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WEG – Trittschalldämmung muss Mindestanforderungen gem. DIN 4109 (1989) erfüllen

Hamburger Gericht urteilt: Trittschalldämmung muss DIN-Normen erfüllen

In einem Rechtsstreit verurteilte das Amtsgericht Hamburg-St. Georg die Beklagte, in ihrer Dachgeschosswohnung Schallschutzmaßnahmen zu ergreifen, damit die Nutzung der Räumlichkeiten den Normtrittschallpegel von 53 dB nicht überschreitet, wobei die Beklagte auch die Kosten des Verfahrens tragen muss. Der Fall dreht sich um die Einhaltung der Mindestanforderungen für Trittschalldämmung gemäß DIN 4109 (1989), nachdem durch bauliche Veränderungen in der Wohnung der Beklagten die Lärmbelästigung für den darunter wohnenden Kläger über das zulässige Maß hinausging.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 980a C 17/22 WEG >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Kläger forderte von der Beklagten, in ihrer Dachgeschosswohnung Maßnahmen zu ergreifen, damit der Normtrittschallpegel von 53 dB nicht überschritten wird, was das Gericht bestätigte.
  • Die Beklagte muss die Kosten des Rechtsstreits tragen; das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
  • Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft in einem 1900 erbauten und 1990 in Wohnungseigentum aufgeteilten Objekt.
  • Ein Sachverständiger ermittelte, dass die Trittschallwerte in der Wohnung der Beklagten die Mindestanforderungen der DIN 4109 (1989) nicht erfüllen.
  • Die Beklagte argumentierte, die Lärmprobleme könnten durch Maßnahmen im Deckenbereich des Klägers gelöst werden, und berief sich auf die Verjährung des Anspruchs.
  • Das Gericht wies darauf hin, dass jede neue Lärmimmission einen neuen Anspruch begründet, weshalb die Verjährungseinrede der Beklagten nicht griff.
  • Die Entscheidung berücksichtigte umfangreiche bauliche Veränderungen in der Wohnung der Beklagten Anfang der 1990er Jahre, was die Anwendung der DIN 4109 (1989) rechtfertigte.
  • Der Vermieter (Beklagte) gilt als mittelbarer Störer, wenn durch seinen Mieter Beeinträchtigungen entstehen.

Lärmschutz in Wohnungseigentümergemeinschaften

Beim Zusammenleben in einem Mehrfamilienhaus ist die Trittschalldämmung ein wichtiges Thema. Sie sorgt dafür, dass Gebäudelärm wie Fußbodenschritte oder fallende Gegenstände nicht ungehindert in die darunterliegenden Wohnungen übertragen werden. Dies ist für die Bewohner von großer Bedeutung, da übermäßiger Lärm zu erheblichen Belästigungen führen und die Wohnqualität stark beeinträchtigen kann.

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft haben alle Eigentümer die Pflicht, durch angemessene Schallschutzmaßnahmen ein ruhiges Wohnumfeld für alle zu gewährleisten. Dabei sind die festgelegten Grenzwerte aus einschlägigen Normen wie der DIN 4109 bindend. Kommt es zu Streitigkeiten über die Einhaltung dieser Vorgaben, muss letztlich ein Gericht eine Entscheidung treffen.

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➜ Der Fall im Detail


Streit um Trittschalldämmung erreicht Hamburger Gericht

Im Zentrum eines rechtlichen Streits stand die Frage, ob die Trittschalldämmung in der Dachgeschosswohnung einer Hamburger Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) den Mindestanforderungen der DIN 4109 (1989) entspricht.

Trittschalldämmung WEG: Mindestanforderungen DIN 4109 (1989)
WEG-Recht: Trittschalldämmung muss Mindestanforderungen erfüllen (Symbolfoto: anatoliy_gleb /Shutterstock.com)

Die Auseinandersetzung begann, als der Eigentümer der darunterliegenden Wohnung, ein Rechtsanwalt, Lärmbelästigungen durch die Bewohner der darüberliegenden Wohnung Nr. 9 meldete. Die betreffende Wohnung war früher eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung und wurde in den 1990er Jahren zu einem Penthouse umgebaut. Der Kläger forderte die Beklagte, Eigentümerin des Penthouse, auf, Maßnahmen zu ergreifen, um die Lärmbelästigung zu reduzieren und die Einhaltung der DIN-Norm sicherzustellen.

