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Abgezogene Holzd als Altbau-Standard: Mieterhöhung ohne Zuschlag

Wegen hochwertiger, abgezogener Holzdielen forderte eine Vermieterin in Berlin eine kräftige Mieterhöhung nach dem neuen Mietspiegel 2024. Doch für das Gericht zählte die vermeintliche Aufwertung nicht: Die Dielen galten nur als nicht zuschlagsberechtigter Altbau-Standard.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 C 5202/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht Wedding
  • Datum: 14.08.2025
  • Aktenzeichen: 6 C 5202/24
  • Verfahren: Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Zivilprozessrecht

  • Das Problem: Die Vermieterin forderte von ihren Mietern die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Sie begründete dies mit verschiedenen wohnwerterhöhenden Ausstattungsmerkmalen der Wohnung. Die Mieter weigerten sich zuzustimmen.
  • Die Rechtsfrage: War die verlangte Mieterhöhung auf die Ortsübliche Vergleichsmiete rechtmäßig? Dürfen abgezogene Holzdielen als wohnwerterhöhender, hochwertiger Bodenbelag gelten?
  • Die Antwort: Nein. Das Gericht stellte fest, dass die ortsübliche Vergleichsmiete niedriger war als die bereits gezahlte Miete. Abgezogene Holzdielen sind in Berliner Altbauten ein üblicher Standard und rechtfertigen keinen Mietzuschlag.
  • Die Bedeutung: Vermieter können in Berlin keine Mieterhöhungen allein mit abgezogenen Holzdielen begründen. Die Kriterien des Mietspiegels für wohnwerterhöhende Merkmale werden restriktiv ausgelegt.

Gilt der Holzboden im Altbau als Luxus? Warum eine Mieterhöhung in Berlin scheiterte

Ein frisch abgeschliffener Dielenboden in einer Berliner Altbauwohnung – für viele der Inbegriff von Wohnqualität. Doch rechtfertigt dieses Merkmal allein eine höhere Miete?

Ein Vertreter kniet nieder und berührt prüfend die makellosen, frisch geschliffenen Holzdielen.
Holzdielen im Altbau: Gericht klärt, ob dies eine Mieterhöhung nach Berliner Mietspiegel rechtfertigt. | Symbolbild: KI

Ein Vermieter war davon überzeugt und forderte von seinen Mietern die Zustimmung zu einer Erhöhung. Die Mieter weigerten sich. Das Amtsgericht Wedding musste in seinem Urteil vom 14. August 2025 (Az. 6 C 5202/24) klären, ob klassische Holzdielen als „hochwertiger Bodenbelag“ im Sinne des Berliner Mietspiegels gelten oder ob sie schlicht zum erwartbaren Standard eines Altbaus gehören – eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen für die Berechnung der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Was genau war passiert?

Die Mieter bewohnen eine 84,04 m² große Wohnung in einem 1918 errichteten Gebäude in Berlin. Ihre monatliche Nettokaltmiete betrug 704,01 Euro. Im Juni 2024 erhielten sie ein Schreiben ihrer Vermieterin, in dem diese die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 54,03 Euro auf insgesamt 758,04 Euro forderte. Die rechtlichen Formalien waren dabei unstrittig: Die Miete war seit mehr als 15 Monaten unverändert und die gesetzliche Kappungsgrenze von 15 Prozent innerhalb von drei Jahren (§ 558 Abs. 3 BGB) wurde eingehalten.

Die Vermieterin begründete ihre Forderung mit dem Berliner Mietspiegel 2024 und einer Reihe von wohnwerterhöhenden Merkmalen. Im Zentrum ihrer Argumentation standen die frisch abgezogenen Holzdielen, die sie als hochwertigen Bodenbelag einstufte. Zusätzlich führte sie unter anderem ein modernes Bad, ein Ceran-Kochfeld und eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr sowie an Einkaufsmöglichkeiten ins Feld.

