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Umzugsfrachtvertrag – Vermutung Beschädigung Umzugsgut während des Transports

AG Pankow-Weißensee – Az.: 7 C 410/18 – Urteil vom 06.11.2019

1. Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 1.500,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. August 2018, Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28. August 2018 und 5,00 Euro Mahnkosten zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers hat der Kläger 55 % und die Beklagten zu 1. 45 % zu tragen. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. hat der Kläger 10 % und die Beklagte zu 1. 90 % zu tragen. Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für den Kläger nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aus dem Urteil jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Die Vermieterin des Klägers, die …, beauftragte die Beklagte zu 1. zur Durchführung eines Umzugs des Klägers. Die Beklagte zu 2. ist die Versicherung der Beklagten zu 1.

Der Kläger ist Eigentümer eines TV-Gerätes Sony. Dieses erwarb er mit Rechnung über 1.639,00 Euro am 13. November 2017.

Das Gerät wurde am 14. oder 15. Dezember 2017 an den Kläger geliefert. Der tatsächliche Kaufpreis betrug 2.000,00 Euro, der Kläger erhielt den Fernseher zu einem Vorzugspreis.

Am 08. Januar 2018 verpackte der Kläger den Fernseher in eine Verpackung. Am 09. Januar 2018 führte die Beklagte den Umzug durch und nahm den Fernseher in der Verpackung so entgegen, wie der Kläger ihn verpackt hatte.

Am 09. Januar 2018 unterzeichnete der Kläger eine Umzugsvereinbarung mit der Beklagten zu 1.

Am Ende der Vereinbarung heißt es u. a.: „Untersuchen Sie das Umzugsgut sofort bei Ablieferung auf offensichtliche Beschädigungen oder Verluste. Halten Sie einen eventuellen Schaden auf dem Arbeitsschein spezifiziert fest. Äußerlich erkennbare Schäden müssen, gemäß § 451 f HGB, am Tag nach der Ablieferung, verdeckte innerhalb von 14 Tagen schriftlich gemeldet werden. Pauschale Hinweise genügen nicht. Spätere Reklamationen können wir und die Versicherung aus rechtlichen Gründen nicht anerkenne. Die Richtigkeit der gemachten Angaben und der einwandfreie und vollständige Empfang des Umzugsgutes, sowie die ordnungsgemäße Durchführung aller Arbeiten werden hiermit bestätigt. Ich bestätige, dass ich auf die Reklamationsfristen gem. § 451 f HGB hingewiesen worden bin.“.

Am 09. Januar 2018 nach dem Umzug packte der Kläger den Fernseher aus. Äußerlich waren an dem Gerät keine Schäden erkennbar. Bei Inbetriebnahme des Gerätes war ein Drittel der Bildfläche nicht erkennbar. Die Matrix des Gerätes ist beschädigt und das Gerät ist nicht reparabel.

Am 10. Januar 2018 teilte der Kläger dies der Beklagten zu 1. telefonisch mit und die Beklagte zu 1. bat den Kläger um eine schriftliche Schadensmitteilung.

Am 15. Januar 2018 teilte der Kläger der Beklagten zu 1. den Schaden schriftlich mit. Am 17. Januar 2018 teilte die Beklagte zu 1. dem Kläger die Adresse der Beklagten zu 2. mit. Am 24. Januar 2018 wies die Beklagte zu 2. Ansprüche des Klägers zurück. Der Kläger forderte erneut Schadensersatz. Er mahnte den Schaden zweimal an. Der Kläger macht hierfür Kosten in Höhe von 5,00 Euro geltend.

Mit Schreiben vom 23. August 2018 forderte der Klägervertreter die Beklagte zu 1. zur Zahlung von 1.639,00 Euro auf.

Für dieses Schreiben macht der Kläger 255,85 Euro geltend.

Am 28. August 2018 wies die Beklagte zu 1. sämtliche Ansprüche des Klägers zurück.

