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Urkundsprozess wegen der Zahlung einer Vertragsstrafe

LG Stuttgart – Az.: 24 O 287/11 – Urteil vom 20.03.2012

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.136,01 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

– aus 10.000 € vom 1.7. bis einschließlich 31.10.2011,

– aus 8.000 € vom (einschließlich) 1.11.2011 bis einschließlich 7.12.2011 und

– aus 4.136,01 € seit (einschließlich) 8.12.2011

zu bezahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 5.863,99 € in der Hauptsache erledigt ist.

3. I.Ü. wird die Klage abgewiesen.

4. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des jeweils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags leistet

6. Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte im Urkundenprozess auf Begleichung eines Erstattungsanspruchs sowie auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch.

Die Beklagte war zu 50% Mitgesellschafterin und Alleingeschäftsführerin der … mit Sitz in … . Im Geschäftsführervertrag (vgl. Anlage B2 zum Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 12.1.2012 – die Anlagennummer wurde von Beklagtenseite mehrfach vergeben) war ein Bruttogehalt von 2.300 € pro Monat vorgesehen.

Eine Gesellschaft der Gruppe, zu der auch die weitere Gesellschafterin der Klägerin gehörte, hatte der … ein Darlehen über 60.000 € gewährt. In diese Gruppe war die Klägerin auch sonst eingebunden, zeitweise nahm sie über eine Handlungsvollmacht für den Ehemann der jetzigen Geschäftsführerin der Klägerin auf die Geschäftsführung der … Einfluss. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf S. 2f des Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 12.1.2012 (= Bl. 48 f d. A.) Bezug genommen.

Urkundsprozess wegen der Zahlung einer Vertragsstrafe
Symbolfoto: Von TippaPatt/Shutterstock.com

Im Jahre 2010 zeichnete sich ab, dass sich die Gesellschafter trennen wollten. Nach mehreren vergeblichen Anläufen, in deren Rahmen der Ehemann der jetzigen Geschäftsführerin der Klägerin auf seine Handlungsvollmacht verzichtete, trafen die … und die Beklagte, jeweils anwaltlich unterstützt, am 30.3.2011 in einer dreistündigen Verhandlung eine Auseinandersetzungsvereinbarung (Anlage K1). Für diese gab es zwar Vorläufer, der schließlich vereinbarte Text wurde aber erst am 30.3.2011 ausge- und fertigverhandelt und dabei stark modifiziert. In der Vereinbarung wurde u. a. die Beklagte als Geschäftsführerin abberufen, ihr Gesellschaftsanteil eingezogen und dafür der der weiteren Gesellschafterin in gleicher Höhe aufgestockt. In Ziff. 5 und 11 der Vereinbarung ist folgendes geregelt:

5. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag der Frau … endet am 30.06.2011. Frau … ist ab sofort von der Arbeitsleistung freigestellt. Sie darf anderweitigen Beschäftigungen außerhalb der Ergotherapie und außerhalb der Stadtgrenze von … und einem Umkreis von 20 km nachgehen. Eine Beschäftigung als Altenpflegerin in … ist zulässig. Sie erhält ein Restgehalt in Höhe von 10.000 € brutto für den Restzeitraum, sofern die Bedingungen dieser Vereinbarung eingehalten werden. Dieses Gehalt wird mit Forderungen der Gesellschaft gegen Frau … am 30.06.2011 verrechnet. Diese Forderungen betragen mindestens 10.000 € und berechnen sich im Übrigen anhand der Ausgaben, die für die privaten Investitionen von Frau … in eine Ergotherapiepraxis über die Gesellschaft bezahlt wurden. Frau … hat einen darüber hinausgehenden Differenzbetrag auszugleichen. Ebenso ist der volle Betrag als Vertragsstrafe fällig, sofern die Bestimmungen dieser Vereinbarung nicht eingehalten sind.

11. Für jeden Fall des Verstoßes gegen die vorstehenden Ziffern ist eine sofort fällige Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 € von Frau … an die Gesellschaft zur Zahlung fällig. Der Verlust der Restgehaltsansprüche wird hierauf angerechnet. Darüber hinausgehende Ansprüche, insb. auf Erfüllung, Unterlassung und Schadensersatz bleiben unbenommen.

Im Rahmen der Verhandlungen war besprochen worden, welche Tätigkeiten die Beklagte unter Berücksichtigung des Konkurrenzverbots ausüben durfte. Dabei war eine Tätigkeit als Selbständige im Gespräch, aber auch sonstige Optionen einschließlich abhängiger Beschäftigung. In Ergänzung zu Ziff. 5 war in Ziff. 6 geregelt, dass es der Beklagten nach dem 30.6.2011 untersagt sein sollte, Patienten der Gesellschaft oder Überweiser für einen Zeitraum bis mindestens 31.12.2011 aktiv abzuwerben. Branchenübliche Werbung ist aber ausdrücklich gestattet.

Noch am gleichen Tag unterzeichneten die Parteien eine Aufstellung „Fremdbelastungen des Girokontos der …“ (Anlage K3a), die mit einem Betrag von 10.762,22 € endete.

Am 5.5.2011 überwies die Beklagte 762,22 € an die Klägerin.

Der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin wandte sich am 9.5.2011 mit einem Schreiben an RA … (Anlage K5), der die Beklagte bereits am 30.3.2011 unterstützt hatte. Hierbei ging es um die Versteuerung des Restgehalts von 10.000 €. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

Sie erhält einen Restbetrag von besagten 10.000 €, der verrechnet wird. Die Steuern hierfür hat sie selbst zu übernehmen. Dies hatten wir miteinander besprochen. Sozialabgaben fallen wohl nicht an.

Offiziell muss dies als Lohn gebucht werden. Dann müssen allerdings die Steuern von hier aus abgeführt werden, was die Verrechnungssumme reduziert. In dieser Höhe besteht dann ein Zahlungsanspruch meiner Mandantin. Zudem wissen wir nicht, welche Steuerklasse sie gewählt hat.

Wir bitten um Mitteilung, ob und wie dies mit dem Finanzamt geklärt ist. Anderenfalls könnte nur eine Teilverrechnung der freien Beträge erfolgen, so dass Frau … noch einen entsprechenden Ausgleich zu leisten hätte. Wir bitten um Ihre Stellungnahme.

Das Schreiben blieb genauso unbeachtet wie eine schriftliche Erinnerung daran vom 18.5.2011 (Anlage K6) und ein schriftlich hinterlassener Rückrufwunsch vom 19.5.2011 (Anlage K7). Rechtsanwalt … leitete diese Schreiben auch nicht an die Beklagte weiter.

Der Klägervertreter schrieb dem Beklagtenvertreter erneut unter dem 25.5.2011 (Anlage K8) und teilte darin u. a. mit:

Da Sie keinerlei Erklärung zur Verrechnung in Bezug auf die Steuerlast beim Finanzamt beigebracht haben, gehen wir davon aus, dass infolge der Bruttozahlung dieses „Gehaltes“ ca. eine Steuerlast in Höhe von 2.227,77 € anfällt, die dann direkt von meiner Mandantin bzw. der Gesellschaft ans Finanzamt abgeführt wird …. Ihre Mandantin hat demgemäß 3.063,66 € an die Gesellschaft zu bezahlen.

Der Betrag von 3.063,66 € ergab sich daraus, dass die Klägerin zu der Steuerforderung von 2.227,77 € noch 835,99 € addiert hatte. Dabei ging sie davon aus, dass ihre Forderungen gegenüber der Beklagten 10.835,99 € betrugen und hatte nicht bemerkt, dass die Beklagte hierauf bereits 762,22 € bezahlt hatte. In diesem Schreiben hieß es weiter:

Ich weise darauf hin, dass bis zur völligen Ausgleichung dieser Forderungen gemäß Ziff. 10 der Vereinbarung kein Eigentumsübergang bezüglich der von der Gesellschaft angeschafften Einrichtungsgegenstände, die Frau … ab 01.07.2011 nutzen möchte, erfolgt. Wir werden dann die Eigentumsrechte auch umgehend geltend machen und untersagen bereits jetzt jegliche Nutzung.

Auch hierauf erfolgte keine Reaktion der Beklagtenseite. Allerdings hatte die Beklagte, an die auch dieses Schreiben von RA … nicht weiter geleitet wurde, am 28.5.2011 eine Probeabrechnung durch ihre Steuerberaterin … durchführen lassen (Anlage B 2), in der die Restgehaltsansprüche als „Abfindung“ eingebucht worden waren und die zum Ergebnis kam, dass keine Steuern anfielen. Außerdem hatte sie die Umstellung verschiedener Versicherungsverträge vorgenommen. Die gegenseitigen Ausgleichsansprüche hieraus sind zwischen den Parteien streitig.

Am 30.6.2011 schrieb der Klägervertreter erneut an den Rechtsanwalt … (Anlage K3), wobei er das Schreiben um 17.43 Uhr an dessen Büro faxte. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:

am heutigen 30.06.2011 konnten wir immer noch nicht feststellen, dass eine Erklärung vorliegt, wie die 10.000,00 € zu versteuern sind. Entsprechend ist die Zahlung wie üblich als Lohn berechnet worden. Hieraus ergibt sich eine Forderung für die Arbeitgeberanteile, die auszugleichen sind

Forderung aus Lohn- und Kirchensteuer bzw. Soli: 3.863,99 €

Hinzu kommt die sonstige Forderungen aus dem 10.000 € übersteigenden Betrag in Höhe von 835,89 €.

Gesamt: 4.699,88 €.

Zahlt Ihre Mandantin diesen Betrag nicht heute, wird die Vertragsstrafe fällig und die Verrechnung der 10.000,00 € erfolgt nicht. Wir werden dann den gesamten Betrag geltend machen.

Während des Rechtsstreits zahlte die Beklagte am 31.10.2011 2 x 1.000 € und am 7.12.2011 3.863,99 €. Dem lag zugrunde, dass der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 11.10.2011 (Bl. 26 f d. A.), der dem damaligen Beklagtenvertreter am 13.10.2011 zuging, ein gegenüber einem widerrufenen früheren Vergleich modifiziertes Vergleichsangebot unterbreitet hatte, das u. a. die Zahlung einer Vertragsstrafe von 2.000 € bis 31.10.2011 und die nicht mit einem Zieldatum versehene Zahlung von 3.683,99 € auf die Lohnsteuer vorgesehen hatte. Diesem Vorschlag stimmte Rechtsanwalt … als damaliger Prozessbevollmächtigter der Beklagten mit Schriftsatz vom 3.11.2011 zu. Die Zahlung vom 7.12.2011 erfolgte „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, dennoch verbindlich, unter Vorbehalt der Rückforderung“.

Die Klägerin trägt vor, sie habe vormalig „…“ geheißen.

Sie ist der Auffassung, dass ihr die auf Basis der Anlage K3a ursprünglich bestehende Ausgleichsforderung von 10.762,22 € abgesehen von den Zahlungen der Beklagten nach wie vor zustehe, weil die Restgehaltsansprüche der Beklagten infolge der Verwirkung der Vertragsstrafe in Ziff. 5 der Vereinbarung vom 30.3.2011 (Nichterstattung der Lohnsteuer) untergegangen seien. Lohnsteuer nebst Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag wären bei einer Auszahlung am 30.6.2011 in Höhe von 3.863,99 € angefallen, jedenfalls habe sie so abrechnen müssen, weil die Beklagte über die schriftlichen Anforderungen zur Angabe der relevanten Besteuerungsgrundlagen hinaus auch auf telefonische Anfragen nicht reagiert habe. Über die in der Anlage K3a aufgeführten Zahlungen hinaus stünden ihr aus der Abrechnung von Versicherungsverträgen, die aufgrund der Trennung der Parteien vom 30.3.2011 unterversicherungsjährig abzurechnen seien, weitere 148,58 € zu. Darüber hinaus habe die Beklagte aus dem Vertragsstrafeversprechen unter Ziff. 11 der Vereinbarung vom 30.3.2011 eine Vertragsstrafe von 20.000 € verwirkt, die aber wegen der Anrechnung der Vertragsstrafe aus Ziff. 5 der Vereinbarung in Höhe von 10.000 € nur in Höhe von 10.000 € bestehe.

