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Grenzabstand und Höhe einer Hecke

Ein Grünschnitt-Drama eskaliert: Jahrelang stritten sich Nachbarn in Hanau über eine ausufernde Thuja-Hecke, die bedrohlich an der Grundstücksgrenze emporragte. Musste sie weichen oder durfte sie bleiben? Die Entscheidung des Landgerichts überrascht und klärt endgültig, wie das Maßband bei solchen Pflanzen richtig anzulegen ist.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 S 205/19 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Hanau
  • Datum: 02.05.2022
  • Aktenzeichen: 2 S 205/19
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Nachbarrecht (Hessisches Nachbarrechtsgesetz), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eigentümer eines Grundstücks, die von den Nachbarn den Rückschnitt einer Hecke forderten.
  • Beklagte: Eigentümer eines Nachbargrundstücks, auf deren Grundstück sich die strittige Hecke befindet.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Nachbarn stritten sich um eine Hecke auf einem der Grundstücke. Die Kläger verlangten von den Beklagten den Rückschnitt der Hecke, was die Beklagten ablehnten. Das Amtsgericht wies die Klage der Kläger ab.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging darum, ob die Hecke den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstand einhält und ob es eine gesetzliche Höhenbegrenzung für Hecken in Hessen gibt. Strittig war auch, wie der Grenzabstand einer Hecke korrekt zu ermitteln ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Hanau hat die Berufung der Kläger zurückgewiesen und damit das Urteil des Amtsgerichts bestätigt.
  • Begründung:
    1. Die Hecke ist als eine Einheit zu betrachten, und ihr Grenzabstand ist anhand eines Mittelwerts aller Pflanzenstämme zu berechnen. Messungenauigkeiten bei der Bestimmung des Abstands gingen zulasten der Kläger.
    2. Das Hessische Nachbarrechtsgesetz sieht keine Höhenbegrenzung für Hecken vor, wenn der vorgeschriebene Grenzabstand von 0,75 Metern eingehalten wird.
    3. Ein Anspruch auf Rückschnitt wegen Entzugs von Licht oder Luft besteht nicht, da die speziellen Nachbarrechtsgesetze der Länder diese Fragen abschließend regeln.
  • Folgen: Die Kläger müssen die Hecke der Beklagten in der aktuellen Form hinnehmen und tragen die Kosten des Verfahrens.

Der Fall vor Gericht


Der alltägliche Ärger am Gartenzaun: Wie hoch darf die Hecke des Nachbarn sein?

Viele Grundstückseigentümer kennen die Situation: Die Hecke des Nachbarn wächst und wächst, wirft immer mehr Schatten und nimmt einem vielleicht sogar die Aussicht. Schnell stellt sich die Frage: Muss ich das hinnehmen oder kann ich verlangen, dass der Nachbar die Hecke schneidet? Genau mit diesem klassischen Nachbarschaftsstreit musste sich das Landgericht Hanau befassen und eine Reihe kniffliger Detailfragen klären, die für jeden Hausbesitzer von Bedeutung sein können.

Mann misst mit Maßband die Thuja-Grenze gegen skeptischen Nachbarn in blauer Arbeitshose
Nachbar misst Thuja-Hecke an der Grenzlinie – Streit um Höhe und Rückschnitt. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Im Mittelpunkt des Streits standen die Eigentümer zweier benachbarter Grundstücke. Auf dem einen Grundstück, direkt an der gemeinsamen Grenze, wuchs eine stattliche Hecke aus 31 Thujapflanzen. Den Nachbarn war diese Hecke zu hoch und zu nah an ihrem Grundstück. Sie forderten daher, dass die Pflanzen auf eine bestimmte Höhe zurückgeschnitten werden. Doch wie so oft in solchen Fällen konnten sich die Parteien nicht einigen.

