AG Pfaffenhofen – Az.: 1 C 800/17 – Urteil vom 29.06.2018
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.825,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin fordert von der Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund eines Vorfalls, der sich am 03.08.2017 gegen 6 Uhr morgens auf der Treppenanlage am S-Weg in P. ereignete.
Die Klägerin ging auf ihrem Arbeitsweg als Zeitungsausträgerin über die zweiteilig angelegte Treppenanlage nach oben, wobei sie den linken Teil der Treppenanlage (Blickrichtung von unten nach oben) benutzte, der vom rechten Teil der Treppenanlage durch einen Handlauf getrennt ist. Der linke Teil der Treppenanlage weist in der Mitte eine Treppe mit relativ schmalen Stufen, sowie jeweils links und rechts eine Rampe auf. Die Klägerin ging diese Stufen nach oben und schob dabei ihr mit Zeitungen beladenes Fahrrad links die äußere Rampe nach oben. Ihren Hund hatte sie dabei an der Stange unterhalb ihres Fahrradsattels festgebunden. Kurz bevor die Klägerin das Ende der Treppe erreichte, näherte sich die Beklagte von oben rechts (Blickrichtung von unten nach oben) der Treppenanlage mit ihrer kurz angeleinten und links neben ihr hergehenden Hündin, die im Eigentum ihres Ehemannes steht. Infolge des Zusammentreffens der Parteien und deren Hunde kam es dazu, dass die Klägerin die Treppe hinunter stürzte.
Die Klägerin begab sich noch am Unfalltag sowie am darauf folgenden Tag zur ärztlichen Behandlung in die Klinik. Im Durchgangsarztbericht vom 08.08.2017 wurden dabei eine Kopfprellung, eine Prellung des rechten Ellbogens sowie eine Platzwunde am rechten Ellbogen, sonstige multiple Prellungen und der dringende Verdacht auf traumatische Bursitis rechts als Befund festgehalten.
Mit Schreiben vom 06.09.2017 forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin den Ehemann der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld auf und setzte Zahlungsziel zum 22.09.2017, wobei der Ehemann der Beklagten jegliche Regulierung mit Schreiben vom 11.09.2017 ablehnte.
Auch die Haftpflichtversicherung lehnte mit Schreiben vom 06.10.2017 eine Regulierung des Schadens ab.
Die Klägerin behauptet, ihr Hund würde sie seit 6 Jahren täglich und völlig problemlos beim Austragen der Zeitungen begleiten. Dabei sei ihr Hund dergestalt am Fahrrad festgebunden, dass er einen Spielraum von einen Meter sowohl nach links und rechts als auch nach unten habe. Die Klägerin trägt vor, die Beklagte sei mit ihrer Hündin auf der rechten Seite der Treppenanlage (Blickrichtung von unten nach oben) zwei bis drei Stufen nach unten gegangen, bevor sie stehen geblieben sei. Obwohl die Beklagte aufgrund einer Begegnung der Hunde ein paar Tage vor dem Unfall gewusst habe, dass ihre Hündin mit dem Hund der Klägerin nicht verträglich sei, habe die Beklagte ihre Hündin dennoch herüberschnüffeln lassen. Dabei habe die Hündin der Beklagten einen Satz auf den Hund der Klägerin zu gemacht und versucht, diesen zu beißen. Infolgedessen sei der Hund der Klägerin in Panik geraten und habe versucht umzukehren und die Treppe nach unten zu laufen. In der Absicht, ihren Hund einzubremsen, habe sie das Fahrrad weiterhin festgehalten und sei rückwärts die Treppe nach unten gegangen. Durch das Zerren ihres Hundes sei sie jedoch aus dem Gleichgewicht geraten und die ganze Treppenanlage bis zum darunterliegenden S…weg hinunter gestürzt. Dort sei sie mit Kopf, Rücken und Ellenbogen auf den Treppenstufen und schließlich auf dem Teer aufgeprallt. Die Klägerin behauptet, zum Zeitpunkt des Unfalls sei ihr Fahrrad keineswegs schwer beladen gewesen, da sie bereits am Ende ihrer Tour gewesen sei und sich daher nur noch ca. 15 Exemplare der dünnen Donnerstagsausgabe des P-Kuriers in ihrem Fahrradkorb befunden hätten. Die Klägerin erklärt weiter, die Beklagte habe ihr gegenüber in einem einige Tage nach dem Unfall stattfindenden Telefonat geäußert, sie habe sich beim Festhalten ihres Hundes die Hand aufgerissen.
