachten.
  • Notwendigkeit eines Zweitgutachtens: Sind die Fehler so gravierend und fundamental, dass das Gutachten in seiner Gesamtheit unbrauchbar ist, weil es die Realität des Schadens nicht abbildet, kann ein Zweitgutachten erforderlich werden. Dies ist jedoch die Ausnahme und sollte gut begründet sein, da es weitere Kosten und Zeitaufwand bedeutet.

Grundsätzlich gilt: Wer einen Schadenersatzanspruch geltend macht, muss die Höhe des Schadens beweisen. Ein fehlerhaftes Gutachten kann diese Beweisführung erschweren. Ziel ist es daher immer, eine klare, vollständige und korrigierte Grundlage für die weitere Schadensabwicklung zu schaffen.


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Muss die gegnerische Versicherung die Kosten für ein mangelhaftes Gutachten trotzdem bezahlen?

Nach einem Verkehrsunfall haben Sie als Geschädigter grundsätzlich das Recht, auf Kosten des Unfallverursachers und dessen Versicherung einen Sachverständigen zur Feststellung des Schadens zu beauftragen. Diese Kosten sind Teil des ersatzfähigen Schadens, da ein solches Gutachten oft notwendig und zweckmäßig ist, um die Höhe und den Umfang des Schadens professionell zu ermitteln und zu beweisen.

Kostenübernahme trotz Mängeln

Auch wenn ein Gutachten Mängel aufweist, muss die gegnerische Versicherung die Kosten dafür in vielen Fällen trotzdem bezahlen. Entscheidend ist dabei, ob das Gutachten trotz des Mangels noch als Grundlage für die Schadensfeststellung brauchbar ist.

Stellen Sie sich vor, das Gutachten enthält einen kleinen Fehler bei der Modellbezeichnung, eine leicht zu korrigierende Rechenungenauigkeit oder eine geringfügige Abweichung bei der Kalkulation. Solche Mängel beeinflussen die Gesamtaussage des Gutachtens nicht wesentlich. In solchen Fällen wird die Versicherung die Kosten in der Regel übernehmen müssen. Das gilt, solange der eigentliche Zweck des Gutachtens – nämlich die Ermittlung des Unfallschadens und die Bewertung der Reparaturkosten – im Wesentlichen erfüllt wird. Es kommt darauf an, ob das Gutachten insgesamt „im Wesentlichen verwertbar“ ist.

Wann die Kosten nicht übernommen werden

Die Kostenübernahme kann nur dann verweigert werden, wenn das Gutachten wegen erheblicher Mängel völlig unbrauchbar ist und seinen eigentlichen Zweck, den Schaden festzustellen, nicht mehr erfüllen kann. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn:

  • Das Gutachten grundlegende Fehler enthält, die eine realistische und nachvollziehbare Schadensbewertung unmöglich machen.
  • Es so fehlerhaft ist, dass es keinerlei verlässliche Anhaltspunkte für die Schadenshöhe liefert.
  • Es durch bewusste Falschangaben oder Fälschungen jeglichen objektiven Wert verliert.

Schwere des Mangels und Behebung

Die Übernahmepflicht der Kosten hängt also stark von der Schwere des Mangels ab. Kleinere, behebbare Fehler sind meist unproblematisch. Wenn der Mangel durch eine einfache Ergänzung oder Korrektur durch den Sachverständigen behoben werden kann, können die ursprünglichen Gutachtenkosten plus die Kosten für diese Ergänzung ebenfalls erstattungsfähig sein, solange diese Nachbesserung wirtschaftlich sinnvoll ist.

Für Sie bedeutet das: Die Rechtsprechung ist in der Regel geschädigtenfreundlich. Der Grundgedanke ist, dass Sie als Laie nicht beurteilen können, ob ein beauftragtes Gutachten bis ins letzte Detail perfekt ist. Solange Sie sich auf einen anscheinend qualifizierten Sachverständigen verlassen und das Gutachten nicht offensichtlich fehlerhaft oder völlig nutzlos ist, besteht Ihr Anspruch auf Kostenübernahme in der Regel weiter. Der Geschädigte trägt dabei nicht das „Perfektionsrisiko“ des Gutachters, sondern das „Beschaffungsrisiko“ eines grundsätzlich brauchbaren Gutachtens.


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Habe ich als Geschädigter die Verantwortung für Fehler, die mein beauftragter Gutachter macht?