Vom Schlichtungsversuch zur Klage: Der Weg vor Gericht

Bevor die Angelegenheit vor Gericht landete, versuchten die Nachbarn, den Konflikt durch ein Schlichtungsverfahren zu lösen. Das ist ein formalisierter Versuch, einen Streit außergerichtlich mit Hilfe eines neutralen Vermittlers, des Schlichters, beizulegen. Dieses Verfahren scheiterte jedoch. Daraufhin reichten die Grundstückseigentümer, denen die Hecke ein Dorn im Auge war, Klage beim Amtsgericht Hanau ein. Ihr Ziel: Die Nachbarn sollten gerichtlich dazu verpflichtet werden, alle Teile der Hecke, die näher als einen halben Meter an der Grenze standen, auf 1,20 Meter zu kürzen und den Rest der Hecke auf eine Höhe von 2 Metern zu stutzen.

Das Amtsgericht nahm die Sache sehr genau. Um die Fakten zu klären, beauftragte es einen Sachverständigen. Das ist ein unabhängiger Experte, der dem Gericht mit seinem Fachwissen hilft. In diesem Fall sollte der Sachverständige den genauen Abstand der Hecke zur Grundstücksgrenze sowie ihre Höhe vermessen und in einem schriftlichen Gutachten festhalten. Doch das Ergebnis war für die klagenden Nachbarn eine Enttäuschung: Das Amtsgericht wies ihre Klage ab. Die Kläger gaben aber nicht auf und legten Berufung ein. Das bedeutet, sie baten das nächsthöhere Gericht, in diesem Fall das Landgericht Hanau, das erste Urteil zu überprüfen.

Die Kernfrage für die Richter: Wie misst man eine Hecke richtig?

Das Landgericht musste nun mehrere entscheidende Fragen beantworten. Die wichtigste war: Wie bestimmt man den Abstand einer Hecke zur Grundstücksgrenze überhaupt korrekt? Ist jede einzelne Pflanze für sich zu betrachten? Oder sieht man die Hecke als ein einziges, zusammenhängendes Gebilde an und berechnet einen Durchschnittsabstand? Diese Frage ist von enormer Bedeutung, denn das Hessische Nachbarrechtsgesetz (kurz: HessNachbG), das hier die Regeln vorgibt, knüpft die erlaubte Höhe einer Hecke an ihren Grenzabstand.

Das Problem mit dem Zollstock: Wenn die Grundstücksgrenze nicht ganz genau ist

Zusätzlich kam eine weitere Schwierigkeit hinzu, die in der Praxis häufig vorkommt. Der Sachverständige stellte fest, dass die amtlichen Vermessungsdaten des Grundstücks, die im sogenannten Kataster verzeichnet sind, eine gewisse Ungenauigkeit aufweisen. Man kann sich das so vorstellen: Alte Karten sind oft nicht so millimetergenau wie moderne, mit GPS erstellte Pläne. Diese Ungenauigkeit lag hier im Bereich von ein bis zwei Zentimetern. Der vom Experten gemessene durchschnittliche Abstand der Hecke betrug 0,74 Meter. Das Gesetz in Hessen schreibt für Hecken über zwei Meter Höhe aber einen Mindestabstand von 0,75 Metern vor. Rechnet man nun die mögliche Messungenauigkeit hinzu, könnte der tatsächliche Abstand auch bei 0,75 Metern oder sogar knapp darüber liegen. Aber wer trägt das Risiko für diese Ungenauigkeit? Die Kläger, die beweisen müssen, dass der Abstand zu gering ist? Oder die Beklagten, die ihre Hecke gepflanzt haben?

Die Entscheidung des Gerichts: Die Hecke darf so hoch bleiben, wie sie ist

Das Landgericht Hanau kam zu einem klaren Ergebnis: Die Berufung der Kläger hat keine Aussicht auf Erfolg. Das bedeutet, das Gericht war sich so sicher, dass die Kläger auch in einer weiteren Verhandlung nicht gewinnen würden, dass es die Berufung per Beschluss zurückwies. Das Urteil des Amtsgerichts war also korrekt. Die Hecke muss nicht geschnitten werden und darf ihre aktuelle Höhe behalten.

Warum wurde so entschieden? Die Logik der Juristen Schritt für Schritt

Um diese Entscheidung nachzuvollziehen, muss man sich die Argumente des Gerichts genau ansehen. Die Richter haben ihre Entscheidung auf mehrere Säulen gestützt.

