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Verkehrsunfall: Erstattung von fiktiven Verbringungskosten

AG Hannover, Az.: 518 C 8111/12

Urteil vom 19.07.2013

1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 14,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.11.2011 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2.) Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in Höhe von 14,67 € nebst zuerkannter Zinsen begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Höhe von 14,67 € aus dem Verkehrsunfall vom 25.09.2011 gegen die Beklagte gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 249 BGB zu.

Verkehrsunfall: Erstattung von fiktiven Verbringungskosten
Symbolfoto: FreedomTumZ/Bigstock

Dem Kläger stehen weitere Reparaturkosten in dieser Höhe zu. Die Beklagte war nicht berechtigt, einen weiteren Abzug neu für alt in Höhe von 14,67 € vorzunehmen. Denn dieser Abzug war in dem von dem Kläger eingeholten Sachverständigengutachten des Sachverständigen R. P. (dort Seite 6) bereits vorgenommen und damit bei der Reparaturkostenkalkulation berücksichtigt worden.

Die zuerkannten Zinsen rechtfertigen sich unter dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 280, 286 BGB.

Dem Kläger steht der darüber hinaus geltend gemachte Anspruch auf Zahlung weiteren Schadensersatzes in Höhe von 86,40 € (Verbringungskosten), 31,30 € (Lackmaterial) sowie 298,29 € (weiterer Lohn- und Lackierkosten) aus dem Unfallereignis vom 25.09.2011 gegen die Beklagte nicht zu.

Weitere Reparaturkosten stehen dem Kläger nicht zu. Mit der Zahlung der Reparaturkosten in Höhe von 4.369,88 € zuzüglich der zuerkannten 14,67 € hat die Beklagte dem Kläger den im Sinne von § 249 Abs. 1 BGB zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag als Schadensersatz erstattet.

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Erstattung der mit der Klage geltend gemachten Verbringungskosten in Höhe von 86,40 € zu, weil der Kläger nicht nachgewiesen hat, dass diese Kosten tatsächlich angefallen sind. Bei dieser mit der Klage geltend gemachten Schadensposition handelt es sich um fiktive Kosten, die nicht erstattungsfähig sind, sofern sie nicht tatsächlich angefallen sind. Da der Kläger jedoch lediglich fiktiv abgerechnet hat, sind diese von ihm geltend gemachten Kosten nicht erstattungsfähig.

Auch der Anspruch auf Erstattung weiterer 31,30 € (Lackmaterial) sowie 298,29 € (weiterer Lohn- und Lackierkosten) besteht nicht.

Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte. Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. BGHZ 155, 1, 3). Der Schädiger darf den Geschädigten jedoch im Rahmen der fiktiven Schadensabrechnung unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere und vom Qualitätsstandard gleichwertige Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, wenn der Geschädigte keine Umstände aufzeigt, die ihm eine Reparatur außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt unzumutbar machen (BGH, NJW 2010, 2118 ff).

Aus diesem Grund kann der Kläger im Rahmen seiner fiktiven Schadensabrechnung nur die Kosten beanspruchen, die bei einer Reparatur des Fahrzeuges durch die Kfz-Werkstatt U. H. entstanden wären. Denn er muss sich auf diese mühelos und ohne weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen.

Ein wirtschaftlich denkender Geschädigter in der Lage des Klägers hätte eine Reparatur durch die Kfz-Werkstatt U. H. in diesem Sinne als zweckmäßig und angemessen angesehen. Die Beklagte hat den Kläger nicht lediglich abstrakt auf günstigere Reparaturbetriebe verwiesen, sondern ihm einen Reparaturbetrieb genannt, der die Arbeiten am Fahrzeug ohne Qualitätseinbuße durchführen könnte.

Erst wenn der Geschädigte konkret aufzeigt, wegen welcher Nachteile oder Risiken er sich für berechtigt hält, seiner Abrechnung eine kostenintensivere als die ihm aufgezeigte Reparaturmöglichkeit zugrunde zu legen, ist diese andere Reparaturmöglichkeit unter Umständen nicht als gleichwertig anzusehen. Entscheidend ist zunächst die fachliche Wertigkeit der Reparatur. Andere Gesichtspunkte spielen bei dem Kauf eines älteren Fahrzeugs nur noch eine untergeordnete Rolle.

Bei der von der Beklagten aufgezeigten Reparaturmöglichkeit bei der Kfz-Werkstatt U. H. handelt es sich um im Vergleich zu einer Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit. Das einfache Bestreiten der Gleichwertigkeit der aufgezeigten Reparaturmöglichkeit durch den Kläger ist unbeachtlich, da es nicht hinreichend konkretisiert ist. Die Unfallschäden am Fahrzeug des Klägers würden gemäß den Angaben im Schreiben der Beklagten vom 14.11.2011 in Verbindung mit den Angaben des Prüfberichts der SSV Schadenschutzverband GmbH vom 11.11.2011 unter Verwendung von Originalersatzteilen in einem zertifizierten Meisterbetrieb instand gesetzt, dessen Qualitätsstandard das Euro-Garant-Qualitätssiegel ist. Zweifel an der Qualitätsstruktur, die mit markengebundenen Werkstätten verbunden werden, werden von der Klägerseite nicht dargelegt und sind auch sonst nicht angezeigt.

Die Werkstatt befindet sich in einer zumutbaren Entfernung (ca. 15 km) vom Wohnsitz des Klägers.

Es ist dem Kläger angesichts des Alters des Fahrzeugs mit der Erstzulassung am 30.09.2005 auch nicht unzumutbar, eine nicht markengebundene Fachwerkstatt zu beauftragen. Das Fahrzeug des Klägers war zum Zeitpunkt des Unfalls bereits mehr als 5 Jahre alt und hatte eine Laufleistung von 117.352 km. Bei dieser Sachlage spielen Gesichtspunkte wie die Erschwernis einer Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen regelmäßig keine Rolle mehr. Zwar kann auch bei älteren Fahrzeugen die Frage Bedeutung haben, wo das Fahrzeug regelmäßig gewartet, „scheckheftgepflegt“ oder gegebenenfalls nach einem Unfall repariert worden ist. In diesem Zusammenhang kann es dem Kläger unzumutbar sein, sich auf eine günstigere gleichwertige und ohne weiteres zugängliche Reparaturmöglichkeit in einer freien Fachwerkstatt verweisen zu lassen, wenn er konkret darlegt, dass er sein Fahrzeug bisher stets in der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass sein Fahrzeug scheckheftgepflegt gewesen wäre, er also stets nur markengebundene Werkstätten für sein Fahrzeug beauftragt hätte.

Dem Kläger ist eine Reparatur in der „freien Fachwerkstatt“ auch nicht deshalb unzumutbar, weil es sich bei der Kfz-Werkstatt U. H. in R. um eine von der Versicherungswirtschaft subventionierte Werkstatt handelt, die sich gegenüber der Beklagten verpflichtet hat, geringere Stundenverrechnungssätze als gewöhnlich anzubieten. Denn bei den zugrunde gelegten Preisen handelt es sich um die marktüblichen Preise dieser Werkstatt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die von der Beklagten zugrunde gelegten (und erstatteten) Stundenverrechnungssätze für jedermann zugänglich waren, während mit der Beklagten Sonderkonditionen bei Vermittlung eines Reparaturauftrages vereinbart wurden, die unter den regulären Stundenverrechnungssätzen liegen. Dies hat der Zeuge H. im Rahmen seiner schriftlichen Zeugenvernehmung glaubhaft bekundet.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.

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