Die Mieter sahen das anders. Sie verweigerten die Zustimmung und argumentierten, die Wohnung sei ihnen ursprünglich ohne Spüle übergeben worden. Zudem kritisierten sie eine besondere Lärmbelastung und bestritten, dass die Holzdielen einen Zuschlag rechtfertigen würden. Der Fall landete vor Gericht, wo die Vermieterin auf Zustimmung zur Mieterhöhung klagte.

Auf welcher rechtlichen Grundlage wird eine Mieterhöhung geprüft?

Die zentrale Vorschrift für eine solche Mieterhöhung ist § 558 BGB. Dieses Gesetz erlaubt es Vermietern, die Miete bis zur „ortsüblichen Vergleichsmiete“ anzuheben. Doch was genau ist ortsüblich? Um diese Frage objektiv zu beantworten, gibt es in vielen Städten Mietspiegel. Ein solcher Mietspiegel erfasst die Mieten, die in einer Gemeinde für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten sechs Jahren vereinbart wurden.

Der Berliner Mietspiegel 2024 ist ein sogenannter „Qualifizierter Mietspiegel“ nach § 558d BGB. Das bedeutet, er wurde nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde sowie von Interessenvertretern der Vermieter und Mieter anerkannt. Dies verleiht ihm eine besondere juristische Kraft: Es wird gesetzlich vermutet, dass die im qualifizierten Mietspiegel ausgewiesenen Werte die ortsübliche Vergleichsmiete widerspiegeln. Ein Gericht kann sich also bei seiner Entscheidung auf diesen stützen, was es im Rahmen seines Schätzungsrechts nach § 287 der Zivilprozessordnung (ZPO) auch tat.

Zur genauen Einordnung einer Wohnung innerhalb der im Mietspiegel angegebenen Preisspanne dient in Berlin die „Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung„. Sie teilt die Wohnungsausstattung in fünf Merkmalgruppen ein: Bad/WC, Küche, Wohnung, Gebäude und Wohnumfeld. Für jede Gruppe wird geprüft, ob positive oder negative Merkmale überwiegen. Je nach Ergebnis werden pro Gruppe prozentuale Zuschläge oder Abschläge auf den Mittelwert der Miete vorgenommen.

Warum entschied das Gericht gegen die Vermieterin?

Obwohl die Vermieterin ihr Erhöhungsverlangen formal korrekt gestellt hatte, wies das Amtsgericht Wedding die Klage ab. Die Richter kamen nach einer detaillierten Prüfung zu dem Schluss, dass die geforderte neue Miete die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigt. Tatsächlich lag sogar schon die bisherige Miete über dem, was das Gericht als ortsüblich ermittelte.

Der Ausgangspunkt: Der Mittelwert des Mietspiegels

Zunächst ermittelte das Gericht den Basiswert aus der Mietspiegeltabelle. Für eine Wohnung mit Baujahr bis 1918, einer Größe zwischen 60 und 90 m² in einfacher Wohnlage sieht der Berliner Mietspiegel 2024 einen Mittelwert von 6,96 Euro pro Quadratmeter vor. Für die 84,04 m² große Wohnung ergibt sich daraus eine ortsübliche Vergleichsmiete von 584,91 Euro (6,96 €/m² × 84,04 m²).
Die aktuelle Miete der Beklagten lag mit 704,01 Euro bereits deutlich darüber. Die von der Vermieterin geforderte Erhöhung wäre also nur dann gerechtfertigt gewesen, wenn eine ganze Reihe von herausragenden, wohnwerterhöhenden Merkmalen einen deutlichen Zuschlag auf den Mittelwert rechtfertigen würden. Genau dies prüfte das Gericht anhand der fünf Merkmalgruppen.

Die entscheidende Frage: Sind abgezogene Dielen ein Luxusmerkmal?