Grundsätzlich gilt: Sie sind als Geschädigter in der Regel nicht für Fehler verantwortlich, die Ihr beauftragter Gutachter macht. Der Gutachter ist eine unabhängige Fachperson. Er wird zwar von Ihnen beauftragt, arbeitet aber nicht als Ihr Angestellter oder „Gehilfe“ im rechtlichen Sinne. Das bedeutet, der Gutachter handelt eigenverantwortlich und ist Ihnen gegenüber vertraglich verpflichtet, ein fachlich korrektes Gutachten zu erstellen. Sie verlassen sich auf seine Sachkunde und seine Unabhängigkeit.

Wann der Geschädigte sich Fehler des Gutachters zurechnen lassen muss

Es gibt jedoch Ausnahmefälle, in denen Ihnen Fehler Ihres Gutachters zugerechnet werden können. Diese Fälle sind selten und setzen in der Regel ein aktives Handeln oder ein offensichtliches Versäumnis Ihrerseits voraus:

  • Falsche oder unvollständige Informationen durch den Geschädigten: Wenn Sie dem Gutachter wissentlich und absichtlich falsche oder unvollständige Informationen über den Schaden oder die Umstände des Vorfalls geben, die direkt zu einem fehlerhaften Gutachten führen, können Sie für diese Fehler mitverantwortlich sein. Der Gutachter ist auf die von Ihnen bereitgestellten Informationen angewiesen. Stellen Sie sich vor, Sie behaupten, ein Bauteil sei beschädigt, obwohl es intakt ist, und der Gutachter dies aufgrund Ihrer falschen Angabe übernimmt.
  • Offensichtliche Fehler des Gutachtens: Sollte das Gutachten einen so eindeutigen und offensichtlichen Fehler enthalten, dass auch ein juristischer Laie ihn sofort erkennen müsste, und Sie diese Information nicht korrigieren oder hinterfragen, könnte Ihnen dies angelastet werden. Dies betrifft aber nur grobe Schnitzer, wie beispielsweise eine offensichtlich falsche Fahrzeugbezeichnung oder eine falsche Schadensart, die für jedermann ersichtlich ist.
  • Absichtliche Zusammenarbeit zur Täuschung: Wenn Sie und der Gutachter bewusst zusammenarbeiten, um ein Gutachten zu erstellen, das den Schaden vorsätzlich überhöht oder falsch darstellt, um Dritte zu täuschen, sind Sie selbstverständlich für diese absichtliche Manipulation verantwortlich.

Was bedeutet das für Ihre Ansprüche?

In den allermeisten Fällen, in denen ein Gutachter einen Fehler macht, liegt die Verantwortung beim Gutachter selbst. Er haftet Ihnen gegenüber für den Schaden, der Ihnen durch sein fehlerhaftes Gutachten entsteht. Ein bloßer Fehler des Gutachters führt nicht automatisch dazu, dass Sie Ihren Anspruch auf Schadensersatz gegen den Verursacher verlieren oder dass dieser Anspruch gekürzt wird. Stellt sich heraus, dass das Gutachten fehlerhaft ist, muss dies in der Regel korrigiert werden, und der Gutachter kann für seinen Fehler haftbar gemacht werden.


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Kann ich selbst einen fehlenden oder fehlerhaften Punkt in einem Gutachten ergänzen oder korrigieren?

Grundsätzlich können Sie kleinere, rein faktische Ergänzungen oder Korrekturen an einem Gutachten vornehmen, wenn diese offensichtlich sind und nicht den Kern der gutachterlichen Einschätzung betreffen. Stellen Sie sich vor, es fehlt eine leicht nachprüfbare Information wie ein Fahrzeugmodell oder eine genaue Datumsangabe, oder es liegt ein offensichtlicher Schreibfehler vor. Solche Anpassungen können hilfreich sein, um ein Gutachten schneller verwendbar zu machen.

Welche Ergänzungen und Korrekturen sind möglich?

Ihre eigenen Ergänzungen oder Korrekturen werden in der Regel nur dann anerkannt, wenn es sich um unstrittige, nachprüfbare Tatsachen handelt, die der Gutachter entweder übersehen oder falsch notiert hat. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Offensichtliche Schreibfehler oder Zahlendreher.
  • Fehlende rein beschreibende Angaben, die Sie leicht nachweisen können (z.B. eine Fahrgestellnummer, die im Gutachten vergessen wurde, aber klar vom Fahrzeug ablesbar ist).
  • Klar dokumentierte, aber nicht erwähnte Schäden, die im Umfang des ursprünglichen Auftrags lagen und eindeutig erkennbar sind.