Die Klägerin beantragt zuletzt:
1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei einen Betrag von 25,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit 11.09.2017 zu bezahlen.
2. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei ein Schmerzensgeld von mindestens 800,00 €, darüber im Ermessen des Gerichts, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit 11.09.2017 zu bezahlen.
3. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin den weiteren Schaden aus dem Vorfall vom 03.08.2017 gegen 06:00 Uhr morgens auf der Treppenanlage am S…weg in P zu ersetzen.
4. Die Beklagte zu verurteilen, auf die Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung an die Klagepartei 147,56 € nebst Zinsen hieraus von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit 11.09.2017 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt zuletzt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beklagte behauptet, sie habe ca. einen Meter von der Treppenanlage entfernt gewartet, um die Klägerin samt Fahrrad und Hund vorbei zu lassen. Dabei habe sie ihrer Hündin keinesfalls signalisiert, er solle zum Hund der Klägerin hinüberschnuppern. Die Beklagte bestreitet, dass sich die Parteien mit den Hunden bereits ein paar Tage vor dem Unfall begegnet seien. Insbesondere liege ihre normale Ausgehzeit mit der Hündin zwischen 7:30 Uhr und 08:30 Uhr. Die Beklagte trägt vor, die Klägerin sei sehr langsam rückwärts die Treppe zurück nach unten gegangen, als sie den Blickkontakt der Hunde bemerkt habe. Aufgrund des Ziehens durch den Hund der Klägerin sei diese jedoch nicht mehr dazu im Stande gewesen, ihr mit Zeitungen schwer beladenes Fahrrad zu halten, und sei deshalb nach unten gestürzt. Die Beklagte bestreitet, dass sie sich bei dem Vorfall selbst an der Hand verletzt habe. Sie habe lediglich der Klägerin gegenüber erwähnt, dass die Möglichkeit bestanden hätte, sich infolge des Unfallgeschehens auch die Hand aufzuschürfen oder zu brechen.
Im Termin der mündlichen Hauptverhandlung am 15.12.2017 haben die Parteien einen bis zum 10.01.2018 widerruflichen Vergleich geschlossen, der vom Prozessbevollmächtigen der Beklagten mit Schriftsatz vom 22.12.2017, eingegangen bei Gericht am 27.12.2017, widerrufen worden ist.
Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze der Klägerin und der Beklagten und auf deren dortige Vorträge und Anlagen, auf die Protokolle vom 15.12.2017, 07.03.2018 und 18.05.2018 sowie auf die Vernehmung der Zeugen Z. und B. vollinhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage war unbegründet.
I.
Der in der mündlichen Verhandlung am 15.12.2017 geschlossene Prozessvergleich wurde wirksam innerhalb der vereinbarten Widerrufsfrist bis zum 10.01.2018 durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Schriftsatz vom 22.12.2017, eingegangen bei Gericht am 27.12.2017, widerrufen, sodass über die Klage zu entscheiden war.
II.
Die Klage war zulässig.
Die Klageschrift genügte aufgrund der Angabe eines geforderten Schmerzensgeldmindestbetrages dem Bestimmtheitsgebot gem. § 253 II ZPO.
Das Amtsgericht war aufgrund des vorläufigen Streitwerts von 1.825 € gem. § 1 ZPO i. V. m. §§ 23 Nr. 1, 71 I GVG sachlich und gem. §§ 12, 13 ZPO i. V. m. § 7 BGB sowie § 32 ZPO örtlich zuständig.
