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Gewerbeordnung: Bei Verstößen eine Hausdurchsuchung zulässig?

LG Berlin

Az: 510 Qs 49/14

Beschluss vom 16.04.2014

 

Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 27. Januar 2014 wird aus den weiterhin zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden, auf seine Kosten (§ 473 Abs. 1 StPO) verworfen.

Gründe

rechtmäßigkeit hausdurchsuchungDas Bezirksamt M. von B. ermittelt gegen den Betroffenen wegen mehrfacher Verstöße gegen die Gewerbeordnung sowie das Berliner Straßengesetz. Der Betroffene soll ohne Reisegewerbekarte auf öffentlichem Straßenland am Potsdamer Platz in Berlin-Mitte wiederholt in der Uniform eines Mitgliedes der Grenztruppen der DDR aufgetreten sein und an einem Stand diverse Dienstleistungen (u. a. Veräußerung von Postkarten und Mustervisa der ehemaligen „DDR“ mit Siegeln u. Ä.) angeboten haben. Als Entlohnung soll der Betroffene um eine Spende in Höhe von jeweils etwa 3 bis 6 Euro gebeten haben. Das Bezirksamt sieht darin eine unerlaubte Reisegewerbetätigkeit gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO und eine unerlaubte Sondernutzung des öffentlichen Straßenlandes gemäß § 11 Abs. 1 BerlStrG.

Auf Antrag des Bezirksamtes hat das Amtsgericht Tiergarten am 27. Januar 2014 einen Durchsuchungsbefehl für die Wohn- Geschäfts- und Nebenräume des Betroffenen erlassen. Auf die Begründung des Beschlusses wird verwiesen. Die Durchsuchung ist am 5. Februar 2014 erfolgt. Diverse Beweismittel sind beschlagnahmt worden.

Mit der Beschwerde macht der Betroffene unter anderem geltend, dass der Beschluss rechtswidrig sei und gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot des Grundgesetzes verstoße. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründungen verwiesen.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Die bisherigen Ermittlungen bestätigen den Verdacht, dass der Betroffene wiederholt gegen die Gewerbeordnung und das Berliner Straßengesetz verstoßen und deshalb mehrfach den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit verwirklicht habe. Denn das gewerbsmäßige Betreiben mobiler Stände zum Anbringen von Siegeln u. Ä. bedarf gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 GewO einer Reisegewerbekarte, die der Betroffene nicht hat. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass er zum Teil Postkarten mit Siegeln u. Ä. weitergibt. Denn maßgeblich ist hier nicht das Feilbieten von Druckwerken, sondern die Leistung des Betroffenen, Schriftstücke oder andere Gegenstände durch das Anbringen von Siegeln o. Ä. einen Anschein zu verschaffen, dass sie aus der „DDR“-Zeit stammten. Diese Leistungserbringung ist auch nicht vom Gemeingebrauch nach § 11 BerlStrG gedeckt. Kein Gemeingebrauch liegt nämlich vor, wenn jemand die Straße nicht zum Verkehr, sondern jedenfalls vorwiegend zu anderen Zwecken benutzt (vgl. auch OVG Berlin, Urteil vom 17. September 2003 – 1 B 15.03 – juris Rn. 13). Über eine Sondernutzungsgenehmigung verfügt der Betroffenen nicht.

Die Durchsuchung der Wohnräume des Betroffenen ist auch erforderlich, um die Ordnungswidrigkeiten (weiter) aufzuklären. Denn es steht zu erwarten, dass der Betroffenen in seiner Wohnung über Gegenstände verfügt, um seine – unzulässige – Gewerbetätigkeit vor- und nachzubereiten. Dies ist insbesondere deshalb zu erwarten, weil der Betroffenen auf Grund seiner mobilen Tätigkeiten die erforderlichen Utensilien nicht immer umfänglich bei sich führen kann. Auch unter Berücksichtigung von Art. 13 GG ist die Durchsuchung nicht unverhältnismäßig. Einen allgemeinen Grundsatz, dass Wohnungsdurchsuchungen in Bagatellsachen nicht zulässig sind, gibt es nicht (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1980, 1171). Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalls ein, für den die widerstreitenden Interessen gegeneinander abzuwägen sind. Dabei ist hier zu bedenken, dass es sich um Gesetzesverstöße handelt, die vor dem Hintergrund der für die Verstöße gewählten Örtlichkeiten am Potsdamer Platz in Berlin-Mitte und vor Segmenten der Berliner Mauer nicht nur national, sondern auch international auffallen und vom Betroffenen insoweit mit Bedacht ausgewählt wurden. Im Rahmen der gebotenen Abwägung wirkt es sich für den Betroffenen zudem nachteilig aus, dass er wiederholt und hartnäckig gegen das Gesetz verstößt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO in Verbindung mit § 46 Abs. 1 OWiG.

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