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Verspätete Mietzahlung durch Mieter – Änderung der mietvertraglichen Zahlungsfrist

LG Berlin, Urteil vom 08.01.2014

Az.: 65 S 213/13

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Neukölln vom 23. April 2013 – 8 C 220/12 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

I.

Von einer Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs.1, S. 1 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist unbegründet. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

1) Das Amtsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die außerordentlichen bzw. ordentlichen Kündigungen vom 06.07.2012 und 25.07.2012 das Mietverhältnis nicht beendet haben.

Verspätete Mietzahlung durch Mieter – Änderung der mietvertraglichen Zahlungsfrist
Symbolfoto: Mazirama/Bigstock

Die Kammer hält an ihrer mit Hinweisbeschluss vom 03.07.2013 geäußerten Ansicht fest, wonach hier ausnahmsweise von einer konkludenten Änderung der Regelung zur Fälligkeit des Mietzinses auszugehen war. Dem steht auch die klägerseits angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urt. v. 13.02.2008 – VIII ZR 14/06, NZM 2008, 276) zur konkludenten Änderung einer Vereinbarung über die Umlage von Betriebskosten nicht entgegen, wonach im Falle eines bloßen Untätigbleibens einer Vertragspartei grundsätzlich nicht von einem konkludenten Änderungsangebot bzw. einer konkludenten Annahme einer Vertragsänderung ausgegangen werden könne. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof auch in dieser Entscheidung klargestellt, dass ein die Umlage der Betriebskosten betreffender Änderungsvertrag auch stillschweigend zustande kommen kann. Erforderlich dafür sei aber ein Verhalten der einen Vertragspartei, das aus der Sicht der anderen Partei einen entsprechenden Vertragsänderungswillen erkennen lässt. Wie der Senat für den umgekehrten Fall einer konkludenten Erweiterung der Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten entschieden hat, ließe sich aus der Sicht des Mieters der Übersendung einer Betriebskostenabrechnung, die vom Mietvertrag abweicht, nicht ohne Weiteres, sondern nur bei Vorliegen besonderer Umstände der Wille des Vermieters entnehmen, eine Änderung des Mietvertrags herbeizuführen.

Solche besonderen Umstände, wonach die Beklagte nach objektivem Empfängerhorizont davon ausgehen durften, dass die Zahlung des Mietzinses auch zu einem späteren als dem ursprünglich im Mietvertrag vereinbarten Zeitpunkt erfolgen könne, waren hier nach Ansicht der Kammer aufgrund der Umstände des Einzelfalls aber ausnahmsweise gegeben. Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme lag nämlich nicht nur ein bloßes Untätigbleiben des seinerzeit zuständigen Hausverwalters gegenüber dem jedenfalls über zehn Jahre anhaltenden zögerlichen Zahlungsverhalten der Beklagten vor. Vielmehr ist in Anbetracht dessen, dass die verspäteten Mietzinszahlungen anfangs zunächst angemahnt, hiervon später aber Abstand genommen und das Zahlungsverhalten – nach Angaben des Zeugen – sodann über mehrere Jahre hinweg konsequenzlos hingenommen wurde, von einer nach außen hin erkennbaren Einstellungsänderung auszugehen, welche für die Beklagte einen entsprechenden Schluss auch auf die künftige Hinnahme ihres Zahlungsverhaltens zuließ.

Entgegen der Ansicht der Kläger liegt insoweit auch keine Abweichung von ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung vor, wonach Schweigen grundsätzlich kein Erklärungswert zukommt. Denn es ist anerkannt, dass es hiervon Ausnahmen gibt, in denen Schweigen bei verständiger Würdigung aller Umstände die Bedeutung einer Willenserklärung haben kann. Dies ist der Fall, wenn der Erklärungsempfänger angesichts der Gesamtumstände nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine gegenteilige Äußerung des Schweigenden erwarten durfte (vgl. BGH, Urt. v. 19.09.2002 – V ZB 37/02, BGHZ 152, 63 m.w.N).

