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Eigenbedarfskündigung – vernünftige und nachvollziehbare Gründe

Eigenbedarfskündigung: Wann sind Gründe vernünftig und nachvollziehbar?

In einem aktuellen Fall, der vor dem AG Nienburg verhandelt wurde, ging es um die Frage, ob die Gründe für eine Eigenbedarfskündigung einer Wohnung vernünftig und nachvollziehbar waren.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 C 100/23 >>>

Hintergrund des Falles

Eigenbedarfskündigung - vernünftige und nachvollziehbare Gründe
Eigenbedarfskündigung: Vernünftige Gründe sind entscheidend. Ein bloßer Nutzungswunsch des Vermieters reicht nicht aus. Die genaue Prüfung der Gegebenheiten führt zur Unwirksamkeit der Kündigung (Symbolfoto: THICHA SATAPITANON /Shutterstock.com)

Der Kläger verlangte von den Beklagten, eine 2-Zimmer-Wohnung zu räumen und ihm sämtliche Schlüssel auszuhändigen. Zudem forderte er die Zahlung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Die Beklagten hingegen argumentierten, dass ihnen neben der Wohnung auch ein Fischteich und eine Jagdhütte vermietet wurden. Sie behaupteten, dass der vom Kläger geltend gemachte Eigenbedarf nur vorgeschoben sei und die Wohnungen, die beide Parteien nutzten, nahezu gleich groß seien.

 

Die Argumentation der Beklagten

Die Beklagten führten an, dass ein Umzugfür sie schwerwiegende gesundheitliche Folgen hätte. Der Beklagte zu 1. sei im Ort verwurzelt und habe seit dem Einzug in die aktuelle Wohnung eine Verbesserung seiner Depressionen erfahren. Ein Auszug könnte einen Rückfall in eine lebensbedrohliche Depression verursachen. Die Beklagte zu 2. litt unter einer schweren Krankheit, die zwar operativ behandelt wurde, aber psychische Folgen nach sich ziehen könnte.

Die Sicht des Gerichts

Das Gericht stellte fest, dass die Eigenbedarfskündigung des Klägers unwirksam sei. Es fehlte an einem berechtigten Interesse zur Beendigung des Mietverhältnisses. Das Gericht betonte, dass der bloße Nutzungswunsch des Vermieters nicht ausreicht. Es müssen vernünftige und nachvollziehbare Gründe vorliegen. Zudem wurde festgestellt, dass die Größe und der Zuschnitt der Wohnungen kaum Unterschiede aufwiesen. Das Argument des Klägers, dass er aufgrund seines Alters nicht mehr in der Lage sei, das Grundstück zu pflegen, wurde ebenfalls zurückgewiesen. Das Gericht konnte nicht erkennen, warum die Pflege des anderen Grundstücks geringer sein sollte.

Abschließende Bemerkungen

Der Fall zeigt, dass die Gründe für eine Eigenbedarfskündigung genau geprüft werden. Sie müssen vernünftig und nachvollziehbar sein. Ein bloßer Nutzungswunsch des Vermieters reicht nicht aus. Das Gericht hat in diesem Fall zugunsten der Beklagten entschieden und die Kündigung für unwirksam erklärt.

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Das vorliegende Urteil

AG Nienburg – Az.: 6 C 100/23 – Urteil vom 05.07.2023

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Nienburg auf die mündliche Verhandlung vom 05.07.2023 für Recht erkannt:

1. Der Beklagte zu 1. wird verurteilt, den auf dem Grundstück X in X befindlichen großen Fischteich zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen der Kläger zu 7/8 und der Beklagte zu 1. zu 1/8. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1. zu 7/8 und die der Beklagten zu 2. in voller Höhe. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 1. darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 Euro abwenden. Der Kläger darf die Vollstreckung wegen der Kosten der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

5. Streitwert: 4.800,00 Euro (12 x 350,00 Euro Monatsnettomiete für die Wohnung + 12 x 50,00 Euro für den Fischteich, § 41 GKG).

Tatbestand

Der Kläger verlangt vor allem aufgrund einer Kündigung wegen Eigenbedarfs von den Beklagten Räumung einer dem Beklagten zu 1. vermieteten Wohnung.