Die Klägerin beantragt nach teilweiser Klagerücknahme:

Die Teilerledigung des Rechtsstreits durch Erfüllung in Höhe von 3.863,99 € (Zahlung vom 7.12.2011) und 2 x 1.000 € (Zahlungen vom 31.10.2011) wird festgestellt.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin den nach Abzug der in der Teilerledigungserklärung genannten Zahlungen verbleibenden Betrag aus ursprünglich 20.762,22 € nebst 5 % Zinsen hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1.7.2011 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, Klageabweisung und ihr die Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.

Die Beklagte hält die Klage für im Urkundsprozess unzulässig. So rügt sie inzwischen, dass die Identität der Klägerin mit der Vertragspartnerin aus der Vereinbarung vom 30.3.2011 nicht nachgewiesen sei, obwohl sie zunächst selbst vorgetragen hatte, dass die gegenwärtige Firma der Klägerin darauf beruhe, dass sie ihren (der Beklagten) Namen aus der Firma getilgt hatte. Außerdem sei die Ausgleichsforderung der Klägerin durch die Verrechnung mit ihrem Restgehaltsanspruch in voller Höhe getilgt. Zum einen sei die Vertragsstrafe in Ziff. 5 der Vereinbarung vom 30.3.2011 nicht wirksam vereinbart. Zum anderen sei sie wegen Sittenwidrigkeit und nach den für Vertragsstrafevereinbarungen im Arbeitsrecht geltenden Grundsätzen, die für sie als arbeitnehmerähnliche Person gelten würden, sowie nach § 310 Abs. 3 BGB unwirksam. Darüber hinaus sei sie auch nicht verwirkt, weil der Restgehaltsanspruch als Abfindung, diese Behandlung sei am 30.3.2011 besprochen gewesen, nicht zu einer Steuerpflicht führe. Jedenfalls würde es an einem Verschulden fehlen, weil ihre Steuerberaterin … zu diesem Ergebnis gekommen sei und ihr das Verschulden des Rechtsanwalts … (unstreitig unterbliebene Weiterleitung der Schreiben des Klägervertreters) nicht zuzurechnen sei. Fällig sei der Anspruch ohnehin nicht, weil es an einer ordnungsgemäßen Abrechnung durch die Klägerin fehle. Zudem könne die Vertragsstrafe mangels – so viel ist unstreitig – Vorbehalts nicht mehr geltend gemacht werden. Die Klägerin habe die Vertragsstrafe verwirkt, u. a. weil sie ihrer eigenen Verpflichtung aus der Vereinbarung vom 30.3.2011 nicht nachgekommen sei, den Namensbestandteil der Beklagten aus der Homepage zu entfernen. Die Vertragsstrafe sei auch auf null herabzusetzen. Daher könne die Klägerin auch keine Vertragsstrafe aus Ziff. 11 der Vereinbarung verlangen.

Entscheidungsgründe

Die im Urkundenprozess zulässige Klage ist nur zum Teil begründet; insoweit sind der Beklagten ihre Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.

A. Über den Rechtsstreit ist durch streitiges Urteil zu entscheiden. Denn der Rechtsstreit ist nicht im Herbst 2010 durch Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO beendet worden bzw. wäre noch jetzt über einen Feststellungsbeschluss im Vergleichswege zu beenden

I. Ein schriftlicher Vergleichsvorschlag der Kammer, den die Parteien hätten annehmen können (§ 278 Abs. 6 S. 1 2. Fall ZPO) existiert nicht.

II. Ein Vergleich konnte aber auch nicht über § 278 Abs. 6 S. 1 1. Fall ZPO zustande gekommen.

Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob es angesichts des Gesetzeswortlauts („die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten“) formal genügt, dass eine Partei der anderen über das Gericht einen Vergleichsvorschlags unterbreitet und diese sich erst einige Zeit später hierzu äußert.

Denn es fehlt jedenfalls an einer der sonstigen Voraussetzungen für das Zustandekommen des Vergleichs. So sind die Vorschriften der §§ 145 ff BGB auch auf den Abschluss eines prozessual wirksamen Vergleichs nach § 278 Abs. 6 ZPO analog anzuwenden (Foerste in Musielak ZPO 8. Auflage § 278 Rdnr. 17; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 70. Auflage § 278 Rdnr. 47). Mithin muss das Angebot einer Partei von der anderen innerhalb der Annahmefrist angenommen werden. Und diese war – was vom Gericht zu prüfen ist (Leipold in Stein/Jonas ZPO 22. Auflage § 278 Rdnr. 82) – abgelaufen, als der Beklagtenvertreter am 3.11.2012 seine Zustimmung zum Angebot vom 11.10.2011 erklärte. Zwar hatte der Klägervertreter nicht ausdrücklich eine Annahmefrist bestimmt (§ 148 BGB); die für diesen Fall aus den Umständen zu entnehmende Länge der Annahmefrist (§ 147 Abs. 2 BGB) endete indes vor dem 3.11.2011. Auch wenn für die Fristbestimmung in erster Linie an die für die Übermittlung der Willenserklärungen erforderliche Zeit nebst einer angemessenen Überlegungszeit anzuknüpfen ist (Ellenberger in Palandt BGB 71. Auflage § 147 Rdnr. 6), wirken sich auch noch sonstige Umstände auf die Länge aus. Genauso wie dem Anbietenden bekannte lange Entscheidungswege auf Seiten des Angebotsempfängers die Überlegungsfrist verlängern können, kürzen Sachzwänge, die aus dem Inhalt des Angebots ersichtlich sind, die Frist ab (so für den Übermittlungsweg ausdrücklich Ellenberger aaO Rdnr. 7). Und hier sollte nach dem angebotenen Vergleich die Zahlung der Beklagten auf den Vergleich bereits am 31.10.2011 stattfinden. Dann hätte der (Vergleichs-)vertrag aber vorher zustande kommen müssen und nicht erst durch Annahme am 3.11.2011.

Zudem hätte die Annahmefrist angesichts dessen, dass es sich nur um ein modifiziertes Vergleichsangebot handelte, auch sonst schwerlich mehr als 2 Wochen betragen. Bei Zugang des Angebots des Klägervertreters beim Beklagtenvertreter am 13.10.2011 wäre die Annahmefrist am 3.11.2011 auch so abgelaufen gewesen.

B. Der bislang nicht beschiedene Antrag der Beklagten vom 17.2.2012, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hindert den Erlass eines Urteils nicht.

Zwar ist in der Regel erst über einen Prozesskostenhilfeantrag zu entscheiden und dem Antragsteller danach Gelegenheit zu geben, eine kostengünstigere Erledigung als durch ein ihm (teilweise) negatives Urteil zu erreichen (Foerste in Musielak aaO § 118 Rdnr. 19). Dies gilt aber nicht, wenn der Antrag erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung und dazuhin noch ohne Vorlage des Formulars zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gestellt wird (Foerste aaO).

C. Die Klage ist im Urkundsprozess zulässig.

I. Zwar hatte die Beklagte während des Prozesses unter Bezugnahme auf eine in NJW 2001, 3549 abgedruckte Entscheidung des BGH die Meinung vertreten, dass Vertragsstrafen generell nicht im Urkundsprozess geltend gemacht werden könnten. Dem kann aber nicht gefolgt werden.

Die vom Beklagtenvertreter zitierte Entscheidung des BGH, nach der die Rückforderung einer Zahlung auf eine Bürgschaft auf erstes Anfordern nicht im Urkundsprozess geltend gemacht werden kann, ist nicht verallgemeinerungsfähig. Es ging dort nicht nur – worauf der Beklagtenvertreter abhob – um die Gefahr des Missbrauchs des Urkundsprozesses. Vielmehr ist es sinnwidrig, eine Bürgschaft auf erstes Anfordern für schnelle Liquidität zu schaffen, wenn der Bürge sich das Geld genauso schnell wieder im Urkundsprozess zurückholt. Der Grund für die Verweigerung des Instruments des Urkundsprozesses liegt damit jedenfalls auch, aus Sicht der Kammer sogar vorrangig, in der materiell-rechtlichen Konstruktion der Bürgschaft auf erstes Anfordern. Und das trifft auf die Vertragsstrafe nicht zu.

Dass allein das Argument der Missbrauchsgefahr nicht trägt, zeigt sich i.Ü. daran, dass gerade in letzter Zeit vom BGH mehrfach entschieden worden ist (NJW 2007, 1061; NJW 2005, 2701), dass Mietforderungen im Urkundsprozess geltend gemacht werden dürfen, obwohl auch dort eine Missbrauchsgefahr besteht. Denn die Erfahrungen zumindest in den beim Landgericht in erster Instanz und auch vor der erkennenden Kammer verhandelten Prozessen zu Gewerberaummietverhältnissen zeigen, dass an den den Prozess regelmäßig auslösenden Mietminderungsansprüchen der Mieter meist „etwas dran“ ist (wenn auch selten so viel wie gemindert wurde). Daneben kommt es nicht darauf an, dass die weitere tragende Behauptung in der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2001, dass Nachverfahren selten seien, mit den Erfahrungen der Kammer in diesen Prozessen nicht in Einklang bringen ist.

Dementsprechend hat das OLG Düsseldorf (OLGR 08, 70) den Einwand des Beklagtenvertreters, dass Vertragsstrafen nicht im Urkundsprozess geltend gemacht werden dürften, nicht einmal für diskussionswürdig angesehen.

Die Auffassung der Kammer zu diesem Thema wird von der Beklagten inzwischen auch nicht mehr angegriffen.

II. Soweit die Beklagte sich dafür nunmehr auf den Standpunkt stellt, dass die Klage im Urkundsprozess mangels hinreichender Urkunden unstatthaft sei, so ist ganz generell darauf hinzuweisen, dass sich entgegen ihrer Meinung keineswegs sämtliche Anspruchsvoraussetzungen aus Urkunden ergeben müssen.

Zunächst kommt das Erfordernis von Urkunden überhaupt nur für Tatsachen und nicht für Rechtsfragen in Betracht, wobei die Auslegung von Willenserklärungen und Vereinbarungen zu den Rechtsfragen zu zählen ist. Weiter hat die Klägerin auch nur für solche Tatsachen Urkunden vorzulegen, für die sie darlegungspflichtig ist (Voit in Musielak ZPO 8. Auflage § 592 Rdnr. 9). Außerdem bedarf es im – wie hier – streitigen Prozess nur dann Urkunden, wenn etwas zu beweisen ist. Das ist aber nicht der Fall, wenn die Tatsache unstreitig, offen- oder gerichtskundig ist (Voit aaO Rdnr. 11). Nach teilweise vertretener Ansicht müssen „nicht ernstlich bestrittene“ Tatsachen ebenfalls nicht mir Urkunden bewiesen werden (Voit aaO FN 66).

Wie unten bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen noch im Einzelnen ausgeführt werden wird, gibt es in diesem Prozess keinen von der Klägerin zu beweisenden streitigen Vortrag.

