AG Wiesbaden – Az.: 92 C 3781/07 (13) – Urteil vom 13.04.2011
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 70,– Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7.1.2011 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtstreits hat der Kläger 19/20, die Beklagte 1/20 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Parteien wird gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beitreibbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die zur Zwangsvollstreckung berechtigte Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger war seit dem 16.3.2004 Mieter einer Wohnung im Hause H.-Str. … in M.-K., das in den Dreißigerjahren errichtet worden war. Vermietet wurde ihm von der Beklagten bis zum 31.7.2009 für Euro 402,81 brutto eine vollmodernisierte Wohnung, die allerdings bezüglich des Schallschutzes nicht diesen Anforderungen genügte, da es eine hellhörige Trennwand gab. Der Kläger zahlte den vereinbarten Mietzins in der Folgezeit. Mit Schreiben vom 16.9.2004 und 2.1.2005 (Blatt 65 ff. d. A.) rügte der Kläger Lärmbelästigungen, mit Schreiben vom 17.4.2005 (Blatt 12 ff. d. A.) erklärte er einen Minderungsvorbehalt.
Mit der Klage werden Rückzahlungsansprüche wegen Mietminderungen im Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.8.2007 geltend gemacht, der Höhe nach 10 % des für den Zeitraum gezahlten Euro 12.563,25.
Der Kläger behauptet, es habe Lärm wie in den Lärmprotokollen (Blatt 14, 16, 167 – 193 d. A.) aufgelistet, gegeben. Insbesondere habe er das Ausziehen der Bettcouch nach 22.00 Uhr, das Abspielen lauter Musik, das Übernachten von vier bis fünf Personen im kleinen Wohnraum der Nachbarwohnung der Zeugen E., das Säuglingsgeschrei, das Staubsaugen in der Mittagsruhe und an Sonntagen deutlich gehört.
Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.256,33 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.1.2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat gemäß Beweisbeschluss vom 15.2.2011 (Blatt 560 ff. d. A.) Beweis erhoben. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9.3.2011 (Blatt 571 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Dem Kläger steht gemäß § 812 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des Mietzinses zu, soweit er die von ihm behaupteten Minderungsgründe beweisen konnte, bzw. hierfür ausreichenden Vortrag lieferte. Danach war die Beklagte verpflichtet, ihm den zuviel gezahlten Mietzins zurückzuzahlen, weil ihr die Mietminderung nur einen geringeren als den vertraglich Vereinbarten beließ, so dass sie bezüglich des übrigen Teiles ungerechtfertigt bereichert war. Nähere Ausführungen hierzu erscheinen entbehrlich, nachdem Erörterungen zu den Ausführungen des Landgerichts hierzu nicht stattgefunden haben, so dass dieser Punkt den Parteien rechtlich hinreichend geläufig erscheint.
Sofern der Kläger für den Zeitraum von Juli 2005 bis März 2006 (jeweils einschließlich) eine Mietminderung begehrt, ist das Amtsgericht im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts allerdings nicht in der Lage, hier eine hinreichend Substantiierung des klägerischen Vortrages zu erkennen. Lärmprotokolle bezüglich dieses Zeitraumes werden in keinster Weise vorgelegt, die es dem Gericht letztendlich ermöglichen würden, der Beklagten zu erklären, warum es zu einer Mietminderung kommen muss. Auch ist das Gericht nicht in der Lage, auf Grund der vorgelegten Lärmprotokolle ein hinreichend sicheren Rückschluss darauf zu ziehen, dass es in dem genannten Zeitraum zu ähnlichen Lärmbelästigungen gekommen sein muss, wie in den übrigen Zeiten. Denn insgesamt stellt sich bei einer sorgfältigen Prüfung der Protokolle heraus, dass es eine durchaus unterschiedliche Form der Beanstandungen der Wohnverhältnisse seitens des Klägers gibt, die sich im Grunde nicht mit dem Umstand vertragen, dass die angebliche Lärmquelle, nämlich das Verhalten der Mitmieter E. mit einer dauerhaften Beeinträchtigung der Wohnqualität geführt haben. Insofern kann auf die nachfolgenden Ausführungen verwiesen werden.
Sofern der Kläger für die Monate April bis Juni 2005 wegen lauter Rappmusik eine Mietminderung begehrt, reicht sein Vortrag nicht aus, um diese nachvollziehbar zu begründen. Das Gericht bleibt dabei, dass gemäß § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB bei einem Bagatellmangel eine Mietminderung außer Betracht bleibt, wie der Gesetzgeber es vorgeschrieben hat. Aus den Lärmprotokollen lässt sich für den Monat April 2005 eine Beanstandung für vier Tage mit insgesamt 56 Minuten, für Mai 2005 eine derartige von einem Tag a 35 Minuten und für Juni 2005 eine Belästigung von drei Tagen mit insgesamt 144 Minuten ablesen. Im Verhältnis zu den im jeweiligen Monat zur Verfügung stehenden Minuten ist das sicherlich ein Verhältnis, welches kaum nennenswert ist, so dass ohne weiteres von einem Bagatellmangel im Sinne des Gesetzes auszugehen ist. Insofern ist das Gericht an die gesetzlichen Vorgaben gebunden, so dass hier von einem nennenswerten Mangel, der die Gebrauchsfähigkeit der vom Kläger inne gehaltenen Wohnung nur unwesentlich beeinträchtigt auszugehen ist, zumal in die Regungen mit einzubeziehen war, dass die Geräusche ausweislich anderer Lärmprotokolle wohl nur im kleinen Wohnraum des Klägers überhaupt zu vernehmen waren.