Gemäß schriftlichem Mietvertrag vom 01.02.2018 überließ der Kläger, der Nießbraucher des im Eigentum von Dr. W. stehenden Grundstücks X in X ist, dem Beklagten zu 1. die auf diesem Grundstück befindliche Wohnung, bestehend aus einem Wohnzimmer inklusive Kochnische, einem Bad und einem Schlafzimmer mit einer Wohnfläche von 60 m² – so die Angabe im Mietvertrag. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und begann am 01.02.2018. In der Wohnung lebt außer dem Beklagten zu 1. dessen Partnerin, die Beklagte zu 2.. Auf dem bezeichneten Grundstück befinden sich neben einer in einem anderen Gebäude untergebrachten und vom Grundstückseigentümer anderweitig vermieteten Wohnung u.a. auch ein großer Fischteich, den der Beklagte zu 1. ebenfalls nutzt. Das Grundstück ist zur Straße „X“ durch eine Hecke abgegrenzt. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 30.11.2022 an den Beklagten zu 1., vom 01.12.2022 an die Beklagte zu 2. und vom 29.12.2022 kündigte der Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 28.02.2023 und widersprach einer Fortsetzung des Mietgebrauchs über den Kündigungstermin hinaus, nachdem eine vorherige Räumungsklage vor dem Amtsgericht Nienburg – Geschäftszeichen 6C 198/ 21 – wegen einer ebenfalls auf Eigenbedarf gestützten Klage mangels hinreichender Begründung im Kündigungsschreiben gescheitert war. Eine weitere Kündigung mit Schreiben vom 09.04.2021 wegen des angeblichen Verzuges mit Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen wurde vom Kläger bisher nicht gerichtlich weiterverfolgt. Wegen der Einzelheiten der im Kündigungsschreiben erfolgten Begründung des Eigenbedarfs wird auf den Inhalt der genannten Kündigungen (Anlage K 2 und 3 – Bl. 11 bis 16 d.A.) verwiesen. Die Beklagten haben den Kündigungen mit Schreiben vom 19.12.2022 und 09.01.2023 widersprochen Der Kläger nutzt zurzeit eine ebenfalls im Eigentum von Dr. W. stehende Wohnung im Hause Y in X, gegen den der Kläger am 18.10.2022 Strafanzeige erstattete, weil dieser nach seiner Darstellung in sein Schlafzimmer eingedrungen sei und ihn bedroht habe (s. Ermittlungsverfahren 385 Js 1968/23 der Staatsanwaltschaft Verden). Dem Eigentümer Dr. W. steht im Haus Y in X eine von ihm gelegentlich genutzte Wohnung im Obergeschoss zur Verfügung. Der Kläger ist aktuell 74 Jahre alt. Mit Schreiben vom 02.02.2021 (Anlage K7 – Bl. 1. zudem, bis spätestens zum 14.02.2021 seine Fische aus dem in Rede stehenden Teich heraus zu fischen.

Der Kläger behauptet – wie auch bereits in den Kündigungsschreiben vom 30.11./01.12.2022 dargelegt -, die bisher vom Beklagten genutzte Wohnung als Altersruhesitz beziehen zu wollen, da diese mit ca. 58-60 m² kleiner sei als seine bisherige Wohnung mit ca. 70-80 m², zu der im Übrigen zusätzlich die von ihm allein zu leistende Pflege eines ca. 3.000 m² großen Gartengrundstücks gehöre, während er bei der Pflege des Grundstücks X vom Mieter L. der dortigen weiteren Wohnung und seinem Bekannten N. unterstützt werde. Im Übrigen diene der beabsichtigte Wohnungswechsel der Vermeidung weitere Auseinandersetzungen mit seinem Vermieter Dr. W. im Y.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die 2-Zimmer-Wohnung im Anwesen X,X, nebst Kochnische, einem Bad und einem Schlafzimmer vollständig zu räumen und mit sämtlichen – auch nachgefertigten – Schlüsseln an den Kläger herauszugeben,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten Höhe von 540,50 Euro zu zahlen,

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den auf dem Grundstück, auf dem sich die Wohnung der Beklagten gemäß Ziff. 1. befindet, befindlichen großen Fischteich zu räumen und an den Kläger herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

1. die Klage abzuweisen,

2. der Beklagten Vollstreckungsschutz gemäß §§ 712,714 ZPO bzw. eine Räumungsfrist nach § 721 ZPO bzw. eine in das Ermessen des Gerichts gestellt Räumungsfrist, welche einen Zeitraum von 6 Monaten nicht unterschreitet, zu gewähren.