Der Kern des Streits war die Bewertung der Holzdielen in der Merkmalgruppe 3 (Wohnung). Die Vermieterin sah hierin einen „hochwertigen Bodenbelag“, der einen Zuschlag rechtfertige. Das Gericht folgte dieser Ansicht jedoch nicht. Es stellte klar, dass abgezogene Holzdielen in Berliner Altbauten ein üblicher und weit verbreiteter Standard sind. Sie stellen keine besondere, über den normalen Erwartungshorizont hinausgehende Ausstattung dar. Ein Merkmal kann aber nur dann wohnwerterhöhend sein, wenn es sich positiv vom Standard abhebt. Das Gericht stützte sich dabei auf eine Einschätzung des Landgerichts Berlin (Hinweisbeschluss vom 07.03.2025, Az. 65 S 203/24), das eine ähnliche Auffassung vertritt. Da die Wohnung zudem über keinen Balkon verfügte – ein klar wohnwertminderndes Merkmal –, bewertete das Gericht die gesamte Merkmalgruppe 3 als negativ.

Warum zählten gute Verkehrsanbindung und Nahversorgung nicht extra?

Auch mit ihrem Argument der guten Lage in Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) konnte die Vermieterin nicht punkten. Sie hatte die kurzen Wege zu Bus (~230 m) und Einkaufsmöglichkeiten (~270 m) als Pluspunkt angeführt. Das Gericht erklärte jedoch, dass Kriterien wie die Infrastruktur bereits in die grundsätzliche Einstufung der Wohnlage (einfach, mittel oder gut) im Mietspiegel einfließen. Eine nochmalige positive Berücksichtigung dieser Aspekte bei der Spanneneinordnung käme einer unzulässigen Doppelbewertung gleich. Ein Zuschlag wäre nur dann denkbar, wenn die Anbindung oder Versorgungslage den Durchschnitt der jeweiligen Wohnlage erheblich übertreffen würde. Dass dies hier der Fall war, hatte die Vermieterin nicht ausreichend dargelegt. Die vom Gericht zitierte Rechtsprechung (AG Lichtenberg, Urt. v. 04.02.2025 – 7 C 5099/24) warnt explizit davor, die Systematik des Mietspiegels durch die wahllose Hinzufügung solcher allgemeinen Merkmale aufzuweichen.

Wie das Gericht die übrigen Merkmale gegeneinander abwog

Am Ende zog das Gericht eine Bilanz über alle fünf Merkmalgruppen:

  • Merkmalgruppe 1 (Bad/WC): Positiv. Die moderne Ausstattung mit wandhängendem WC und Handtuchheizkörper war unstrittig.
  • Merkmalgruppe 2 (Küche): Positiv. Das von der Vermieterin gestellte Ceran-Kochfeld wurde als wohnwerterhöhend anerkannt. Die Behauptung der Mieter, die Wohnung sei ohne Spüle übergeben worden, konnten diese vor Gericht nicht beweisen.
  • Merkmalgruppe 3 (Wohnung): Negativ. Wie dargelegt, zählten die Holzdielen nicht als Pluspunkt, während der fehlende Balkon klar negativ ins Gewicht fiel.
  • Merkmalgruppe 4 (Gebäude): Negativ. Die unzureichende Wärmedämmung war zwischen den Parteien unstrittig.
  • Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld): Neutral. Die Lage entsprach dem Standard der eingestuften Wohnlage und rechtfertigte weder einen Zu- noch einen Abschlag.

Das Ergebnis war ein Patt: Zwei positive Merkmalgruppen standen zwei negativen und einer neutralen gegenüber. Diese Konstellation rechtfertigte nach Ansicht des Gerichts keinerlei Zuschlag auf den errechneten Mittelwert von 6,96 Euro/m². Da die bestehende Miete bereits deutlich über diesem Wert lag, war das Mieterhöhungsverlangen unbegründet und die Klage wurde abgewiesen. Die Vermieterin musste die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Was bedeutet das Urteil für Sie als Mieter oder Vermieter?

Dieses Urteil des Amtsgerichts Wedding verdeutlicht, dass nicht jedes subjektiv als „schön“ oder „hochwertig“ empfundene Merkmal automatisch eine Mieterhöhung rechtfertigt. Entscheidend ist allein die objektive Einordnung nach der Systematik des Berliner Mietspiegels und der dazugehörigen Orientierungshilfe.