Eine Hecke ist eine Einheit, kein Haufen einzelner Pflanzen

Zuerst stellte das Gericht klar, wie eine Hecke rechtlich zu behandeln ist. Eine Hecke ist laut Gesetz nicht nur eine zufällige Ansammlung von Pflanzen, sondern eine Gruppe von Gehölzen, die bewusst in einer Reihe gepflanzt wurden, um eine geschlossene, wandartige Formation zu bilden. Man kann sie mit einem Lattenzaun vergleichen: Man misst ja auch nicht den Abstand jeder einzelnen Latte zur Grenze, sondern den Abstand des Zauns als Ganzes.

Deshalb, so das Gericht, ist es richtig und sachgerecht, den Abstand der gesamten Hecke zu ermitteln. Bei einer geraden Hecke, die parallel zur Grenze verläuft, ist der fairste Weg, den Abstand jedes einzelnen Baumstammes zu messen und daraus den Mittelwert zu berechnen. Es wäre willkürlich, sich nur die Pflanze herauszupicken, die der Grenze am nächsten kommt, oder jene, die am weitesten entfernt ist. Die Hecke wirkt als Einheit, also muss sie auch als Einheit vermessen werden.

Rechnen mit Unsicherheit: Wer das Risiko bei ungenauen Karten trägt

Die zweite entscheidende Frage war die der Messungenauigkeit. Hier wandte das Gericht einen fundamentalen Grundsatz des Zivilprozesses an: die Beweislast. Das ist die Pflicht einer Partei in einem Gerichtsverfahren, die Tatsachen zu beweisen, auf die sie ihren Anspruch stützt. Wer etwas von jemand anderem fordert, muss beweisen, dass er im Recht ist.

Übertragen auf den Fall bedeutet das: Die Kläger forderten den Rückschnitt der Hecke, weil sie angeblich zu nah an der Grenze stand. Also mussten sie auch zweifelsfrei beweisen, dass der gesetzlich vorgeschriebene Mindestabstand von 0,75 Metern tatsächlich unterschritten wird. Aufgrund der Ungenauigkeit der Katasterdaten war dieser Beweis aber nicht mit der nötigen Sicherheit zu führen. Es blieb eine Unsicherheit – ein „Non liquet“, wie Juristen sagen, was so viel bedeutet wie „es ist nicht klar“. Diese Unsicherheit geht immer zulasten der Partei, die die Beweislast trägt. In diesem Fall also zulasten der Kläger. Da sie nicht beweisen konnten, dass die Hecke zu nah steht, wurde ihre Klage abgewiesen.

Das Gesetz in Hessen ist eindeutig: Abstand ja, Höhenlimit nein

Zuletzt prüfte das Gericht, ob die Kläger vielleicht trotzdem einen Anspruch auf einen Rückschnitt auf eine bestimmte Maximalhöhe – zum Beispiel drei Meter – haben könnten. Die Kläger hatten argumentiert, dass eine Anpflanzung, die extrem hoch wird, irgendwann gar keine „Hecke“ im rechtlichen Sinne mehr sei.

Auch hier erteilte das Gericht eine klare Absage. Es schaute sich das Hessische Nachbarrechtsgesetz genau an. In diesem Gesetz steht in § 39, dass Hecken, die höher als zwei Meter sind, einen Grenzabstand von 0,75 Metern einhalten müssen. Das Gericht folgerte daraus im Umkehrschluss: Wenn eine Hecke diesen Abstand von 0,75 Metern einhält, dann gibt es im hessischen Gesetz keine weitere Begrenzung für ihre Höhe. Sie darf dann theoretisch beliebig hoch wachsen, solange sie nach ihrem äußeren Erscheinungsbild noch eine Hecke ist, also einen geschlossenen Verbund bildet. Andere Bundesländer haben das zwar anders geregelt und schreiben zum Teil genaue Maximalhöhen vor. Der hessische Gesetzgeber hat sich aber bewusst dagegen entschieden.

Kein Ausweg über das allgemeine Störungsrecht

Die Kläger hatten auch versucht, ihren Anspruch auf einen allgemeinen Paragraphen aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) zu stützen. Dieser Paragraph (§ 1004 BGB) gibt einem Eigentümer grundsätzlich das Recht, Störungen von seinem Grundstück abzuwehren. Eine solche Störung könnte zum Beispiel der Entzug von Licht und Luft durch eine sehr hohe Hecke sein.

