LG Regensburg – Az.: 2 O 377/15 (4) – Urteil vom 12.04.2017
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten 1.500 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.04.2015 zu bezahlen.
3. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfallgeschehen.
Am 31.07.2012 gegen 17.15 Uhr ereignete sich auf der Kreisstraße SR 12, Abschnitt 100, bei Kilometer 1.610, in Asham, Aiterhofen, ein Verkehrsunfall. An diesem waren der Kläger als Führer des Pkw Mercedes B 200 CDI, amtliches Kennzeichen …, sowie Frau R. A. als Führerin des Opel Corsa, amtliches Kennzeichen …, der bei der Beklagten haftpflichtversichert ist, beteiligt. Der Kläger befuhr die vorfahrtsberechtigte Kreisstraße SR 12 von Bogen in Richtung Straubing. Die aus Sicht des Klägers von links herannahende Führerin des Beklagtenfahrzeugs übersah den Kläger und fuhr in die vorfahrtsberechtigte Kreisstraße ein, um diese geradeaus zu überqueren. Hierbei kam es zu einem Zusammenstoß mit dem Klägerfahrzeug. Das alleinige Verschulden der Führerin des Beklagtenfahrzeugs war zwischen den Parteien unstreitig.
Beim Kläger war bereits im Jahr 2009 eine Knieoperation mittels einer Knie-TEP nebst Reha und Mobilisierung durchgeführt worden.
Die Beklagte leistete an den Kläger vorprozessual als Vorschuss eine Zahlung in Höhe von 1.500,00 €, wobei der Vorschuss auf die Position Schmerzensgeld unter Vorbehalt beliebiger späterer Verrechnung auf den Gesamtschaden und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte (B1).
Der Kläger macht mit der Klage weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 8.500,00 € sowie Attestkosten in Höhe von 30,00 €, Kosten für eine Invalidenkurbel für sein E-Bike sowie Nutzungsausfall für sein Fahrzeug für den 31.07.2012 in Höhe von 440,50 € geltend.
Der Kläger behauptet, er sei bei dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen mit seinem Kniegelenk an die Innenverkleidung des Fahrzeugs gestoßen und habe noch am Unfalltag Schmerzen an dem bereits operativ versorgten Kniegelenk verspürt mit Einblutung, Hämatom und Schwellneigung. Die Beugefähigkeit seines Knies habe sich infolge des streitgegenständlichen Unfallgeschehens um 20 % vermindert und es sei eine Fibrosierung der retropatellaren Knieverhältnisse und der Kapsel eingetreten. Eine Besserung der Beugefähigkeit sei nicht mehr zu erreichen, es liege eine unfallbedingte dauerhafte Beeinträchtigung vor und eine weitere Verschlechterung sei nicht ausschließbar. Darüber hinaus habe der Kläger unfallbedingt eine HWS- und LWS-Distorsion erlitten.
Der Kläger beantragt daher zu erkennen wie folgt:
Die Beklagte wird verurteilt an den Kläger 9.020,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 01.08.2012 zu bezahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, nicht anrechnungsfähige Rechtsanwaltskosten an den Kläger in Höhe von 738,44 € nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, letztere soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, aus dem Unfall vom 31.07.2012 gegen 17.15 Uhr, auf der Kreisstraße Straubing 12, Abschnitt 100, Kilometer 1610, in Asham, gehörig zu 94330 Aiterhofen, zu bezahlen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Die Beklagte beantragt darüber hinaus im Wege der Widerklage zu erkennen:
Der Kläger und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten und Widerkläger 1.500 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zur bezahlen.
Der Kläger beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte begehrt die Rückzahlung der an den Kläger geleisteten Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 1.500,00 € mit der Begründung, der Kläger sei unfallbedingt nicht verletzt worden. Die Beklagte, welche die Unfallbedingtheit der behaupteten Verletzungen im Kniebereich bestreitet, verweist darauf, dass diese auf bereits vorhandene Vorschäden zurückzuführen seien. Der Kläger habe gegenüber der Polizei auch nur leichte Verletzungen infolge des Unfallgeschehens angegeben.