Für die Monate April, Mai, Juni und Juli 2006 hielt das Gericht ebenfalls eine Mietminderung nicht für vertretbar, da ebenfalls die Bagatellklausel des § 536 BGB zur Anwendung zu kommen hatte. Für April macht der Kläger an zwei Tagen 16 Minuten Säuglingsgeschrei, für die folgenden Monate sieben Tage mit einer Gesamtzeit von einer Stunde, sieben Tag mit einer Gesamtzeit von zwölf Minuten zuzüglich 17 Minuten mitgehörten Telefongesprächs und neun Tage von 16 Minuten, zuzüglich drei Minuten staubsaugen und drei Minuten Ehestreit sowie ein Ausziehen der Couch als Beeinträchtigung geltend. Bezüglich des Säuglingsgeschreis ist dabei in die Bewertung mit einzubeziehen, dass es sich hierbei um ein sozial adäquates Verhalten aus der Nachbarwohnung handelt. Dies wird besonders dadurch deutlich, dass sich der Gesetzgeber ausdrücklich in den letzten Monaten damit beschäftigt hat, Beschwerdemöglichkeiten gegen Kinderlärm und Ähnliches einzudämmen, er mithin bei Geräuschimmissionen dieser Art von einem hinzunehmenden Verhalten ausgeht. Dies kann sodann auch im Rahmen eines Streites zwischen Mieter und Vermieter über eine Mietminderung wegen Säuglingsgeschreis herangezogen werden, um nur bei extremen Belästigungen hier zu einer Mietminderung zu kommen. Die wenigen Minuten, die hier vom Kläger hierfür angesetzt werden, vermögen diese Erheblichkeitsgrenze dann allerdings keineswegs zu überschreiten.
Im Übrigen beabsichtigt das Gericht auch nicht für die Folgemonate dem Kläger deswegen eine Mietminderung zuzusprechen, weil er sich durch das Verhalten der Mitmieter E. gestört fühlt. Auch unter Berücksichtigung der durchgeführten Beweisaufnahme ist kein hinreichend sicherer Schluss darauf zu ziehen, dass es zu den vom Kläger vorgetragenen Belästigungen gekommen ist. Dies wird zunächst dadurch deutlich, dass für das Gericht nicht nachvollziehbar ist, warum der Kläger in den Monaten Juli, August, September, Oktober 2006, März und April sich durch das Staubsaugen belästigt fühlt, wobei das einmalige Staubsaugen im Februar 2007 außen vor zu bleiben hatte, die übrigen Monate dann allerdings derartige Beschwerden in seinen Lärmprotokolle nicht aufführt. Soweit er eine Beeinträchtigung durch das Ausziehen einer Couch reklamiert, steht für das Gericht nicht einmal fest, ob es eine derartige Couch in der Wohnung des Ehepaars E. überhaupt gegeben hat, nachdem beide vom Kläger benannten Zeugen hierzu erklärt haben, eine solche gäbe es in ihrer Wohnung nicht. Wenn der Kläger Musikbeeinträchtigungen für April bis Juni 2005 für September, Oktober, Dezember 2006, Februar und Mai 2007 reklamiert, sie bei den übrigen Monaten allerdings nicht als störend empfindet, lässt sich für das Gericht auch kein vernünftiger Grund dafür finden, dass hier ein saisonaler Wechsel der Verhaltensweisen des Ehepaars E. stattgefunden hat. Hier helfen dem Kläger auch die beiden übrigen Zeugenaussagen nicht. Denn keiner der beiden übrigen vernommenen Zeugen war in seiner Wohnung, um sich vor Ort ein eigenes authentisches Bild von den Beeinträchtigungen zu verschaffen. Haben sie dagegen die Geräuschentwicklungen in einer anderen Wohnung mitbekommen, mögen sich hier ganz andere auch physikalische Verhältnisse ergeben, die durchaus auch eine anderen Ursache haben könnten bzw. eine andere Schlussfolgerung zulassen. Sofern der Kläger dann mehrfach über hämmern bzw. Möbelrücken klagt, stehen sich hier die Aussagen der Zeugen diametral gegenüber. Für das Gericht ist es nicht möglich, hier sich abschließend eine entsprechende hinreichend sichere Meinung zu bilden, so dass der Kläger auch bezüglich dieser Punkte beweisfällig geblieben ist.
Dem Kläger waren dagegen für die Monate Dezember 2006 sowie für März bis August 2007 Minderungsansprüche wegen des deutlich hörbaren Türenschließens zuzubilligen. Als Grundlage hatte hierzu zunächst das Gutachten des Sachverständigen S. im Parallelverfahren zu dienen, nachdem eine Hellhörigkeit der Wohnung des Klägers vorlag, die nicht den Vorgaben des Mietvertrages, eine voll modernisierte Wohnung zu vermieten, entsprach. Diese Punkt ist unterdessen zwischen den Parteien unstreitig, so dass auch hier auf weitere Ausführungen verzichtet werden kann. Allerdings war auch hier die Bagatellgrenze zu beachten, das Gericht erachtete in den Monaten, in denen die Wohnungstür bzw. Türen der Mitmieter mehr als zehnmal zu vernehmen waren, als Beeinträchtigung der Wohnqualität zu betrachten. Als Minderungsquote hält das Gericht für jeden dieser Monate Euro 10,– für angemessen, aber auch ausreichend, um die damit einhergehenden Beeinträchtigungen zu kompensieren. Dabei war zu berücksichtigen, dass sich der Mietzins auf einen überschaubaren Betrag belief.
Die Zinsentscheidung ergibt sich aus dem Gesichtspunkt der Prozesszinsen, §§ 288, 291 BGB.
Die übrigen Nebenentscheidungen basieren auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.