AG Charlottenburg, Az.: 213 C 111/10, Urteil vom 14.07.2010
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beklagte ist seit 2005 Mieterin der im Eigentum der Klägerin stehenden Mietwohnung im 2. OG, … Berlin.
Im Juni 2009 kündigte die von der Klägerin beauftragte Hausverwaltung das Mietverhältnis wegen fortgesetzten Lärmbelästigungen ordentlich zum 30.09.2009 nach vorheriger Abmahnung vom 19.12.2008. Mit Schreiben vom 11.02.2010, 16.02.2010 und 22.02.2010 mahnte die klägerische Hausverwaltung die Beklagte wegen diverser Ruhestörungen ab, welche die Beklagte im Zeitraum vom 25.10.2009 bis 31.01.2010 verursacht haben sollte. Mit Schreiben vom 26. Februar 2010 kündigte die Hausverwaltung sodann das Mietverhältnis außerordentlich wegen einer Ruhestörung durch die Beklagte am 07.02.2010.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte verursache seit Mitte 2008 durch teilweise tägliches, teilweise im Abstand von einigen Tagen auftretendes Zuschlägen von Türen, lautes nächtliches Singen und Schreien sowie durchgehende Betätigung des Wasserhahns Lärmbelästigungen, die nachhaltig den Hausfrieden stören. Weiterhin meint sie, die außerordentliche Kündigung vom 26.02.2010 könne auf einen Vorfall zu einem Zeitpunkt vor den letzten drei Abmahnungen gestützt werden, weil die Hausverwaltung erst mit Verzögerung von Ruhestörungen erfahre.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Mietwohnung im 2. OG, … Berlin, bestehend aus einem Zimmer, einer Einbauküche, einer Bad/WC-Kombination, einer Diele, einem Balkon, mit einer Größe von ca. 37,99 m2 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von der Beklagten bewohnten Mietwohnung nach § 546 Abs. 1 BGB. Denn das Mietverhältnis der Parteien ist weder durch die klägerseits ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 25.06.2009 noch durch die außerordentliche Kündigung durch die Klägerin vom 26.02.2010 beendet worden.
1. Die ordentliche Kündigung vom 25.06.2009 hat nicht zu der Beendigung des Mietverhältnisses der Parteien geführt. Denn durch die anschließenden Abmahnungen vom Februar 2010 hat die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie von einem Fortbestand des Mietverhältnisses ausgeht und damit konkludent auf etwaige Rechte aus der ordentlichen Kündigung vom 25.06.2010 verzichtet.
2. Die außerordentliche Kündigung vom 26.02.2010 ist unwirksam, da ein wichtiger Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB nicht vorliegt. Die außerordentliche Kündigung konnte nicht auf eine Ruhestörung gestützt werden, die zeitlich vor den letzten drei Abmahnungen durch die Hausverwaltung der Klägerin lag.
Eine Kündigung setzt bei Erforderlichkeit einer Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB voraus, dass die Abmahnung ohne Erfolg war (Palandt/Weidenkaff, 69. Aufl., § 543 Rn. 53). Da die Kündigung auf eine Verletzung einer mietvertraglichen Pflicht durch die Beklagte gestützt wurde, und Gründe für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung nach § 543 Abs. 3 Satz 2 BGB nicht vorliegen, war nach § 543 Abs. 3 BGB vor der Kündigung eine Abmahnung erforderlich. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin vor Ausspruch der Kündigung verpflichtet war, wie geschehen, drei Abmahnungen auszusprechen. Denn durch diese drei Abmahnungen hat sie aus Sicht des Empfängers der Abmahnungen zu erkennen gegeben, dass sie die Vorfälle bis 31.01.2010 noch nicht als wichtigen Grund für eine außerordentlichen Kündigung angesehen hat und ein Kündigungsrecht hieraus nicht herleiten wollte. Da Abmahnungen aber den Sinn haben, dem Vertragspartner seine Pflichtverletzung vor Augen zu führen, und ihm nochmals die Möglichkeit zum vertragsgemäßen Verhalten einzuräumen, kann nur die Pflichtverletzung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen, die zeitlich nach der letzten Abmahnung erfolgt ist. Denn nur dann war die Abmahnung ohne Erfolg. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die klägerische Hausverwaltung selbst erst zeitversetzt von den Ruhestörungen erfahren hat. Denn maßgebend ist allein, ob die Beklagte trotz der letzten drei Abmahnungen hiernach eine Pflicht aus dem Mietvertrag verletzt hat. Auf eine derartige Pflichtverletzung nach der letzten Abmahnung wurde die Kündigung indes nicht gestützt.
Der Klägerin war insoweit auch keine weitere Erklärungsfrist einzuräumen, nachdem bereits die Beklagte mit Schriftsatz vom 30.06.2010 auf die Unwirksamkeit der Kündigung unter diesem Gesichtspunkt hingewiesen und die Klägerin hierauf mit Schriftsatz vom 08.07.2010 Stellung genommen hatte. Da es sich um eine Rechtsfrage handelt, ist auch nicht nachvollziehbar, warum eine Stellungnahme hierzu einer Einsichtnahme in die Mieterakte der Hausverwaltung bedurft hätte.
II.
Die Nebenentscheidungen ergehen nach den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.