Hinsichtlich der behaupteten HWS- und LWS-Distorsion verweist die Beklagte darauf, dass keine objektivierbaren Befunden vorlägen und die Diagnose lediglich auf den subjektiven Angaben des Klägers beruhe.
Die Schmerzensgeldvorstellungen des Klägers seien im Übrigen überhöht.
Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten einer Invalidenkurbel bestehe auch deshalb nicht, da die entsprechende Leistung nicht im Katalog der gesetzlichen Krankenversicherungen verankert und daher nicht unfallbedingt erforderlich sei. Ein Anspruch auf Nutzungsausfall sei schon deshalb nicht gegeben, weil für den Kläger aufgrund der behaupteten Verletzungen am Unfalltag keine hypothetische Nutzungsmöglichkeit und kein entsprechender Nutzungswille bestanden hätten.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Erholung schriftlicher Sachverständigengutachten des Dr.-Ing. Dr. med. M. H. sowie des Dr. med. M. K., Facharzt für Orthopädie, nebst schriftlichen Ergänzungsgutachten sowie deren mündlicher Erläuterung. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Gutachten vom 26.02.2011, 05.02.2016 sowie 23.11.2016 und das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Landgerichts Regensburg vom 15.03.2017 verwiesen.
Der Kläger hat weiter Beweis angeboten durch uneidliche Einvernahme der Zeugen Dr. R. und Dr. S.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 15.03.2017 Bezug genommen.
Entscheidun
sgründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Widerklage hingegen ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage war abzuweisen, da dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen.
Ein Anspruch des Klägers ergibt sich insbesondere nicht aus § 115 I 1 Nr. 1 VVG i. V. m. §§ 7 I, 18 I StVG, §§ 823, 249 ff. BGB:
Der Kläger konnte den ihm obliegenden Beweis dafür nicht erbringen, dass er unfallbedingt verletzt wurde, insbesondere eine HWS- und LWS-Distorsion sowie eine Verletzung des Kniegelenks erlitten hat, die zu einer Verminderung der Beugefähigkeit sowie Fibrosierung der retropatrellaren Knieverhältnisses und Kapsel geführt hat.
Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme steht das Vorliegen bzw. die Unfallbedingtheit der Beeinträchtigungen des Klägers nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit fest.
1.
Das Gericht hat den Kläger informatorisch angehört. Im Rahmen dieser Anhörung hat der Kläger die Beeinträchtigungen in der Beweglichkeit seines Kniegelenks geschildert.
Unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme, insbesondere der Ausführungen der Sachverständigen Dr. – Ing. Dr. med. H. und Dr. med. K., steht jedoch nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die vom Kläger beschriebene Verschlechterung hinsichtlich des Zustandes seines Kniegelenks, insbesondere eine 20 %-ige Minderung der Beugefähigkeit und eine Fibrosierung der retropatellaren Knieverhältnisse und Kapsel, unfallbedingt sind. So kommen die Sachverständigen Dr. Ing. Dr. med. M. H. sowie Dr. med. M. K. in ihren schriftlichen Gutachten vom 26.02.2016 und 05.02.2016 zu dem Ergebnis, dass der streitgegenständliche Unfall nicht geeignet war, eine Ursache für die Fibrosierung der retropatellaren Knieverhältnisse und der Kapsel darzustellen. Die genannten Zustände seien vielmehr unfallunabhängig und vorbestehend. Aus den vorliegenden Dokumentationen gehe im Übrigen nicht hervor, dass sich nach dem gegenständlichen Unfall eine Verschlechterung der Beweglichkeit des rechten Kniegelenks beim Kläger ergeben hat. Beim Kläger liege zwar eine dauerhafte und erhebliche Beeinträchtigung der Beweglichkeit, insbesondere Beugefähigkeit, des rechten Knies vor. Diese Beeinträchtigung sei jedoch völlig unfallunabhängig bereits vorbestehend.