Das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg

Das Gericht gab dem Kläger Recht und verurteilte die Beklagte, Maßnahmen zu ergreifen, die sicherstellen, dass der Normtrittschallpegel von 53 dB nicht überschritten wird. Die Entscheidung beruhte auf der Feststellung, dass die aktuellen Trittschallwerte die Mindestanforderungen der DIN 4109 (1989) nicht erfüllen. Das Gericht lehnte die Einrede der Verjährung durch die Beklagte ab, da es jede neue Lärmimmission als neuen Anspruch wertete. Dieses Urteil verdeutlicht, dass bei erheblichen Umbaumaßnahmen die aktuellen Normen zur Schalldämmung anzuwenden sind, selbst wenn das Gebäude älter ist.

Die rechtliche und gesellschaftliche Bedeutung

Diese Entscheidung unterstreicht die Verpflichtung der Wohnungseigentümer, bei der Nutzung ihres Eigentums die Rechte anderer Mitglieder der WEG zu respektieren und Lärmimmissionen zu vermeiden. Die Nutzung von Wohnraum, insbesondere nach Umbauten, muss so erfolgen, dass keine übermäßige Lärmbelästigung für die anderen Bewohner entsteht. Die Wichtigkeit der DIN 4109 (1989) als Richtlinie für die Trittschalldämmung wird durch dieses Urteil bekräftigt.

Konsequenzen für Wohnungseigentümergemeinschaften

Für WEGs und Eigentümer bedeutet dieses Urteil, dass sie sich bei Umbauten oder Sanierungen eng an die Vorgaben der DIN-Normen halten müssen, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Insbesondere bei der Umwandlung von Gebäudeteilen in Wohnraum oder bei signifikanten Renovierungsarbeiten müssen Aspekte des Schallschutzes berücksichtigt werden.

Zukünftige Ausrichtung in Sachen Lärmschutz

Die Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-St. Georg setzt ein deutliches Signal hinsichtlich der Bedeutung von Lärmschutz in Wohnanlagen. Sie mahnt Eigentümer und Verwaltungen, den Wohnkomfort und die Ruhebedürfnisse aller Bewohner gleichermaßen zu achten und bei Bauvorhaben entsprechende Schallschutzmaßnahmen zu planen und umzusetzen. Die Einhaltung der DIN 4109 (1989) wird somit zur maßgeblichen Leitlinie für den Schallschutz im Wohnungsbau.

✔ Häufige Fragen – FAQ

Welche Mindestanforderungen stellt die DIN 4109 (1989) an die Trittschalldämmung?

Die DIN 4109 von 1989 stellt folgende Mindestanforderungen an die Trittschalldämmung:

  • Für Wohnungstrenndecken gilt ein maximal zulässiger bewerteter Norm-Trittschallpegel von L’n,w ≤ 53 dB. Das bedeutet, der durch Trittschall verursachte Schallpegel im darunter liegenden Raum darf 53 dB nicht überschreiten.
  • Für Decken unter allgemein nutzbaren Dachräumen, Trockenböden und Abstellräumen gilt ebenfalls ein Grenzwert von L’n,w ≤ 53 dB.
  • Für Trenndecken zwischen fremden Arbeitsräumen in Bürogebäuden liegt die Anforderung auch bei L’n,w ≤ 53 dB.
  • Für Decken über Kellern, Hausfluren und Durchfahrten ist ein Trittschallpegel von maximal L’n,w ≤ 58 dB zulässig.

Die Anforderungen gelten in der Regel ohne Berücksichtigung von weichfedernden Bodenbelägen. Inwieweit diese zur Verbesserung der Trittschalldämmung angerechnet werden dürfen, ist dem Beiblatt 2 der DIN 4109 zu entnehmen.