Die Beklagten behaupten, dass dem Beklagten zu 1. der streitgegenständliche Fischteich ebenso wie eine auf dem Grundstück stehende Jagdhütte vom Kläger mitvermietet worden seien. Bereits am 26.05.2017 und nochmals im Dezember 2017 habe der Kläger ihnen die Nutzung des Gesamtgrundstücks inklusive der Teiche, des Bachs sowie der Jagdhütte unter der Voraussetzung angeboten, dass die Beklagten auch diese Liegenschaft pflegen und den Kläger selbst mit Gartenarbeiten, darunter die Teich und Bachpflege, Heckenschneiden und Rasenmähen entlasten. Der Beklagte zu 1. habe daraufhin bereits 2017 Fische für die Teiche bezogen und am 09.11.2018 einen Nachbesatz mit Graskarpfen aus dem Dümmer See vorgenommen.

Bereits ab 2018 habe der Beklagte zu 1. sodann die drei auf dem Grundstücks X in X vorhandenen Quellteiche intensiv zur Aufzucht von Forellen, Karpfen und Stören genutzt. Zurzeit befänden sich ca. 250 bis 300 Fische im Werte von ca. 13.000 Euro in dem ca. 650 m² großen Hauptteich.

Die Beklagten bestreiten die Absicht des Klägers zur Nutzung der ihnen überlassenen Wohnung als Altersruhesitz mit Nichtwissen und meinen, dass der vom Kläger reklamierte Eigenbedarf nur vorgeschoben sei. Sie behaupten, dass die bisher von den Parteien genutzten Wohnungen nahezu gleich groß seien. Das Grundstück Y in X sei im Übrigen nur ca. 1.800 m², das Grundstück X hingegen ca. 3.500 m² groß und verfüge zudem – unstreitig – über 3 Fischteiche, einen Bachlauf und eine 70 m lange Hecke verfüge, sodass der Pflegeaufwand dieses Grundstücks deutlich höher sei als der des Grundstücks Y. Der Eigentümer Dr. W. beider Grundstücke sei im Übrigen ein guter Freund des Klägers und der angebliche Streit des Klägers mit ihm nur fingiert.

Eine Räumung von Wohnung und Teich bedeute im Übrigen für sie nicht nur wegen der erheblichen Investitionen des Beklagten zu 1. in die Fischzucht eine ungerechtfertigte Härte. Vielmehr sei auch Ersatzwohnraum nicht zu zumutbaren Bedingungen zu beschaffen, da der Beklagte zu 1. im Ort X verwurzelt sei, unter Depressionen mit Suizidgefahr gelitten habe, die sich seit Einzug in das jetzige Objekt deutlich gebessert hätten, während bei einem Auszug ein Rückfall in eine lebensbedrohliche Depression drohe. Die Beklagte zu 2. leide zudem unter Endometriose Stufe IV, die zwar erfolgreich operativ im Jahre 2018 behandelt worden sei, jedoch häufig mit psychischen Folgen zurückkehre. Außerdem seien die Vermögensverhältnisse des Beklagten zu 1. dauerhaft schlecht, da er – unstreitig – ALG II-Leistungen beziehe. Zudem habe er seine Aufwendungen in die Mietsache und die Fischzucht in Erwartung einer längeren Mietdauer getätigt.

Letzteres bestreitet der Kläger und behauptet, der Beklagte habe ihm bei Anmietung zugesichert, nur ein paar Monate im Mietobjekt bleiben zu wollen. Die Nutzung des großen Fischteichs durch den Beklagten zu 1. seit 2018 zur Fischzucht bestreitet er mit Nichtwissen. Auch existiere aktuell diverser freier Wohnraum im Landkreis Nienburg.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselbezüglichen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur teilweise begründet.

1. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt, insbesondere auch nicht aus § 546 Abs. 1 BGB einen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückgabe der vermieteten Wohnung X, da es bisher mangels wirksamer Kündigung zu keiner Beendigung des Mietverhältnisses der Parteien über diese Wohnung gekommen ist.

a) Die Kündigungserklärungen des Klägers mit den bereits benannten Schreiben vom 30.11.2022/01.12.2022 sind zwar nunmehr formell hinreichend begründet im Sinne von § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB, da in diesen Schreiben – im Gegensatz zu der dem Rechtsstreit 6 C 198/21 zu Grunde liegenden Kündigung – nunmehr konkrete Tatsachen dargelegt sind, auf die sich das vom Kläger behauptete Nutzungsbedürfnis stützt.

b) Es fehlt jedoch am tatsächlichen Bestehen des vom Kläger vorgetragenen Kündigungsgrundes, da selbst bei Zugrundelegung seines eigenen Vorbringens kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten zu 1. im Sinne von § 573 Abs. 1 und 2 BGB ersichtlich ist. Insbesondere ist danach nicht davon auszugehen, dass der Kläger gemäß § 573 Abs. 2 Ziff. 2. BGB die von den Beklagten genutzten Räume als Wohnung für sich „benötigt“ (sog. Eigenbedarf).

Der Eigennutzungswunsch des Eigentümers bzw. in diesem Fall des Nießbrauchers ist zwar grundsätzlich zu beachten. Ebenso ist grundsätzlich zu respektieren, welchen Wohnbedarf er für sich für angemessen hält. Der Nutzungswunsch muss jedoch hinreichend bestimmt und konkret sein, ernsthaft verfolgt werden und von vernünftigen und nachvollziehbaren Gründen getragen werden, sodass der bloße Nutzungswunsch des Vermieters allein nicht genügt (vgl. nur Grüneberg-Weidenkaff, Kom. zum BGB, § 573 Rn. 28, m.w.N. auf die Rspr. des BGH).

Vernünftige und nachvollziehbare Gründe für den vom Kläger nach eigenen Angaben beabsichtigten Wohnungswechsel vermag das Gericht hingegen nicht zu erkennen:

(1) Soweit der Kläger vorträgt, mit dem Wohnungswechsel der Auseinandersetzung mit seinem bisherigen Vermieter Dr. W. im Hause Y in X entgehen zu wollen, ist ihm entgegen zu halten, dass der von ihm im Rahmen der Strafanzeige behauptete Vorfall vom 17./18.10.2022 von sämtlichen im Ermittlungsverfahren 385 Js 1968/23 polizeilich vernommenen Zeugen nicht bestätigt worden ist und die Staatsanwaltschaft Verden das Verfahren sodann unter Verweis auf den Privatklageweg eingestellt hat. Der behauptete Übergriff des Dr. W. auf ihn ist demnach bereits nicht als bewiesen anzusehen, wobei die hierzu angebotene förmliche Parteivernehmung seiner Person mangels überwiegender Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit seiner Darstellung nicht in Betracht kommt.

Selbst wenn es aber Streitigkeiten zwischen ihm und seinem Vermieter im Hause Y gegeben haben sollte, würde der Kläger ihnen durch einen Wohnungswechsel zum X gerade nicht entgehen, da Dr. W. auch Eigentümer dieser Liegenschaft ist. Wäre die Auseinandersetzung mit ihm tatsächlich tragender Grund für einen deswegen erforderlichen Auszug aus der Wohnung Y, wäre ein Umzug des Klägers in eine Wohnung zu erwarten gewesen, mit der sein bisheriger Vermieter nichts zu tun hat. Nur dann nämlich wären unnötige Berührungspunkte mit ihm künftig von vornherein ausgeschlossen.