Dieses Ergebnis der Sachverständigengutachten macht sich das Gericht zu eigen, da die Ausführungen der Sachverständigen überzeugend, insbesondere widerspruchsfrei, nachvollziehbar und unter Einbeziehung aller vorgelegten Unterlagen erfolgt sind. Die Sachverständigen haben diese Ausführungen auch schlüssig und unter umfassender Berücksichtigung der Einwände der Klagepartei im Rahmen ihrer Ergänzungsgutachten sowie der mündlichen Erläuterung ihrer Gutachten in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2017 überzeugend erläutert.
a.
Hinsichtlich des Zustands des Kniegelenks und der Beugefähigkeit hat insbesondere der Sachverständige Dr. med. K. zunächst überzeugend dargelegt, dass eine messbare Verschlechterung der Beweglichkeit des Knies beim Kläger im Hinblick auf das streitgegenständliche Unfallgeschehen nicht dokumentiert oder feststellbar sei.
Dies hat der Sachverständige bereits im Rahmen der schriftlichen Begutachtung überzeugend dargelegt und hieran auch unter Berücksichtigung aller ergänzend vorgelegten Anlagen festgehalten. Dieses Ergebnis seiner Begutachtung hat der Sachverständige sowohl schriftlich als auch mündlich überzeugend begründet und ausgeführt, dass letztmalig vor dem Unfallgeschehen am 14.11.2011 Bewegungsausmaße von 0-5-60 Grad durch Dr. R. dokumentiert seien. Jedoch fehlten in diesem Zusammenhang Anamnesen oder klinische Befunde komplett. Selbst wenn man diese Angaben zugrundelegte, ohne dass diese aufgrund einer dokumentierten Anamnese oder dokumentierten klinischen Befunden festgehalten seien, könne eine wesentliche Verschlechterung im Vergleich zum Stand nach dem Unfallgeschehen nicht festgestellt werden. Dies hat der Sachverständige weiter überzeugend damit belegt, dass die erste Dokumentation der Bewegungsausmaße nach dem Unfallgeschehen am 17.12.2012 durch Dr. R. erfolgt ist, wo dieser eine (wohl Beugefähigkeit) von 58 Grad festgehalten hat. Hiernach liegt im Vergleich zu der Beugefähigkeit von 60 Grad vor dem Unfallgeschehen eine signifikante Veränderung nicht vor, sondern lediglich eine solche, die sich im Bereich der Messungenauigkeiten bewegt, wie der Sachverständige ausgeführt hat.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zuletzt vom Kläger vorgelegten Anlagen des Dr. R., zu denen der Sachverständige Dr. K. ebenfalls Stellung genommen hat. In diesen ist zwar für den 21.01.2010 eine Beugefähigkeit von 76 Grad festgehalten. Diese lässt jedoch keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den Zustand unmittelbar vor dem Unfallgeschehen zu. So ist im Bericht vom 19.11.2009 noch eine Beugefähigkeit von 35 Grad und sodann von 60 Grad dokumentiert. Die letzte überhaupt vorhandene Dokumentation vor dem Unfallgeschehen stammt jedoch vom 14.11.2011 und weist erneut 60 Grad auf. Daher handelt es sich, wie auch der Sachverständige Dr. med. K. nachvollziehbar dargelegt hat, bei der Dokumentation vom 21.01.2010 eher um einen Ausreißer. Dies belegt schließlich auch die Dokumentation im Rahmen der ambulanten Reha in der Physio-Klinik im A., wo eine Beweglichkeit bei der Aufnahme von 0-28-50 Grad dokumentiert ist.
Bereits ausgehend hiervon ist es überzeugend, wenn die Sachverständigen zum Ergebnis gelangen, dass eine unfallbedingte Verschlechterung der Beweglichkeit nicht anzunehmen ist.
b.
Auch die zeitnah nach dem Unfallgeschehen festgehaltenen Befunde sprechen gegen eine Unfallbedingtheit der Verschlechterung des Zustandes des Kniegelenks des Klägers.