D. Die Klage hat in der Sache aber nur teilweise Erfolg.

I. Die Klägerin ist aktivlegitimiert.

Der jetzige Beklagtenvertreter hatte direkt nach Übernahme des Mandats darauf hingewiesen, dass die Firma der Klägerin („…“) und die Vertragspartnerin der Vereinbarung vom 30.3.2011 („…“) namensverschieden seien und einen (urkundlichen) Nachweis der Firmenänderung verlangt. Mit diesem Einwand ist die Beklagte nicht mehr zu hören, denn sie hatte die Identität des Rechtsträgers bereits zuvor gestanden (§ 288 ZPO) und daran ist sie nach § 290 ZPO gebunden.

Bereits in der Klage (dort S. 2) hat sich die Klägerin als „vormalige …“ bezeichnet. Im Schriftsatz vom 20.9.2011 (dort S. 3 = Bl. 16) des früheren Beklagtenvertreters hatte die Beklagte dann auch selbst vortragen lassen, dass die Firma der Klägerin darauf beruhe, dass letztere entsprechend Ziff. 6 der Vereinbarung vom 30.3.2011 den Namen der Beklagten aus der Firma getilgt hatte. Damit lag zwar zunächst nur unstreitiger Tatsachenvortrag vor, der an sich durch neuen Tatsachenvortrag hätte streitig werden können. Das änderte sich aber mit der dem Schriftsatz des späteren Beklagtenvertreters vorausgehenden mündlichen Verhandlung vom 29.9.2011. Denn wenn die Tatsache „bei der mündlichen Verhandlung“ zugestanden wird, wird daraus ein bindendes „gerichtliches Geständnis“. Und zugestanden wurde der damals unstreitige Vortrag durch die in der Regel konkludente Bezugnahme auf die vorhergehenden Schriftsätze (§ 137 Abs. 3 ZPO; vgl. BGH NJW-RR 1996, 379 mwN). Zudem wurde auf dieser Basis auch sonst im Termin vom 29.9.2011 verhandelt. Ein Widerruf des Geständnisses (§ 290 ZPO) ist nicht erfolgt.

Irgendwelcher Urkunden bedarf es bei Geständnissen auch im Urkundsprozess nicht mehr, da ein Geständnis der stärkste unstreitige Sachvortrag ist.

Nach Hinweis auf den eigenen früheren Vortrag der Beklagten ist der jetzige Beklagtenvertreter hierauf weder in der mündlichen Verhandlung vom 20.1.2012 noch später zurückgekommen.

II. In Höhe von 4.136,01 € steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch aus Ziff. 5 der Vereinbarung der Parteien vom 30.3.2011 noch zu.

1. Dass die – urkundlich vorgelegte – Vereinbarung vom 30.3.2011 als solche wirksam zustande gekommen ist, stellt auch die Beklagte nicht in Frage. Anhaltspunkte hierfür haben sich auch nicht ergeben.

2. Diese Vereinbarung enthält in Ziff. 5 die für den geltend gemachten Abrechnungsanspruch (Teilsumme der Klage, nämlich 10.762,22 €) erforderliche Anspruchsgrundlage.

Der Beklagtenvertreter hat dies zwar bezweifelt, die Auslegung der Vereinbarung führt aber zu einem eindeutigen Ergebnis.

Soweit konkrete Zahlungsansprüche der Parteien betroffen sind, findet sich in der Tat ausdrücklich nur in S. 8 ein Anhaltspunkt. Wenigstens dort ist von „ausgleichen“ die Rede, allerdings soll nur ein „Differenzbetrag“ auszugleichen sein. Trotzdem ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Ziff. 5 der Vereinbarung, dass der Klägerin darüber hinaus ein Anspruch auf die komplette Bezahlung der in S. 6 und 7 erwähnten ursprünglichen Forderung der Klägerin eingeräumt werden sollte, wenn es nicht zu der in S. 7 an sich vorgesehenen Reduzierung durch Abzug des Restgehalts aus S. 5 und 6 dieser Ziffer der Vereinbarung kommen sollte. Denn nach Sinn und Zweck der Vereinbarung ist nicht ersichtlich, was sonst mit der unbedingt begründeten Forderung geschehen sollte. Jede andere Auslegung würde somit gegen das Gebot verstoßen (Ellenberger in Palandt BGB 71. Auflage § 133 Rdnr. 18), dass die Auslegung zu bevorzugen ist, die zu einem vernünftigen, widerspruchsfreien und den Interessen beider Seiten gerecht werdenden Ergebnis führt.

Satz 9 der Ziff. 5 steht diesem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Zwar haben die Parteien in ihm geregelt, dass der „volle Betrag“ als Vertragsstrafe fällig werde, wenn die Bestimmungen der Vereinbarung nicht eingehalten werden. Damit ist sprachlich verkürzt aber nur gemeint, dass im Fall der Verwirkung der Vertragsstrafe die Verrechnung des Restgehalts mit der Ausgleichsforderung der Klägerin entfällt und die Beklagte die ungekürzten Forderung der Gesellschaft gegen sie zu bezahlen hat. Dass die Parteien das so wollten, ergibt sich auch daraus, dass keine von ihnen vertritt, dass der Differenzbetrag aus S. 7 zweimal anfallen sollte, nämlich einmal als normale Forderung und ein weiteres Mal als Vertragsstrafe. Das hier vertretene Verständnis wird weiter durch die Formulierung in Ziff. 11 gestützt, in dem lediglich der Verlust der Restgehaltsansprüche, aber nicht der „volle“ Forderungsbetrag auf die dortige Vertragsstrafe in Abzug gebracht wird.

Vorsorglich wird – auch wenn von keiner Seite angesprochen – darauf hingewiesen, dass neben der Vertragsstrafe in S. 9 nicht noch eine weitere Sanktion für ein vertragsuntreues Verhalten der Beklagten darin besteht, dass die Beklagte ihren Restgehaltsanspruch schon nach S. 6 2. Satzteil verlieren soll. Aus dem Gesamtzusammenhang der Ziff. 5 ergibt sich, dass dieser Satzteil nur die Vertragsstrafe in S. 9 vorwegnimmt und nicht als Bedingung im Rechtssinne anzusehen ist.

Da es sich um eine reine Auslegung der urkundlich vorgelegten Vereinbarung handelt, ist die Klage entgegen der Meinung des Beklagtenvertreters nicht deshalb im Urkundsprozess unzulässig (besser: unstatthaft), weil sich das Auslegungsergebnis nicht aus einer (anderen?) Urkunde ergibt.

3. Aus dieser Anspruchsgrundlage hat die Beklagte der Klägerin noch 4.136,01 € zu erstatten.

a. Die Forderung belief sich ursprünglich auf 10.762,22 €.

aa. Werden die von Klägerseite mit Schriftsatz vom 6.9.2011 nachgeschobenen angeblichen Forderungen aus der Abrechnung von Versicherungsverträgen zunächst außen vor gelassen, so belaufen sich Ausgaben für private Investitionen der Beklagen, die nach dieser Anspruchsgrundlage auszugleichen sind, auf 10.762,22 €.

Dieser Betrag ist von der Beklagten auf S. 2 der Klageerwiderung (Bl. 8 d. A.) selbst so „anerkannt“ worden, ohne dass sie dies im weiteren Verlauf des Prozesses noch einmal in Frage gestellt hätte. Zudem liegt mit der Anlage K 3 a sogar eine von beiden Seiten unterzeichnete Urkunde über unter die Vereinbarung fallende „private Investitionen“ der Beklagten in dieser Höhe vor.

bb. Die weitere von der Klägerin mit Schriftsatz vom 6.9.2011 nachgeschobene Forderung aus den Abrechnungen der Versicherungen fällt von vorneherein nicht unter diese Regelung der Parteien und ist unabhängig von den besonderen Anforderungen an einen Urkundsprozess an dieser Stelle nicht zu berücksichtigen.

Schon nach dem Wortlaut der Vereinbarung vom 30.3.2011 geht es um „private Investitionen“, was nach Sinn und Zweck und der Entstehungsgeschichte der Vereinbarung nur bedeuten kann, dass nur solche Ausgaben gemeint sind, die von der Beklagten bereits von der erst am 30.3.2011 endgültig beschlossenen Trennung der Parteien im Hinblick auf die anderweitige Tätigkeit erfolgt waren. Hingegen sind Ausgaben nicht umfasst, die die Beklagte bis 30.3.2011 für die Klägerin getätigt hatte und die erst und nur wegen der Trennung vom 30.3.2011 abzurechnen sind. Diese Auslegung wird noch dadurch gestützt, dass die Parteien in der Anlage K3a die von der Vereinbarung betroffenen und auszugleichenden Positionen aufgelistet haben, die naheliegenden Folgen der Trennung auf weiterlaufende Verträge aber nicht einmal ansatzweise erwähnt haben. Die Grundlagen der Auslegung waren in der Güteverhandlung zunächst auch unstreitig, die Klägerseite hat dies erst dann anders dargestellt, als sie die rechtliche Relevanz erkannte.

b. Die Forderung besteht wegen Teilzahlungen der Beklagten noch in der zuerkannten Höhe, Restgehaltsansprüche der Beklagten sind bei der Abrechnung hingegen nicht zu berücksichtigen.

aa. Zunächst ist die ursprüngliche Forderung durch die nunmehr zwischen den Parteien unstreitige und daher unabhängig von den Besonderheiten des Urkundsprozesses zu berücksichtigenden Zahlung der Beklagten am 5.5.2011 um 762,22 € reduziert worden (§ 362 BGB).

bb. Am 30.6.2011 fand keine weitere Reduzierung durch Verrechnung mit dem „Restgehalt“ der Beklagten statt.

 

Allerdings hatte die Klägerin der Beklagten in Ziff. 5 S. 4 der Vereinbarung vom 30.3.2011 ein „Restgehalt“ von 10.000 € brutto versprochen und hatten die Parteien geregelt, dass dieser Betrag am 30.6.2011 mit der offenen Forderung verrechnet wird. Hierzu ist es indes nicht gekommen, weil die Beklagte diesen Restgehaltsanspruch durch die Verwirkung im letzten Satz der Ziff. 5 der Vereinbarung bestimmten Vertragsstrafe verloren hat.

(1) Diese Vertragsstrafe ist wirksam vereinbart.

(a) Entgegen der Meinung des Beklagtenvertreters ist die Vertragsstrafenregelung in Ziff. 5 der Vereinbarung nicht deshalb unwirksam, weil die Gesamtregelung der Vertragsstrafen in Ziff. 5 und 11 der Vereinbarung vom 30.3.2011 nicht hinreichend deutlich wäre. Da schon dem tatsächlichen Ausgangspunkt des Beklagtenvertreters nicht beigetreten werden kann, kommt es nicht darauf an, auf Basis welcher Rechtsnorm, der Beklagtenvertreter stellt auf Fehlen eines essentialium negotii ab, eine Unwirksamkeit festzustellen wäre.

In Ziff. 5 ist zunächst im Zusammenhang mit den Restvergütungsansprüchen geregelt, dass eine Vertragsstrafe, soweit verwirkt, in Höhe der dort geregelten 10.000 € verfällt. Dieser Betrag ist bestimmt. Denn wie bereits bei der Auslegung oben unter 2. dargestellt, bezieht sich die Vertragsstrafe in S. 9 nicht – wie das der Beklagtenvertreter meint – auf die Forderungen der Klägerin von „mindestens 10.000 €“ in S. 7, sondern auf den Restgehaltsanspruch in S. 5. Der „volle Betrag“ in S. 9 beschreibt also nicht die Höhe der Vertragsstrafe, sondern dass infolge der Vertragsstrafe wieder der volle Betrag der Forderung der Klägerin gegen die Beklagte besteht. Das ergibt sich ohne weiteres aus der Zusammenschau mit S. 8, in dem – im Gegensatz zum vollen Betrag – nur der Differenzbetrag zwischen der Forderung der Klägerin und dem Restgehaltsanspruch als zu zahlen angesehen wird.