Der rechnerisch ermittelte bewertete Norm-Trittschallpegel L’n,w,R muss mindestens 2 dB niedriger sein als die genannten Anforderungswerte, um einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu gewährleisten.

Welche Rolle spielt die Trittschalldämmung bei Umbauten und Sanierungen?

Die Trittschalldämmung spielt bei Umbauten und Sanierungen eine entscheidende Rolle, um den Schallschutz auf den aktuellen Stand zu bringen und die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen. Grundsätzlich müssen bei Renovierungsarbeiten immer die zum Zeitpunkt der Maßnahme geltenden Schallschutzanforderungen der DIN 4109 eingehalten werden, selbst wenn das Gebäude ursprünglich nach älteren, weniger strengen Normen errichtet wurde.

Das bedeutet konkret: Wird beispielsweise der Bodenbelag von Teppich auf Parkett oder Fliesen gewechselt, liegt es in der Verantwortung des Eigentümers sicherzustellen, dass der Trittschall die zulässigen Grenzwerte nicht überschreitet. Dies gilt auch dann, wenn die Geschossdecke selbst den heutigen Anforderungen nicht genügt. Ähnlich verhält es sich bei größeren Umbauten wie dem Ausbau eines Dachgeschosses zu Wohnraum. Auch hier sind die aktuellen Schallschutznormen verbindlich einzuhalten. Reicht die vorhandene Trittschalldämmung dafür nicht aus, muss entsprechend nachgerüstet werden.

Spezielle Trittschalldämmsysteme für die Altbausanierung ermöglichen die Einhaltung der Normen auch bei geringen Aufbauhöhen, etwa durch den Einsatz dünner Dämmschichten in Kombination mit Dünnestrich. Sollen bei der Sanierung höhere Schallschutzstandards als die gesetzlichen Mindestanforderungen erreicht werden, müssen diese vertraglich klar vereinbart werden, zum Beispiel auf Basis der erhöhten Anforderungen des Beiblatts 2 zur DIN 4109 oder der VDI 4100.

Zusammenfassend tragen Eigentümer und Bauherren bei Umbauten und Sanierungen die Verantwortung dafür, durch geeignete Maßnahmen zur Trittschalldämmung den Schallschutz auf den aktuellen normativen Stand zu bringen. Nur so lassen sich Konflikte mit Mietern oder Nachbarn und teure Nachbesserungen vermeiden.

Welche Konsequenzen hat die Nichteinhaltung der DIN 4109 (1989) für Wohnungseigentümer?

Die Nichteinhaltung der DIN 4109 von 1989 kann für Wohnungseigentümer erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen.

Verstößt die Trittschalldämmung gegen die Mindestanforderungen der Norm, liegt ein Mangel vor. Mieter haben dann das Recht, eine Mietminderung durchzusetzen. Die Höhe richtet sich nach der Schwere der Beeinträchtigung und kann laut BGH-Rechtsprechung bis zu 15% der Bruttomiete betragen, in Extremfällen sogar bis zu 50%.

Darüber hinaus kann der Mieter vom Vermieter die Beseitigung des Mangels verlangen. Kommt der Eigentümer dem nicht nach, drohen Schadensersatzforderungen. In einem konkreten Fall sprach der BGH einem Mieter 15.000 € Schadensersatz zu, weil der Vermieter die mangelhafte Trittschalldämmung nicht fristgerecht verbessert hatte.

Neben Mietminderung und Schadensersatz kann eine unzureichende Trittschalldämmung auch die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Mieter rechtfertigen, wenn die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung erheblich beeinträchtigt ist.

Selbst wenn der Eigentümer die Wohnung selbst nutzt, kann eine mangelhafte Trittschalldämmung zu Konflikten mit den Nachbarn und im Extremfall zu Unterlassungsklagen führen. Wird der Eigentümer gerichtlich zur Einhaltung der Schallschutznormen verurteilt, muss er die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen auf eigene Kosten durchführen.