Der Kläger behauptet, er habe gemeinsam mit dem Zeugen … am Vormittag des 08. Januar 2018 den Fernseher in den Originalkarton verpackt. Zuvor hätte das Fernsehgerät einwandfrei funktioniert. Der Kläger ist der Ansicht, er könne eine Schadenspauschale in Höhe von 40,00 Euro nach § 288 Abs. 5 BGB verlangen. Die Beklagte zu 2. hätte sich als Haftpflichtversicherin der Beklagten zu 1. gemeldet und sei deshalb nach § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG passivlegitimiert.

Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.639,00 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 10.01.2018, Rechtsanwaltskosten in Höhe von 255,85 Euro nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 25.08.2018 sowie außergerichtliche Mahnkosten in Höhe von 5,00 Euro sowie weitere 40,00 Euro als Verzugspauschale zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, der Schaden an dem Fernsehgerät sei schon vor dem Umzug vorhanden gewesen. Der Schaden sei nicht während des Transports entstanden. Die Beklagten meinen, gegen die Beklagte zu 2. bestünde kein Direktanspruch nach § 115 VVG. Es sei, wenn nur Wertersatz zu leisten und die Differenz zwischen dem unbeschädigten und beschädigten Fernseher könne nur durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Es ist Beweis erhoben worden durch Vernehmung des Zeugen … . Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16. Oktober 2019, Blatt 93 bis 95 der Akte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist indem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 1.500,00 Euro gegen die Beklagte zu 1. aus §§ 425 Abs. 1 HGB, 328 BGB.

Bei dem Transportauftrag zwischen der … und der Beklagten zu 1. handelt es sich um einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

Der Kläger kann deshalb die Schadensersatzansprüche im eigenen Namen geltend machen.

An dem Fernsehgerät ist auch in der Zeit zwischen Übernahme durch die Beklagte zu 1. und Ablieferung an den Kläger ein Schaden entstanden.

Der Kläger trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Beklagte zu 1. das Gerät in unbeschädigtem Zustand entgegengenommen hat.

Gelingt ihm dieser Beweis, wird vermutet, dass der Schaden während des Transports entstanden ist.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nach Überzeugung des Gerichts fest, dass der hier vorhandene Schaden, ein Drittel des Bildschirms ist nicht sichtbar, bis zum Zeitpunkt der Übernahme des Fernsehgerätes durch die Beklagte zu 1. nicht vorhanden war.

Der Zeuge … hat glaubhaft bekundet, dass der Kläger und er durch die Programme des Fernsehers gezappt hätten und das Fernsehgerät zu diesem Zeitpunkt einwandfrei funktioniert habe.

Auch wenn der Zeuge sich nicht mehr daran erinnern konnte, welche Marke der Fernseher hatte, ist seine Aussage dennoch glaubhaft.

Zum einen ist es nicht jedermanns Sache, sich an die Marken von technischen Artikeln zu erinnern und zum anderen liegt der streitgegenständliche Vorfall auch mehr als 1 Jahr zurück.

Auch die Differenz zwischen der Aussage des Zeugen …, er sagte aus, sie hätten den Fernseher in den Karton gleiten lassen und dem Vortrag des Klägers, er hat erklärt, sie hätten den Karton über den Fernseher gestülpt, führt nicht dazu, dass das Gericht Zweifel an der Wahrheit der Aussage des Zeugen … hat.

Umzugsfrachtvertrag - Vermutung Beschädigung Umzugsgut während des Transports
(Symbolfoto: Von Africa Studio/Shutterstock.com)

Es ist nachvollziehbar, dass man sich nach längerer Zeit nicht an diese Einzelheiten erinnern kann. Kernpunkt der Aussage war aber, dass die Matrix des Fernsehers nicht beschädigt war. Es ist nachvollziehbar, dass der Zeuge sich daran erinnert hätte, wenn ein Drittel des Bildschirms so zu sagen, schwarz gewesen wäre.

Das Gericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch davon überzeugt, dass der Fernseher in den Originalkarton verpackt wurde. Dies hat der Zeuge glaubhaft bekundet. Da der Fernseher durch den Kläger und den Zeugen … unbeschädigt in den Karton verpackt wurde, fehlt nunmehr die Vermutung, dass er während des Transports nicht beschädigt wurde.