So verweisen die Sachverständigen nachvollziehbar darauf, dass bei der Erstkonsultation des Klägers nach dem Unfallgeschehen am 02.08.2012 bei Dr. S. keine objektiven Befunde hinsichtlich einer Einblutung, eines Hämatoms oder einer Schwellneigung festgestellt wurden, sondern hinsichtlich des Knies festgehalten sei, dass das TEP regelgerecht sitze, ohne Anzeichen eines Ausbruchs oder knöcherner traumatischer Veränderungen. Dies ist angesichts des vorliegenden Berichts des Dr. S. vom 3.8.2012 (K13) zutreffend, wo darüber hinaus ausgeführt wird: “ (…) Zustand nach mehrfacher Knie TEP Wechsel OP zwar deutlich eingeschränkte Beweglichkeit, dies war jedoch schon vor dem Unfallereignis bekannt“.
c.
Gegen eine unfallbedingte Verschlechterung des Zustandes des Kniegelenks des Klägers sprechen schließlich die bereits vor dem Unfallgeschehen dokumentierten Beeinträchtigungen.
Insbesondere ist die als unfallursächlich behauptete Fibrosierung im Kniebereich bereits seit dem Jahr 2008 dokumentiert.
Insoweit legen die Sachverständigen übereinstimmend und nachvollziehbar dar, dass nach Aktenlage bei dem Kläger bereits seit Anfang 2008, und damit bereits 5 Jahre vor dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen, eine erhebliche chronisch rezidivierende Einschränkung der Beweglichkeit des rechten Kniegelenks mit mehrfach und regelmäßig dokumentierter Fibrosierung und Einsteifung des Gelenks bestanden habe. In der Zusammenschau der komplexen Vorgeschichte des Klägers (multiple Operationen, durchlaufender schwerer Infekt mit temporärer Arthrodese und neuerlicher Implantation einer Knie-TEP) seien derartige Fibrosierungen der betroffenen Gelenke unweigerlich mehr oder weniger fester Bestandteil des Krankheitsverlaufs. Die Fibrosierungen seien daher bereits vorstehend und als unfallunabhängig zu werten. Auch insoweit schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen an. So ist sowohl aus den Unterlagen des Dr. R. seit 07.08.2009 die Diagnose Arthrofibrose zu entnehmen, als auch seinem OP-Bericht, wo von einer hochgradigen Verpackung, gänzlichem Einsteifen und kompletten Einsteifung des Streckapparates die Rede ist.
d.
Zweifel an der Fachkunde insbesondere des Dr. med K., einem Facharzt für Orthopädie, liegen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klagepartei nach Schluss der mündlichen Verhandlung im Schriftsatz vom 10.4.2017 nicht vor. Der Sachverständige verfügt als Facharzt für Orthopädie über die erforderliche Fachkunde zur Beantwortung der Beweisfragen und wurde gerade aus diesem Grunde mit Einverständnis der Parteien (Bl. 56 und 57 d.A.) auf Anregung von Dr. – Ing. Dr. med. H. (Bl. 52 d.A.) mit Beschluss vom 29.7.2015 hinzugezogen. Umstände, die konkrete Zweifel an der Fachkunde begründen würden, hat der Kläger weder im Rahmen der Gutachtenserläuterung noch im Schriftsatz vom 10.4.2017 vorgetragen. Anlass für eine neuerliche Stellungnahme des Dr. K. besteht daher nicht.
Im Ergebnis ist daher eine unfallbedingte Verschlechterung hinsichtlich des Zustandes des klägerischen Knies nicht ausreichend sicher festzustellen.
2.
Auch ist der Nachweis einer unfallbedingten LWS-Distorsion beim Kläger nicht geführt.
So hat der Sachverständige Dr.-Ing. Dr. med. H. ausgeführt, dass eine LWS-Distorsion als Folge des gegenständlichen Unfalls bereits rein qualitativ auszuschließen sei. Dies hat der Sachverständige im Rahmen der mündlichen Verhandlung nochmals anschaulich erläutert und unter Bezugnahme auf seine bereits im schriftlichen Gutachten erfolgten Ausführungen darauf hingewiesen, dass ein verletzungsinduzierter Anprall der Lendenwirbelsäule auszuschließen sei, da sich der Kläger in der energiereichen Phase des Stoßgeschehens nach vom bewegt habe und im weiteren Verlauf bei angelegtem Sicherheitsgurt Rückenkontakt mit der gepolsterten Lehne des Fahrersitzes gehabt habe.