Doch auch dieses Argument ließ das Gericht nicht gelten. Es erklärte, dass die speziellen Nachbarrechtsgesetze der Bundesländer genau dafür gemacht wurden, solche Konflikte abschließend zu regeln. Sie stellen einen vom Gesetzgeber sorgfältig abgewogenen Ausgleich zwischen den Interessen beider Nachbarn dar. Wenn ein Nachbar die in diesen Gesetzen festgelegten Abstandsregeln einhält, kann der andere nicht einfach kommen und sich über die allgemeinen Regeln des BGB auf Schattenwurf oder Lichtentzug berufen. Die speziellen Regeln für Pflanzen haben hier Vorrang.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Landgericht Hanau hat klargestellt, dass Nachbarn eine Hecke als zusammenhängendes Gebilde betrachten müssen – entscheidend ist der durchschnittliche Grenzabstand aller Pflanzen, nicht der Abstand einzelner Bäume. Wenn eine Hecke den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand von 75 Zentimetern einhält, gibt es in Hessen keine weitere Höhenbegrenzung, das heißt sie darf theoretisch beliebig hoch wachsen. Bei ungenauen Katasterdaten trägt derjenige das Risiko, der den Rückschnitt fordert – kann er nicht zweifelsfrei beweisen, dass der Mindestabstand unterschritten wird, hat er keinen Anspruch. Das Urteil zeigt, dass speziell die Nachbarschaftsgesetze der Bundesländer bei Pflanzenfragen Vorrang haben und man sich nicht auf allgemeine Störungsregeln berufen kann, wenn die Abstandsvorschriften eingehalten werden.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Gibt es bundesweit einheitliche Regeln für den Grenzabstand und die Höhe von Hecken?

Nein, es gibt keine bundesweit einheitlichen Regeln für den Grenzabstand und die Höhe von Hecken. Die Vorschriften hierzu sind in Deutschland Ländersache.

Das bedeutet, dass jedes der 16 Bundesländer eigene Gesetze erlassen hat, die festlegen, welche Abstände Hecken von der Grundstücksgrenze einhalten müssen und welche maximale Höhe sie erreichen dürfen. Diese Gesetze sind im sogenannten Nachbarrecht der jeweiligen Bundesländer geregelt.

Für Sie als Grundstückseigentümer oder Nachbar ist es wichtig zu wissen, dass sich die spezifischen Regelungen von einem Bundesland zum anderen erheblich unterscheiden können. Was in einem Bundesland erlaubt ist, kann in einem anderen bereits zu einem Verstoß führen. Beispielsweise kann die vorgeschriebene Abstandsfläche oder die maximal zulässige Höhe einer Hecke in Bayern anders sein als in Nordrhein-Westfalen oder Brandenburg.

Um die für Ihr Grundstück geltenden Regeln zu finden, müssen Sie daher das spezifische Nachbarrechtsgesetz Ihres Bundeslandes prüfen. Dort sind die genauen Vorgaben zu Grenzabständen und Höhen von Anpflanzungen wie Hecken festgelegt. Manchmal spielen auch örtliche Satzungen oder Bebauungspläne eine Rolle, die zusätzliche Bestimmungen enthalten können.


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Wie wird der Grenzabstand einer Hecke korrekt gemessen?

Die korrekte Messung des Grenzabstands einer Hecke ist ein zentraler Punkt, um Missverständnisse und mögliche Nachbarschaftsstreitigkeiten zu vermeiden. Dabei wird eine Hecke juristisch in der Regel als eine zusammenhängende, einheitliche Pflanzung betrachtet und nicht als eine Ansammlung einzelner Pflanzen.