(2) Soweit sich der Kläger darauf beruft, die von den Beklagten genutzte Wohnung sei deutlich kleiner als die bisher von ihm gemietete Wohnung, so ist ihm entgegenzuhalten, dass selbst nach seinen eigenen Angaben die Wohnungsgrößen nur 12 bis maximal 20 m² auseinanderliegen und die Wohnungen im Übrigen weitestgehend denselben Zuschnitt haben, nämlich Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad. Dieser übereinstimmende Zuschnitt ist zudem für den Wohnbedarf im Sinne von § 573 BGB deutlich wichtiger als die bloße Wohnungsgröße. Lediglich die Küche besteht im Hause Y aus einem gesonderten Raum und in der Wohnung X in einer zum Wohnzimmer gehörenden Nische. Einen für den Kläger maßgeblichen, ihm günstigen Unterschied vermag das Gericht hierin gerade nicht zu entdecken.

(3) Soweit sich der Kläger weiterhin auf einen von ihm aufgrund seines Alters nicht mehr zu leistenden Pflegeaufwand beim Grundstück Y beruft, ist bereits nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen dieser bei der Nutzung des in seinem Nießbrauch stehenden Grundstücks X geringer sein könnte, umfasst doch letzteres Grundstück u.a. mehrere zu pflegende Fischteiche und einen Bachlauf sowie eine gerichtsbekannt das Grundstück zur Straße „X“ abgrenzende lange Hecke.

Der Kläger verweist zwar darauf, dass ihm bereits jetzt bei der Pflege dieses Grundstücks die Herren N. – gemäß dem Inhalt des Ermittlungsverfahrens 385 Js 1968/23 ein in Wietzen wohnhafter guter Bekannter des Klägers – und der dortige Mieter L. behilflich seien. Das Gericht vermag jedoch nicht zu erkennen, wieso nicht der jeweils nicht vor Ort wohnende Bekannte N. des Klägers bereit sein sollte, anstelle des Grundstücks X das Grundstück Y für den Kläger zu pflegen, zumal dieses ausweislich der allgemein zugänglichen Grundstücksansicht in Google Maps weitestgehend aus einer Rasen und nicht aus Beetflächen besteht, deren Pflegeaufwand regelmäßig höher ist. Für die pauschale und damit ohnehin unsubstantiierte Behauptung des Klägers, sich eine Gartenpflege durch Dritte beim Grundstück Y finanziell nicht leisten zu können, hat er keinen Beweis angetreten.

Hinzu kommt, dass entgegen der Darstellung des Klägers das Grundstück Y gemäß dem Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von X Blatt 806 nur eine Grundfläche von 2.097 m² – und nicht von ca. 3.000 m² – ausweist, während das Grundstück X gemäß Bestandsverzeichnis des Grundbuchs von … eine Grundfläche von 2.870 m² hat, also auch allein im Hinblick auf die Fläche deutlich größer ist.

Im Ergebnis kann daher dahinstehen, ob die bereits in der Vergangenheit erfolglos gebliebenen Versuche des Klägers, den Beklagten zu 1. aus der Liegenschaft X zu entfernen, als (weiteres) Indiz für das tatsächliche Fehlen eines Eigenbedarfs des Klägers an der streitgegenständlichen Mietwohnung taugen. Letzterer ist nämlich aus den vorgenannten Erwägungen ohnehin bereits nicht nachvollziehbar.

Der Widerspruch der Beklagten gegen die Eigenbedarfskündigung und das darauf gestützte Räumungsbegehren ist schließlich auch nicht deswegen rechtsmissbräuchlich, weil der Beklagte zu 1. bei Anmietung zugesichert habe, nur ein paar Monate im Mietobjekt bleiben zu wollen. Für diese vom Beklagten zu 1. bestrittene Darstellung ist der Kläger beweisfällig geblieben, da seine auch insoweit angebotene förmliche Vernehmung als Partei mangels überwiegender Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit dieser Darstellung zivilprozessual nicht zulässig ist.

2. Mangels Wirksamkeit der Eigenbedarfskündigung und mangels Begründetheit des daraus abgeleiteten Räumungsanspruchs hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung der in diesem Zusammenhang entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten.

3. Der Kläger hat hingegen als Nießbraucher des in Rede stehenden Grundstücks X in X gemäß § 1036 Abs. 1 BGB ein gegenüber jedermann und damit auch gegenüber dem Beklagten zu 1. als unstreitigen Nutzer des streitgegenständlichen Fischteichs bestehendes Recht zum Besitz und damit auch einen Anspruch auf Herausgabe des großen Fischteichs.