Checkliste für Mieter: So prüfen Sie ein Mieterhöhungsverlangen

  1. Formale Prüfung: Ist das Schreiben korrekt begründet? Wurde die 15-Monats-Frist seit der letzten Erhöhung eingehalten? Wird die Kappungsgrenze beachtet?
  2. Mietspiegel-Check: Suchen Sie Ihre Wohnung in der Mietspiegeltabelle. Stimmen Baujahr, Wohnlage und Größe? Welcher Mittelwert und welche Spanne ergeben sich daraus?
  3. Merkmalgruppen-Analyse: Gehen Sie die vom Vermieter genannten wohnwerterhöhenden Merkmale Punkt für Punkt durch. Prüfen Sie kritisch: Handelt es sich wirklich um eine Sonderausstattung oder ist es eher ein üblicher Standard für Ihr Gebäude (z.B. Dielen im Altbau)?
  4. Eigene Merkmale listen: Gibt es in Ihrer Wohnung oder am Gebäude wohnwertmindernde Merkmale, die der Vermieter nicht erwähnt hat (z.B. kein Balkon, unzureichende Dämmung, veraltete Elektrik)?
  5. Gesamtbild abwägen: Vergleichen Sie die Anzahl der zutreffenden positiven und negativen Merkmale. Nur wenn die positiven Merkmale klar überwiegen, ist ein deutlicher Zuschlag auf den Mittelwert gerechtfertigt. Liegt Ihre aktuelle Miete bereits im oberen Bereich der Spanne oder sogar darüber, ist eine weitere Erhöhung oft unzulässig.

Dos & Don’ts für Vermieter: So begründen Sie eine Mieterhöhung rechtssicher

  • DO: Detailliert und nachvollziehbar argumentieren. Begründen Sie Ihre Forderung exakt nach der Systematik der Orientierungshilfe des Mietspiegels. Nennen Sie jedes Merkmal und ordnen Sie es der korrekten Gruppe zu.
  • DON’T: Standard als Luxus verkaufen. Vermeiden Sie es, Merkmale als besonders hochwertig anzupreisen, die in der Rechtsprechung als gebäudetypischer Standard gelten (wie Holzdielen im Altbau).
  • DO: Beweise sichern. Seien Sie darauf vorbereitet, die von Ihnen behaupteten wohnwerterhöhenden Merkmale auch beweisen zu können (z.B. durch Rechnungen für Sanierungen oder Fotos).
  • DON’T: Lage-Merkmale doppelt anführen. Argumentieren Sie nicht mit allgemeiner Infrastruktur (ÖPNV, Geschäfte), wenn diese nicht signifikant vom Durchschnitt der im Mietspiegel ausgewiesenen Wohnlage abweicht.
  • DO: Realistische Einschätzung vornehmen. Kalkulieren Sie vorab ehrlich, ob die ortsübliche Vergleichsmiete unter Berücksichtigung aller Merkmale wirklich über der aktuellen Miete liegt. Ein Prozess ohne Erfolgsaussichten verursacht nur unnötige Kosten.

Die Urteilslogik

Die Bewertung, ob eine Mieterhöhung rechtens ist, verlangt Vermietern ab, zwischen gebäudetypischem Standard und echtem Luxus klar zu unterscheiden.

  • Typischer Standard rechtfertigt keinen Zuschlag: Der Nachweis wohnwerterhöhender Merkmale scheitert, wenn diese lediglich den üblichen und erwartbaren Standard eines bestimmten Gebäudetyps, wie etwa abgezogene Holzdielen in einem Altbau, darstellen.
  • Vermeide die doppelte Bewertung der Lage: Merkmale des Wohnumfelds, die bereits in die Einstufung der Wohnlage im Mietspiegel eingeflossen sind, können nur dann zusätzlich zu einem Mietzuschlag führen, wenn sie den Durchschnitt dieser Lage erheblich übertreffen.
  • Das Gesamtbild bestimmt die Spanne: Die gerichtliche Prüfung der ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt eine Gesamtabwägung positiver und negativer Ausstattungsmerkmale, wobei ein Ausgleich dieser Merkmale keinen Zuschlag auf den ermittelten Mittelwert des Mietspiegels zulässt.