Wo die Messung beginnt

Der Ausgangspunkt der Messung ist nicht der äußerste Zweig oder das Blattwerk, das über die eigentliche Pflanzlinie hinausragt. Vielmehr konzentriert man sich auf den Bereich, wo die Hecke aus dem Boden wächst:

  • Bei einer geradlinig gepflanzten Hecke mit erkennbaren Einzelstämmen erfolgt die Messung typischerweise von der Mitte der sogenannten „Stammlinie“. Dies ist die gedachte Linie, entlang derer die Stämme oder Wurzelballen der Pflanzen in den Boden eingelassen sind.
  • Handelt es sich um eine sehr dichte oder buschige Hecke, bei der einzelne Stämme schwer zu erkennen sind und der Pflanzenkörper als geschlossene Einheit wahrgenommen wird, dann wird die Messung oft von der Mitte des geschlossenen Pflanzenkörpers am Boden vorgenommen. Gemeint ist der Punkt, an dem die Pflanzung beginnt, sich als Hecke zu erheben.

Die Messung selbst erfolgt immer im rechten Winkel (senkrecht) zur gemeinsamen Grundstücksgrenze. Der Endpunkt der Messung ist stets die tatsächliche Grundstücksgrenze, die das eigene Grundstück vom Nachbargrundstück trennt. Ein Gartenzaun oder eine Mauer sind hierbei nur dann der Messpunkt, wenn sie exakt auf der Grundstücksgrenze stehen.

Bedeutung für den Grenzabstand

Diese genaue Messmethode ist wichtig, weil die in Deutschland geltenden Landesnachbarrechtsgesetze bestimmte Mindestabstände für Hecken zur Grundstücksgrenze vorschreiben. Für Sie bedeutet das, dass nicht jeder überhängende Zweig automatisch einen Verstoß gegen den Grenzabstand darstellt, solange der Kern der Hecke den gesetzlich vorgeschriebenen Abstand einhält. Die genauen Mindestabstände für Hecken sind in den jeweiligen Landesnachbarrechtsgesetzen geregelt und können sich von Bundesland zu Bundesland unterscheiden.


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Wann gilt eine Hecke als zu hoch und muss geschnitten werden?

Die Frage, wann eine Hecke als zu hoch gilt und daher geschnitten werden muss, ist für viele Nachbarn ein zentrales Thema. Die Antwort darauf ist nicht bundesweit einheitlich, sondern hängt maßgeblich vom jeweiligen Bundesland ab, in dem sich die Hecke befindet. Jedes Bundesland hat eigene Nachbarrechtsgesetze, die detaillierte Regelungen dazu enthalten.

Grenzabstand als entscheidender Faktor

In den meisten Bundesländern ist die zulässige Höhe einer Hecke direkt an ihren Abstand zur Grundstücksgrenze gekoppelt. Stellen Sie sich das wie eine Art „Faustregel“ vor:

  • Je näher eine Hecke an der Grundstücksgrenze steht, desto niedriger muss sie in der Regel sein.
  • Je weiter eine Hecke von der Grenze entfernt gepflanzt wurde, desto höher darf sie wachsen.

Oft gibt es zum Beispiel die Regel, dass eine Hecke, die einen bestimmten Mindestabstand zur Grenze (z.B. 50 Zentimeter) einhält, bis zu einer Höhe von 2 Metern wachsen darf. Wird dieser Abstand überschritten, muss die Hecke entsprechend gekürzt werden, um die Sicht oder das Licht des Nachbarn nicht unzumutbar zu beeinträchtigen. Ein Anspruch auf Rückschnitt entsteht also meist dann, wenn die Hecke die für ihren Grenzabstand gesetzlich vorgeschriebene Höhe überschreitet.

Spezifische Maximalhöhen je Bundesland

Es ist wichtig zu wissen, dass einige Bundesländer neben den abstandsbezogenen Vorschriften auch absolute Maximalhöhen für Hecken festlegen, unabhängig davon, wie weit die Hecke von der Grundstücksgrenze entfernt ist. Das bedeutet, selbst wenn Ihre Hecke den vorgeschriebenen Abstand einhält, kann sie in bestimmten Bundesländern eine bestimmte Höhe (z.B. 2,5 Meter) nicht überschreiten.

