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Wildschaden -Beweislastverteilung bei der Meldung von Wildschäden

AG Riedlingen, Az.: 1 C 318/13, Urteil vom 20.11.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert: 2.796,00 €.

Tatbestand

Der Kläger ist Landwirt und der Beklagte Jagdpächter.

Am 01.01.2013 und am 11.02.2013 meldete der Kläger bei der Gemeinde … Wildschäden auf seinen bewirtschafteten Parzellen …, …, …, …, … und … an.

Infolgedessen wurde ein Vorverfahren durchgeführt, dass durch Erlass eines Vorbescheides mit Datum vom 25.07.2013 endete.

Wildschaden -Beweislastverteilung bei der Meldung von Wildschäden
Symbolfoto: Von Achmad Rokim /Shutterstock.com

Grundlage des Vorbescheids war eine Begutachtung der gemeldeten Flächen durch den Wildschadenschätzer der Gemeinde …, dem Zeugen … . Dieser schätzte den zu erwartenden Wildschaden zur Erntezeit wie folgt:

Flst. … – Wintergerste – 0,004 ha – Schaden 6,00 €

Flst. … – Dinkel – 0,8 ha – Schaden 1.600,00 €

Flst. … u. 1227 – Wiese – 0,55 ha – Schaden 740,00 €

Flst. … – Wiese – 0,3 ha – Schaden 450,00 €

insgesamt einen Betrag von 2.796,00 €.

Gegen den Vorbescheid vom 25.07.2013 hat der Beklagte fristgerecht Einspruch eingelegt. Zugleich wurde von ihm trotz Zahlungsaufforderung vom 17.09.2013 eine Schadensregulierung mit Schriftsatz vom 20.09.2013 vollumfänglich abgelehnt.

Unstreitig ist zwischen den Parteien weiterhin, dass keine Feststellung der tatsächlichen Schäden beim Kläger zum Zeitpunkt der Ernte möglich ist, weil eine weitere Beauftragung des Zeugen zum Flst. … Erntezeitpunkt nicht erfolgt ist.

Der Kläger macht nun geltend, dass der Vorbescheid der Gemeinde … zu Recht ergangen sei und deshalb der Beklagte verpflichtet wäre die geltend gemachten 2.796,00 € zu bezahlen.

Insbesondere habe er die Wildschäden innerhalb der Wochenfrist des Jagdgesetzes rechtzeitig angemeldet. Ebenso habe er regelmäßige Kontrollen seiner bewirtschafteten Parzellen durchgeführt.

So habe er am 16.10.2012 die Parzellen … und … sowie die weiteren Parzellen … und … gemäht und am 18.10.2012 das Gras abgefahren, wobei keinerlei Wildschäden festgestellt worden seien.

Am 20.10.2012 habe man dann Wildschäden an den Parzellen … und … festgestellt.

Die Grundstücke …, …, … und … seien am 15.12.2012 und am 23.12.2012 kontrolliert worden. Dabei habe man keine Wildschäden feststellen können.

Am 27.12.2012 wären alle Flächen erneut kontrolliert und dann Wildschäden festgestellt worden, die man der Gemeinde am 01.01.2013 per Fax gemeldet habe.

Weitere Kontrollen seien am 06.01.2013, am 12.01.2013 und am 26.01.2013 erfolgt. Am 07.02.2013 wären erneut frische Wildschäden auf den Parzellen … und … festgestellt worden, die am 11.02.2013 gemeldet worden seien.

Sämtliche Wildschäden seien auf Schwarzwild zurückzuführen. Bei der Wildschadenschätzung seien auch keine Schäden durch Wühlmäuse oder Maulwürfe berücksichtigt worden.

Auch wäre die Vorgehensweise des Wildschadenschätzers in keinster Weise zu beanstanden.

Der Kläger beantragt,

1. der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.796,00 € zuzüglich Zinsen hin Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.09.2013 zu zahlen.

2. Der Beklagte wird verurteilt, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, Klagabweisung.

Er macht geltend, dass dem klägerischen Vortrag eine fristgerechte Schadensanmeldung gemäß dem Bundesjagdgesetz nicht zu entnehmen sei. Insoweit müsse eine fristgerechte Schadensmeldung an die Gemeinde … bestritten werden.

Vorliegend müsse auch die geltend gemachte Höhe des Schadens bestritten werden. Aus dem Schätzungsprotokoll sei nicht nachvollziehbar, wie der als Zeuge benannte Wildschadenschätzer auf die beschädigten Flächengrößen gekommen sei. Weiterhin sei nicht nachvollziehbar, welche Getreidepreise er zugrundegelegt habe.

Es wäre auch nicht auszuschließen, dass zumindest Teile der beschädigten Flächen aufgrund von Wühlmäusen und Maulwürfen beschädigt worden wären.