Zusammengefasst kann die Nichteinhaltung der DIN 4109 für Wohnungseigentümer beträchtliche wirtschaftliche Einbußen durch Mietminderungen und Schadensersatzzahlungen bedeuten. Hinzu kommen möglicherweise hohe Kosten für gerichtlich angeordnete Sanierungen. Um diese Risiken zu vermeiden, ist die Einhaltung der Schallschutznormen bei Neubauten und Sanierungen unbedingt zu empfehlen.

Inwiefern unterscheidet sich die Anwendung der DIN 4109 (1989) bei Altbauten und Neubauten?

Die Anwendung der DIN 4109 von 1989 unterscheidet sich bei Altbauten und Neubauten in mehreren Punkten:

Bei Neubauten müssen die Anforderungen der DIN 4109 von Anfang an vollständig erfüllt werden. Der Schallschutz wird hier bereits in der Planungsphase berücksichtigt und die Bauteile entsprechend dimensioniert. Durch den Einsatz moderner Baumaterialien und Konstruktionsweisen lassen sich die Vorgaben in der Regel problemlos einhalten.

Anders sieht es bei Altbauten aus: Hier wurden die Bauteile oft nach älteren, weniger strengen Normen errichtet und genügen den heutigen Schallschutzanforderungen nicht mehr. Eine vollständige Anpassung an die aktuelle DIN 4109 ist häufig nur mit erheblichem baulichen Aufwand möglich, etwa durch den Einbau zusätzlicher Dämmschichten oder die Erneuerung kompletter Bauteile.

Allerdings greift die DIN 4109 bei bestehenden Gebäuden nur eingeschränkt. Solange keine baulichen Veränderungen vorgenommen werden, genießen Altbauten Bestandsschutz und müssen nicht zwingend nachgerüstet werden. Die Schallschutzeigenschaften müssen dann dem Zustand zum Zeitpunkt der Errichtung entsprechen.

Werden jedoch Umbauten, Modernisierungen oder Nutzungsänderungen durchgeführt, sind die Anforderungen der aktuellen Norm einzuhalten. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn ein Dachgeschoss zu Wohnraum ausgebaut wird oder sich durch einen Bodenbelagswechsel die Trittschalldämmung verschlechtert.

Um den Schallschutz in Altbauten zu verbessern, ohne gleich einen Komplettumbau durchführen zu müssen, bieten sich verschiedene Maßnahmen an. Dazu zählen etwa der Einbau spezieller Trittschalldämmungen für die Altbausanierung, die auch bei geringen Aufbauhöhen eine normgerechte Dämmung ermöglichen, oder der Einsatz entkoppelter Vorsatzschalen zur Verbesserung der Luftschalldämmung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die DIN 4109 bei Neubauten von Beginn an voll zum Tragen kommt, während bei Altbauten ein Bestandsschutz gilt, solange keine baulichen Veränderungen vorgenommen werden. Bei Umbauten und Sanierungen müssen jedoch auch in Altbauten die aktuellen Schallschutzanforderungen erfüllt werden, was oft mit höherem Aufwand verbunden ist als im Neubau.

§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG: Dieser Paragraph regelt die Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander, insbesondere die Verpflichtung, das Sondereigentum der anderen Eigentümer nicht über das maß hinaus zu beeinträchtigen. Im Kontext der Trittschalldämmung verdeutlicht er die Notwendigkeit, dass Umbauten oder Nutzungen nicht zu einer unzumutbaren Lärmbelästigung führen dürfen.
  • DIN 4109 (1989): Diese Norm setzt die Mindestanforderungen für den Schallschutz in Gebäuden fest und ist entscheidend für die Bewertung, ob eine Wohnung den rechtlichen Anforderungen an die Trittschalldämmung genügt. Sie bildet die technische Grundlage für die Beurteilung von Lärmschutzmaßnahmen.
  • § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB: Dieser Paragraph ermöglicht es, bei einer Störung durch einen Nachbarn Abhilfe zu schaffen, insbesondere durch Unterlassung. Im vorliegenden Fall begründet er den Anspruch des Klägers auf Unterlassung der Überschreitung des Normtrittschallpegels durch die Beklagte.
  • Verjährungsregelungen im BGB: Obwohl nicht spezifisch genannt, spielen die Verjährungsregelungen eine wichtige Rolle, da die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat. Diese Regelungen bestimmen, innerhalb welcher Fristen Ansprüche geltend gemacht werden müssen.
  • Eigentumsrecht gemäß BGB: Das Eigentumsrecht bildet die Grundlage für die Nutzung von Eigentum innerhalb der rechtlichen Grenzen. Im Kontext der Trittschalldämmung ist relevant, dass Eigentum so genutzt werden muss, dass andere nicht unzulässig beeinträchtigt werden.
  • Baurechtliche Vorschriften: Obwohl nicht direkt erwähnt, sind baurechtliche Vorschriften für Umbauten und Sanierungen, insbesondere in Bezug auf Schallschutzmaßnahmen, maßgeblich. Sie definieren, welche baulichen Standards eingehalten werden müssen, um den gesetzlichen Anforderungen, wie sie unter anderem in der DIN 4109 festgelegt sind, zu genügen.


