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Verwendung von Sparguthaben der Kinder durch die Eltern

OLG Frankfurt, Az: 5 UF 53/15 – Beschluss vom 28.05.2015

Eltern handeln regelmäßig widerrechtlich, wenn sie Sparguthaben ihrer minderjährigen Kinder von deren Sparbüchern abheben und für eigene Zwecke, wie z.B. zum Kauf von Wohnungseinrichtungsgegenständen verwenden. Eltern sind gegebenenfalls gemäß § 1664 BGB dazu verpflichtet, die verwendeten Gelder an ihre Kinder zurückzuzahlen. Die Ausstattung des Kindes mit Einrichtungs- und Bekleidungsgegenständen haben die Kindeseltern aus eigenen Mitteln im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zu bestreiten, Kindesvermögen darf hierzu nicht herangezogen werden. Gleiches gilt umso mehr für den Erwerb von Haushaltsgegenständen wie z.B. eine Waschmaschine und ein Wäschetrockner. Der Einsatz von Vermögen des Kindes ist insoweit nicht vorgesehen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin zu tragen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf € 2.367,97 festgesetzt.

Gründe

SparschweinDer Antragsteller ist das minderjährige, 7-jährige Kind Z der Antragsgegnerin. Z wird gesetzlich durch seinen Vater vertreten, nachdem diesem mit Beschluss des Amtsgerichts Gießen vom 17.08.2012 die elterliche Sorge für Z allein übertragen wurde. Zuvor übte die Kindesmutter das Sorgerecht für Z ihrerseits alleine aus, nachdem die Kindeseltern nicht miteinander verheiratet waren und eine Sorgeerklärung von ihnen nicht abgegeben worden war.

Im Jahre 2008 wurde für Z von seinen Großeltern väterlicherseits ein Sparbuch angelegt, das auf den Namen von Z lautet und auf das von den Großeltern 1.000 € eingezahlt wurden. Im weiteren Verlauf des Jahres 2008 erfolgte eine weitere Einzahlung in Höhe von 1.350 €, die vom Vater des Antragstellers veranlasst wurde und als Verwendungszweck „Geburts- und Taufgeld“ ausweist.

Das Sparbuch war dem Kindesvater von den Großeltern ausgehändigt worden. Die Kindeseltern lebten bis zum Jahre 2011 in einem gemeinsamen Haushalt. Im Jahre 2011 kam es zur Trennung der Kindeseltern. Die Kindesmutter nahm bei ihrem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung das auf den Namen des Antragstellers lautende Sparbuch mit und hob den Betrag in Höhe von 2.367,97 €, der zum Zeitpunkt ihres Auszugs auf dem Konto aufgelaufen war, in voller Höhe ab. Die Kindesmutter und Beschwerdeführerin war zum Zeitpunkt des Auszugs aus der früheren gemeinsamen Wohnung berufstätig und verdiente netto 1.100 €. Sonderbedarf für Einrichtungsgegenstände für Z machte sie gegenüber dem Kindesvater nicht geltend. Der Kindesunterhalt wurde vom Kindesvater zunächst nicht gezahlt, später jedoch ausgeglichen. Sie behauptet, sie habe bei Auszug aus der früheren gemeinsamen Wohnung für Z mit dem Geld Gegenstände angeschafft. Hierbei habe es sich um ein Kinderbett nebst Lattenrost, eine hochwertige Matratze, ein Kleiderschrank, ein Kinderschreibtisch, Wandregale, Sitzhocker, ein Spielteppich, Renovierungsmaterial für das Kinderzimmer, ein Autokindersitz, Ober- und Unterbekleidung, Schuhe, Socken etc. und eine Grundausstattung Spielzeug gehandelt. Darüber hinaus sei die Anschaffung einer Waschmaschine und eines Trockners unabdingbar gewesen. Bei Auszug habe ihr der Kindesvater zugesagt, 5.000 € für die Gründung des neuen Hausstandes und Unterhalt für Z zu zahlen.

Das Amtsgericht hat zunächst im Wege des Versäumnisbeschlusses, der mit dem hier angegriffenen Beschluss vom 16.01.2015 im Wesentlichen bestätigt wurde, die Kindesmutter und Beschwerdeführerin verpflichtet, an den Antragsteller 2.367,97 € nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Antragsteller habe aus § 1664 BGB einen Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung der auf dem Sparbuch angelegten Summe, da die Kindesmutter nicht berechtigt gewesen sei und somit durch pflichtwidriges, schuldhaftes Handeln das Vermögen des Antragstellers geschädigt habe.

Hiergegen wendet sich die Beschwerdeführerin und beantragt, den Beschluss des Amtsgerichts Gießen vom 16.01.2015 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers zurückzuweisen

Der Beschwerdegegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Im Übrigen wird wegen des weitergehenden Sach- und Streitstandes auf die Entscheidung des Amtsgerichts sowie die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

sparguthaben Die gemäß §§ 113 Abs. 1, 58 ff. FamFG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde hat keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Amtsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, die dem Sparbuch entnommene Summe an den Antragsteller zurückzuzahlen.

Zutreffend ist das Amtsgericht davon ausgegangen, dass der Antragsteller im Hinblick auf das streitgegenständliche Sparguthaben forderungsberechtigter Gläubiger gegenüber der Bank und damit Kontoinhaber war bzw. ist.