Schließlich sei die vorgelegte Wildschadenschätzung lediglich eine Momentaufnahme zu einem bestimmten Vegetationspunkt. Da keine andere Schadenschätzung zum Zeitpunkt der Ernte gemacht worden sei, könne auch nicht festgestellt werden, welcher tatsächliche Schaden dem Kläger zum Zeitpunkt der Ernte entstanden wäre.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 15.07.2014 (Blatt 56-58 der Akten) durch Vernehmung der Zeugen …, … und … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung des Amtsgerichts Riedlingen vom 28.10.2014 (Bl. 67-74 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Dem Kläger steht der in dem Vorbescheid der Gemeinde … festgestellt Ersatzanspruch nicht zu.

Es kann dahin stehen, ob die im Rahmen des Vorverfahrens erfolgte Schätzung formell und ordnungsgemäß und inhaltlich zutreffend war und dies durch eine zweite Schätzung zur Erntezeit bestätigt worden wäre.

Ein etwaiger Ersatzanspruch des Klägers ist jedenfalls durch die jagdrechtlichen Vorschriften erloschen.

Nach diesen Bestimmungen erlischt der Anspruch auf Ersatz von Wildschäden, wenn die geschädigte Person den Schadensfall nicht binnen einer Woche, nachdem sie von dem Schaden Kenntnis erhalten hat oder bei Beachtung gehöriger Sorgfalt erhalten hätte, anmeldet.

Schadensfall im Sinne des Jagdrechts ist der durch das Eindringen von Schadwild in die landwirtschaftlich genutzte Fläche konkret entstandene Schaden. Bei der Bestimmung der Anforderungen, die an die Überwachung landwirtschaftlich genutzter Flächen zu stellen sind ist der Zweck des Jagdgesetzes zu berücksichtigen, der eine zügige Feststellung des Schadens und seiner Ursachen ermöglichen will.

Nach allgemeiner Auffassung wird davon ausgegangen, dass ein Landwirt normalerweise alle vier Wochen bzw. einmal im Monat seine Anpflanzungen auf Wildschäden zu kontrollieren hat. Soweit die erkennbare Gefahr besteht, dass Wildschäden auftreten, werden auch kürzere Abstände – Intervalle von zwei Wochen, unter Umständen sogar eine wöchentliche Begehung der Felder – gefordert (vgl. BGH, Urteil vom 15.04.2010, NJW – RR 2010, 1398 mit weiteren Nachweisen).

Die Anmeldung bezieht sich nur auf den Schaden, von dem der Berechtigte, hier also der Kläger, in der Wochenfrist Kenntnis erhalten hat oder bei Erfüllung seiner Kontrollobliegenheit hätte erhalten können. Ein zeitlich späterer Schaden ist nicht Gegenstand der Anmeldung. Die Ersatzpflicht für einen erst nach Ablauf der Wochenfrist gemeldeten Schaden ist regelmäßig ausgeschlossen.

Ist wie im vorliegenden Fall streitig, ob der gesamte Wildschaden, der Gegenstand der behördlichen Schätzung war, rechtzeitig angemeldet wurde, trägt der Geschädigte dafür die Beweislast. Dies gilt auch dann, wenn ein Teil des geschätzten Schadens rechtzeitig angemeldet wurde, sich aber dieser Teil nicht von dem Teil des Schadens abgrenzen lässt, der nicht oder verspätet angemeldet wurde, und auch eine Schätzung nach § 287 ZPO mangels greifbarer Anhaltspunkte unzulässig ist, geht dies zum Nachteil des Geschädigten, der dann seinen Ersatzanspruch in vollem Umfange verlustig geht (BGH, Urteil vom 05.05.2011, NJW – RR 2011, 100006).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann dem Kläger ein Ersatzanspruch nicht zuerkannt werden.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger die von ihm geforderten regelmäßigen Flächenkontrollen und die rechtzeitige Schadensanmeldung nicht bewiesen.

Zunächst ist festzuhalten, dass die vom Kläger vorgetragenen regelmäßigen Kontrollen seiner landwirtschaftlichen Flächen durch die dem Gericht vorliegenden Unterlagen, insbesondere der Wildschadensakte der Gemeinde …, keine Bestätigung gefunden haben.

Ein entsprechender Nachweis seines Sachvortrags konnte der Kläger auch nicht durch die Angaben der vernommenen Zeugen …, … und … erbringen.

Zunächst war im Rahmen der Beweiswürdigung festzustellen, dass der Wildschadenschätzer der Gemeinden …, der Zeuge … hierzu keinerlei Angaben machen konnte.