Der Vorteil solcher Eigeninitiativen liegt darin, dass sie unter Umständen unnötige Kosten und Zeitverzögerungen vermeiden können. Wenn durch Ihre Korrektur kein neues oder ergänzendes Gutachten des Sachverständigen notwendig wird, kann dies die Chance erhöhen, dass die Kosten für das Gutachten in vollem Umfang vom Verursacher des Schadens übernommen werden, da Sie zur Schadensminderung beigetragen haben.

Wann sind eigene Änderungen schwierig oder nicht anerkannt?

Die Grenzen Ihrer Eigeninitiative liegen dort, wo es um die eigentliche Bewertung, die Feststellung von Ursachen oder die Höhe eines Schadens geht. Sie können beispielsweise nicht selbst die Höhe eines Reparaturwertes ändern, zusätzliche Schadensbilder bewerten, die der Gutachter nicht berücksichtigt hat, oder die technische Begründung des Gutachters anpassen. Solche Änderungen erfordern fachspezifisches Wissen und eine neutrale Einschätzung, die nur der Gutachter selbst liefern kann.

Wird das Gutachten durch eigene, nicht fachgerechte oder subjektive Eingriffe inhaltlich verändert, verliert es möglicherweise seine Beweiskraft. Das bedeutet, dass der Gutachter für diese Änderungen nicht mehr einsteht, und die Gegenseite oder ein Gericht die Glaubwürdigkeit des gesamten Gutachtens in Frage stellen könnte. Für Sie bedeutet das, dass solche eigenmächtigen, substanziellen Änderungen dazu führen können, dass die Kosten des Gutachtens am Ende nicht ersetzt werden oder sogar ein neues Gutachten auf Ihre Kosten erstellt werden muss.

Bedeutung für den Kostenersatz

Wenn Sie nur kleine, unstrittige Korrekturen vornehmen, die den eigentlichen Gehalt und die fachliche Aussage des Gutachtens nicht berühren, hat dies in der Regel keine negativen Auswirkungen auf den Kostenersatz. Im Gegenteil, es kann sogar positiv gewertet werden, wenn dadurch eine teure Nachbesserung durch den Gutachter vermieden wird. Nehmen Sie jedoch substanzielle Änderungen vor, die einer fachlichen Beurteilung bedürfen, wird dies in der Regel nicht als Teil der erstattungsfähigen Gutachterkosten anerkannt. Im schlimmsten Fall kann es dazu führen, dass das gesamte Gutachten seine Verwertbarkeit verliert, und Sie auf den Kosten sitzen bleiben.


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Was kann ich tun, wenn die gegnerische Versicherung die Bezahlung der Gutachterkosten ablehnt?

Wenn Sie in einen unverschuldeten Verkehrsunfall verwickelt wurden, haben Sie grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass die gegnerische Versicherung alle erforderlichen Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands Ihres Fahrzeugs übernimmt. Dazu zählen in der Regel auch die Kosten für ein Sachverständigengutachten, das den Schaden umfassend dokumentiert und beziffert.

Gründe für die Ablehnung der Gutachterkosten

Versicherungen lehnen die Übernahme von Gutachterkosten häufig ab. Die Gründe dafür sind vielfältig und konzentrieren sich meist auf die Frage der Erforderlichkeit des Gutachtens. Typische Argumente der Versicherungen sind:

  • Bagatellschaden: Die Versicherung behauptet, der Schaden sei so gering (oft unter einer Grenze von etwa 750 bis 1.000 Euro Reparaturkosten), dass kein teures Gutachten, sondern ein Kostenvoranschlag einer Werkstatt ausgereicht hätte. Bei einem Bagatellschaden wird die Erforderlichkeit eines Gutachtens in der Tat häufig verneint.
  • Schadenshöhe klar: Die Versicherung ist der Meinung, die Schadenshöhe sei auch ohne Gutachten offensichtlich gewesen oder bereits anderweitig festgestellt worden.
  • Überteuerung oder Mängel: Die Kosten des Gutachtens erscheinen der Versicherung zu hoch oder das Gutachten selbst weist formale oder inhaltliche Mängel auf.
  • Keine Kausalität: Die Versicherung stellt einen Zusammenhang zwischen dem Gutachten und dem Unfallschaden in Frage.