Das vorliegende Urteil

AG Hamburg-St. Georg – Az.: 980a C 17/22 WEG – Urteil vom 14.07.2023

1. Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, dass bei der Nutzung der Räume Schlafzimmer, Flur, Küche und Badezimmer, die im Grundriss – Anlage K 1 – gekennzeichnet sind, der Wohnung Nr. 9, GdWE …, … H., den Normtrittschallpegel des Fußbodens von L’n,w ≤ = 53 dB überschritten wird.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Pflicht der Beklagten zur Vornahme von Schallschutzmaßnahmen.

Der Kläger und die Beklagte sind Mitglieder der GdWE B.straße … … H.. Das Objekt wurde im Jahr 1900 errichtet und im Jahr 1990 in Wohnungseigentum aufgeteilt. Es gilt die notarielle Teilungserklärung (TE) vom 05.07.1990 gemäß Anlage K12 in der ergänzten Fassung vom 21.08.1990. Die Beklagte ist Eigentümerin der – vermieteten – Wohnung Nr. 9 im Dachgeschoss, der Kläger ist Eigentümer der darunterliegenden Wohnung im dritten Obergeschoss links. In Ziff. 5 TE Ausbaurecht für den jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 9 vorgesehen, die ab dem Jahr 1984 über eine Fläche von ca. 66 m² verfügte. Wegen des aktuellen Grundrisses der Wohnung mit einer Fläche von jetzt ca. 126 m² wird auf Anlage K1 verwiesen. In einer „Baubeschreibung“ aus September 1990 (Anlage K2) betreffend die „Erweiterung der vorh. DG. Wohnung“ im „BV. B.straße …“ heißt es u.a.: „Der Dachgeschoßfußboden wird mit 6cm schwimmenden Leichtestrich inclusive Schallisolierung versehen.“ Wegen des Inhalts der „Statischen Berechnung“ als Anlage zum (Baugenehmigungs-)Bescheid vom 14.01.1991 wird auf die Anlage K10 Bezug genommen. In einem Makler-Exposé betreffend die Wohnung Nr. 9 der Beklagten (Anlage K2) heißt es:

„Moderne Endetage, der Ausbau erfolgte in den 90er Jahren. Umfangreich renoviert und modernisiert in 2015: Unter anderen wurden alle Wände bis auf die Grundmauern erneuert und glatt verputzt, (…) neue Böden in allen Räumen verlegt, (…).“

