AG Hannover, Az.: 450 C 9763/11, Urteil vom 21.12.2011
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 668,50 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Stornogebühr.
Die verstorbene Ehefrau des Klägers buchte am 21.12.2010 eine Flugpauschalreise für sich und den Kläger im Zeitraum vom 27.08. bis zum 10.09.2011 zu einem Gesamtreisepreis von 2.674,- Euro. Die Anzahlung in Höhe von 25 %, d. h. 668,50 Euro, wurde umgehend geleistet. Nachdem die Ehefrau am 31.01.2011 verstorben war, erklärte der Kläger als Alleinerbe am 07.02.2011 den Rücktritt vom Vertrag. Die Beklagte verweigerte mit Schriftsatz vom 22.07.2011 die Rückzahlung der Anzahlung, da die Stornopauschale in Höhe von 25 % der Anzahlung entspreche. Nach Ziffer 7.5.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten betragen die Standardgebühren für eine Stornierung bis zum 31. Tag vor Reisebeginn 25 % (Bl. 12 d. A.). Eine konkrete Abrechnung des Schadens seitens der Beklagten erfolgte nicht.
Der Kläger meint, bereits die Anzahlung in Höhe von 25 % sei zu hoch. Eine derartige Klausel sei unwirksam. Eine Stornopauschale sei auch nicht wirksam vereinbart worden. Die Klausel in den AGB sei darüber hinaus unwirksam gemäß § 308 Abs. 1 Nr. 7, § 309 Nr. 5 BGB.
Der Kläger stellt den Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 668,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2011 zu zahlen.
Die Beklagte stellt den Antrag, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Reisebedingungen seien Vertragsbestandteil geworden. Bei einer Buchung über das Internet könne eine Buchung nur bei Akzeptanz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgen. Der geltend gemachte Prozentsatz von 25 % sei üblich.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte aus § 812 BGB in Verbindung mit dem seitens des Klägers gekündigten Reisevertrag einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten 668,50 Euro.
Es kann dahinstehen, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten wirksam einbezogen wurden, da die hierin enthaltene Klausel über eine Stornogebühr von 25 % für einen Reiserücktritt bis 31 Tage vor Reisebeginn zur Überzeugung des Gerichts unwirksam ist.
Generell kann der Reiseveranstalter mit dem Reisenden vertraglich eine Pauschalierung der angemessenen Entschädigung gemäß § 651 i Abs. 3 BGB verlangen. Nach § 651 i Abs. 3 BGB kann als Stornogebühr für jede Reiseart unter Berücksichtigung der gewöhnlich ersparten Aufwendungen und des durch anderweitige Verwendung der Reiseleistungen gewöhnlich möglichen Erwerbs ein Vomhundertsatz des Reisepreises als Entschädigung festgesetzt werden. Der Reiseveranstalter ist somit gehalten, seine Stornoklauseln für jede Reise- und Beförderungsart und nach der Zeit des Rücktritts zu differenzieren. Unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung und der anderweitigen Verkaufsmöglichkeiten bzw. Vorausleistung bei Leistungsträgern und im Reisebürovertrieb erscheinen bei einem Reiseveranstalter, der zu den größeren Anbietern gehört, und der Tatsache des zunehmenden Last-Minute-Vertriebs von Restreisen, heute maximal ein Stornosatz von 20 % bei einem Rücktritt bis zu 30 Tage vor Reisebeginn bei Flugpauschalreisen als zulässig (Führich, Reiserecht, 5. Aufl., Rn. 522).
Vorliegend wurde die Reise über 6 Monate vor dem Reiseantritt gekündigt, so dass eine Stornopauschale auch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles als unwirksam im Sinne des § 308, § 309 BGB anzusehen ist. Eine geltungserhaltene Reduktion der unwirksamen Klausel kommt nicht in Betracht (Führich, Reiserecht, 5. Aufl., Rn. 524), Dies heißt, dass der Reiseveranstalter seinen Entschädigungsanspruch konkret berechnen muss. Der Reiseveranstalter hat insoweit die Darlegungs- und Beweislast. Eine konkrete Berechnung seitens der Beklagten erfolgte nicht, so dass der Beklagten keine Stornogebühr zusteht und der Kläger die gezahlte Anzahlung zurückverlangen kann.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges gemäß §§ 280, 286, 288 BGB. Die Beklagte lehnte unstreitig mit Schriftsatz vom 22.07.2011 eine Rückzahlung der Anzahlung ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Nebenentscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.