Allein die Tatsache, dass Sparbücher auf den Namen der Kinder angelegt werden, gibt zwar regelmäßig keine eindeutige Auskunft über die Forderungsinhaberschaft. Entscheidend ist der erkennbare Wille der das Konto Errichtenden. Hierbei ist der Name des als Kontoinhaber benannten Dritten nur ein Indiz für den Parteiwillen. Darüber hinaus ist der Besitz des Sparbuchs von Bedeutung, da gemäß § 808 BGB der Besitzer des Sparbuchs die Verfügungsmöglichkeit über das Guthaben hat. Behält der Anleger nach Einzahlung des Geldes das Sparbuch in seinem Besitz, spricht dies dafür, dass er weiterhin Inhaber der Forderung bleiben möchte (BGH NJW 2005, 980; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 6 Auflage, Rdn. 717). So liegt der Fall hier gerade nicht. Die Großeltern Z haben das Sparbuch nicht behalten, sondern es in den Verfügungsbereich des Kindes kommen lassen. Weitere Einzahlungen auf dem Sparbuch wurden auch nicht mehr von den Großeltern getätigt, sondern vom Kindesvater mit dem Vermerk „Geburts- und Taufgeld“. Hierbei ist davon auszugehen, dass es sich – entsprechend des genannten Verwendungszweckes – um Gelder handelte, die dem Antragsteller anlässlich seiner Geburt und Taufe von Dritten geschenkt worden sind. Dies ist mit dem Fall des Oberlandesgerichts Bremen (NJW 2015, 564 f.) vergleichbar, wenn Sparbücher zu dem Zweck angelegt werden, dass Dritte auf diese Sparbücher einzahlen können. Bei derartigen auf den Sparkonten befindlichen Beträgen handelt es sich von vorneherein nicht um eigenes Geld der Einzahler oder der Kindeseltern, sondern es spricht die Annahme für einen Vertrag zu Gunsten Dritter (vgl. Wever a.a.O.).

Die Antragsgegnerin, die das Sparguthaben in vollem Umfang abgehoben und verbraucht hat, ist gemäß § 1664 BGB – aus dem sich nicht nur ein Haftungsmaßstab ergibt, sondern der zugleich die Anspruchsgrundlage für Ansprüche des Kindes gegen seine Eltern darstellt (OLG Köln, FamRZ 1997, 1351; MüKo Huber, Rdn. 1; Palandt-Götz, § 1664 Rdn. 1) – verpflichtet, die dem Sparkonto entnommenen Gelder im Rahmen ihrer Schadensersatzpflicht zu erstatten. Es handelt sich bei der Abhebung des Guthabenbetrages vom Konto des Antragstellers um ein pflichtwidriges Verhalten der zum damaligen Zeitpunkt allein sorgeberechtigten Kindesmutter. Es kann hier dahinstehen, ob sie tatsächlich die behaupteten Gegenstände für den Antragsteller von der abgehobenen Summe des Sparguthabens gezahlt hat, denn auch dann stellt es pflichtwidriges Verhalten und ein Verstoß gegen die Vermögensinteressen des Antragstellers dar. Die Ausstattung des Kindes mit Einrichtungs- und Bekleidungsgegenständen haben die Kindeseltern aus eigenen Mitteln im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht zu bestreiten (vgl. OLG Bremen, FamRZ 2015, 861 f.; Klein, Handbuch des Familienvermögensrecht, 2. Auflage, Kap. 7 Rdn. 342, S. 1341), Kindesvermögen darf hierzu nicht herangezogen werden (vgl. § 1602 Abs. 2 BGB). Gleiches gilt umso mehr für den Erwerb von Haushaltsgegenständen wie Waschmaschine und Wäschetrockner. Der Einsatz von Vermögen des Kindes ist insoweit nicht vorgesehen. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht dargelegt, aus welchen Gründen es sich hierbei um dringend notwendige Gegenstände gehandelt haben könnte, sodass eine solche Notsituation entstanden sein könnte, in der denkbar wäre, dass das Kind mit seinem Vermögen hierfür einstehen müsste. Unterstellt, dass tatsächlich die Notwendigkeit für die Anschaffung bestanden hat, wäre sie gehalten gewesen, Sonderbedarf gegenüber dem Kindesvater geltend zu machen oder hätte den Sozialhilfeträger um Unterstützung bitten müssen. Auch wenn der Kindesvater – wie sie behauptet – der Beschwerdeführerin zugesichert haben sollte, ihr 5.000 € zu Verfügung zu stellen, berechtigt dies nicht, Vermögen des minderjährigen für Unterhaltszwecke Kindes einzusetzen. Das Versprechen des Kindesvaters berührt allein das Verhältnis der beiden unterhaltsverpflichteten Eltern.

Gemäß §§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist – nach Hinweis des Senats mit Beschluss vom 27.04.2015 – ohne erneute mündliche Verhandlung zu entscheiden, da von dieser keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten sind.

Da die Beschwerdeführerin in vollem Umfang unterlegen ist, hat sie die Kosten des Verfahrens zu tragen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 91 ZPO).

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