Der Feststellungsantrag unter Ziffer 3 war gem. § 256 I ZPO zulässig. Der Antrag war auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses, nämlich der rechtlichen Beziehung zwischen der Klägerin und der Beklagten in Bezug auf den Vorfall vom 03.08.2017 gerichtet. Die Klägerin hatte auch ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung. Ein solches Interesse ist gegeben, wenn dem Recht der Klägerin eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen. Dabei darf der Klägerin kein einfacherer Weg zu Verfügung stehen, um ihr Ziel zu erreichen. Eine Unsicherheit droht der Klägerin dergestalt, dass nach Angabe der behandelnden Ärztin bisweilen noch nicht absehbar ist, ob sich die Ellbogenschleimbeutelentzündung verschlechtern werde und dieser infolgedessen operativ entfernt werden müsse. Da ein absolutes Rechtsgut verletzt wurde, genügt die Möglichkeit künftiger Schadensfolgen. (vgl. Zöller, § 256 Rn. 9) Auch war der Klägerin die Möglichkeit einer Leistungsklage mangels tatsächlichem Schadenseintritt verwehrt.
III.
Die Klage war allerdings unbegründet.
1.
Der Klägerin stand kein Anspruch auf Schmerzensgeld zu.
a)
Ein solcher Anspruch der Klägerin ergibt sich nicht aus § 833 S. 1 BGB i. V. m. § 253 II BGB.
aa.
Zwar war die Beklagte Tierhalterin i. S. d. § 833 S. 1 BGB. Darunter versteht man diejenige Person, die nach der Verkehrsanschauung darüber entscheidet, ob Dritte der von einem Tier ausgehenden, nur unzulänglich beherrschbaren Gefahr ausgesetzt werden. Die Tierhaltereigenschaft ist dabei anhand einer umfassenden Abwägung zu ermitteln. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere, wer die Bestimmungsmacht über das Tier ausübt und aus eigenem Interesse für dessen Kosten aufkommt, aber auch die Tatsache, wer den allgemeinen Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt. Die Klägerin geht täglich mit ihrer Hündin morgens vor der Arbeit spazieren, bietet dieser gemeinsam mit ihrem Ehemann Obdach und übt insoweit die Bestimmungsmacht über die Hündin aus. Die Tierhaltereigenschaft der Beklagten ist auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass sie nicht Eigentümerin der Hündin ist, sondern ihr Ehemann; denn das Eigentum an einem Tier ist keine Voraussetzung für das Vorliegen der Tierhaltereigenschaft, sondern lediglich ein Indiz. Dem steht auch nicht entgegen, dass auch der Ehemann als Tierhalter der Hündin i. S. d. § 833 S. 1 BGB anzusehen ist; denn auch mehrere Personen, insbesondere Ehegatten, können gleichzeitig Tierhalter sein. (vgl. Palandt/Sprau, § 833 Rn. 10)
bb.
Jedoch fehlt es am Zurechnungszusammenhang zwischen dem tierischen Verhalten der Hündin der Beklagten und dem sturzbedingten Schaden.
Ein solcher Zurechnungszusammenhang besteht, wenn die Rechtsgutsverletzung zumindest auch ihre Ursache in der Verwirklichung spezifischer oder typischer Gefahren der Natur des Tieres hat.
Unter einer typischen Tiergefahr versteht man ein der Natur des Tieres entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten des Tieres und der dadurch hervorgerufenen Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum Dritter.
Zwar würde der Vortrag der Klägerin, die Hündin der Beklagten habe einen Satz auf ihren Hund zu gemacht und versucht, diesen zu beißen, als wahr unterstellt, eine solche typische Tiergefahr begründen; denn bei einem Schnappen eines Hundes nach einem anderen Hund handelt es sich gerade um ein instinktgesteuertes und selbständiges Verhalten eines Tieres, das Rechtsgüter eines Dritten gefährdet.
Der Klägerin gelingt der ihr obliegende Beweis hinsichtlich der Richtigkeit dieses Vortrages jedoch nicht.
Das Gericht war nicht davon überzeugt, dass sich der Sachverhalt ausschließlich so, wie von der Klägerin vorgetragen, ereignet hatte. Insbesondere konnte die Klägerin ihre weiteren Ausführungen dahingehend, dass sich die Beklagte beim Festhalten ihrer Hündin die Hand aufgerissen hätte und bereits von der Aggressivität ihrer Hündin gegenüber dem Hund der Klägerin gewusst habe, nicht nachweisen.
Zwar war der Vortrag der Klägerin an sich schlüssig und ausreichend substantiiert.