Nur eine strikte Anwendung der Systematik des Mietspiegels gewährleistet die juristische Tragfähigkeit eines Mieterhöhungsverlangens.


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Experten Kommentar

Viele Vermieter sehen im Altbau schnell Gold, wo mietrechtlich nur Holz ist. Das Gericht zieht hier eine klare rote Linie: Ein frisch abgezogener Dielenboden ist in einem Berliner Baujahr-1918-Haus kein wohnwerterhöhendes Luxusmerkmal, sondern schlicht der erwartbare Standard. Dieses Urteil entlarvt den Versuch, übliche Merkmale als zuschlagsberechtigte Sonderausstattung zu verkaufen. Es zeigt Vermietern konsequent auf, dass sie sich streng an die Systematik der Spanneneinordnung halten müssen, da eine Bestandsmiete bei falscher Begründung schnell über dem ortsüblichen Niveau liegt.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Gelten abgezogene Holzdielen im Altbau als Luxusmerkmal für eine Mieterhöhung?

Abgezogene Holzdielen in Altbauten gelten in der Regel nicht als Luxusmerkmal im juristischen Sinne. Berliner Gerichte stufen diesen Bodenbelag vielmehr als üblichen und weit verbreiteten Standard für diese Baualtersklasse ein. Eine Mieterhöhung ist deshalb kaum zu rechtfertigen, wenn der Vermieter primär mit den Dielen argumentiert.

Ein Merkmal wird nur dann als wohnwerterhöhend gewertet und erlaubt einen Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete, wenn es sich objektiv vom gewöhnlichen Standard des jeweiligen Gebäudetyps abhebt. Da Holzdielen historisch bedingt typische Ausstattungsmerkmale von Altbauwohnungen sind, stellen sie keine besondere, über den normalen Erwartungshorizont hinausgehende Ausstattung dar. Sie fallen deshalb nicht unter die Kriterien für einen hochwertigen Bodenbelag, die einen Mietausschlag rechtfertigen.

Konkret zeigte sich dies in einer Entscheidung des Amtsgerichts Wedding, wo die Vermieterin die Dielen als Hauptargument für eine Erhöhung anführte. Das Gericht ordnete abgezogene Holzdielen in der Merkmalgruppe 3 (Wohnung) als neutral ein. Da der Wohnung zudem ein Balkon fehlte – ein klar wohnwertminderndes Merkmal – wurde die gesamte Merkmalgruppe 3 schlussendlich als negativ bewertet.

Prüfen Sie in Ihrem Mieterhöhungsverlangen, ob der Vermieter Dielen als einziges Plus anrechnet, und berufen Sie sich im Widerspruch auf die Altbau-Standard-Argumentation der Berliner Gerichte.


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Wann rechtfertigt meine Wohnungsausstattung einen Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete?

Ein Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete ist nur möglich, wenn die positiven Merkmale die negativen klar und eindeutig übertreffen. Vermieter müssen ihre Wohnung systematisch nach der „Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung“ bewerten, welche die Ausstattungen in Gruppen unterteilt. Das Ergebnis der Gesamtbetrachtung muss ein deutliches Überwiegen der Pluspunkte zeigen. Ein bloßer Gleichstand oder Patt in dieser Bilanz reicht für eine Mieterhöhung typischerweise nicht aus.

Die Bewertung erfolgt streng nach dem Fünf-Gruppen-System des Mietspiegels: Bad/WC, Küche, Wohnung, Gebäude und Wohnumfeld. Es zählt nicht das subjektive Empfinden des Vermieters über seine Investitionen, sondern wie viele Gruppen am Ende positiv, negativ oder neutral bewertet werden. Merkmale wie ein modernes, wandhängendes WC, ein Handtuchheizkörper oder ein Ceran-Kochfeld im Küchenbereich gelten als klare Pluspunkte, die den Wohnwert steigern.