Es ist wichtig zu wissen, dass die Beweislast dafür, dass ein Gutachten zur Feststellung des Schadensumfangs erforderlich war, bei Ihnen als Geschädigtem liegt.

Schritte bei Ablehnung durch die Versicherung

Reagiert die gegnerische Versicherung mit einer Ablehnung der Gutachterkosten, können Sie folgende allgemeine Schritte in Betracht ziehen:

  1. Schriftliche Stellungnahme: Setzen Sie sich mit der Versicherung schriftlich in Verbindung. Erklären Sie detailliert, warum das Gutachten aus Ihrer Sicht erforderlich war. Dies kann der Fall sein, um den genauen Umfang des Schadens zu erfassen, eine mögliche Wertminderung zu beziffern, Vorschäden abzugrenzen oder die Reparaturwege zu klären. Bewahren Sie den gesamten Schriftverkehr sorgfältig auf.
  2. Klare Darlegung der Notwendigkeit: Machen Sie deutlich, dass der Schaden nicht offensichtlich ein Bagatellschaden war oder dass es Aspekte gab, die ein Gutachten unerlässlich machten (z.B. Unsicherheit über den Reparaturweg, die Höhe einer Wertminderung oder die Möglichkeit versteckter Schäden). Bei größeren oder komplexeren Schäden wird die Erforderlichkeit eines Gutachtens in der Regel bejaht.
  3. Mögliche gerichtliche Klärung: Wenn die Kommunikation mit der Versicherung nicht zum gewünschten Ergebnis führt und der Anspruch auf Erstattung der Gutachterkosten weiterhin abgelehnt wird, kann die gerichtliche Durchsetzung des Anspruchs eine mögliche Option sein. In einem solchen Verfahren würde ein Gericht die Erforderlichkeit des Gutachtens sowie die Angemessenheit der Kosten prüfen und darüber entscheiden.

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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Gutachten

Ein Gutachten ist ein schriftlicher Bericht eines Sachverständigen, in dem er fachlich und objektiv Schäden oder Sachverhalte bewertet. Im Kontext des Unfalls dient es dazu, die Höhe des Schadens, die Reparaturkosten oder den Wert eines Fahrzeugs vor und nach dem Unfall festzustellen. Ein Gutachten muss sachlich, vollständig und nachvollziehbar sein, um als Grundlage für die Schadenregulierung durch die Versicherung zu dienen. Es unterscheidet sich von einfachen Kostenvoranschlägen dadurch, dass es meist detaillierter und rechtsverbindlicher ist.

Beispiel: Nach einem Autounfall lässt ein Geschädigter einen Sachverständigen kommen, der den Schaden am Auto prüft und in einem Gutachten zusammenfasst, wie teuer die Reparatur ist.


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Wirtschaftlicher Totalschaden

Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten eines beschädigten Fahrzeugs höher sind als sein Wert vor dem Unfall – der sogenannte Wiederbeschaffungswert. In einem solchen Fall lohnt sich eine Reparatur wirtschaftlich nicht mehr, weil sie mehr kostet als das, was das Fahrzeug noch wert ist. Statt eine Reparatur wird in der Regel der Wiederbeschaffungswert ersetzt, abzüglich eines sogenannten Restwerts, falls das beschädigte Fahrzeug noch verwertet wird.

Beispiel: Fährt jemand mit einem älteren Auto gegen einen Baum, und die Reparatur kostet 8.000 Euro, das Auto ist aber vor dem Unfall nur 6.000 Euro wert; dann spricht man von einem wirtschaftlichen Totalschaden.


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Restwert

Der Restwert bezeichnet den Geldbetrag, den man für ein beschädigtes Fahrzeug noch erzielen kann, wenn man es verkauft oder verschrottet, zum Beispiel an einen Händler oder Schrotthändler. Dieser Wert wird vom Gutachter ermittelt, indem er Angebote einholt oder Marktpreise vergleicht. Der Restwert wird bei der Schadenabrechnung vom Wiederbeschaffungswert oder den Reparaturkosten abgezogen, da der Geschädigte eine finanzielle Gegenleistung für das beschädigte Fahrzeug erhält.

Beispiel: Nach einem Unfall verkaufen Sie Ihr defektes Auto an einen Händler, der nur noch 500 Euro dafür bietet – das ist der Restwert.