Die Beklagte wiederum bestritt jedoch glaubhaft ein derartiges Geschehen und führte aus, sie habe ihre Hündin kurz angeleint gehalten und weder zum Hund der Klägerin hinüberschnüffeln lassen, noch habe die Hündin einen Satz gemacht, um den Hund der Klägerin zu beißen. Sie führte weiterhin schlüssig aus, dass sie sich selbst bei dem Vorfall nicht verletzt habe, sondern die Klägerin ihre Aussage lediglich falsch verstanden hätte. Sie habe lediglich andeuten wollen, was ihr selbst bei dem Vorfall alles hätte passieren können. Zudem legte sie dar, dass es vorher niemals zu einem Kontakt der beiden Hunde gekommen sei, da die übliche Ausgehzeit mit der Hündin zwischen 7:30 Uhr und 8:30 Uhr liege und die frühere Runde am 03.08.2017 daher nur eine Ausnahme gewesen sei.
Es gab keinerlei Anhaltspunkte dafür, die Angaben der einen Partei gegenüber den Angaben der anderen Partei zu bevorzugen.
Diese Unklarheit hinsichtlich des tatsächlichen Geschehens ging letztlich aufgrund der Beweislast der Klägerin daher zu ihren Lasten.
Das Gericht hatte auf die Erholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich eines etwaig bestehenden Aggressionsverhaltens der Hündin der Beklagten gegenüber dem Hund der Klägerin aus zweierlei Gründen abgesehen.
Erstens war aus der Sicht des Gerichts es durch die Erholung eines Sachverständigengutachtens nicht möglich, den Tatsachenvortrag der Klägerin als unzweifelhaft bewiesen anzusehen. Die genauen Umstände des Zusammentreffens der beiden Hunde waren nicht mehr rekonstruierbar, insbesondere stand gerade nicht beweissicher fest, wie sich die Klägerin und die Beklagte in diesem Zeitpunkt konkret verhielten. Zwischen den Parteien war der genaue Ablauf der Begegnung, vor allem die Tatsache, wie nahe sich die Hunde tatsächlich gekommen waren, streitig. Auch die äußeren Einflüsse, wie beispielsweise die vorherrschenden Gerüche und Umwelteinwirkungen, waren nicht mehr nachvollziehbar. All diese Faktoren waren jedoch ausschlaggebend für das Verhalten eines Hundes. Selbst wenn bei einem arrangierten Treffen der Hunde im Beisein eines Sachverständigen festgestellt werden sollte, dass die Hündin der Beklagten in der konkret arrangierten Situation aggressiv auf den Hund der Klägerin reagiert, kann daraus allein noch nicht der Rückschluss gezogen werden, dass die Hündin ein solches aggressives Verhalten auch am Tag des Unfallgeschehens gezeigt hatte. Es bestünde daher weiterhin zumindest ein begründeter Zweifel, dass sich die Hündin am 03.08.2017 auch anders verhalten haben könnte.
Zweitens würde selbst bei Unterstellen des Bestehens eines Zurechnungszusammenhanges die Tiergefahr der Beklagten aufgrund des überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin gem. § 254 BGB zurücktreten.
Erst durch das Zusammenwirken der beiden Hunde hatte sich letztlich im vorliegenden Falle die Tiergefahr zum Schaden der Klägerin realisiert.
Der Mitverschuldenseinwand ist dann begründet, wenn der Geschädigte diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein verständiger Mensch im eigenen Interesse aufwendet, um sich vor Schaden zu bewahren. Für die Frage, ob ein Mitverschulden des Geschädigten anzunehmen ist, kommt es auf die Erkennbarkeit der konkreten Gefährlichkeit des Verhaltens sowie auf die Möglichkeit und Zumutbarkeit ihrer Vermeidung an.
Im Bereich der Tierhalterhaftung liegt ein relevanter Beitrag des Anspruchsstellers zur Entstehung des Schadens vor, wenn er eine Situation überhöhter Verletzungsgefahr herbeigeführt hat, obwohl er diese Gefahr erkennen und vermeiden konnte. Im Rahmen der Abwägung gegenüber der Gefahrverantwortung des Tierhalters bemisst sich das Gewicht des Beitrags des Verletzten nach seinem objektiven Anteil an der Verletzung und dem Grad des Sorgfaltsverstoßes gegen das eigene Sicherheitsinteresse.