Die Beklagte zu 1. hat keinen Beweis dafür angeboten, dass der Fernseher nicht während des Transports beschädigt wurde.

Der Anspruch des Klägers ist nicht nach § 451 f HGB ausgeschlossen.

Entgegen der Ansicht des Klägers findet § 451 f HGB auf den vorliegenden Fall Anwendung, da der Kläger die Aufklärung nach § 451 f HGB am 09. Januar 2018 unterzeichnete.

Die Schadensanzeige des Klägers war aber rechtzeitig nach § 451 f Nr. 2 HGB, da der Schaden unstreitig äußerlich nicht erkennbar und die Anzeige schriftlich innerhalb von 14 Tagen nach Ablieferung erfolgt ist.

Der Höhe nach ist der Anspruch in Höhe von 1.500,00 Euro begründet.

Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1. ist über den Wert des Fernsehers kein Sachverständigengutachten einzuholen, da das Gericht den Wert nach § 429 Abs. 3 S. 1 HGB bestimmen kann.

Zwar ist hier nicht der Kaufpreis allein ausschlaggebend, da das Gut nicht unmittelbar vor der Übernahme zur Beförderung verkauft wurde.

Der Kaufpreis ist aber dennoch ausschlaggebend für den Wert und es ist ein kleiner Abzug alt für neu vom Gericht vorzunehmen.

Da der Fernseher bei der Beschädigung weniger als 1 Monat genutzt wurde, ist der Abzug von 139,00 Euro ausreichend.

Da der Fernseher unstreitig irrreparabel beschädigt wurde, ist von dieser Forderung kein weiterer Abzug für den Wert des noch vorhandenen Fernsehers vorzunehmen.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte zu 2. aus §§ 425 Abs. 1 HGB, 328 BGB, § 115 VVG.

Der Kläger kann seinen Anspruch gegen die Beklagte zu 2. nur geltend machen, wenn die Voraussetzungen dieser Norm vorliegen.

Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich bei der Versicherung nach dem Transportrecht nicht um eine Pflichtversicherung i. S. v. § 115 Abs. 1 Nr. VVG.

Der Geschädigte erwirbt nur nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 VVG einen Direktanspruch gegen den Versicherer, wenn diese Voraussetzungen vorliegen (vgl. Koller, Transportrecht, 9. Aufl., Rdnr. 2.).

Da die Transportversicherung keine Pflichtversicherung i. S. v. 1 Pflichtversicherungsgesetz ist und der Kläger auch nicht vorgetragen hat, dass die Voraussetzungen von § 115 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 VVG vorliegen, ist die Beklagte zu 2. entgegen der Ansicht des Klägers nicht passivlegitimiert.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 280, 288 BGB.

Da der Kläger nicht vorgetragen hat, wann er weitere Mahnungen an die Beklagte zu 1. absandte, besteht mangels konkretem Verzugsdatum der Zinsanspruch jedoch erst ab Zahlungsverweigerung der Beklagten zu 1., d. h. ab dem 28. August 2018.

Der Kläger hat weiter einen Anspruch auf Zahlung von 255,85 Euro gegen die Beklagte zu 1. aus §§ 286, 280 BGB.

Da der Kläger die Beklagte, zu 1. unstreitig vor der Rechtsanwaltsmahnung zur Zahlung mahnte, bestand bei Erstellung der Mahnung Zahlungsverzug der Beklagten zu 1. und sie hat die Kosten zu erstatten.

Der Zinsanspruch folgt ebenfalls aus §§ 286, 288, 280 BGB. Er ist mangels Mahnung jedoch erst ab dem 28. August 2018, d. h. ab der Zahlungsverweigerung der Beklagten zu 1. begründet.

Der Anspruch auf Zahlung der Mahnkosten in Höhe von 5,00 Euro folgt ebenfalls aus §§ 286, 280 BGB.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung von 40,00 Euro aus § 288 Abs. 5 BGB.

Die Pauschale kann nicht neben dem Anspruch auf Rechtsanwaltskosten geltend gemacht werden.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 709, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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