Ihre positiven Merkmale werden allerdings schnell neutralisiert, wenn strukturelle Mängel oder fehlende Standards vorliegen. Ein modernes Bad kann durch den fehlenden Balkon oder eine unzureichende Dämmung im Altbau aufgewogen werden. Im Fall vor dem Amtsgericht Wedding standen zwei positive Merkmalgruppen zwei negativen Gruppen gegenüber, wobei die fünfte Gruppe neutral war. Da die positiven Merkmale nicht eindeutig überwogen, lehnte das Gericht trotz der Investitionen des Vermieters einen Zuschlag ab.

Erstellen Sie vor jedem Erhöhungsverlangen eine ehrliche Bilanz (Plus/Minus-Liste) aller fünf Merkmalgruppen, um das Risiko eines Rechtsstreits zu minimieren.


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Wie prüfe ich ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters anhand des Mietspiegels?

Das Prüfen eines Mieterhöhungsverlangens erfolgt systematisch in vier Schritten, um die Forderung juristisch zu zerlegen. Zuerst sichern Sie die formalen Voraussetzungen, wie Fristen und die Kappungsgrenze. Im nächsten Schritt ermitteln Sie den korrekten Basiswert Ihrer Wohnung im Mietspiegel. Die Hauptarbeit liegt danach in der kritischen inhaltlichen Bewertung der vom Vermieter genannten Merkmale.

Ihre Prüfung beginnt mit der Einhaltung der formalen Kriterien. Das Verlangen muss die gesetzliche 15-Monats-Frist seit der letzten Erhöhung einhalten. Die gesetzliche Kappungsgrenze von 15 oder 20 Prozent in drei Jahren darf keinesfalls überschritten werden. Ist diese Hürde genommen, suchen Sie Ihre Wohnung anhand von Baujahr, Größe und Lage in der Tabelle des aktuell gültigen Mietspiegels. Der dort ausgewiesene Mittelwert stellt die Grundlage und oft die Obergrenze für die ortsübliche Vergleichsmiete dar.

Gehen Sie dann die Argumente des Vermieters anhand der fünf Merkmalgruppen Punkt für Punkt durch. Merkmale dürfen nur als wohnwerterhöhend gelten, wenn sie den üblichen Standard der Baualtersklasse deutlich übertreffen. Typische Altbau-Holzdielen sind zum Beispiel kein Luxusmerkmal. Listen Sie zudem unbedingt eigene wohnwertmindernde Aspekte auf, die der Vermieter absichtlich oder unabsichtlich weggelassen hat. Dies können ein fehlender Balkon, Lärmbelastung oder eine unzureichende Wärmedämmung sein.

Nehmen Sie den aktuellen Mietspiegel zur Hand, suchen Sie Ihre Wohnung in der Tabelle und vergleichen Sie den dortigen Mittelwert sofort mit Ihrer aktuellen Nettokaltmiete, um die absolute Obergrenze festzustellen. Diese allgemeinen Informationen ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.


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Kann mein Vermieter gute Verkehrsanbindung doppelt für die Miethöhe anrechnen?

Nein, die doppelte Anrechnung allgemeiner Infrastrukturmerkmale ist unzulässig. Kriterien wie die Nähe zu Bus, Bahn oder Geschäften sind bereits in der grundsätzlichen Einstufung Ihrer Wohnlage (einfach, mittel oder gut) im Mietspiegel berücksichtigt. Wenn der Vermieter diese Punkte erneut als Zuschlag anführt, handelt es sich um eine unzulässige Doppelbewertung.