Mit Schreiben vom 03.03.2021 (Anlage K4) wandte sich der Kläger – ein zugelassener Rechtsanwalt – an die Beklagte und machte ihr gegenüber u.a. Verstöße der Bewohner der Wohnung Nr. 9 gegen die Nachtruhe durch nächtliches Waschen und Staubsaugen geltend. Eine vom Kläger unter Mitwirkung der Beklagten durchgeführte Messung der Trittschalldämmung der Geschossdecke zwischen den Einheiten der Parteien durch einen Sachverständigen vom 26.05.2021 hat ergeben, dass die Trittschallwerte zwischen Schlafzimmer im Dachgeschoss und Wohnen/Essen/Küche im 3. OG mit L’n,w ≤ = 58,1 dB sowie zwischen Wohnzimmer im Dachgeschoss und Schlafzimmer im 3. OG mit L’n,w ≤ = 54,2 dB nicht die Mindestanforderungen gemäß DIN 4109 (1989) erfüllen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme der L. GmbH vom 01.06.2021 verwiesen. Mit E-Mails vom 15.06.2021, 29.09.2021 und vom 07.08.2022 (Anlage K6) wandte sich der Kläger in o.g. Sache an den Bevollmächtigten der Beklagten, bekam aber keinerlei Antwort.

Der Kläger macht geltend, dass die Wohnung Nr. 9 der Beklagten im Jahr 1992 von einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung zu einem Penthouse umgebaut worden sei. Die in diesem Zusammenhang geltende DIN 4109 (1989) werde betreffend die Trittschalldämmung aber nicht eingehalten. Zudem gehe von den Bewohnern der Wohnung nächtlicher Lärm aus, der ihn störe. Er könne von der Beklagten zumindest die Einhaltung der sich aus der DIN ergebenen Grenzwerte verlangen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, in der Wohnung WEG Nr. 9, B. straße …, … H. durch geeignete Maßnahmen in den Räumen Schlafzimmer, Flur, Küche und Badezimmer, die im Grundriss – Anlage K 1 – gekennzeichnet sind, dafür zu sorgen, dass ein Normtrittschallpegel des Fußbodens von L’n,w ≤ = 53 dB eingehalten wird.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, dass der Ausbau ihrer Wohnung schon in den 1970er Jahren erfolgt sei, indem ein Trockenraum zu Wohnzwecken umgebaut worden sei (Beweis: Zeugnis S.). Eine Veränderung der Holzbalkendecke sei bei dem Umbau auch nicht vorgenommen worden. Der Kläger könne durch geeignete Maßnahmen im Deckenbereich mehr Schallschutz erreichen. Vorsorglich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung; der Kläger habe seine Wohnung – was unstreitig ist – im Jahr 2017 erworben und wisse sei spätesten 2018 von den Immissionen.

Dem hält der Kläger entgegen, dass das o.g. Exposé – was unstreitig ist – von dem Makler zusammen mit dem Zeugen S. erstellt worden sei und dass darin vom Umbau der Wohnung in den „90ern“ die Rede sei. Die Erweiterung betreffe auch gerade den Teil, in dem die Trittschallmessungen stattgefunden hätten (s. markierter Teil des Grundrisses gem. Anlage K1). In seiner Wohnung sei jeder einzelne Schritt, der in der oberen Wohnung gegangen werde, zu hören.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

1. Der Klageantrag ist – abweichend von seinem konkreten Wortlaut – aus der Sicht einer vernünftigen Prozesspartei dahingehend auszulegen, dass der Kläger von der Beklagten nicht die Vornahme „geeigneter Maßnahmen“ zur Einhaltung eines bestimmten Trittschalpegels im Sinne eines Leistungs- bzw. Beseitigungsanspruchs begehrt, sondern die Unterlassung einer Nutzung der im Tenor benannten Räume in der Weise, dass dabei ein Normtrittschallpegel des Fußbodens von L’n,w ≤ = 53 dB überschritten wird. Sein Klagebegehren ist nicht auf die Beseitigung einer konkreten (baulichen) Störung gerichtet, sondern darauf, dass bei der Nutzung eines Teils der Wohnung der Beklagten keine störenden (Lärm-)Immissionen in seine Wohnung dringen. In zulässiger Weise ist die erstrebte Unterlassungsverpflichtung durch die Bezugnahme auf den einzuhaltenden Lärmpegel eingegrenzt; auch bleibt der Beklagten vorliegend die Wahlmöglichkeit, wie sie die Pflicht erfüllt (vgl. dazu nur Spohnheimer, in: BeckOGK-BGB, 1.5.2023, § 1004, Rn. 292).

2. Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen – durchsetzbaren – Anspruch auf Unterlassung störender Lärmimmissionen, und zwar aus den §§ 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Beklagte ist gegenüber dem Kläger verpflichtet, die sich aus der DIN 4109 (1989) ergebenen Grenzwerte bei der Nutzung ihrer Wohnung einzuhalten. Soweit sich die Beklagte dazu auf die Einrede der Verjährung berufen und dazu geltend gemacht hat, dass der Kläger seine Wohnung im Jahr 2017 erworben habe und spätestens seit 2018 um die Lärmprobleme wisse, greift diese Einrede nicht durch. Der Kläger will gleichartige Störungen abgewehrt wissen, die zeitlich unterbrochen auftreten, so dass jede neue Einwirkung einen neuen Anspruch auslöst (vgl. nur BGH, NJW-RR 2006, 235, 236, Rn. 11). Der Schwerpunkt der Störung liegt hier darin, dass es die Beklagte dauernd unterlässt, ihre Wohnung bzw. Teile derselben so zu nutzen, dass die Grenzwerte der DIN 4109 (1989) eingehalten werden; bei einer derartigen Sachlage kommt eine Verjährung des Unterlassungsanspruchs nicht in Betracht (so ähnlich BGH, NJW-RR 2016, 24, 27, Rn. 31).

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern verpflichtet, deren Sondereigentum nicht über das in Abs. 1 Nr. 2 bestimmte Maß hinaus zu beeinträchtigen, also nicht in einer Weise, dass ihnen ein Nachteil über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus erwächst.

Diese Verpflichtung hat die Beklagte unstreitig nicht eingehalten. Nach Maßgabe des vorgerichtlich vom Kläger eingeholten Gutachtens, dessen Inhalt die Beklagte nicht angegriffen und der Kläger zum Gegenstand seines Prozessvortrages gemacht hat, erfüllen die Trittschallwerte zwischen dem Schlafzimmer der Wohnung der Beklagten und den Räumen Wohnen/Essen/Küche im 3. OG (Wohnung des Klägers) mit L’n,w ≤ = 58,1 dB ebenso wenig die Mindestanforderungen gemäß DIN 4109 (1989) wie zwischen Wohnzimmer im Dachgeschoss und Schlafzimmer im 3. OG mit L’n,w ≤ = 54,2 dB.

Demnach legt das Gericht seiner Entscheidung zugrunde, dass aus der Wohnung der Beklagten übermäßiger bzw. nachteiliger Lärm in die Wohnung des Klägers gedrungen ist bzw. dringt. Ausgehend von einem objektiven Maßstab – bei dem nur konkrete und objektive Beeinträchtigungen als Nachteil gelten, es also darauf ankommt, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann (vgl. BGH, NJW-RR 2011, 949, Rn. 5 = ZMR 2011, 734; Suilmann, in: Bärmann/Suilmann, 15. Aufl. 2023, WEG, § 14, Rn. 46) – führt die Nutzung der Wohnung der Beklagten bzw. Teilen derselben dazu, dass von dort aus Geräusche, die den Kläger nachteilig beeinträchtigen, ausgehen.

Diese Beurteilung fußt – auch – auf der Heranziehung der in der DIN 4019 (1989) niedergelegten Grenzwerte. Der Kläger hat im Einzelnen konkret und substantiiert dargetan, dass die Wohnung der Beklagten Anfang der 1990er grundlegend um- und ausgebaut worden ist. Deswegen kommt es hier für die Beurteilung der Lärmgrenzen, deren Einhaltung der Kläger einfordern kann, nicht auf den Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes (s. dazu BGH, NZM 2015, 382 = ZMR 2015, 561), sondern auf den Zeitpunkt an, in dem in den Estrich und/oder die Geschossdecke bzw. in das gemeinschaftliche Eigentum („Gebäudesubstanz“) eingegriffen worden und dieser erhebliche Eingriff nicht ohne Auswirkung auf den Trittschall geblieben ist (s. etwa Gericht, Urt. v. 17.05.2019 – 980b C 49/17 WEG, IMRRS 2021, 0141 unter Verweis BGH, NJW 2018, 2123, 2124, Tz. 12 ff.).