Demgegenüber haben zwar die Zeugen … und … die vom Kläger jeweils vorgetragenen Zeitpunkte von Kontrollen und Entdeckung von Wildschäden detailliert bestätigt, jedoch ganz offensichtlich für das Gericht nicht aus eigener Erinnerung heraus oder belegt durch eigene unmittelbar darauf gefertigte schriftliche Notizen.

Vielmehr stützten sie ihre Aussage auf ein zur Vorbereitung auf den Beweistermin gefertigtes schriftliches Protokoll.

Über dessen Entstehung wurden von beiden Zeugen und auch dem Kläger selbst unterschiedliche Angaben gemacht.

So gab der Zeuge … an, dass das Gedächtnisprotokoll aufgrund einer relativen umfangreichen Akte über die Wildschäden des Jahres 2012 erstellt worden sei, welche auf dem landwirtschaftlichen Hof vorhanden wäre und auch vorgelegt werden könne.

Diese Angabe hat der Kläger seinerseits jedoch ausdrücklich widersprochen und in seiner informatorischen Anhörung angegeben, dass ein detaillierter Wildschadensordner auf dem Hof nicht vorhanden sei. Er habe allerdings ein Tagebuch, in dem er die landwirtschaftlichen Arbeiten jeweils mit Datum notiere. Wenn sich in diesen Eintragungen kein Wildschaden finden würde, sei ein solcher zu diesem Zeitpunkt auch nicht vorhanden gewesen. Wenn dann ein Wildschaden festgestellt werde, könne man nachvollziehen, wann dieser entstanden sein müsse, nämlich zwischen dem Datum der durchgeführten Arbeiten und dem Bekanntwerden des Wildschadens. Dieser würde dann auch unverzüglich gemeldet werden. Auch diesbezüglich seien Unterlagen vorhanden.

Interessanterweise fand weder die Aussage des Zeugen … übereinen Wildschadensordner 2012 noch die Darstellung des Klägers hinsichtlich seines landwirtschaftlichen Tagebuchs eine Bestätigung durch die Aussage der weiteren Zeugin … .

Nach ihrer Darstellung werden die Wildschadenskontrollen und die Entdeckung von Wildschäden jeweils datumsmäßig in einem Kalender des Klägers dokumentiert. Folglich müssten die jeweiligen Zeitpunkte nicht jeweils nachvollzogen werden. Darüber hinaus beinhalte der Kalender neben dem Datum des festgestellten Wildschadens auch die Grundstücksnummer des jeweils betroffenen Grundstücks.

Aufgrund des Kalenders habe man dem klägerischen Prozessbevollmächtigten die einzelnen Daten aufgelistet und zur Verfügung gestellt. Den Kalender selbst könne man aus betrieblichen Gründen nicht aus der Hand geben. Selbstverständlich wäre es möglich Kopien hieraus zu ziehen. Dies habe man aber im Hinblick auf den geführten Rechtsstreit bislang nicht für nötig erachtet.

Aufgrund dieser widersprüchlichen Angaben der Zeugen und des Klägers selbst sowie den nicht vorgelegten schriftlichen Aufzeichnungen der Klägerseite, seien diese nun eine Wildschadensakte, ein Taschenbuch oder ein Wildschadenskalender ist es dem Gericht nicht möglich regelmäßige Wildschadenskontrollen datumsmäßig festzustellen, ebenso wenig wie den jeweiligen genauen Zeitpunkt festgestellter Wildschäden.

Weiterhin ist auch eine Feststellung rechtzeitiger oder möglicherweise verspätet gemeldeter Schäden mangels konkreter Anhaltspunkte nicht möglich.

Ungeachtet der vorgenannten Ausführungen wäre dem Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch die Feststellung des tatsächlich zu ersetzenden Wildschadens durch den Beklagten nicht möglich gewesen.

So stellt die vorgelegte Wildschadenschätzung nach Angabe des Zeugen … lediglich eine Momentaufnahme dar. Eine endgültige Schätzung des tatsächlichen Schadens könne er regelmäßig nur durch eine zweite Begutachtung zum Erntezeitpunkt erstellen. Dies sei für ihn aber nicht möglich gewesen, nachdem er überraschenderweise und entgegen dem Normalfall zu keiner weiteren Schadensschätzung beauftragt worden wäre. Er könne somit auch keine Angaben darüber machen, ob der tatsächlich eingetretene Schaden höher oder niedriger ausgefallen wäre als im Vorbescheid der Gemeinde … beziffert.

Dieser Mangel hätte auch im Rahmen einer richterlichen Schätzung nach § 287 ZPO nicht mehr beseitigt werden können.

Im Ergebnis führt dies dazu, dass der Kläger sein Ersatzanspruch insgesamt verliert.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert des Verfahrens wird auf 2.796,00 € festgesetzt.

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