Nach Ziff. 11 fallen i.Ü. fallen für jede verwirkte Vertragsstrafe 20.000 € an. Um erst gar keine Zweifel über das Verhältnis der beiden Vertragsstrafenversprechen aufkommen zu lassen, ist in Ziff. 11 S. 2 ausdrücklich klargestellt, dass die Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 € aus Ziff. 5 nicht etwa neben der in Höhe von 20.000 € aus Ziff. 11 anfällt, sondern auf letztere angerechnet werden soll. Damit ist bleibt entgegen dem ersten Anlauf des Beklagtenvertreters nicht offen, ob die Vertragsstrafe 10.000 € oder 20.000 € betragen soll.

Dies alles war bereits in beiden Terminen dargelegt und im Termin vom 20.1.2012 auch ausführlich protokolliert worden. Die Kammer hat also entgegen den Behauptungen des Beklagtenvertreters im Schriftsatz vom 15.3.2012 mitnichten die Auffassung vertreten, dass nur eine Vertragsstrafe von 10.000 € anfalle. Zutreffend ist hingegen, dass die Vertragsstrafe in Ziff. 5 der Vereinbarung an dieser Stelle getrennt von der weiteren Vertragsstrafe von 20.000 € in Ziff. 11 der Vereinbarung zu prüfen ist.

(b) Eine strengere Form als die ohnehin erfüllte Schriftform war nicht einzuhalten. Mangels eigener Formvorschriften im Recht der Vertragsstrafe ist auf die Form zurückzugreifen, die für das gesicherte Geschäft besteht (vgl. hierzu Grüneberg in Palandt aaO § 339 Rdnr. 11). Und die übrigen Regelungen in der Vereinbarung vom 30.3.2011 unterliegen keinen strengeren Formvorschriften als der der Schriftform. Das gilt selbst für die in der Gesamtvereinbarung enthaltene Einziehung (§ 34 Abs. 2 GmbHG) des Geschäftsanteils der Beklagten. Etwas anderes hätte nur bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung (§ 55 Abs. 1 GmbHG) gegolten, die hier aber nicht stattfand. Denn die Einziehung lässt das Stammkapital von vorneherein unberührt, es findet also nicht eine Reduktion mit anschließender Kapitalerhöhung statt, es wird nur das bestehen bleibende Stammkapital anderweitig verteilt (Bartl in Bartl/Bartl/Fichtelmann/Koch/Schlarb GmbH-Recht 6. Auflage § 34 Rdnr. 9).

(c) Weiterhin ist die Vertragsstrafenvereinbarung in Ziff. 5 nicht wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) nichtig.

Sittenwidrigkeit liegt nicht schon deshalb vor, weil – so aber die Beklagte – eine Vertragsstrafe in Höhe von 20.000 € auch schon für kleinste Verstöße verfallen kann. Abgesehen davon, dass es an dieser Stelle um eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 € geht, lässt sich eine Sittenwidrigkeit der Vertragsstrafenregelung nicht am Betrag, sondern nur an Inhalt, Beweggrund und Zweck festmachen (BGH LM § 343 Nr. 1b mwN; Weyer BauR 1988, 28, 29). Dies lässt sich – so auch ausdrücklich BGH aaO – damit rechtfertigen, dass es sich im Zeitpunkt der Vereinbarung einer Vertragsstrafe als einer generellen Regelung für die Zukunft noch nicht vorhersehen lässt, wie schwer der künftige Verstoß im Einzelfall ist, für den die Vertragsstrafe anfallen könnte. In Anbetracht der im Bereich des BGB bestehenden Möglichkeit, die Vertragsstrafe nach ihrer Wirkung auf ihre Angemessenheit der Höhe nach überprüfen zu lassen (§ 343 BGB), erscheint es jedenfalls im privaten Bereich nicht erforderlich und wäre in der Praxis ohnehin nur schwer möglich, bereits in der Vertragsstrafenvereinbarung unterschiedliche Höhen der verwirkten Strafe festzulegen. Entweder droht dann nämlich infolge der Vielzahl von zu regelnden Fällen eine Intransparenz, mit der dem Versprechenden nicht gedient ist, oder die Fallgruppenbildung muss so pauschal bleiben, dass im Einzelfall doch wieder auf § 343 BGB zurückgegriffen werden muss.

Genauso wenig ergibt sich eine Sittenwidrigkeit aus den zum Arbeitsrecht entwickelten Grundsätzen (vgl. hierzu Grüneberg aaO § 339 Rdnr. 11 und 12). Diese sind nämlich nicht anwendbar. Auch die Beklagte behauptet nicht, dass sie trotz ihrer Stellung als Alleingeschäftsführerin der Klägerin deren Arbeitnehmerin gewesen sei. Zwar meint sie, eine arbeitnehmerähnliche (vgl. die Legaldefinition in § 12a Abs. 1 TVG) Person zu sein. Aber auch das ist nicht zutreffend. Es fehlte an der Abhängigkeit der Beklagten von der Klägerin. Jedenfalls im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 30.3.2011 war der operative Einfluss des Ehemanns der jetzigen Geschäftsführerin der Klägerin beendet, da er schon nach dem eigenen Vortrag der Beklagten bereits zuvor auf die Rechte aus der Handlungsvollmacht für die Klägerin verzichtet hatte. Somit bestimmte die Beklagte wie jeder andere Geschäftsführer auch allein über Umfang und Ablauf ihres Arbeitseinsatzes. Dass gewisse wirtschaftliche Zwänge aus der Verflechtung mit anderen Gesellschaften bestanden, ändert daran unter rechtlichen Gesichtspunkten nichts.

Selbst wenn die Beklagte nicht unter die im Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze fällt, schließt dies zwar nicht aus, bei ähnlicher Schutzbedürftigkeit auch ähnliche Schutzmechanismen anzuwenden. Es fehlt aber an der Schutzbedürftigkeit. Die Parteien haben am 30.3.2011 eine umfassende Auseinandersetzung getroffen. Bis dahin war die Beklagte Alleingeschäftsführerin der Klägerin, einer GmbH, und zwar zuletzt ohne Einflussnahme durch den Ehemann der jetzigen Geschäftsführerin der Klägerin auf das operative Geschäft. Die Beklagte schied mit der Vereinbarung aus der GmbH aus und zwar mit dem Ziel, sich selbständig zu machen. Die Beklagte war von der Arbeit freigestellt worden, hätte aber – wenn es nicht zur Verwirkung der Vertragsstrafe gekommen wäre – als Entschädigung mehr als ihr vorheriges Gehalt erhalten. Dem standen zwar Ausgleichsansprüche der Klägerin gegenüber, deren wirtschaftlicher Gegenwert war der Beklagten aber – von dem noch ausstehenden Übergang des Eigentums an den Gegenständen abgesehen, die ebenfalls im Rahmen der Auseinandersetzung erfolgen sollte (Ziff. 10 S. 2 der Vereinbarung) – der Beklagten bereits zugeflossen. Aus dem vom Beklagtenvertreter für die Schutzbedürftigkeit angeführten Kredit über 60.000 € war die Klägerin verpflichtet, nicht die Beklagte, so dass dieser bei der Auseinandersetzungsregelung vom 30.3.2011, bei der die Beklagte aus der Klägerin ausschied, kein Druckmittel mehr darstellte. Genauso wenig stellte die Einbindung der Klägerin in das Firmengeflecht der Mitgesellschafterin dann noch ein Druckmittel auf die Beklagte dar.

Sittenwidrigkeit ergibt sich auch nicht in Zusammenschau mit den Vereinbarungen der Parteien zu einem ab dem 30.3.2011 bestehenden Konkurrenzverbot für die Beklagte. Entgegen der vom Beklagtenvertreter im Termin vom 20.1.2012 vertretenen Meinung wurde nicht etwa ein absolutes Konkurrenzverbot vereinbart. Die Regelungen beschränkten sich darauf, dass die Beklagte für die drei Monate der Freistellung, also bis zum 30.6.2011, gegen Restgehalt im Bereich Ergotherapie gar nicht (Ziff. 6 S. 1 und Ziff. 5 S. 3 der Vereinbarung vom 30.3.2011) und in anderen Tätigkeitsbereichen nicht im Umkreis von 20 km tätig werden durfte (Ziff. 5 S. 3 der Vereinbarung). Ab dem 1.7.2011 war ihr einzig noch untersagt, Kunden der Klägerin aktiv abwerben (Ziff. 6 S. 2 der Vereinbarung). Es ist nicht erkennbar, was an dieser Regelung sittenwidrig sein sollte. Sie wird es auch nicht dadurch, dass die Beklagte bei einem Vertragsverstoß, der zur Verwirkung der Vertragsstrafe führte, für den Zeitraum bis 30.6.2011 zwar in ihrer Konkurrenztätigkeit beschränkt war, aber das Restgehalt nicht erhielt. Die Beklagte hatte es in der eigenen Hand, den Vertragsverstoß zu unterlassen, so dass dieser Fall nicht eintrat. Sie war sogar noch dadurch geschützt, dass die Vertragsstrafe mangels abweichender Parteivereinbarung nur bei einem eigenen oder zuzurechnenden Verschulden eines Erfüllungsgehilfen verfiel (Grüneberg aaO § 339 Rdnr. 15).

Schließlich folgt Sittenwidrigkeit entgegen der Meinung des Beklagtenvertreters nicht daraus, dass die Vertragstrafe mehrfach verwirkt und die Klägerin damit zeitlich unbegrenzt Vertragsstrafen „sammeln“ könne. Die Vertragsstrafe aus Ziff. 5 S. 4 der Vereinbarung kann nur einmal verfallen, da es nur einmal ein Restgehalt gibt.

(d) Eine Nichtigkeit des Vertragsstrafeversprechens folgt entgegen der Meinung des Beklagtenvertreters nicht aus BVerfGE 7,198.

Zutreffend ist allerdings, dass die rechtlichen Wertungen des Grundgesetzes auch im Zivilrecht Geltung beanspruchen. Dies aber (mittelbare Wirkung!) nur über ohnehin schon existierende Regelungen des Zivilrechts, die im Lichte der Verfassung auszulegen sind. Eine solche Norm ist § 138 BGB, der bereits oben geprüft ist. Weitere konkrete Gesichtspunkte ergeben sich aus den Grundrechten nicht. Anders als der Beklagtenvertreter meint spielt es auch im Verfassungsrecht durchaus eine Rolle, ob eine Partei anwaltlich vertreten ist und daher nicht mehr oder zumindest nicht in gleichem Maße strukturell unterlegen ist wie ohne anwaltliche Hilfe (vgl. zum Gesichtspunkt der strukturellen Unterlegenheit des einen Vertragsteils: BVerfG NJW 1994, 36, 39). Die anwaltliche Hilfe ändert zwar an einem wirtschaftlichen Ungleichgewicht nichts. Ein solches lag – wie unter (c) bereits ausgeführt – unter dem Blickwinkel des Ausscheidens der Beklagten aus der Klägerin gerade nicht vor.

(e) Die Vertragsstrafenklausel unterliegt nicht der Kontrolle nach §§ 305 ff BGB und zwar auch nicht über § 310 Abs. 3 BGB.