Für Sie als betroffener Nachbar bedeutet dies, dass Sie die genauen Vorschriften des Nachbarrechtsgesetzes des Bundeslandes kennen müssen, in dem sich Ihr Grundstück befindet. Dort sind die konkreten Abstände und die damit verbundenen zulässigen Höhen oder absolute Maximalhöhen festgelegt. Nur so lässt sich beurteilen, ob eine Hecke die zulässige Höhe überschreitet und ein Anspruch auf Rückschnitt besteht.


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Was kann ich tun, wenn die Hecke meines Nachbarn die gesetzlichen Regeln nicht einhält?

Wenn eine Hecke auf dem Nachbargrundstück möglicherweise nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht, beispielsweise bezüglich Höhe oder Abstand zur Grenze, stehen Ihnen verschiedene Wege offen, um die Situation zu klären. Die konkreten Regelungen dazu finden sich in den jeweiligen Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer. Das bedeutet, dass die genauen Vorgaben je nach Wohnort unterschiedlich sein können.

Das direkte Gespräch mit dem Nachbarn

Oft ist der erste Schritt der Versuch einer einvernehmlichen Lösung. Ein offenes und ruhiges Gespräch mit dem Nachbarn kann dazu beitragen, Missverständnisse zu klären und gemeinsam eine Lösung zu finden. Viele nachbarschaftliche Probleme lassen sich auf diesem Wege ohne weitere formelle Schritte beheben. Es geht darum, die Situation zu erläutern und das Anliegen freundlich vorzubringen.

Schlichtungsverfahren oder Mediation

Sollte ein direktes Gespräch keine Einigung bringen oder schwierig sein, gibt es in vielen Bundesländern die Möglichkeit einer Schlichtung oder Mediation. Dies ist ein Verfahren, bei dem eine neutrale dritte Person (der Schlichter oder Mediator) versucht, zwischen den Parteien zu vermitteln. Ziel ist es, eine gütliche Einigung zu erzielen, die für beide Seiten akzeptabel ist. In einigen Bundesländern ist die Durchführung eines solchen Schlichtungsverfahrens sogar zwingende Voraussetzung, bevor man wegen bestimmter Nachbarschaftsstreitigkeiten vor Gericht ziehen kann. Dies soll dazu dienen, Gerichte zu entlasten und langwierige, kostspielige Auseinandersetzungen zu vermeiden.

Gerichtliche Klärung als letzter Schritt

Wenn alle vorherigen Versuche fehlschlagen oder eine Schlichtung nicht vorgeschrieben bzw. ergebnislos war, bleibt die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung. Hierbei wird ein Antrag oder eine Klage bei dem zuständigen Gericht eingereicht. Das Gericht prüft dann die Sachlage anhand der geltenden Nachbarrechtsgesetze und entscheidet, ob die Hecke tatsächlich die Vorschriften verletzt und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen. Ein solches Gerichtsverfahren kann beispielsweise dazu führen, dass der Nachbar dazu verpflichtet wird, die Hecke zu schneiden oder zu entfernen. Dies ist jedoch meist der letzte und oft langwierigste Weg zur Problemlösung.


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Wer muss beweisen, dass eine Hecke zu nah an der Grenze steht?

Im deutschen Recht gilt ein grundlegendes Prinzip: Wer einen Anspruch geltend macht, also etwas von einer anderen Person fordert, muss die Tatsachen beweisen, die diesen Anspruch begründen. Dieses Prinzip wird als Beweislast oder auch Beweispflicht bezeichnet. Es bedeutet, dass die Partei, die eine rechtliche Konsequenz herbeiführen möchte, auch die Voraussetzungen dafür nachweisen muss.

Die Beweislast im Fall der Grenzabstände

Wenn es um die Frage geht, ob eine Hecke zu nah an der Grundstücksgrenze steht, liegt die Beweislast bei der Person, die behauptet, der Grenzabstand sei nicht eingehalten, und die deshalb zum Beispiel den Rückschnitt oder die Entfernung der Hecke verlangt.

Diese Person muss nachweisen:

  • Die genaue Entfernung der Hecke zur tatsächlichen Grundstücksgrenze. Dies erfordert oft präzise Messungen, da es auf wenige Zentimeter ankommen kann.
  • Dass diese gemessene Entfernung gegen die im jeweiligen Bundesland geltenden Grenzabstandsvorschriften verstößt. Die Regelungen zu Grenzabständen für Pflanzen wie Hecken sind in den Nachbarrechtsgesetzen der einzelnen Bundesländer festgelegt und können voneinander abweichen. Es gibt keine einheitliche bundesweite Regelung.