Diese Regelung schützt die Systematik des Mietspiegels und die festgelegten Mietspannen. Infrastrukturmerkmale fallen unter die Merkmalgruppe 5, die das Wohnumfeld bewertet. Gerichte lehnen es ab, diese bereits in der Wohnlage einkalkulierten Standardmerkmale nochmals positiv zu werten. Eine solche Vorgehensweise würde die objektive Einordnung der Wohnung aufweichen und dem Mieter einen Nachteil verschaffen, da er zweimal für denselben Vorteil zahlen müsste.

Konkret gelten kurze Wege, beispielsweise 230 Meter zum Bus oder 270 Meter zum Supermarkt, in vielen städtischen Lagen lediglich als üblicher Standard. Diese Merkmale rechtfertigen kein außergewöhnliches Plus in der Bewertung. Ein Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete ist nur dann denkbar, wenn die Anbindung die durchschnittliche Qualität der jeweiligen Wohnlage erheblich übertrifft. Die Beweislast dafür liegt immer beim Vermieter.

Dokumentieren Sie, ob Ihr Vermieter in der Begründung nur Standard-Infrastrukturmerkmale anführt, und vergleichen Sie diese mit den Definitionen Ihrer Wohnlage im Mietspiegel.


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Welche negativen Wohnmerkmale (fehlender Balkon, Dämmung) senken den Mietwert wirklich?

Die Regel: Mietwertmindernde Merkmale sind entscheidend, um Mieterhöhungen auf Basis positiver Ausstattungen zu neutralisieren. Objektiv wirksam sind alle Mängel, die entweder vom erwartbaren Standard abweichen oder dem Mieter zusätzliche Belastungen verursachen. Diese negativen Punkte werden im Abwägungsprozess direkt den Pluspunkten gegenübergestellt, um einen Zuschlag auf die ortsübliche Vergleichsmiete zu verhindern.

Der Mietspiegel unterteilt die Wohnungseigenschaften in fünf Merkmalgruppen, die das Gericht einzeln betrachtet und gegeneinander aufrechnet. Ein Vermieter erhält nur dann einen Zuschlag auf den Mittelwert, wenn die positiven Merkmale die negativen eindeutig überwiegen. Fehlt ein grundlegendes Komfortmerkmal wie ein fehlender Balkon oder eine Terrasse (Merkmalgruppe 3), bewerten Gerichte die gesamte Gruppe oft negativ. Solche klaren Minuspunkte können selbst moderne Elemente, wie ein neues Bad oder ein Ceran-Kochfeld in anderen Gruppen, effektiv neutralisieren.

Bauliche Mängel am Gebäude wirken sich ebenfalls stark mindernd auf den Mietwert aus. Eine unzureichende Wärmedämmung (Merkmalgruppe 4) wird als Mangel anerkannt, da sie den Wohnkomfort drastisch mindert. Sie führt typischerweise zu einer erhöhten Heizkostenbelastung für den Mieter. Mieter müssen diesen Mangel konkret benennen und beweisen, anstatt nur allgemein über hohe Betriebskosten zu klagen. So lassen sich positive Merkmale des Vermieters strategisch neutralisieren, um den Mittelwert der Miete nicht zu überschreiten.

Überprüfen Sie Ihre Wohnung und das Gebäude auf spezifische Mängel in den Merkmalgruppen 3 und 4 und sichern Sie Beweise wie Fotos oder Hinweise auf erhöhte Heizkosten.


Diese allgemeinen Informationen ersetzen keine individuelle Rechtsberatung.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Doppelbewertung (Unzulässige Doppelbewertung)

Juristen nennen es eine unzulässige Doppelbewertung, wenn ein Ausstattungsmerkmal – wie etwa die gute Verkehrsanbindung – bereits in der Einstufung der Wohnlage berücksichtigt wird und der Vermieter es dann zusätzlich als wohnwerterhöhenden Faktor anführen will. Das Gesetz verbietet diese Praxis, weil der Mieter sonst zweimal für denselben Vorteil zahlen müsste, was die Systematik des Mietspiegels untergraben würde.

Beispiel: Im vorliegenden Fall lehnte das Gericht die doppelte Anrechnung der kurzen Wege zum Bus und zu Einkaufsmöglichkeiten ab, weil die Infrastruktur bereits in der grundsätzlichen Einstufung der einfachen Wohnlage berücksichtigt wurde.