Dass es sich bei der Vertragsstrafeklausel um eine Allgemeine Geschäftsbedingung iSd § 305 Abs. 1 S. 1 BGB handeln würde, wird von keiner Seite behauptet. Die Voraussetzungen für einen prima facie-Beweis (Grüneberg in Palandt aaO § 305 Rdnr. 24), der weiteren Vortrag durch die an sich darlegungsbelastete Beklagte überflüssig gemacht hätte, liegen angesichts der Situation der Ausverhandlung für einen konkreten Fall nicht vor. Darüber hinaus würde die Anwendung der §§ 307 ff BGB auch daran scheitern (§ 305 Abs. 1 S. 3 BGB), dass jedenfalls bis zur letzten mündlichen Verhandlung unstreitig war (siehe zu einzelnen Punkten S. 2 des Protokolls vom 28.9.2011 = Bl. 21 d. A.), dass die komplette Vereinbarung und insb. deren Ziff. 5 zwischen den Parteien im Einzelnen ausgehandelt war.

Auf der Basis des Vortragsstands der entscheidenden letzten mündlichen Verhandlung liegen auch die Voraussetzungen für die vom Beklagtenvertreter im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.3.2012 ohne nähere Spezifizierung vertretene Anwendung des § 310 Abs. 3 BGB nicht vor. § 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB scheidet schon deshalb aus, weil keine AGB vorliegen (s.o.). Aber auch § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ist nicht anwendbar. Bei den dort behandelten Einmalbedingungen muss nämlich derjenige, der sich auf diese Vorschrift beruft, beweisen und daher im Vorfeld erst einmal behaupten, dass es sich um eine vom Vertragspartner vorformulierte Klausel handelt und er aufgrund der Vorformulierung nicht die Möglichkeit der Einflussnahme hatte (BGH NJW 2008, 2250, 2252 Rdnr. 15). Zwar soll nach teilweise vertretener Meinung ein Anscheinsbeweis möglich sein (Grüneberg aaO § 310 Rdnr. 17; aA BGH aaO, der auf S. 2253 in Rdnr. 21 gerade betont, dass bei Einmalbedingungen eine Indizwirkung nicht oder nicht in gleicher Weise bestehe, und der einen Anscheinsbeweis auch nicht thematisiert). Selbst wenn man aber einen Anscheinsbeweis prinzipiell für einschlägig hält, lägen dessen Voraussetzungen hier auf Basis des Tatsachenstands der letzten mündlichen Verhandlung angesichts der Verhandlungssituation nicht vor. Zudem betont Grüneberg, dass Grundlage des Anscheinsbeweises sei, dass der typische Verbraucher nicht das erforderliche rechtliche „know how“ habe und das ist bei Verhandlungen – wie hier – in Anwesenheit des eigenen Anwalts gerade nicht der Fall. Auch an dieser Stelle spielt die anwaltliche Vertretung entgegen der Meinung der Beklagten also eine Rolle. Kommt es damit schon gar nicht zu einer Inhaltskontrolle nach §§ 307ff BGB, so nützt der Beklagten auch § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB nichts.

(2) Die Beklagte hat gegen ihre Pflichten aus der Vereinbarung vom 30.3.2011 dadurch schuldhaft verstoßen und damit die Vertragsstrafe verwirkt, dass sie die Forderung der Klägerin ihr gegenüber entgegen ihrer Verpflichtung aus Ziff. 5 S. 7 der Vereinbarung nicht zum 30.6.2011 auf null reduziert hat. Ob die mangelnde Kooperation der Beklagten im Hinblick auf die steuerliche Behandlung des „Restgehalts“ anspruchs – wie der Klägervertreter meint – ebenfalls für einen Verfall der geltend gemachten Vertragsstrafe genügen würde, kann daneben offen bleiben.

(a) Eine solche Reduktion auf null ergibt sich nicht schon daraus, dass die Beklagte bereits im Mai 762,22 € bezahlt hatte und nach der Vereinbarung ohne weiteres Zutun der Parteien am 30.6.2011 eine Verrechnung mit dem Bruttorestgehalt der Beklagten erfolgt wäre. Denn verrechenbar war nur der Nettobetrag aus den Restgehaltsansprüchen. Auch wenn sich dies nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut der Vereinbarung ergibt, so folgt es doch aus ihrem Sinn und Zweck und unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien als Auslegungskriterien (vgl. hierzu Ellenberger in Palandt aaO § 133 Rdnr. 18) sowie mit Hilfe des Auslegungskriteriums des späteren Verhaltens der Parteien (vgl. hierzu Ellenberger aaO Rdnr. 17).

Dem Wortlaut der Verrechnungsbestimmung der Parteien (Ziff. 5 S. 5 der Vereinbarung) ist weder zu entnehmen, ob das in Ziff. 5 S. 4 der Vereinbarung ausdrücklich mit „brutto“ gekennzeichnete Restgehalt von 10.000 € in Höhe dieses Bruttobetrags verrechnet werden soll oder mit einem nach Abzug von Abgaben verbleibendem Nettobetrag. Die ausdrückliche Kennzeichnung des Betrags in S. 4 als „brutto“ legt aber nahe, dass die Verrechnung nur mit dem Nettobetrag erfolgen sollte. Denn nur bei einer solchen Unterscheidung macht die Verwendung des Begriffs „brutto“ einen Sinn.

Sinn und Zweck der Vereinbarung war es, die Schuld der Beklagten bei der Klägerin dauerhaft zu tilgen. Genau das lässt sich aber nur erreichen, wenn nur der Nettobetrag des Restgehaltsanspruchs verrechnet wird. Daran ändert sich nicht deshalb etwas, weil – wie der Beklagtenvertreter an sich zu Recht bemerkt – Steuerschuldner der Einkommensteuer der Bezieher des Einkommens, also die Beklagte, ist. Denn der das Einkommen Auszahlende, hier die Klägerin, hat die Lohnsteuer als Quellensteuer auf die Einkommensteuer sowie evtl. Sozialabgaben einzubehalten und zum nächsten Termin an die Steuerkasse bzw. die für den Einzug der Sozialabgaben zuständige Stelle abzuführen. Das lässt sich durch privatrechtliche Vereinbarungen zwischen den Parteien nicht beeinflussen. Damit wäre, wenn der Bruttobetrag verrechnet würde, zum nächsten Steuer- bzw. Sozialabgabenabführungstermin – wie der Beklagtenvertreter im Schriftsatz vom 15.3.2012 ja auch selbst annimmt – erneut eine Schuld der Beklagten gegenüber der Klägerin entstanden, da die Klägerin die Lohnsteuer und evtl. Sozialabgaben nicht aus eigenem Vermögen zu tragen hat. Etwas anderes hätte nur gelten können, wenn die Parteien in ihrem Innenverhältnis etwas abweichendes vereinbart hätten. Dafür ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich, zumal dann der Restgehaltsbetrag üblicherweise in der Vereinbarung mit „netto“ bezeichnet worden wäre. Um es nochmals zusammenzufassen: es ist für die Auslegung der Vereinbarung und damit für den Rechtsstreit unerheblich, dass – wie der Beklagtenvertreter formuliert – „die Einkommensteuer ein dem Dienstverpflichteten verschaffter Vermögenswert“ sein soll und die arbeitsgerichtliche und teilweise die Rechtsprechung des BGH eine Klage auf Bruttolohn zulässt. Denn es kommt nur darauf an, ob die Schuld der Beklagten gegenüber der Klägerin getilgt werden kann und dazu muss der Klägerin als Dienstberechtigter der volle Verrechnungsbetrag dauerhaft zur Verfügung stehen.

Es hätte auch nicht der wohlverstandenen Interessenlage beider Parteien entsprochen, wenn nur eine vorübergehende Tilgung der Schuld der Beklagten eingetreten wäre, weil dies dazu geführt hätte, dass die Trennung der Parteien erst nicht zum 30.6.2010 erreicht gewesen wäre.

Darüber hinaus haben sich die Parteien später auch genauso verhalten, dass nur der Nettobetrag verrechnet wird. So hat sich auch die Beklagte um die Klärung der Steuerfrage bemüht (Probeabrechnung ihrer Steuerberaterin vom 28.5.2011) und ging der frühere Prozessbevollmächtigte der Beklagten in der Klageerwiderung noch selbst davon aus, dass Steuern von der Beklagten zu tragen wären, vertrag dann aber, dass keine anfallen.

(b) Damit hätte der Beklagten nur noch helfen können, dass in ihrem Fall brutto und netto übereinstimmten, die Klägerin die Restgehaltsansprüche also ohne Abzüge hätte auszahlen dürfen und zwar zum Stichtag 30.6.2011. Das ist indes nicht der Fall.

Allein schon aufgrund des unstreitigen Parteivortrags steht bei Anwendung des Steuerrechts fest, dass die Klägerin auf Basis der bei ihr zum Abrechnungsstichtag vorhandenen Informationen überhaupt einen Lohnsteuerabzug hätte vornehmen müssen, wenn sie das Restgehalt hätte auszahlen müssen. Auf eine Verteilung der Beweislast und die Besonderheiten des Urkundsprozesses kommt es damit entgegen der Meinung des Beklagtenvertreters nicht an. Genauso wenig ist das Urteil des OLG München vom 21.9.2011 (7 U 4956/10) einschlägig, weil es für die Verwirkung der Vertragsstrafe genügt, dass überhaupt Abzüge vorzunehmen sind, aber nicht darauf, was im Fall des OLG München entscheidend war, in welcher Höhe.

Denn selbst bei der der Beklagten günstigen Einstufung des „Restgehalts“ als Abfindung und damit Einmalzahlung unter dem Fünftelprivileg des § 39 b EStG fallen Steuerabzüge an. Sollte das „Restgehalt“ als normaler Arbeitslohn ohne Fünftelprivileg behandelt werden, wäre die Steuerlast – das ist an sich zwischen den Parteien unstreitig – sogar noch höher, weswegen es an dieser Stelle nicht darauf ankommt, welche der beiden Verfahrensweisen die zutreffende ist. Anders wäre es nur gewesen, wenn die Beklagte der Klägerin unter Einhaltung von R 39 b.6 Abs. 3 der Lohnsteuerrichtlinien vor dem Stichtag mitgeteilt hätte, dass sie für den Rest des laufenden Kalenderjahres keinen Arbeitslohn von einem anderen Arbeitgeber beziehe, was sie aber unstreitig nicht getan hat. Im Einzelnen:

– Bei der Behandlung des Restgehaltes als Abfindung und damit steuerrechtlich als außerordentliche Einkünfte (§§ 34 Abs. 2 Nr. 2 iVm 24 Nr. 1 b EStG) greift – was in der Güteverhandlung vom 29.9.2011 ausführlich erörtert und in den Vergleichstext eingeflossen war – § 39 b Abs. 3 EStG. Grundgedanke dieser Regelungen ist, dass Einmalzahlungen zur Begrenzung der Progression so behandelt werden, als ob sie über einen Zeitraum von 5 Jahren zugeflossen wären. Das wird dadurch erreicht, dass der Einmalbetrag nur zu einem Fünftel zu den sonstigen Einnahmen hinzugerechnet wird, die daraus resultierende zusätzliche Steuer dann aber auch mit fünf multipliziert wird. Soweit der Einmalbetrag der Lohnsteuer unterfällt, ist dazuhin noch eine zusätzliche Regelung dazu erforderlich, dass die Lohnsteuerberechnung auf unterjähriger Basis erfolgt. Daher wird in diesem Fall in einem gesonderten Schritt der voraussichtliche Jahresarbeitslohn ermittelt, um das Fünftelprivileg auf seiner Basis durchzuführen. Das setzt bei einer Auszahlung des Einmalbetrags während des laufenden Jahres voraus, dass eine Prognose über den Gesamtarbeitslohn erfolgt. Die näheren Einzelheiten hierzu regelt R39b.6 Abs. 2 und 3 der Lohnsteuerrichtlinien. Wie sich aus dessen Abs. 3 S. 5 und 6 für die hier einschlägige Konstellation ergibt, dass der Arbeitnehmer für den Rest des Jahres nicht mehr beim gleichen Arbeitgeber arbeiten wird, hat sich der Arbeitgeber bei der Abrechnung weitgehend auf die Angaben des Arbeitnehmers zu verlassen. Erklärt sich der Arbeitnehmer indes nicht, so wird der beim Arbeitgeber bisher angefallene Lohn auf das gesamte Jahr hochgerechnet.

