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Nachbarskatze – Beeinträchtigungen eines Grundstückeigentümers

AG Offenbach – Az.: 380 C 268/11 – Urteil vom 25.07.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Unterlassung von Beeinträchtigungen durch freilaufende Katzen. Sie sind Nachbarn im A. G. Weg in H.. Die Grundstücke grenzen unmittelbar aneinander. Das obligatorische Streitschlichtungsverfahren hatte keinen Erfolg.

Nachbarskatze - Beeinträchtigungen eines Grundstückeigentümers
Symbolfoto: Von RJ22 /Shutterstock.com

Die Kläger behaupten, die Beklagten würden drei Katzen halten, eine schwarze, eine braune sowie eine schwarz-weiße Katze. Die Katzen würden ständig die Grundstücksgrenze überqueren und sich auf dem Grundstück der Kläger aufhalten. Dabei würden die Beete zerkratzt und mit Kot verunreinigt. Fische aus dem Gartenteich würden getötet. Auf die Katzenprotokolle und vorgelegten Lichtbilder wird Bezug genommen (vgl. Bl. 6 ff.; 44 ff.; 94 ff. d.A.). Dies trage sich seit dem Jahr 2009 zu. Aufgrund der baulichen Situation der Grundstücke zueinander könnten die Katzen nur über Nachbargrundstücke, also auch über das Grundstück der Kläger, Zugang zum hinteren Gartenbereich der Beklagten erlangen. Durch die Kot- und Urinverunreinigungen der Gartenbeete und Kratzspuren seien die Kläger erheblichen Belästigungen ausgesetzt und der Garten könne nur durch erheblichen Mehraufwand sauber gehalten werden. Abwehrmaßnahmen hätten keinen Erfolg gezeigt. Die Installation elektrischer Abwehranlagen oder elektromagnetischer Halsbänder für die Katzen hätten die Beklagten verweigert.

Die Kläger beantragen,

die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen, es zu unterlassen, das Grundstück „A. G. Weg“ in H. durch ungehinderten Freilauf der von ihnen gehaltenen Katzen zu beeinträchtigen sowie den Beklagten zu 1) und 2) anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen sie ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 250.000,- € oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten festgesetzt wird.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, ihnen gehöre lediglich eine braune Katze. Die schwarz-weiße Katze gehöre der Tochter, die nicht im Hausstand der Beklagten lebe. Diese Katze sei körperlich so gebrechlich, dass sie das Grundstück der Kläger gar nicht betreten könne. Die von Klägerseite erwähnte schwarze Katze sei bereits seit November 2010 verstorben. Die Verunreinigungen des Klägergrundstücks stammten nicht von der braunen Katze der Beklagten, da die Beklagten für diese Katze vier leicht zugängliche Katzentoiletten hätten, die von der Katze regelmäßig frequentiert würden. Soweit die Beklagten ihrerseits Abwehrmaßnahmen, wie zum Beispiel einen Katzenschreck, aufgestellt hätten, seien diese von der Klägerseite wieder beseitigt bzw. nicht akzeptiert worden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ebenso Bezug genommen, wie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 11.11.2011 und 13.6.2012 (vgl. Bl. 91 und 152 d.A.).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Kläger können von den Beklagten nicht gem. §§ 1004 Abs. 1, 858 Abs. 1, 862 Abs. 1 BGB verlangen, dass die Katze der Beklagten das Klägergrundstück nicht betritt.

In Rspr. und Literatur ist anerkannt, dass das Betreten des Grundstücks durch Katzen und das Hinterlassen von Verschmutzungen eine Beeinträchtigung des Eigentums und Besitzes des Grundstückseigentümers i.S.d. §§ 1004 Abs. 1, 862 BGB darstellt (vgl. z.B. LG Bonn, Ent. v. 6.10.2009, Az. 8 S 142/09; LG Lüneburg, Ent. v. 27.1.2000, Az. 1 S 198/99; LG Darmstadt, Ent. v. 17.3.1993, Az. 9 O 597/92). Das Eindringen von Katzen ist auch nicht durch §§ 1004 Abs. 2, 906 Abs. 1 BGB gedeckt (vgl. z.B. LG Bonn, Ent. v. 6.10.2009, Az. 8 S 142/09; LG Lüneburg, Ent. v. 27.1.2000, Az. 1 S 198/99; LG Darmstadt, Ent. v. 17.3.1993, Az. 9 O 597/92; AG Bremen, Ent. v. 4.9.2003, Az. 11 C 0344/02).

Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagten lediglich eine braune Katze halten. Soweit die Kläger behauptet haben, die Beklagten würden noch eine schwarze und eine schwarz-weiße Katze halten, sind sie hierfür beweisfällig geblieben. Die Beklagten haben hinreichend substantiiert vorgetragen, dass eine ehemals vorhandene schwarze Katze verstorbenen ist und die schwarz-weiße Katze der Tochter gehört, die nicht mit den Beklagten zusammenlebt und deren Verhalten den Beklagten nicht zuzurechnen ist. Aus dem als Anlage 1 vorgelegten Katzenprotokoll und den Lichtbildern ergibt sich zweifelsohne, dass das Grundstück der Kläger durch diese braune Katze regelmäßig betreten wird. Die Beklagten sind als Halter der Katze Störer im Sinne der oben genannten Vorschriften.

Nach Auffassung des Gerichts haben die Kläger diese Eigentums- und Besitzstörung jedoch unter dem Gesichtspunkt des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses aus § 242 BGB zu dulden. Im Rahmen des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses sind Nachbarn verpflichtet, gegenseitig Rücksicht zu nehmen. Dies schließt im Einzelfall unter Abwägung der wechselseitigen Interessen mit ein, dass ein Nachbar eine ihm an sich zustehende Rechtsposition im Interesse einer gedeihlichen Nachbarschaft nicht ausüben darf (vgl. LG Bonn, Ent. v. 6.10.2009, Az. 8 S 142/09; LG Lüneburg, Ent. v. 27.1.2000, Az. 1 S 198/99; LG Darmstadt, Ent. v. 17.3.1993, Az. 9 O 597/92). Die hier vorzunehmende Interessenabwägung führt im vorliegenden Fall dazu, dass die Kläger das Umherlaufen der braunen Katze der Beklagten auf ihrem Grundstück und geringfügige Verschmutzungen hinzunehmen haben. Würde man der Forderung der Kläger nachkommen, dass die Katze der Beklagten das Grundstück nicht mehr betreten darf, müsste die bislang freilaufende Katze entgegen ihrer bisherigen Haltung in der Wohnung der Beklagten als Stubenkatze oder ständig im Garten angeleint gehalten werden. Diese Forderung der Kläger ist jedoch in Abwägung der Gesamtsituation beider Parteien nicht schutzwürdig (vgl. LG Darmstadt, Ent. v. 17.3.1993, Az. 9 O 597/92). Vielmehr sind die von der streitgegenständlichen braunen Katze ausgehenden Beeinträchtigungen des Klägergrundstücks so geringfügig, dass das Einsperren oder gar Abschaffen der Katze vollkommen unverhältnismäßig wäre.

Die Grundstücke der Parteien liegen in einem Wohngebiet, bei dem eine Bebauung mit Ein- und Mehrfamilienhäusern und Gärten vorherrscht. Katzen werden nach dem Vortrag der Parteien in diesem Wohngebiet grundsätzlich frei gehalten, was dem Naturell dieser Tiere am ehesten entspricht. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in einem solchen Wohngebiet als typische Folge der Grundstücksnutzung das Betreten eines Grundstücks durch eine fremde Katze und geringfügige Beeinträchtigungen durch Kot und Urin zu dulden sind (vgl. LG Bonn, Ent. v. 6.10.2009, Az. 8 S 142/09; LG Lüneburg, Ent. v. 27.1.2000, Az. 1 S 198/99; LG Darmstadt, Ent. v. 17.3.1993, Az. 9 O 597/92; AG Bremen, Ent. v. 4.9.2003, Az. 11 C 0344/02).

