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Telekommunikationsvertrag – Abschluss eines Neuvertrags unter aufschiebender Bedingung

AG Bremerhaven, Az.: 56 C 657/12, Urteil vom 14.11.2012

Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Coburg vom 26.03.2012 (Az. 12-7204279-0-7) wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Von der Darstellung eines Tatbestandes wurde nach § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Beträge.

Telekommunikationsvertrag – Abschluss eines Neuvertrags unter aufschiebender Bedingung
Symbolfoto: deagreez/Bigstock

Die Klägerin begehrte nämlich mit der Klage Zahlung eines Entgeltes für einen Zeitraum, in dem noch kein wirksamer Vertrag zwischen den Parteien über die Bereitstellung von Festnetztelefon und Internet zustande gekommen ist. Der als Anlage B1 zur Akte gereichte und vom Beklagten unterschriebene Auftrag enthält unter der Rubrik „Angaben zur Rufnummernmitnahme“ die Beauftragung der Klägerin zur „Kündigung meines bisherigen Telefonanschlusses zum Termin der tatsächlichen Umschaltung meines Anschlusses zu Kabel Deutschland…Für den genauen Ausführungstermin der Rufnummernübertragung müssen die mit dem bisherigen Netzbetreiber vereinbarten Kündigungsfristen beachtet werden; der von beiden Netzbetreibern danach festgelegte Termin wird mir von K. schriftlich mitgeteilt“. Bei der Anlage B1 handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen, die die Klägerin stellte. Der Klägerin wie der Beklagte konnten diesen Teil des Auftrags nach §§ 133, 157 BGB nur dahingehend verstehen, dass der Vertrag mit der Klägerin erst unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 I BGB) wirksam werden sollte, dass der Vertrag mit seinem bisherigen Telefonanbieter ausläuft bzw. gekündigt werden kann. Bei verständiger Auslegung der genannten Formulierung wurde der Vertrag zwischen den Parteien unter dieser Bedingung geschlossen. Nur dies entsprach dem offensichtlichen Interesse des Beklagten, für ein und dieselbe Leistung nicht zwei Telefonanbieter gleichzeitig zu bezahlen. Ein „überschneidender“ Vertragsschluss wäre für ihn ausschließlich nachteilig gewesen, die Leistung (Bereitstellung von Telefon und Internet) konnte nur einmal erbracht werden, irgendein Vorteil aufgrund des Vorhandenseins zweier Vertragspartner bei doppelter Zahlungspflicht ihnen gegenüber ist nicht ersichtlich. Zwar hätte der Beklagte auch wirtschaftlich unvernünftig einen weiteren, überschneidenden Telefonvertrag selbstständig abschließen können, allein diese Tatsache entbindet ihn selbstverständlich nicht von der Zahlungspflicht. Wenn aber wie hier der Beklagte die Kündigung des bisherigen Vertrages in die Hände der geschäftserfahrenen Klägerin gibt, noch dazu mit der oben genannten Formulierung, die die Klägerin selbst gewählt hat, muss er davon ausgehen, dass seine Zahlungspflicht ihr gegenüber auch erst mit Wirksamwerden der Kündigung zu laufen beginnt. Der Beklagte konnte davon ausgehen, dass die Organisation des Anbieterwechsels dann so vonstatten geht, dass dieser nicht für ihn ausschließlich nachteilig und für die Klägerin ausschließlich vorteilhaft ist, sondern vielmehr sich auch an seinen Interessen orientiert. Es obliegt der Klägerin, entweder unter Verwendung anderer Vertragsbestimmungen mit eindeutigen, deutlich hervorgehobenen Hinweisen auf die sofortige Wirksamkeit des Vertrages und damit auf die Gefahr eines überschneidenden Vertragsschlusses und die wirtschaftliche Unvernunft hinzuweisen, so dass sich der Kunde darüber im Klaren ist, oder aber das offensichtlich Gewollte ihrer Kunden in die Tat umzusetzen, anstatt sie sprichwörtlich ins offene Messer laufen zu lassen.

Dass die hier fragliche Bestimmung in den AGB unter der Rubrik „Angaben zur Rufnummernmitnahme“ steht ist unschädlich, da die Bestimmung selbst klar und eindeutig den Auftrag zur Kündigung des bisherigen Telefonanschlusses beinhaltet. Etwaige Zweifel gehen gemäß § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten der Klägerin.

Selbst wenn man im Hinblick auf die vom Beklagtenvertreter vorgetragene und vom Gericht anerkannte Konstruktion eines Vertragsschlusses unter einer aufschiebenden Bedingung anderer Auffassung sein sollte, so wäre die Klage auch aus einem anderen rechtlichen Grund unbegründet: Dem Beklagten stünde nämlich dann ein Freihaltungsanspruch gegenüber entstandenen Entgeltansprüchen der Klägerin aus §§ 280, 241 II BGB zu. Denn die geschäftserfahrene Klägerin mit ihrem Wissensvorsprung hat es versäumt, den Beklagten über die Gefahr eines völlig unvernünftigen doppelten Vertragsabschluss aufzuklären, obwohl der Kläger durch die Bevollmächtigung zur Kündigung des Altanschlusses die Organisation des Anbieterwechsels in die Hände der Klägerin gegeben hat. Mit der Gefahr eines solch doppelten Vertrages konnte der Beklagte nicht rechnen. Der Schaden des Beklagten besteht dann in den ihm gegenüber geltend gemachten Zahlungsansprüchen der Klägerin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11 ZPO.

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