Vorliegend war eine solche Erklärung der Beklagten nicht zeitnah vor dem 30.6.2011 erfolgt und das, obwohl die Klägerin die Beklagte hierzu mehrfach aufgefordert hatte (die schriftlichen Aufforderungen sind ausdrücklich unstreitig). Die vagen Absichtserklärungen, die die Beklagte im Zusammenhang mit den Verhandlungen am 30.3.2011 in den Raum gestellt hatte, genügen den Anforderungen der Lohnsteuerrichtlinien dagegen nach Sinn und Zweck nicht, da die Lohnsteuerabrechnung nicht ins freie Belieben der Beteiligten gestellt wird. Zudem hatte sich die Beklagte damals auch Zusagen für eine abhängige Beschäftigung geben lassen, was die damalige Aussage weiter verwässerte.

Hatte die Klägerin bei der Abrechnung des Restgehalts der Klägerin daher das bei ihr im Kalenderjahr 2011 bisher angefallene Gehalt auf das ganze Jahre hochzurechnen, so hätte sich – selbst wenn die der Beklagten günstigste Variante unterstellt wird, dass die Gehälter der ersten drei Monate als das Gehalt für die ersten 6 Monate angesehen wird – ein Jahresarbeitslohn von 3 x 2.524,86 € x 2 = 15.149,16 € ergeben (das zu versteuernde Monatsgehalt ist den vorgelegten Probeabrechnungen entnommen und liegt – wohl wegen des Anspruchs auf Privatnutzung des Firmen-PKW – etwas über den Angaben im Geschäftsführervertrag). Wird ein Fünftel des „Restgehalts“ von .10.000 € und damit 2.000 € hinzuaddiert, so ergibt sich ein zu versteuernder Gesamtjahreslohn von 17.149,16 €, der auf Basis der den vorgelegten Lohnabrechnungen beider Seiten zu entnehmenden Lohnsteuermerkmalen (LSt-Klasse 1, Kinderfreibetrag 0,5) eine Lohnsteuer nach der Besonderen Tabelle von 1.237 € ergibt (dass die Klägerin höhere Vorsorgeaufwendungen als pauschal berücksichtigt gemeldet gehabt hätte, ist nicht dargelegt und solche sind bei der Abrechnung für die ersten drei Monate 2011 auch nicht berücksichtigt, wie sich aus einem Bruttomonatslohn von 2.524,86 € und einer Lohnsteuer von 402,75 € ergibt – die in der Anlage B2 aufaddierten Zahlen jeweils durch drei geteilt, beim Bruttolohn nach Abzug der Einmalzahlung von 10.000 €). Ohne den Einmalbezug des „Restgehaltes“ fällt bei einem Gesamtjahreslohn von 15.149,16 € Lohnsteuer in Höhe von 786 € an. Die Differenz zwischen beiden Lohnsteuerbeträgen (1.237 € und 786 €) multipliziert mit fünf ist dann die aus dem Einmalbetrag abzuführende Lohnsteuer. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer interessieren an dieser Stelle nicht, da der Nettobetrag aus dem Restgehalt damit auch schon ohne sie unter den für die Tilgung der Forderung der Klägerin noch erforderlichen 10.000 € liegt.

Hinsichtlich der Besonderen Lohnsteuertabellen (bT) sie noch folgendes angemerkt: Zwar werden solche inzwischen von der Finanzverwaltung nicht mehr selbst herausgegeben. Sie stellt aber die dafür erforderlichen Programmabläufe zu Verfügung. Hieraus speisen sich u.a. auch die allgemein einschlägigen Internetabgabenrechner einschließlich demjenigen des Bundesfinanzministeriums.

Soweit die Beklagte auf S. 3 des Schriftsatzes vom 9.1.2012 (= Bl. 40) demgegenüber behauptet, dass die Steuerpflicht bei ihr erst bei 17.000 € beginne, müssen dem weitere Informationen zugrunde liegen, die (soweit der Betrag nicht auf dem ohnehin erst im letzten Quartal bewilligten und daher hier nicht interessierenden Freibetrag von 17.569 € beruht) weder dem Gericht noch – was ohnehin entscheidend ist – der Klägerin rechtzeitig zugänglich gemacht worden waren. Darüber hinaus wäre selbst dann ein – allerdings deutlich geringerer – Lohnsteuerzahlbetrag angefallen.

– wird das Restgehalt dagegen als „normaler“ Arbeitslohn für die Monate April bis Juni 2011 angesehen, so ergeben sich bei der steuerlichen Behandlung keine Besonderheiten. Selbst wenn die Auszahlung Ende Juni 2011 nicht als eine solche nur für den Monat Juni behandelt wird (das dürfte der Abrechnung der Klägerin zugrunde liegen, die mit einer Lohnsteuer von 3.419 € endet), sondern von einem Bezug von einem Drittel dieser Summe für April, Mai und Juni ausgeht und daher dreimal einen Monatslohn von 3.333,33 € zugrunde legt, ist bei den Lohnsteuermerkmalen der Beklagten ohne weiteres erkennbar, dass eine Lohnsteuerbelastung vorliegt. Dafür genügte (s. o.) ja bereits ein Monatsgehalt von 2.524,86 €.

(c) Hatte die Beklagte damit neben den im Mai bezahlten 762,22 € zum 30.6.2011 einen weiteren Betrag zu bezahlen, der selbst in dem für sie günstigsten Fall im vierstelligen Bereich lag, ist sie hiermit – was weitere Voraussetzung für die Verwirkung der Vertragsstrafe ist – auch in Verzug (§ 286 BGB) geraten. Die dafür erforderliche Fälligkeit am 30.6.2011 ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Vereinbarung vom 30.3.2011 selbst (offene Forderung infolge der Verrechnung am 30.6.2011; eine Abrechnung durch die Klägerin ist nicht vereinbart worden); da sie damit nach dem Datum bestimmt war, bedurfte es keiner Mahnung (§ 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Vom dann vermuteten Vertretenmüssen der Beklagten (§ 286 Abs. 4 BGB) vermochte sie sich nicht zu entlasten:

– Die Beklagte beruft sich zu Unrecht darauf, dass es an ihrem Verschulden fehle, weil die Klägerin ihr den (richtigen) Lohnsteuerbetrag nicht mitgeteilt habe.

Zwar ist es an sich zutreffend, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuerabrechnung vorzunehmen hat. Das setzt aber erst einmal voraus, dass das Gehalt überhaupt anfällt und nicht statt dessen der Vertragsstrafe anheim.

Für die hier interessierenden, im Vorfeld des 30.6.2011 und daher zutreffenderweise von beiden Seite als „Probe“abrechnungen bezeichneten Prognosen gibt es eine solche Pflicht des Arbeitgebers dagegen nicht. Vielmehr haben beide Seiten die Möglichkeit, solche Prognoseberechnungen anzustellen und haben dies – über die Rechenprogramme ihrer jeweiligen Steuerberater – ja auch getan. Es kommt noch hinzu, dass die Klägerin solange an der Erstellung der „richtigen“ Probeabrechnung gehindert war, als die Beklagte ihren Mitteilungspflichten nach den Lohnsteuerrichtlinien nicht nachgekommen war. Es besteht jedenfalls keine Pflicht der Klägerin, alle erdenklichen Varianten durchzurechnen und der Beklagten zur Auswahl zukommen zu lassen. Angesichts der jederzeitigen Möglichkeit der Beklagten, die lohnsteuerrechtlich erforderliche Erklärung abzugeben, war es zudem nicht zu beanstanden, dass die Klägerin der Beklagten das Ergebnis der ihr bei Unterbleiben der Erklärung ungünstigen Abrechnung erst am 30.6.2011 übermittelt hatte.

– Weiterhin entlastet es die Beklagte nicht, dass ihre eigene Steuerberaterin zum Ergebnis gekommen war, dass keine Steuer anfalle.

Die Berechnung ihrer Steuerberaterin wäre dann richtig gewesen, wenn – was allerdings im Urkundenprozess nicht abschließend hätte geklärt werden können – das Restgehalt tatsächlich als Abfindung zu qualifizieren ist und – was unstreitig nicht der Fall war – die Beklagte der Klägerin vor dem 30.6.2011 die Mitteilung hätte zukommen lassen, dass sie den Rest des Jahres nicht abhängig beschäftigt tätig sein werde. Denn dann wäre bei der Errechnung der Lohnsteuer aus dem Einmalbetrag des „Restgehalts“ als sonstiger Jahresarbeitslohn nur das von der Klägerin in den ersten drei Monaten bezogene Gehalt ohne weitere Hochrechnung zugrunde zu legen gewesen und damit hätte der Jahresarbeitslohn samt einem Fünftel der Abfindung unter dem (Jahres-)Grenzbetrag gelegen, ab dem erst Lohnsteuer anfällt.

Nur fehlt es eben gerade an der entsprechenden Mitteilung der Beklagten an die Klägerin. Und dass dieser Umstand nicht mitgeteilt, aber bei der Berechnung durch die Steuerberaterin berücksichtigt wurde, beruht entweder auf eigenem Verschulden der Beklagten oder dem ihres damaligen Rechtsanwalts oder dem der Steuerberaterin. Und das Verschulden letzterer beider hat sich die Beklagte nach § 278 BGB zuzurechnen lassen, da sie sich ihrer zur Erfüllung ihrer Pflichten gegenüber der Klägerin bedient hatte – nämlich den korrekten Betrag für die Überweisung der anfallenden Abgaben an die Klägerin zu ermitteln.

Anders als der jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten meint, ist auch RA … insoweit als ihr Erfüllungsgehilfe tätig geworden. Er hatte – wie sich auch aus seiner Anwesenheit bei den Verhandlungen vom 30.3.2011 ergibt und was die Beklagte an sich nicht in Abrede stellt – Vollmacht in dieser Angelegenheit. Sollte sie ihm Informationen zur Weiterleitung an den Klägervertreter erteilt haben, so hat sie sich auch insoweit seiner als eines Erfüllungsgehilfen bedient.

– Da die Beklagte der Klägerin die nötigen Informationen nicht hatte zukommen lassen, nützt der Beklagten auch eine Auskunft des Finanzamts über eine Abzugsfreiheit nichts, um sich vom Vertretenmüssen zu entlasten. Zudem dürfte sie vom Oktober 2011 stammen und den dann eingetragenen Freibetrag von 17.589 € berücksichtigen, der für die hier zu beurteilende Situation am 30.6.2011 unerheblich ist.

– Genauso wenig kann sich die Beklagte erfolgreich darauf berufen, dass RA … als ihr damals außergerichtlich tätig werdender Rechtsanwalt Anschreiben des Klägervertreters zurückgehalten hat. Zur generellen Erfüllungsgehilfenschaft ist schon oben vorgetragen. Für die eingehende Post gilt nichts anderes. Die Weiterleitung der eingehenden Informationen fällt in seinen Aufgabenkreis als Erfüllungsgehilfe (vgl. i.Ü. auch §§ 164 Abs. 3, 170 BGB).