Was passiert bei fehlenden Beweisen?

Kann die anspruchstellende Partei die notwendigen Beweise – etwa die unzureichende Entfernung der Hecke zur Grenze – nicht erbringen oder bleiben die Fakten aufgrund von Messungenauigkeiten oder unklaren Katasterdaten unbewiesen, so geht dies grundsätzlich zulasten der Partei, die den Anspruch geltend macht.

Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt: Wenn Sie etwas fordern, aber nicht beweisen können, dass Ihre Forderung berechtigt ist, dann wird Ihr Anliegen in der Regel nicht durchgesetzt werden können. Unsicherheiten oder fehlende Nachweise führen dazu, dass der geltend gemachte Anspruch nicht erfolgreich ist.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Grenzabstand

Der Grenzabstand bezeichnet den räumlichen Abstand, den eine Pflanze, wie eine Hecke, zum Nachbargrundstück einhalten muss. Diese Entfernung wird vom Ort gemessen, an dem der Pflanzenstamm oder die Wurzel in den Boden wächst, senkrecht zur Grenze zwischen zwei Grundstücken. Das Hessische Nachbarrechtsgesetz (HessNachbG) legt solche Mindestabstände fest, um Streitigkeiten zwischen Nachbarn zu vermeiden. Ein korrekter Grenzabstand verhindert, dass die Pflanzung zu nah an der Grenze steht und dadurch den Nachbarn unzumutbar beeinträchtigt.

Beispiel: Steht eine Hecke mehr als 0,75 Meter von der Grenze entfernt, ist dieser Grenzabstand eingehalten, auch wenn einzelne Zweige die Grenze überragen.

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Beweislast

Die Beweislast bedeutet, dass die Partei, die einen Anspruch geltend macht, auch die Pflicht hat, die behaupteten Tatsachen zu beweisen. Im Streit um eine Hecke muss also der Nachbar, der den Rückschnitt verlangt, beweisen, dass die Hecke den gesetzlich vorgeschriebenen Grenzabstand unterschreitet. Kann dieser Nachweis – etwa wegen Messungenauigkeiten oder fehlenden Dokumenten – nicht erbracht werden, verliert die anspruchstellende Partei in der Regel den Prozess. Die Beweislast ist ein zentraler Grundsatz im Zivilprozessrecht (§ 139 ZPO).

Beispiel: Wenn Sie möchten, dass der Nachbar seine zu hohe Hecke schneidet, müssen Sie beweisen, dass die Hecke näher als erlaubt an der Grundstücksgrenze steht.

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Schlichtungsverfahren

Ein Schlichtungsverfahren ist ein formelles, außergerichtliches Verfahren, bei dem ein neutraler Dritter, der Schlichter, die streitenden Parteien bei der Suche nach einer einvernehmlichen Lösung unterstützt. Oft ist ein solches Verfahren vorgeschrieben, bevor eine Klage bei bestimmten Nachbarschaftsstreitigkeiten eingereicht werden darf. Ziel ist es, den Konflikt schnell, kostengünstig und ohne Gerichtsverfahren zu beheben. Scheitert die Schlichtung, kann der Rechtsstreit vor Gericht weitergeführt werden.

Beispiel: Bevor Sie vor Gericht ziehen, kann ein Schlichter helfen, mit dem Nachbarn einen Kompromiss über die Höhe der Hecke zu finden.

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Gutachten

Ein Gutachten ist eine schriftliche, fachliche Stellungnahme eines unabhängigen Sachverständigen, die dem Gericht bei der Bewertung von Streitfragen hilft. Im Fall der Hecke wurde ein Gutachten erstellt, um den genauen Abstand der Hecke zur Grundstücksgrenze sowie deren Höhe zu vermessen. Das Gericht nutzt das Gutachten als objektive Grundlage für die Entscheidung, da der Sachverständige technisches Wissen und Messmethoden einbringt, die für Laien oder Richter oft schwer nachvollziehbar sind.