Ausgehend von den auch insoweit anschaulich und ohne Weiteres nachvollziehbar erläuterten Ausführungen des gerichtsbekannt versierten Sachverständigen konnte sich das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme keine Überzeugung davon verschaffen, dass der Kläger infolge des streitgegenständlichen Unfallgeschehens eine LWS-Distorsion erlitten hat, auch wenn dies im Brief der orthopädischen Gemeinschaftspraxis N. vom 03.08.2012 (Anlage K 13) als Diagnose festgehalten ist. Hierzu fehlt, wie auch der Sachverständige Dr.-Ing. Dr. H. ausgeführt hat, jegliche objektivierbare Dokumentation.
3.
Schließlich ist das Gericht nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme auch nicht hinreichend sicher davon überzeugt, dass der Kläger durch das streitgegenständliche Unfallgeschehen eine HWS-Distorsion erlitten hat.
Eine solche ist -erneut ohne objektivierbare Befunde- im Brief der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Neutraubling vom 03.08.2012 zwar festgehalten. Der Sachverständige Dr.-Ing. Dr. med. H. hat hierzu ausgeführt, dass eine unfallkausale HWS-Distorsion ausgehend vom Hintergrund der auf den Kläger eingewirkten Beschleunigung zwar theoretisch möglich sei. Die aufgetretene Belastungshöhe, die der Sachverständige überzeugend im Gutachten errechnet hat, sei theoretisch geeignet, eine HWS-Distorsion zu bewirken. Allerdings sei die zugehörige Befundlage für die Stellung dieser Diagnose nicht ausreichend. So hat der Sachverständige darauf verwiesen, dass die vorliegenden ärztlichen Dokumentationen keine entsprechende Befundlage als Grundlage für die Erstellung einer solchen Diagnose lieferten.
Dies ist aus Sicht des Gerichts überzeugend. Aus dem Schreiben vom 03.08.2012 (K13) ergibt sich, dass der Kläger umfangreich untersucht wurde. Mit Ausnahme von Schmerzen. Druckschmerz und einer leichten Rotationseinschränkung durch Muskelverspannung ist jedoch kein konkretes Ergebnis und kein objektivierbarer Befund der Untersuchung festgehalten. Hinzukommt, dass sich aus der Krankenvorgeschichte des Klägers ergibt, dass dieser bereits seit dem Jahr 2003 Beschwerden im Bereich der Brust- und Lendenwirbelsäule hat. Auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers im Rahmen seiner informatorischen Anhörung, ist der erforderliche Nachweis einer unfallbedingten Verletzung der Halswirbelsäule im Sinne von § 286 ZPO daher nicht geführt.
Anders als der Kläger zuletzt nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 10.4.2016 hat vortragen lassen, ist die Berechnung der vom Sachverständigen Dr. H. angegebenen Kollisionsgeschwindigkeit nicht zu beanstanden.
So hat der Sachverständige bereits in seinem schriftlichen Gutachten vom 26.2.2016 auf S. 28 bis 31 den zugrundegelegten Rechenvorgang nachvollziehbar und stimmig dargelegt. Einwendungen hiergegen hat der Kläger innerhalb der mit Verfügung vom 29.2.2016 gesetzten (Bl. 257 d.A.), zunächst antragsgemäß bis 15.4.2016 (Bl. 262 d.A.) sowie erneut antragsgemäß bis 13.5.2016 (Bl. 273 d.A.) verlängerten Frist zur Stellungnahme unter Hinweis auf § 296 ZPO nicht vorgebracht. Einwendungen wurden auch innerhalb der weiter gesetzten Frist bis 25.5.2016 (Bl. 287 d.A.) sowie der Frist zur Stellungnahme bis 14.12.2016 (Bl. 302 d.A.), verlängert bis 13.1.2017 (Bl. 313 d.A.), nicht erhoben. Die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom Kläger aufgeworfenen Fragen hat der Sachverständige unter Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens verständlich und umfassend beantwortet. Zweifel an der Fachkunde des gerichtsbekannt zuverlässigen Sachverständigen haben sich auch im vorliegenden Rechtsstreit nicht ergeben. Solche ergeben sich auch nicht aus den im Schriftsatz von 10.4.2017 ausgeführten Zweifeln des Klägers an der vom Sachverständigen angegebenen Kollisionsgeschwindigkeit, so dass die beantragte erneute Erläuterung des bereits umfassend erörterten Gutachtens nebst Ergänzung nicht veranlasst ist.