Bereits nach dem Tatsachenvortrag der Klägerin hinsichtlich des Vorfalls am 03.08.2017 hatte diese die erforderliche Sorgfalt im eigenen Interesse in einem solchen Ausmaß außer Acht gelassen, dass hierdurch bei der erforderlichen Abwägung die Tierhalterhaftung der Beklagten in vollem Umfang hinter dem enormen Mitverschuldensbeitrag der Klägerin zurücktrat.
Aufgrund der übereinstimmenden Sachvorträge der Klägerin und der Beklagten war das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Zusammentreffens der Hunde gerade dabei war, ihr mit Zeitungen beladenes Fahrrad eine steile Rampe hochzuschieben, wobei ihr Hund dabei zugleich noch an der Stange unterhalb des Fahrradsattels festgebunden war. Auch waren die von der Klägerin genutzten Treppenstufen nur sehr schmal, da sich links und rechts der Stufen zudem noch gefahrerhöhend jeweils eine Rampe befand. Bei diesem Vorgehen hatte die Klägerin diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die ein verständiger Mensch im eigenen Interesse zur Schadensabwendung aufwenden würde. Gerade das Festbinden eines Hundes an ein Fahrrad ist aufgrund des unvorhersehbaren instinktgesteuerten Verhaltens eines Tieres gefährlich. Es hätte jedem, insbesondere einer erfahrenen Hundehalterin wie der Klägerin, einleuchten müssen, dass bei einer unvorhergesehenen Bewegung des Hundes das Fahrrad umkippen und die Klägerin infolgedessen aus dem Gleichgewicht geraten und die Treppe nach unten fallen könnte.
Die Gefährlichkeit ihres Handelns war für die Klägerin auch erkennbar. Insoweit unschädlich ist, dass die Klägerin vorträgt, ihr Hund würde sie bereits seit sechs Jahren täglich und völlig problemlos beim Austragen der Zeitungen begleiten. Zwar konnte die Zeugin B. den Vortrag der Klägerin dahingehend bestätigen, dass der Hund, wenn sie diesen sehe, immer ruhig und auf sein Frauchen fixiert sei und auch nicht an der Leine ziehe. Daraus konnte aber kein Rückschluss darauf gezogen werden, dass der Hund der Klägerin auch beim Zusammentreffen mit anderen Hunden völlig entspannt bleibt und nicht ängstlich oder aggressiv reagiert. Zudem konnte sich die Klägerin auch nicht einfach blind darauf verlassen, dass ihr Hund sich immer gleichbleibend verhält; denn bei einem Hund handelt es sich um ein instinktgetriebenes Tier, das auch bei guter Erziehung nicht in Gänze sicher beherrscht werden kann und daher in manchen Situationen unvorhersehbar reagiert. Zudem musste die Klägerin auch damit rechnen, dass sie auf ihrem Weg irgendwo, so auch an der Unfallstelle, auf andere Hunde treffen könnte. Mithin musste die Klägerin auch diesen Umstand stets in ihre Überlegungen miteinbeziehen, wenn sie – wie streitgegenständlich geschehen – auf einer steilen Rampe mit im hinteren Korb befindlichen Zeitungen ihren Hund an ihr Rad festbindet, und zugleich die sehr schmalen Treppen der Treppenanlage benutzt.
Die Klägerin hatte die Gefährlichkeit ihres Verhaltens auch nicht dadurch abgemildert, dass sie ihren Hund entsprechend ihres Vortrages mit einem Bewegungsspielraum von einem Meter nach allen Seiten an ihrem Fahrrad befestigte. Zwar stand diese beweissicher ebenfalls gerade nicht fest, da sie zwischen den Parteien streitig war. Jedoch hätte dieses Verhalten als wahr unterstellt die Gefährlichkeit ihres Verhaltens nicht vermindert, sondern vielmehr erhöht. Denn durch die Länge der Leine und dem damit einhergehenden Bewegungsspielraum des Hundes nach allen Seiten wurde die Gefahr des Fallens auch auf gerader Strecke und insbesondere beim Hochschieben einer steilen Rampe deutlich gesteigert. Es bestand ein erhöhtes Risiko dafür, dass sich die Leine infolge des umherlaufenden Hundes am Fahrrad verfängt.