Hiervon war im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der Gesamtumstände jedoch ausnahmsweise auszugehen. Anders als der Kläger meint, macht es nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont auch einen Unterschied, ob der Vermieter bzw. die zuständige Hausverwaltung zu anhaltenden verspäteten Mietzinszahlungen eines Mieters durchgängig schweigt oder ob sich hiergegen zunächst mit Abmahnungen aktiv zu Wehr gesetzt, hiervon dann jedoch ersichtlich Abstand genommen wird und diese sodann über mehrere Jahre hinweg konsequenzlos hingenommen werden. Solch eine nach außen hin erkennbare Änderung des Vorverhaltens kann – ohne entsprechende Klarstellung eines gegenteiligen Willens – für den Mieter u.U. den begründeten Schluss zulassen, dass die Zahlung des Mietzinses nunmehr künftig auch weiterhin zu einem späteren als dem ursprünglich im Mietvertrag vereinbarten Zeitpunkt erfolgen könne.

Auch wenn im Falle eines für den anderen Teil rechtlich oder wirtschaftlich nachteiligen Angebotes mit der Wertung eines Schweigens als Zustimmung insofern grundsätzlich große Zurückhaltung geboten ist, haben im vorliegenden Fall letztlich aber sowohl die nach außen erkennbare Abstandnahme von weiteren Mahnungen oder sogar weitergehenden Konsequenzen als auch das erhebliche Zeitmoment ausnahmsweise einen hinreichenden Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagten begründet, an welchen auch die Kläger als Rechtsnachfolger des ursprünglichen Vermieters gebunden waren.

Vor diesem Hintergrund gingen sowohl die außerordentlichen als auch die ordentlichen Kündigungen wegen verspäteter Mietzinszahlungen vom 06.07.2012 bzw. 25.07.2012 mangels Vorliegens eines Kündigungsgrundes ins Leere.

2) Auch die weitere in zweiter Instanz erklärte außerordentliche bzw. ordentliche Kündigung vom 18.12.2013 (Bl. 137 d.A.), welche auf eine erneute vermeintlich unpünktliche Mietzinszahlung der Beklagten vom 15.10.2013, die als solche unstreitig und daher auch in zweiter Instanz gem. § 533 ZPO noch zu berücksichtigen war, hat das Mietverhältnis nicht beendet.

Dabei kann dahinstehen, ob in Anbetracht des Umstandes, dass die Beklagte dem Ansinnen der Kläger, den Mietzins am Anfang des Monats im Voraus erhalten zu wollen, zwischenzeitlich nachgekommen und ab August 2012 einen entsprechenden Dauerauftrag eingerichtet hat, hier u.U. von einer erneuten einvernehmlichen Umstellung des Fälligkeitszeitpunkt des monatlich zu entrichtenden Mietzinses auszugehen war.

Denn jedenfalls hätte es vor Ausspruch der Kündigung im Falle einer etwaigen erneuten Umstellung des Fälligkeitszeitpunktes zum Monatsbeginn insofern zunächst (erneut) einer Abmahnung gegenüber der Beklagten bedurft. Die vor August 2012 ausgesprochenen Abmahnungen bzw. Kündigungen der Kläger konnten insoweit nicht herangezogen werden, da diese mangels verspäteter Mietzinszahlungen der Beklagten seinerzeit ins Leere gingen.

Das Erfordernis einer Abmahnung galt hier insofern gem. § 543 Abs. 3 BGB nicht nur für die außerordentliche Kündigung, sondern ausnahmsweise auch für die ordentliche Kündigung wegen (vermeintlich) verspäteter Mietzinszahlung, da nach Ansicht der Kammer ohne eine solche Abmahnung eine (nach mehreren Jahren erneute) einmalige verspätete Zahlung der Beklagten auch das für eine Kündigung erforderliche Gewicht noch nicht erreichte hätte (vgl. BGH, Urt. v. 28.11.2007- VIII ZR 145/07, WuM 2008, 31).

3) Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1 bzw. §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Gründe, die Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Entgegen der Ansicht der Kläger liegt hier insbesondere keine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung vor. Vielmehr ist höchstrichterlich bereits geklärt, dass Schweigen bei Vorliegen besonderer Umstände ein Erklärungswert zukommen kann. Bei der insofern vorzunehmenden Abwägung, ob angesichts der Umstände des Einzelfalls ausnahmsweise von einer konkludenten Vertragsänderung in Bezug auf den Fälligkeitszeitpunkt der Miete auszugehen ist, handelt es sich hingegen ausschließlich um eine tatrichterliche Würdigung, welcher vorliegend keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt.

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