Dass die streitgegenständliche braune Katze der Beklagten die Kratzspuren in den Beeten verursacht hat, hat die Klägerseite nicht bewiesen; gleiches gilt für die angebliche Tötung von Fischen. Zwar kann man auf den Lichtbildern erkennen, dass die Katze am Teich ist (vgl. Bl. 49 d.A.). Dass sie dort einen Fisch tötet, lässt sich den Bildern jedenfalls nicht entnehmen; vielmehr scheint sie lediglich Wasser zu trinken. Ob es sich bei dem auf den Lichtbildern erkennbaren Kotspuren ausschließlich um Katzenkot handelt, was das Gericht aufgrund der Größe und Form stark bezweifelt, konnte nicht abschließend geklärt werden. Ein Sachverständigengutachten zu dieser Frage hat die beweispflichtige Klägerseite jedenfalls nicht angeboten. Nach dem Vortrag in der Klageschrift wurden die Kotverunreinigungen und sonstigen Katzenspuren von (mindestens) drei Katzen verursacht. Nachdem sich im Laufe des Prozesses herausstellte, dass lediglich die braune Katze den Beklagten zuzuordnen ist, stellten die Kläger ihren Vortrag insoweit um, als dass nunmehr sämtliche Spuren und Verunreinigungen allein dieser Katze zuzuordnen seien. Dieser entgegen §§ 138 Abs. 1 ZPO erfolgte Vortrag lässt sich mit dem vorgelegten Katzenprotokollen und Lichtbildern nicht in Einklang bringen. Auf den Lichtbildern kann man das Umherstreifen verschiedener Katzen erkennen, so auch der braunen Katze der Beklagten. Dass diese braune Katze jedoch das Grundstück allein oder weit überwiegend verunreinigt, lässt sich weder den vorgelegten Lichtbildern noch den Katzenprotokollen entnehmen. Lediglich auf den Lichtbildern vom 14.4.2012 (vgl. Bl. 127 d.A.) zeigt sich, dass die streitgegenständliche braune Katze das Grundstück der Kläger beschmutzt. Festzuhalten bleibt demnach, dass die Klägerseite schon nicht hinreichend dargelegt und bewiesen hat, dass die von ihr vorgetragenen erheblichen Beeinträchtigungen des Grundstücks allein der Katze der Beklagten zuzuordnen ist. Es ist zur Überzeugung des Gerichts vielmehr so – dies entspricht auch dem ursprünglichen Klägervortrag -, dass das Grundstück der Kläger von mehreren Katzen und möglicherweise anderen Tieren aufgesucht wird. Die Verunreinigung durch andere Tiere ist jedoch nicht den Beklagten anzulasten.

In diesem Zusammenhang muss in die Gesamtabwägung eingestellt werden, dass Katzen normalerweise ihren Kot vergraben, so dass von diesem an und für sich keine nennenswerte Belästigung ausgeht. Dass die Klägerseite den Kot dennoch so stark wahrnimmt, liegt neben der Gartenarbeit der Kläger wohl daran, dass die Kläger den Kot zur Beweissicherung ausgraben lassen, was der Kläger zu 2) im Rahmen der mündlichen Verhandlung zugab. Wenn nun die Klägerseite jedoch um ihre formale Rechtsposition zu stärken, Beeinträchtigungen die an und für sich nicht bzw. nicht erheblich wahrnehmbar sind, als Beweismittel zu Tage fördert, bewegt sich dieses Verhalten im Bereich des Rechtsmissbrauchs und ist nicht schutzwürdig.

Die Beklagten haben im Rahmen des Schlichtungsverfahrens und danach verschiedene Maßnahmen unternommen, um das Betreten des klägerischen Grundstücks durch ihre Katze zu verhindern. Auf die weiteren von Klägerseite geforderten elektronischen Maßnahmen müssen sich die Beklagten daher nicht verweisen lassen, zumal das Gericht sich dem Eindruck nicht erwehren konnte, dass die Kläger Abwehrmaßnahmen der Beklagtenseite torpediert haben und eher an der Beweissicherung, z.B. durch Fotoaufnahmen, interessiert waren, als an der eigenständigen Abwehr der Katze, etwa durch laute Geräusche oder das Verscheuchen mit Wasser. Auch hier zeigt sich, dass es den Klägern eher um die Wahrung einer formalen Rechtsposition und Beweissicherung ging, als um das Interesse an einer gedeihlichen Nachbarschaft zur Vermeidung weiterer Konflikte. Es sei dem Gericht überdies die Anmerkung erlaubt, dass das Aufstellen von Lebendfallen sicherlich keine sinnvolle Maßnahme ist, das Betreten des Grundstücks durch fremde Katzen zu verhindern; durch das Aufstellen von Futter wurden die Tiere möglicherweise verstärkt angelockt und die Beeinträchtigung verstärkt.

Abschließend musste bei der Abwägung der wechselseitigen Interessen berücksichtigt werden, dass es den Beklagten bei der Haltung ihrer Katze nicht um reine Tierliebhaberei geht. Die Beklagten sind schwerbehindert, die Beklagte zu 1) auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Beklagten haben im Rahmen der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass die ihnen verbliebene Katze einen Rest an Normalität und Lebensqualität zu sichern hilft. Auch unter diesem Gesichtspunkt war das Interesse der Kläger, von der braunen Katze verschont zu bleiben, weniger schutzwürdig, als das Interesse der Beklagten am Halten und Freilaufenlassen ihrer Katze.

Mangels Anspruchs in der Hauptsache war dem Klageantrag zu 2) kein Erfolg beschieden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 i.V.m. 709 S. 2 ZPO analog.

Der Streitwert wird auf 2.000,- € festgesetzt.

 

 

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