I.Ü. sei noch auf folgendes hingewiesen: Selbst wenn man der Auffassung sein sollte, dass es (zunächst) am Verschulden der Beklagten gefehlt hatte, weil ihr die Klägerin das (richtige) Ergebnis der Lohnsteuerprobeabrechnung erst am 30.6.2011 abends mitgeteilt hatte, so würde dies nichts daran ändern, dass die Beklagte überhaupt in Verzug geraten war. Denn diese Mitteilung würde dann Anfang Juli 2011 den Verzug herbeigeführt haben, wobei trotz Überschreitens des an sich vorgesehenen Zahltermins vom 30.6.2011 keine Mahnung erforderlich gewesen wäre, weil außer dem Verschulden alle Tatbestandsmerkmale des Verzugs vorlagen und bei Fälligkeit bereits alle Informationen bei Rechtsanwalt … als Erfüllungsgehilfen der Beklagten vorhanden waren (im Fall des BGH in NJW 2006, 3271 war nur deshalb eine Mahnung erforderlich, weil ein Bestimmungsrecht der Gläubigerin entfallen war; hier bleibt es auf jeden Fall bei der Fälligkeit am 30.6.2011; i.Ü. läge ja auch die Mahnung vom Fälligkeitstag 30.6.2011 vor, die trotz einer evtl. Zuvielforderung wirksam war, weil die Beklagte erkennen konnte, was geschuldet war, und die Klägerin zur Entgegennahme geringerer Zahlungen bereit war, vgl. Grüneberg in Palandt aaO § 286 Rdnr. 20). Eine Aufschlüsselung des angeforderten Zahlbetrags war gegenüber der Beklagten nicht erforderlich, da sie diese bei einer echten Lohnabrechnung auch nicht erhalten hätte. Und dass die Beklagte tatsächlich weniger als 3.863,99 € schuldete, kann sie mit den Mitteln des Urkundenbeweises nicht beweisen – insoweit geht es nicht mehr nur um aus dem Gesetz ableitbare Berechnungen.

(3) Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 20.1.2012 erläutert, wegen Offenkundigkeit aber nicht protokolliert, hat die Klägerin die Rechte aus der Vertragsstrafe nicht dadurch verloren, dass die Klägerin kein Vorbehalt bei einer Annahme gemacht hatte (§ 341 Abs. 3 BGB).

Daran ändert die erstmals im nicht nachgelassenen Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 15.3.2012 thematisierte Zahlung von 762,22 € am 5.5.2011 nichts. Denn bei Teilleistungen wie hier ist der Vorbehalt erst bei der Erbringung der letzten Teilleistung anzubringen (BGHZ 73, 243, 248; Gottwald in Münchener Kommentar zum BGB 5. Auflage § 341 Rdnr. 11). Dies folgt hier im Übrigen auch aus dem zeitlichen Ablauf. Die Teilzahlung der 762,22 € fand nahezu 8 Wochen vor der Fälligkeit der Schuld – auch des überwiesenen Betrags – statt. Eine Vertragsstrafe war mithin noch nicht verfallen und konnte daher auch nicht vorbehalten werden. Zudem hatte die Klägerin keine Hinweise, dass es sich um eine Schlusszahlung handeln würde, zumindest ist hierzu nichts vorgetragen. Damit bestand auch aus diesem Grund keinerlei Veranlassung, sich etwas vorzubehalten, von dessen Eintritt die Klägerin nicht ausgehen musste.

(4) Die Klägerin hat ihre Rechte an der verfallenen Vertragsstrafe entgegen der Meinung der Beklagten nicht verwirkt (§ 242 BGB), denn sie hat sie nicht unredlich erworben (Grüneberg aaO § 242 Rdnr. 42 ff).

Zwar kann der Versprechensempfänger, hier also die Klägerin, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Rechte aus einer angefallenen Vertragsstrafe dadurch verwirkt haben, dass er selbst den oder einen gravierenden Grund dafür setzt, dass der Versprechende, hier die Beklagte, ein Fehlverhalten begeht, das den Verfall der Vertragsstrafe auslöst (BGH NJW-RR 1991, 568, 570). Es ist aber weder von der Beklagten vorgetragen noch sonst erkennbar, dass die Klägerin oder ihr zuzurechnende Personen etwas dazu beigetragen hätten, dass die Beklagte auf die Aufforderung der Klägerin, nähere Angaben zur steuerlichen Behandlung des Restgehalts zu machen, nicht reagierte. Dass die Klägerin die Beklagte nach mehreren erfolglosen Versuchen am 30.6.2011 erneut zur Zahlung anhielt und das Schreiben mit dem aus dem Verhalten der Beklagtenseite folgenden hohen Abgabenbetrag u. U. nach dem Büroschluss des RA … bei diesem einging, begründet schon deshalb keine Verwirkung, weil die Beklagte selbst durch das ihr zuzurechnende Verhalten des RA …, sich taub zu stellen, hierzu wesentlich beigetragen hatte und sich selbst dem Vorwurf treuwidrigen Verhaltens ausgesetzt sieht.

Inwieweit sonstiges Verhalten des Versprechensempfängers zur Verwirkung des Rechts auf oder aus einer Vertragsstrafe führen kann, kann offen bleiben. Die von der Klägerin ausgesprochene Nutzungsuntersagung die Gegenstände betreffend, für die die Beklagte den Betrag von 10.762,22 € zu entrichten hatte, wurde vom Klägervertreter zwar schon mit Schreiben vom 25.5.2011 ausgesprochen, aber bezog sich – wie sich aus dem Zusammenhang mit dem Hinweis auf die Eigentümerstellung ergibt – nur auf den Zeitraum nach dem 30.6.2011 und nur auf den Fall, dass die Beklagte ihren Zahlungspflichten nicht nachkommt. Und das ist nicht zu beanstanden. Denn ohne die Zahlung blieb die Klägerin Eigentümerin der Gegenstände und eine in der Vereinbarung vom 30.3.2011 möglicherweise enthaltene Nutzungsgestattung wäre aufgrund der Nichtzahlung durch die Beklagte widerruflich und der Widerruf somit nicht zu beanstanden gewesen. Die Behauptungen der Beklagten zur Namensnutzung auf der Website sind streitig und die Beklagte kann ihre Version nicht mit den im Urkundsprozess zulässigen Beweismittel beweisen. Das von der Beklagten weiter vorgetragene Verhalten der Klägerin aus der Zeit vor der Vereinbarung vom 30.3.2011 genügt erst recht nicht.

(5) Eine Herabsetzung der Vertragsstrafe (§ 343 BGB) kommt jedenfalls im Urkundsprozess nicht in Betracht, wobei – was der Beklagtenvertreter im Schriftsatz vom 15.3.2012 übersieht – eine Herabsetzung der Vertragsstrafe auf null schon an § 343 Abs. 1 S. 3 BGB scheitern würde. Denn soweit bezahlt wurde, findet eine nachträgliche Kontrolle nicht mehr statt.

Die aus Ziff. 5 der Vereinbarung verwirkte Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 € überschreitet angesichts der Hartnäckigkeit, mit der die Beklagte bzw. die ihr zuzurechnenden Personen vor dem 30.6.2011 eine Klärung der steuerlichen Rahmendaten und damit die Gesamterledigung des Forderungsteils verhinderten, und angesichts des nicht geringen Verschuldens der steuerlich beratenen Beklagten und angesichts der Höhe der Vertragsstrafe im Verhältnis zum Gesamtkomplex unter Berücksichtigung des berechtigten Interesses der Klägerin an der Druckfunktion der Vertragsstrafe selbst unter Berücksichtigung der im Prozess erfolgten Zahlungen nicht den den Parteien zustehenden Spielraum der Angemessenheit, was aber Voraussetzung für eine richterliche Herabsetzung an die oberen Grenze des Spielraums wäre (Rieble in Staudinger BGB § 343 (Bearb. 2009) Rdnr. 100 f).

Zum Argument des Beklagtenvertreters, dass der Klägerin kein Schaden entstanden sei, muss auf folgendes hingewiesen werden: Der Schaden besteht – wenn die Vertragsstrafe hinweggedacht wird – schon darin, dass der eigentlich geschuldete Betrag von 10.762,22 € jedenfalls ab dem nächsten Steuertermin in der Höhe (wieder) offen ist, in der die Klägerin die Lohnsteuer abführen muss. Das sind maximal und damit wegen der Beweislast der Beklagten für die für die Herabsetzung der Strafe entscheidenden Umstände (Grüneberg aaO § 343 Rdnr. 7) ca. 3.900 € (vgl. S. 2 der Anlage K 11), zu denen bei einem mit 50% am Gesellschaftsvermögen beteiligten Geschäftsführer zwar keine Sozialabgaben (Kreikebohm SGB VI 2. Auflage S. 34 f), aber die weiteren Kosten und der als immaterieller Schaden berücksichtigungsfähige (Rieble aaO Rdnr. 112 aE) weitere Ärger für das Eintreiben der Restforderung kommen. Außerdem entspricht es der ständigen Rechtsprechung seit 1907 (Urteil des RG vom 17.9.1907 – III 72/07), dass die Regeln zur Herabsetzung der Vertragsstrafe gerade keine Hintertür darstellen, über die die von einem konkreten Schadensnachweis abgekoppelte Vertragsstrafe doch dem Schadensersatz gleichgestellt wird (vgl. auch RGZ 103, 99 oder BGH NJW 1984, 919. 921 sowie Rieble aaO Rdnr. 112 oder Gottwald aaO § 343 Rdnr. 20). Das ändert zwar nichts daran, dass der Schaden oder besser: ein möglicher Schaden ein Bemessungskriterium der Höhe der Vertragsstrafe ist. Er stellt aber nicht die Obergrenze der Angemessenheit dar.

Auch vermag die Kammer nicht zu erkennen, warum eine geringe Pflichtwidrigkeit der Beklagten angenommen werden könnte. Sie haftet nach § 278 BGB sowohl für ihren Erfüllungsgehilfen RA … als auch ihre Erfüllungsgehilfin Steuerberaterin …. Es mag zwar sein, dass – soweit es um Vorsatz geht – auf die Beklagte abzustellen ist und nicht auf ihre Erfüllungsgehilfen (so Rieble aaO Rdnr. 107; vgl. für den Bereich des § 254 BGB auch Grüneberg aaO § 254 Rdnr. 65). Vorsatz wird der Beklagten aber auch nicht unterstellt und im Fahrlässigkeitsbereich besteht keine Veranlassung, die Beklagte von der Verantwortung für ihre Erfüllungsgehilfen freizustellen. Dies würde vielmehr dem Zweck der Vertragsstrafe insb. als Druckmittel zuwider laufen, denn sie könnte sonst durch Delegation auf andere Personen unterlaufen werden. Denn meist ist beim Abschluss des Vertragsstrafenversprechens noch nicht einmal ersichtlich, mit welchen Erfüllungsgehilfen zusätzlich Vertragsstrafenvereinbarungen abgeschlossen werden müssten, um den durch sie beabsichtigten Druck auf alle in Frage kommenden Beteiligten ausüben zu können.

Weiter ist im Rahmen der Angemessenheit auch zu berücksichtigen, dass die Parteien eine Vertragsstrafe alternativ dazu gewählt hatten, den Restgehaltsanspruch per Bedingung an die Einhaltung der Zahlungsvoraussetzungen der Beklagten zu koppeln. Bei dieser nicht zu beanstandenden Variante wäre gegen den Verlust des Anspruchs in Höhe von 10.000 € nichts einzuwenden gewesen. Zudem ist die Bedeutung, die die Parteien der Druckfunktion zugemessen haben, gerade um Prozesse wie den vorliegenden zu verhindern, zu respektieren (OLG Frankfurt Urteil vom 25.2.1997 – 8 U 192/96, juris-Rdnr. 10) und hier wurde die Vertragsstrafe im direkten räumlichen Zusammenhang mit diesen beiden gegenseitigen Forderungen in Höhe von jeweils 10.000 € vereinbart.