Auch ein Grund zur Wiedereröffnung der Verhandlung im Sinne von § 156 ZPO besteht nicht. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Sinne von § 156 Abs. 2 ZPO liegt angesichts der umfassenden Möglichkeiten zur Stellungnahme innerhalb der bereits dargestellten Fristen, die zudem mehrfach antragsgemäß und umfangreich verlängert wurden, sowie der mündlichen Erläuterung der Gutachten, die keine neuen Aspekte ergeben haben, nicht vor. Beide Sachverständige haben ausgeführt, dass sich auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Einwendungen und Schreiben auch des Dr. R. keine Abweichungen ergäben.
Die Klagepartei hatte bereits vor, bis zur und in der mündlichen Verhandlung umfassend Gelegenheit, Einwendungen gegen die Begutachtung vorzubringen. Die vorgebrachten Einwendungen und Fragen wurden sowohl schriftlich als auch mündlich umfassend erörtert. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde mit den Parteien gemäß § 279 Abs. 3 ZPO erörtert und die Parteien haben von der Möglichkeit zur Stellungnahme Gebrauch gemacht.
Es bestand auch kein Anlass zur Einräumung einer Schriftsatzfrist nach § 283 ZPO bzw. zum Ergebnis der Beweisaufnahme. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs kann im Anschluss an eine Beweisaufnahme die Vertagung oder die Gewährung einer Schriftsatzfrist zum Beweisergebnis zwar gebieten, wenn von einer Partei eine umfassende sofortige Stellungnahme nicht erwartet werden kann, weil sie verständigerweise Zeit braucht, um – in Kenntnis der Sitzungsniederschrift – angemessen vorzutragen (BGH, Beschluss vom 28. Juli 2011 – VII ZR 184/09 -, juris). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da eine komplexe Beweisaufnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung, die eine sofortige Stellungnahme nicht zumutbar erscheinen, ließe nicht vorlag. Die Beweisaufnahme in der mündlichen Verhandlung hat sich im Wesentlichen auf die Beantwortung der Fragen der Klagepartei erstreckt, wobei in der Sache die bereits schriftlich vorliegenden Ausführungen der Sachverständigen in deren Gutachten besprochen und erklärt wurden, ohne dass sich inhaltliche Änderungen oder Neuerungen ergeben hätten. Der Kläger hätte und hat daher Stellung zum Ergebnis der Beweisaufnahme nehmen können. Im Übrigen hat der Kläger auch nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Termin zur Verkündung einer Entscheidung auch keine relevanten Einwendungen vorgetragen, sondern vielmehr zwei Tage vor dem Verkündungstermin (erneut) Schriftsatzfrist für einen Zeitpunkt deutlich nach dem angesetzten Verkündungstermin erbeten. Für einen entsprechenden Schriftsatznachlass bestand jedoch auch unter Berücksichtigung, dass Dr. R. wegen Arbeitsüberlastung eine Rücksprache bis 21.4.2017 angekündigt hatte, angesichts der vielfach eingeräumten Möglichkeiten zur Stellungnahme kein Anlass.