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Erfüllungsgehilfe

Ein Erfüllungsgehilfe ist jemand, der im Auftrag und unter der Weisung einer anderen Person handelt und damit dieser rechtlich zugerechnet wird – das heißt, Fehler des Erfüllungsgehilfen gelten als Fehler des Auftraggebers. Im Gegensatz dazu arbeitet ein Sachverständiger meistens selbstständig und eigenverantwortlich, sodass dessen Fehler nicht automatisch dem Auftraggeber (z. B. dem Geschädigten) zugerechnet werden. Das hat zur Folge, dass der Geschädigte für Fehler des Gutachters in der Regel nicht haftet.

Beispiel: Beauftragen Sie einen Handwerker, der beim Bohren eine Leitung beschädigt, haften Sie als Auftraggeber normalerweise nicht; der Handwerker ist Ihr Erfüllungsgehilfe, aber seine Fehler gelten nicht automatisch als Ihre eigenen.


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Erforderlichkeit (im Schadenersatzrecht)

Die Erforderlichkeit beschreibt, ob eine Aufwendung – etwa ein Sachverständigengutachten – notwendig und zweckmäßig ist, um einen Schaden zu belegen oder zu beheben. Im Schadenersatzrecht (§ 249 BGB) müssen Kosten, die erstattet werden sollen, üblicherweise erforderlich sein, das heißt, sie dürfen nicht übermäßig oder unnötig sein. Ein Gutachten zur Schadensfeststellung gilt oft als erforderlich, wenn es nötig ist, um Schadenumfang oder Reparaturkosten zu belegen und durchzusetzen.

Beispiel: Bei einem größeren Unfall ist es oft erforderlich, einen Sachverständigen zu beauftragen, um die Kosten für die Reparatur genau festzustellen; bei einem kleinen Kratzer, der schnell sichtbar ist, reicht meist ein Kostenvoranschlag der Werkstatt aus.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 249 BGB (Schadensersatzpflicht): Regelt, dass der Geschädigte so zu stellen ist, als ob der Schaden nicht eingetreten wäre, und umfasst die Ersatzpflicht für den gesamten materiellen Schaden einschließlich notwendiger Aufwendungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ist verpflichtet, den materiellen Schaden des Klägers vollständig zu ersetzen, einschließlich der Gutachterkosten, weil das Gutachten zur Schadensfeststellung notwendig war.
  • § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Behandelt Ansprüche bei Verletzung vertraglicher Pflichten und setzt Fehlverhalten des Vertragspartners voraus. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger kann die Gutachterkosten nicht dem Unfallverursacher oder dessen Versicherung wegen Fehlerhaftigkeit des Gutachtens allein aufgrund eines Mangels anlasten, da der Sachverständige nicht als Erfüllungsgehilfe des Klägers gilt.
  • § 677 BGB (Erfüllungsgehilfenhaftung analog): Bezieht sich auf die Haftungszuordnung bei beauftragten Personen, die für einen anderen tätig sind (Erfüllungsgehilfen). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stellte klar, dass der Sachverständige nicht als Erfüllungsgehilfe des Klägers gilt, sodass Fehler des Gutachters dem Kläger nicht zugerechnet werden können.
  • § 315 BGB (Bestimmung der Leistung): Regelt, dass bei unbestimmter Leistung eine angemessene Entscheidung durch eine Partei oder einen Dritten getroffen werden muss. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Gutachterkosten sind als Pauschalpreis vereinbart; die Versicherung kann daher nicht wegen eines Teilleistungsfehlers (fehlende Restwertermittlung) die gesamte Vergütung verweigern.
  • Grundsätze der Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB, Mitverschulden): Der Geschädigte ist verpflichtet, den Schaden so gering wie möglich zu halten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger hat durch eigene Initiative den fehlenden Restwert ermittelt und damit den Schaden gemindert, was ihm nicht zum Nachteil gereichen darf.
  • Grundsatz der Gesamtschuldnerhaftung (§ 426 BGB): Regelt die solidarische Haftung mehrerer Schuldner für einen Schaden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Als alleiniger Schädiger haftet die gegnerische Haftpflichtversicherung gesamtschuldnerisch für alle Schäden des Klägers, inklusive der Kosten für das jeweilige Sachverständigengutachten.

Das vorliegende Urteil


Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 45/24 – Urteil vom 07.01.2025


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