Zugunsten der Beklagten ist allerdings die inzwischen erfolgte Zahlung des maximal möglichen Lohnsteuerbetrags durch die Beklagte – da es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt, Rieble aaO Rdnr. 118 und 123 – zu berücksichtigen und wohl auch die weiteren Zahlungen in Höhe von 2 x 1.000 €.

Bei all diesen Gesamtumständen erscheint ein Vertragsstrafenbetrag, der sich im Bereich der gegenseitigen Forderungen vor der Verrechnung, nämlich jeweils ca. 10.000 € bewegt, nicht außerhalb des Spielraums, den der Gesetzgeber den Parteien eingeräumt hatte. Das Gewicht der hohen späteren Zahlung der Beklagten, die der Obergrenze des Abgabenbetrags entspricht nebst weiteren 2.000 €, wird durch die besonders starke frühere Hartnäckigkeit aufgewogen und kann daher eine Absenkung des an sich schon ohne das gravierende Verhalten vor dem 30.6.2011 nicht rechtfertigen.

cc. Inwieweit die während des Gerichtsverfahrens geleisteten Zahlungen der Beklagten von zweimal 1.000 € und einmal 3.863,99 € überhaupt auf die Forderung der Klägerin anzurechnen sind oder einen anderen Tilgungszweck hatten, ist an dieser Stelle nicht zu untersuchen. Denn die Klägerin macht infolge der Erledigungserklärungen keinen höheren Zahlbetrag mehr geltend als den, der sich bei der Anrechnung ergibt.

4. Die Ausgleichsforderung der Klägerin ist iÜ nicht dadurch zunächst reduziert worden und durch die im vorherigen Absatz erwähnten weiteren Zahlungen erloschen, dass im Oktober/November 2011 wenigstens ein materiell-rechtlicher Vergleich zustande gekommen wäre.

Abgesehen davon, dass auch die Zahlungen durch die Beklagte selbst, wenn ihnen eine Annahmeerklärung entnommen werden können sollten, außerhalb der Annahmefrist erfolgt wären, zieht im vorliegenden Fall das Nichtzustandekommen des prozessualen Vergleichs die Unwirksamkeit des materiellen Vergleichs nach sich. Das ist zwar in der vorliegenden Richtung nicht zwingend der Fall; ist aber ein prozessualer Vergleich angestrebt und kommt dieser nicht zustande, dann will die Partei, die die Annahmefrist gesetzt hat bzw. die Parameter für die kurze Annahmefrist gesetzt hat, gerade nicht, dass ein materiell-rechtlicher Vergleich wirksam wird.

5. Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus § 288 BGB unter Berücksichtigung der Teilzahlungen der Beklagten während des Prozesses. Verzug war zum 1.7.2011 eingetreten (vgl. oben 3. b. bb. (2) (c)).

III. Weitere Zahlbeträge stehen der Klägerin aus dem Vertragsstrafeversprechen in Ziff. 11 der Vereinbarung nicht zu.

1. Das folgt allerdings nicht schon daraus, dass diese Vertragsstrafeversprechen nicht wirksam vereinbart worden wäre.

Zunächst kann auf die Ausführungen oben unter II 3 b. bb. (1) verwiesen werden.

Zwar kann sich bei dieser Vertragsstrafe die Frage stellen, ob wegen der möglichen mehrfachen Verwirkung der Vertragsstrafe die Grenze zu § 138 BGB überschritten wird. Die Frage ist aber zu verneinen. Alle dauerhaft verbleibenden Verpflichtungen der Beklagten, die überhaupt für eine mehrfache Verwirkung der Vertragsstrafe in Betracht kommen, haben schwerwiegenden Charakter (z. B. die aktive Abwerbung von Kunden der Klägerin), so dass ein berechtigtes Interesse der Klägerin erkennbar ist, dem durch eine empfindliche Vertragsstrafe entgegen zu wirken. Bei hartnäckigen Verstößen mag sich die Beklagte dadurch auch in eine Existenzgefährdung begeben, was an sich als Grenze zur Sittenwidrigkeit gesehen wird (Rieble in Staudinger BGB § 339 (Bearb. 2009) Rdnr. 37). Angesichts der im Recht der Unterlassung und der dazu vereinbarten Vertragsstrafen immer noch existierenden Figur des Fortsetzungszusammenhangs (Grüneberg aaO § 339 Rdnr. 18), der hier auch nicht abbedungen wurde, und angesichts der klar abgegrenzten für das Verwirken erforderlichen Verstöße samt Verschuldensabhängigkeit der Verwirkung der Vertragsstrafe genügt es – zumal im Anwendungsbereich des § 343 BGB – nicht, dass die Beklagte (erst) durch mehrfache Verwirkung der Vertragsstrafe in Existenzgefährdung geraten kann.

2. Es greift aber die Herabsetzung nach § 343 BGB.

Wie bereits oben unter II 3. b. bb. (5) ausgeführt, stellt der möglicherweise eintretende Schaden ein Bemessungskriterium dar. Die Druckfunktion kann – was in anderem Zusammenhang auch § 641 Abs. 3 BGB zeigt – keine Rechtfertigung dafür darstellen, die Höhe der Vertragsstrafe unbegrenzt darüber hinaus in die Höhe zu treiben. Auch wenn § 641 Abs. 3 BGB nur einen nach Intention des Gesetzgebers vorübergehenden Zahlungsausfall für den mit der Mangelbeseitigung säumigen Unternehmers bewirkt, können die dortigen Überlegungen mitherangezogen werden. Denn seit der Druckzuschlag vom dreifachen auf den zweifachen Mangelbetrag herabgesetzt wurde, ist die Gefahr gewachsen, dass der Unternehmer es vorzieht, gar nicht mehr tätig zu werden und auf den Restlohn zu verzichten (insb. bei schwierigen Beziehungen, in denen nicht gesichert ist, dass der Besteller mit dem Ergebnis der Nacherfüllung einverstanden ist und auch tatsächlich ohne weiteren Aufwand bezahlt). Wird dann noch der durch die Verankerung der anderen Vertragsstrafe in Ziff. 5 zum Ausdruck gekommene Stellenwert des Druckzuschlags für die Parteien im Zusammenhang mit der pekuniären Abwicklung berücksichtigt (siehe die Erwägungen oben bei der Ablehnung der Herabsetzung der Vertragsstrafe aus Ziff. 5 der Vereinbarung) und die Hartnäckigkeit der Verweigerung der Mitwirkung durch die Beklagtenseite, so ist zwar ein Betrag von ca. des 2 1/2.-fachen des möglichen Schadens hinzunehmen. Ein noch höherer Betrag – also insb. insgesamt 20.000 € – überschreitet dann aber, insb. unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Zahlungen der Beklagten, den Rahmen dessen, was von der Parteiautonomie für eine angemessene Höhe noch gedeckt ist.

IV. Der sich nach Ansicht der Klägerin aus der Abrechnung der Versicherungsbeiträge ergebende Saldo kann ihr nicht auf Basis einer anderen Anspruchsgrundlage zugesprochen werden.

Denn dies ist nicht Streitgegenstand des vorliegenden Prozesses. Der Sachverhalt ähnelt dem einer Klage aus einem Wechsel, Scheck oder Schuldanerkenntnis; auch dort wird wegen der unterschiedlichen Streitgegenstandsbegriffe nicht über das Grundgeschäft (mit)entschieden (Reichold in Thomas/Putzo ZPO 32. Auflage Einl. II Rdnr. 32).

Es kann auch nicht von einer konkludenten Anstaffelung eines weiteren Streitgegenstands ausgegangen werden. Denn das Thema, dass diese Forderungen nicht unter die Vereinbarung vom 30.3.2011 fallen, war bereits im Gütetermin angeschnitten worden. Dass damals trotzdem eine Sachaufklärung versucht wurde, erfolgte unter dem Gesichtspunkt einer Gesamterledigung. Die Klägerseite hat aus der Rechtsansicht der Kammer, dass die Versicherungsabrechnung nicht unter Ziff. 5 der Vereinbarung vom 30.3.2011 fällt, weder damals noch später prozessuale Konsequenzen gezogen.

V. Hinsichtlich der Feststellunganträge ist der Klage stattzugeben.

1. Die Erledigungserklärungen der Klägerin sind – weil sich die Beklagte ihnen nicht angeschlossen hat – als Antrag auf Feststellung der Erledigung durch die entsprechenden Zahlungen zu behandeln.

2. Die Klage hat auch insoweit Erfolg. Wie sich aus den obigen Ausführungen zur Verwirkung einer Vertragsstrafe von 10.000 € ergibt, war die Klage auch insoweit zulässig und begründet, bis die Beklagte die Forderungen durch Zahlung zum Erlöschen gebracht hat.

Ein Erlöschen ist auch tatsächlich eingetreten. So hatte die Klägerin als Leistungsbestimmung bei der Zahlung 3.689,99 € ausdrücklich „lohnsteuerliche Abzüge“ angegeben. Sie hat zwar „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, dennoch verbindlich, unter Vorbehalt der Rückforderung“ bezahlt, das hindert aber die Erfüllungswirkung nicht, da erkennbar nur die Wirkung des § 814 BGB ausgeschlossen werden sollte (vgl. hierzu Grüneberg aaO § 362 Rdnr. 14). Was die Zahlungen der 2 x 1.000 € anbelangt, so waren sie zwar an sich dazu bestimmt, dass die Vertragsstrafe aus dem vorgesehenen Vergleich getilgt wird. Infolge Nichtbestehens dieser Forderung gelten an sich die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 366 f BGB (Grüneberg aaO § 366 Rdnr. 7). Hierbei bleibt aber zu respektieren, dass die Beklagte eine Hauptforderung tilgen wollte. Besteht wie hier nur eine, so wird diese getilgt (vgl. zur Darlegungslast Grüneberg aaO Rdnr. 12).

E. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 4, 711 ZPO.

F. Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 15.3.2012 gibt zu keiner Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung Veranlassung.

Die zwingenden Wiedereröffnungsgründe des § 156 Abs. 2 ZPO sind nicht geltend gemacht und auch nicht sonst ersichtlich. Insbesondere hatte die Kammer den Beklagtenvertreter nicht auf rechtliche Gesichtspunkte hinzuweisen, die den neuen Tatsachenvortrag in diesem Schriftsatz hätte hervorrufen können. Vielmehr handelt es sich um durchweg neue Einwendungen. Jedenfalls wenn von keiner Seite auch nur ansatzweise bisher etwas in diese Richtung vorgetragen war, verpflichtet § 139 ZPO auch in der weitest gehenden Auslegung nicht dazu, darauf hinzuweisen. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den Prozess anstelle der Parteien zu führen.

Auch soweit die Wiedereröffnung im Ermessen der Kammer steht (§ 156 Abs. 1 ZPO), erscheint dies nicht geboten. Die Beklagte hatte zwischen Klagezustellung und letztem Verhandlungstermin am 29.1.2012 rund 6 Monate Zeit, ihren Sachvortrag zu halten.

Folge der fehlenden Wiedereröffnung ist, dass der neue Sachvortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 15.3.2012 wie z. B. die behaupteten Drohungen gegenüber einer sensiblen Beklagten oder dass die tatsächlichen Voraussetzungen für § 310 Abs. 3 BGB vorlägen, auch nicht berücksichtigt werden kann.

 

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