Unbeachtlich war weiterhin, mit welchem konkreten Gewicht das Fahrrad der Klägerin im Zeitpunkt des Zusammentreffens der beiden Hunde tatsächlich beladen war. Jedenfalls stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich im Fahrradkorb der Klägerin im Zeitpunkt des Unfallgeschehens mindestens 14 Exemplare des P-Kuriers befanden. Insoweit trug der Zeuge Z. glaubhaft vor, dass die Klägerin, sollte sie der vorgeschlagenen Route der DK-vertriebs- mbH folgen, nur noch die K-Str. mit insgesamt 14 Abonnentenhaushalten beliefern hätte müsse. Zwar konnte der Zeuge nichts dazu aussagen, ob die Klägerin die vorgeschlagene Route tatsächlich eingehalten oder eine Abkürzung genommen hatte. Alleine das Gewicht von 14 Zeitungen, auch wenn es sich um die nicht besonders dicke Donnerstagsausgabe handelte, reichte jedoch aus, um den Schwerpunkt des Fahrrades beim Hinaufschieben einer streitgegenständlich steilen Rampe noch stärker nach hinten zu verlagern, als dies infolge der Aufwärtsbewegung eh schon der Fall war.
b)
Ebenso schied ein Anspruch der Klägerin auf Schmerzensgeld gem. § 823 I BGB i. V. m. § 253 II BGB.
aa.
Dahinstehen kann dabei, ob die Ellbogenschleimbeutelverletzung kausal auf den Sturz zurückzuführen war, da es insoweit bereits an einer der Beklagten vorwerfbaren Verletzungshandlung fehlte.
Unter einer Verletzungshandlung versteht man jede nachteilige Beeinträchtigung eines Rechtes oder Rechtsgutes. Ein aktives Tun in Form eines der Bewusstseinskontrolle und Willenslenkung unterliegenden beherrschbaren Verhaltens kann der Beklagten nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen werden.
Insbesondere war nicht erwiesen, dass die Beklagte ihrer Hündin durch eine Handbewegung aktiv signalisierte hätte, zum Hund der Beklagten hinüber zu schnuppern, obwohl sie von der Aggressivität ihrer Hündin gegenüber dem Hund des Beklagten aus einem vorherigem Zusammentreffen wusste.
Sowohl das genaue Verhalten der Beklagten als auch die vorherige Begegnung der Hunde waren zwischen den Parteien streitig.
Die fehlende Nachweisbarkeit ging daher zu Lasten der beweispflichtigen Klägerin.
bb.
Auch konnte der Beklagten keine Verletzungshandlung in Form eines Unterlassens vorgeworfen werden.
Zwar war diese infolge einer Verkehrssicherungspflicht, die sich aus dem Unterhalten eines Tieres als potentielle Gefahrenquelle ergibt, dazu verpflichtet, alle zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Zur Überzeugung des Gerichts stand aufgrund der übereinstimmenden Vorträge der Klägerin und der Beklagten jedoch fest, dass die Beklagte ihre Hündin kurz angeleint ausführte und daher alles ihr Mögliche unternommen hatte, um eine von ihrer Hündin ausgehende Gefahr für Dritte und deren Rechtsgüter zu unterbinden.
Insbesondere konnte der Beklagten nicht die Pflicht auferlegt werden, bei einem Zusammentreffen mit fremden Hunden eine andere Route einzuschlagen.
c)
Auch ein Anspruch aus § 823 II BGB i. V. m. § 229 StGB scheitert an einer der Beklagten vorwerfbaren Verletzungshandlung (siehe oben).
2.
Der Klägerin steht auch kein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Schadenspauschale i. H. v. 25,00 € zu.
Ein entsprechender Schadenersatzanspruch bestand – wie oben ausgeführt – gerade nicht.
3.
Letztlich war auch der Feststellungsantrag als unbegründet abzuweisen, da der Klägerin kein Anspruch auf Schadensersatz hinsichtlich etwaiger weiterer Schäden aus dem Vorfall vom 03.08.2017 zusteht (siehe oben).
4.
Mangels Bestehen eines Hauptanspruchs hatte die Klägerin gegen die Beklagte ebenso keinen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i. H. v. 147,56 €.
5.
Die Klägerin hatte mangels Bestehen eines Hauptanspruches zudem keinen Anspruch auf Zinszahlung.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.