Beispiel: Ein Sachverständiger misst mit spezieller Ausrüstung den Abstand der Hecke, damit das Gericht beurteilen kann, ob der gesetzliche Mindestabstand eingehalten wird.

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Durchschnittsabstand

Der Durchschnittsabstand ist eine Messmethode, bei der nicht nur die kürzeste Entfernung einer Hecke zur Grundstücksgrenze gemessen wird, sondern alle Einzelabstände der Pflanzenstämme in der Hecke erfasst und deren Mittelwert gebildet wird. Das Gericht betrachtet die Hecke als ein zusammenhängendes Gebilde und nicht als einzelne Pflanzen. Diese Methode verhindert, dass ein einzelner von der Grenze besonders nah stehender Strauch über die gesamte Beurteilung entscheidet.

Beispiel: Stehen einzelne Pflanzen einer Hecke unterschiedlich weit von der Grenze entfernt, wird der Mittelwert aller Abstände berechnet, um den Grenzabstand der Hecke als Ganzes festzulegen.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Hessisches Nachbarrechtsgesetz (HessNachbG) § 39: Regelt speziell die zulässige Höhe und den Mindestabstand von Hecken zu Grundstücksgrenzen in Hessen. Hecken, die höher als zwei Meter sind, müssen einen Mindestabstand von 0,75 Metern einhalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht prüfte den genauen Abstand und die Höhe der Hecke nach diesen Vorschriften und entschied, dass die Hecke den Anforderungen entspricht und kein Rückschnitt nötig ist.
  • Beweislastprinzip im Zivilprozessrecht (§ 286 ZPO): Die Partei, die einen Anspruch geltend macht, muss die dafür maßgeblichen Tatsachen beweisen; bei Unklarheiten oder Beweisschwierigkeiten gilt dies besonders. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kläger mussten zweifelsfrei nachweisen, dass der Mindestabstand von 0,75 Metern unterschritten wurde, was wegen der Messungenauigkeiten nicht gelang, weshalb ihre Klage abgewiesen wurde.
  • Grundsatz der Einheit der Hecke als Vermessungseinheit: Die Hecke zählt rechtlich als zusammenhängendes Gebilde, deswegen wird für den Abstand zur Grenze ein Durchschnittswert aller Pflanzenabstände herangezogen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht lehnte eine Messung nur an einzelnen besonders nahen Pflanzen ab und ermittelte stattdessen den Mittelwert, was zu Gunsten der Heckenbesitzer entschied.
  • Bürgerliches Gesetzbuch ([BGB] § 1004 – Eingriff in das Eigentum): Schutz vor ungerechtfertigten Beeinträchtigungen wie Lichtentzug oder Schattenwurf durch Nachbaranlagen, jedoch nur subsidiär anwendbar. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht wies die Klage auf Grundlage von § 1004 BGB zurück, da die spezialgesetzlichen Regelungen des HessNachbG den Vorrang haben und der Abstand der Hecke diesen erfüllt.
  • Grundsatz der Risikohaftung bei Messungenauigkeiten (Prozessuale Tatsachenbewertung): Ungenauigkeiten bei amtlichen Vermessungsdaten gehen stets zu Lasten der beweisbelasteten Partei, wenn kein eindeutiger Beweis gelingt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da die Genauigkeit der Katasterdaten Unsicherheiten beinhaltete, musste das Risiko für die Messungenauigkeit von den Klägern getragen werden, was deren Klage schwächte.
  • Rechtsvergleichende Besonderheit der Landesnachbarrechtsgesetze: Bundesländer regeln Heckenhöhe und Grenzabstände unterschiedlich, mit teils strengeren Höhenbeschränkungen als in Hessen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Entscheidung des Gerichts bestätigt die hessische Praxis, keine pauschalen Höhenbeschränkungen außer dem Grenzabstand vorzuschreiben, was den Weg für hohe Hecken öffnet, sofern der Abstand stimmt.

Das vorliegende Urteil


LG Hanau – Az.: 2 S 205/19 – Beschluss vom 02.05.2022


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