Selbst nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten vermag nämlich das Gericht ein fortdauerndes Nutzungsrecht des Beklagten zu 1. nicht zu erkennen, sodass es auch hierzu keiner weiteren Beweisaufnahme bedarf.

Denn die Beklagten behaupten zwar, dass der in Rede stehende Fischteich nebst 2 weiteren Teichen und Jagdhütte vom Kläger mitvermietet worden sei. Dagegen spricht jedoch bereits der Wortlaut des schriftlichen Mietvertrages vom 01.02.2018, in dem zu § 1 „Mietobjekt“ nur die Vermietung des Hauses Nr. 35 zur Nutzung als Wohnung, nicht aber – wie sonst z.B. bei Gärten üblich und daher auch vorliegend zu erwarten – eine Überlassung des übrigen Grundstücks und insbesondere der Teiche zur Nutzung durch den Mieter geregelt ist. Die tatsächliche Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit dieser Vertragsurkunde, die auf der allgemeinen Lebenserfahrung beruft, dass Vertragsparteien alles für sie Wesentliche vollständig und korrekt niederlegen, ist von den insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht widerlegt worden.

Die Beklagten behaupten zwar, dass der Kläger Ihnen bereits vor Abschluss des Mietvertrages am 01.02.2018 im Jahre 2017 zweimal die vollständige Nutzung des Grundstücks angeboten habe, sofern Sie die Grundstückspflege übernehmen. Sie behaupten jedoch bereits nicht, für diese Nutzung eine über den Wohnraummietvertrag vom 01.02.2018 hinausgehende Miete gezahlt zu haben. Dann aber würde es sich selbst bei Annahme der behaupteten Nutzungsvereinbarung bereits begrifflich nicht um einen Mietvertrag im Sinne von § 535 BGB handeln, der nämlich nach Abs. 2 die Entrichtung der vereinbarten Miete voraussetzt.

Wenn aber bereits nach der eigenen Darstellung der Beklagten mangels Pflicht zur Zahlung eines Nutzungsentgelts für die Teiche kein Mietvertrag, sondern nur eine bloße Nutzungsvereinbarung der Parteien im Sinne einer unentgeltlich gestatteten Leihe nach § 598 BGB vorläge, könnte dieser Leihvertrag vom Kläger gemäß § 604 Abs. 3 BGB jederzeit durch Rückforderung der Sache beendet werden. Dies war vorliegend mit Schreiben des Klägers vom 02.02.2021, mit dem er vom Beklagten zu 1. verlangte, bis spätestens zum 14.02.2021 dessen Fische aus seinem Teich heraus zu fischen, der Fall.

Dieser Herausgabeanspruch richtet sich jedoch nur gegen den Beklagten zu 1., da nach dem Vorbringen der Parteien unstreitig ist, dass lediglich der Beklagte zu 1. und – anders als bei der vermieteten Wohnung – nicht auch die Beklagte zu 2. den in Rede stehenden Fischteich nutzt. Dies tragen nicht nur die Beklagten wiederholt vor, sondern auch der Kläger hat seine Herausgabeaufforderung vom 02.02.2021 ausschließlich an den Beklagten zu 1. adressiert.

4. Aus den vorgenannten Gründen ist der Klage daher nur hinsichtlich des Fischteiches stattzugeben, während sie im Übrigen abzuweisen war.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 712 ZPO. Da die vorläufige Vollstreckung hinsichtlich der Räumung des Fischteichs durch den Beklagten zu 1. für diesen wegen der unstreitig eingesetzten Fische – ob zur Fischzucht oder nicht, kann dahinstehen – einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen könnte, falls diese Entscheidung vorläufig vollstreckt, sodann aber nicht rechtskräftig werden sollte, war auf den Antrag vom 20.04.2023 hin gemäß § 712 ZPO zu gestatten, dass die diesbezügliche Vollstreckung durch Sicherheitsleistung ohne Rücksicht auf eine Sicherheitsleistung des Gläubigers abgewendet werden kann.

Eine darüber hinaus gehende Räumungsfrist nach § 721 ZPO scheidet bereits deswegen aus, weil es sich beim streitgegenständlichen Fischteich nicht um Wohnraum handelt.

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