Das Gericht hatte der Klagepartei im Übrigen bereits im Beweisbeschluss vom 24.04.2015 eine Frist zur Vorlage von Behandlungsunterlagen und Unterlagen betreffend die Krankenvorgeschichte bis 22.05.2015 gesetzt. Diese Frist wurde antragsgemäß verlängert. Auch auf die Gutachten der Sachverständigen Dr.-Ing Dr. med. H. und Dr. K. wurde der Klagepartei erneut Frist zur Stellungnahme eingeräumt und diese mehrfach, zuletzt bis 13.05.2016, verlängert. Schließlich hat das Gericht dem Kläger antragsgemäß eine weitere Frist bis 25.05.2016 zur Vorlage sämtlicher relevanter ärztlicher Unterlagen gesetzt. Auch zu den Ergänzungsgutachten waren Stellungnahmefristen bis 29.11.2016, verlängert bis 13.01.2017, gesetzt worden. Soweit der Kläger zuletzt die Unterlagen des Dr. R. („Anlagen Dr. R.“) vorgelegt hat, wurden diese von den Sachverständigen im Rahmen ihrer Gutachtenserstattung berücksichtigt, so dass auch vor diesem Hintergrund die nochmalige Einräumung einer Stellungnahmefrist nicht angezeigt war.
Soweit der Kläger darüberhinaus die Einvernahme des Zeugen Dr. S. und Dr. R. angeboten hat, war diesen Beweisangeboten nicht nachzukommen.
Ein konkreter entscheidungserheblicher Sachvortrag, der durch die Einvernahme der Zeugen unter Beweis gestellt werden sollte, liegt nicht vor. Ob die OP des Klägers entsprechend dem angegebenen Beweisthema ein vorbildliches Beispiel darstellt, ist nicht entscheidungserheblich. Auch die weiteren Umstände, zu denen Dr. R. als Zeuge vernommen werden soll (vgl. insbesondere den Schriftsatz vom 12.05.2016 (Blatt 281 ff.)), wonach insbesondere jeder Orthopäde wisse, dass ein Kniegelenk je nach Belastungssituation oder Trauma gering unterschiedliche Bewegungsausmaße besitzen kann, und sich diese auch in wenigen Gradzahlen verändern können, ist weder entscheidungserheblich noch dem Zeugenbeweis zugänglich.
Für entsprechende sachverständige Ausführungen bedurfte es einer Einvernahme des Zeugen Dr. R. nicht, zumal das Gericht zu den entscheidungserheblichen Fragen Sachverständigenbeweis erhoben hat. Soweit das Gericht den Zeugen zum Termin vom 15.03.2017 vorsorglich geladen hatte, hat die Beweisaufnahme durch die Erläuterung der Gutachten der Sachverständigen Dr.-Ing. Dr. med. H. und Dr. K. keinerlei neue Tatsachen ergeben, zu denen eine Einvernahme des Dr. R. angeboten bzw. erforderlich gewesen wäre.
Im Ergebnis hat der Kläger daher weder Anspruch auf Ersatz der Kosten für erholte Atteste noch für die Invalidenkurbel noch auf weiteres Schmerzensgeld. Dem Anspruch auf Nutzungsausfall für den 31.07.2012 steht angesichts des Bestreitens der hypothetischen Nutzungsmöglichkeit entgegen, dass der Kläger hierzu weder konkreten vorgetragen noch hinreichend Beweis angeboten hat.
Die Klage war daher vollumfänglich abzuweisen.
II.
Die Widerklage erweist sich demgegenüber als zulässig und begründet.
Die Beklagte hat Anspruch auf Rückzahlung der rechtsgrundlos geleisteten Zahlung in Höhe von 1.500,00 EUR gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB.
Der Kläger hat die von der Beklagten unter Vorbehalt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht als Vorschuss geleistete Zahlung von 1.500, € ohne Rechtsgrund erhalten.
Zwar hat grundsätzlich der Gläubiger das Nichtbestehen der Verbindlichkeit zu beweisen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn auf eine noch ungewisse Verbindlichkeit oder wie vorliegend unter Vorbehalt als Vorschuss geleistet wurde (Palandt- Sprau, BGB, 76. Auflage, § 812 Rn 77, § 814 Rn 10) geleistet wird. Dann hat der Empfänger das Bestehen der Schuld darzulegen, insbesondere wenn wie vorliegend die Zahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgt ist. Da unfallbedingte Verletzungen nicht erwiesen sind, ist dem Kläger der erforderliche Nachweis nicht gelungen und daher vom Vorliegen einer Leistung ohne Rechtsgrund auszugehen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 Satz 1, 2 ZPO.