Die Annahme, dass der besagte Umbau der Wohnung der Beklagten Anfang der 1990er Jahre stattgefunden hat, ergibt sich nach dem Vortrag des Klägers aus einer Gesamtschau mehrerer tatsächlicher Umstände – und ohne, dass es dazu einer Beweisaufnahme bedarf. In der Teilungserklärung, die aus Juli 1990 stammt, ist zugunsten des Eigentümers der Wohnung Nr. 9 – die jetzt im Eigentum der Beklagten steht – ein Ausbaurecht für die Dachgeschossräumlichkeiten vereinbart worden. Der Kläger hat eine „Baubeschreibung“ aus September 1990 (Anlage K2) betreffend die „Erweiterung der vorh. DG. Wohnung“ im „BV. B. straße …“ sowie eine „Statische Berechnung“ als Anlage zum (Baugenehmigungs-)Bescheid vom 14.01.1991 (Anlage K10) vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die Wohnung im Dachgeschoss durch Hinzunahme weiterer Flächen (baulich) erweitert werden sollte. Unstreitig betrug die Fläche der Wohnung ursprünglich ca. 66 m², während sie nunmehr – im Einklang mit den Planungsunterlagen – über eine Fläche von ca. 126 m² verfügt. Die zu Wohnzwecken hinzugenommene und entsprechend ausgebaute Fläche befindet sich in dem Bereich, an dem der Kläger die ihn störenden Lärmimmissionen im wesentlichen festmacht. Und in dem von ihm als Anlage K2 vorgelegten Makler-Exposé heißt es: „Moderne Endetage, der Ausbau erfolgte in den 90er Jahren.“ An der Erstellung des Exposés hat – was unstreitig ist – der Zeuge S. mitgewirkt, der Voreigentümer der Wohnung Nr. 9 war.

In erheblicher Weise bestritten hat die Beklagte diesen Vortrag des Klägers nicht. Die von der Beklagten unter Beweis durch Vernehmung des Zeugen S. gestellte Behauptung, der Umbau der Wohnung habe bereits in den 1970er Jahren stattgefunden, war vor diesem Hintergrund auch nicht im Rahmen einer Beweisaufnahme aufzuklären. Es bestehen keinerlei greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für die mögliche Richtigkeit dieser „ins Blaue hinein“ aufgestellten Behauptung.

In der Wohnung Nr. 9 der Beklagten ist also nach dem gesamten Vortrag des Klägers, den das Gericht als unstreitig behandelt, im Rahmen des o.g. Umbaus nicht nur der Bodenbelag ausgetauscht worden – was zu keiner Vorverlagerung des Beurteilungszeitpunktes betreffend die einschlägige DIN-Norm geführt hätte (BGH, ZWE 2020, 374 = ZMR 2020, 971) -, sondern es hat hier nach Maßgabe der o.g. Planungsunterlagen ein Eingriff in den Fußbodenaufbau stattgefunden.

Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der Kläger von ihr etwas verlange, was sie selbst – weil sie ihre Wohnung selbst nicht nutze – nicht erfüllen könne. Ihre Eigenschaft als (mittelbare Handlungs-)Störerin leitet sich daraus ab, dass sie die Beeinträchtigung des Klägers durch einen Dritten adäquat kausal veranlasst und in der Lage wäre, sie zu verhindern bzw. abzustellen; insbesondere ist nämlich der Vermieter mittelbarer Störer, wenn es durch seinen Mieter als unmittelbaren Störer zu Beeinträchtigungen kommt (vgl. Fritzsche, in: BeckOK-BGB, 65. Ed. 1.2.2023, § 1004, Rn. 18 m.w.N.; auch OLG Köln, NZM 2000, 1018, 1019 = ZMR 2001, 65; Gericht, Urt. v. 24.03.2023 – 980b C 35/19, ZMR 2023, 506 m. Anm. Agatsy). Das gleiche gilt naturgemäß, wenn die Wohnung zur unentgeltlichen Nutzung überlassen wird.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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