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Kappungsgrenze

Die Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 BGB) definiert die gesetzliche Obergrenze, um wie viel Prozent die Miete innerhalb von drei Jahren maximal steigen darf, selbst wenn die ortsübliche Vergleichsmiete theoretisch höher liegt. Diese Regelung schützt Mieter vor zu schnellen und drastischen Mieterhöhungen, indem sie die Belastung durch steigende Wohnkosten zeitlich streckt. In angespannten Märkten, wie Berlin, liegt sie bei 15 Prozent.

Beispiel: Obwohl die Vermieterin im vorliegenden Fall die absolute Obergrenze der ortsüblichen Vergleichsmiete überschritt, hielt sie die gesetzliche Kappungsgrenze von 15 Prozent innerhalb von drei Jahren formal ein.

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Ortsübliche Vergleichsmiete

Die ortsübliche Vergleichsmiete bezeichnet den Durchschnitt der Mieten, die in einer bestimmten Gemeinde für Wohnungen vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung und Lage in den letzten sechs Jahren neu vereinbart oder angepasst wurden. Das Mietrecht nutzt diesen Wert als objektiven Maßstab dafür, bis zu welchem Betrag ein Vermieter die Miete anheben darf, und sorgt damit für Preisstabilität im Wohnungsmarkt.

Beispiel: Das Amtsgericht Wedding stellte nach Anwendung des Mietspiegels fest, dass die von der Vermieterin geforderte Miete die ermittelte ortsübliche Vergleichsmiete deutlich überstieg.

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Qualifizierter Mietspiegel

Ein Qualifizierter Mietspiegel (§ 558d BGB) ist ein Dokument, das nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und von der Gemeinde sowie den Interessenvertretern der Mieter und Vermieter anerkannt wurde. Weil dieser Mietspiegel eine besonders hohe juristische Aussagekraft besitzt, wird gesetzlich vermutet, dass die dort ausgewiesenen Werte die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete korrekt widerspiegeln.

Beispiel: Da der Berliner Mietspiegel 2024 ein qualifizierter Mietspiegel ist, konnte sich das Amtsgericht direkt auf dessen ausgewiesenen Mittelwert für die Baualtersklasse der Wohnung stützen.

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Schätzungsrecht (§ 287 ZPO)

Nach dem Schätzungsrecht gemäß § 287 der Zivilprozessordnung (ZPO) darf das Gericht die Höhe eines Anspruchs oder eines Sachverhalts frei beurteilen und schätzen, wenn die genaue Feststellung nur schwer oder mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich wäre. Diese Verfahrensregel dient der Prozessökonomie, damit die Klärung von Details nicht unnötig langwierige Beweisverfahren nach sich zieht.

Beispiel: Im Rahmen des Rechtsstreits nutzte das Gericht sein Schätzungsrecht, um auf Basis der vorgelegten Fakten zu bewerten, ob die positiven Merkmale der Wohnung einen deutlichen Zuschlag auf den Mittelwert rechtfertigten.

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Spanneneinordnung

Als Spanneneinordnung bezeichnet man den Prozess, bei dem Wohnungen anhand ihrer konkreten Ausstattung in eine der im Mietspiegel definierten Preisklassen – vom unteren Ende bis zum oberen Ende der Spanne – eingeordnet werden. Sie dient der Feinjustierung der Miete und berücksichtigt individuelle Abweichungen von der Norm, indem sie wohnwerterhöhende und wohnwertmindernde Merkmale gegeneinander abwägt.

Beispiel: Die Vermieterin versuchte, durch die Anführung der abgezogenen Holzdielen eine positive Spanneneinordnung zu erreichen, was das Amtsgericht aufgrund des fehlenden Balkons und der unzureichenden Dämmung ablehnte.

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Das vorliegende Urteil


AG Wedding – Az.: 6 C 5202/24 – Urteil vom 14.08.2025


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