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Energieausweis: Minderungsanspruch wegen fehlerhafter Angaben bei Grundstückskaufvertrag

LG Itzehoe, Az.: 7 O 203/13

Urteil vom 07.10.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der jeweils zu vollstreckenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Energieausweis: Minderungsanspruch wegen fehlerhafter Angaben bei Grundstückskaufvertrag
Symbolfoto: NikD51/Bigstock

Die Kläger machen Minderungsansprüche und Ansprüche auf Schadensersatz aus einem notariellen Kaufvertrag geltend.

Am 24.02.2011 haben die Parteien einen Kaufvertrag über das Grundstück … in K. zu einem Kaufpreis von 241.000,00 € abgeschlossen. Das Wohngebäude wurde im Jahr 1934 errichtet.

In § 2 Absatz 2 des Kaufvertrages heißt es:

„Der Verkauf erfolgt im übrigen wie besehen und unter Ausschluss jeglicher Haftung über Fehler und Mängel, gleich welcher Art.“

Durch eine weitere notarielle Urkunde wurde der Kaufpreis reduziert; der Grund dafür ist hier nicht streitgegenständlich.

Vor Abschluss des Kaufvertrages erhielten die Kläger einem am 23.12.2010 von dem Sachverständigen B. erstellten Energieausweis, der eine „Gesamtenergieeffizient“ von 264 kWh ausweist; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 3 verwiesen.

Mit Schreiben vom 18.07.2013 teilte der Sachverständige S. dem Klägervertreter mit, dass er die Abweichung des Verkehrswertes des Hauses aufgrund von Falschinformationen zur energetischen Situation auf rund 22.0000,00 € einschätze.

Mit Schreiben vom 29.07.2013 wurde dem Beklagten mitgeteilt, dass er die Kläger offensichtlich bewusst und arglistig über verkehrswesentliche Eigenschaften des Hauses getäuscht habe. Er wurde aufgefordert, seine Pflicht zur Nacherfüllung anzuerkennen oder den von dem Sachverständigen S. geschätzten Minderungsbetrag in Höhe von 22.000,00 € zu bezahlen.

Mit Schreiben vom 28.08.2013 ließ der Beklagte mitteilen, dass eine arglistige Täuschung ausscheide, weil ein Energieausweis nicht Vertragsgegenstand geworden sei.

Unter dem 22.01.2014 ließ der Beklagte einen Energieausweis erstellen, der eine Gesamtenergieeffizienz von 279 kWh ausweist.

Die Kläger tragen vor: Der – unstreitig – von dem Beklagten beauftragte Makler N. habe ihnen am 23.01.2011 neben dem Energieausweis eine Projektdokumentation übergeben. Diese Unterlagen hätten sie dem Sachverständigen S. zur Einschätzung des Wert des Hauses Überlassen.

Bereits kurz nach Abschluss des Kaufvertrages habe der Sachverständige B. ihnen gegenüber eingeräumt, dass er das Haus nie besichtigt habe, sondern die dem Energieausweis und der Projektdokumentation zugrundeliegenden Daten von dem Beklagten erhalten habe.

Tatsächlich hätten sie feststellen müssen, dass die Angaben auf Seite 30 der Projektdokumentation hinsichtlich der Dämmung des Süd- Ost- Daches und des Nordwest-Daches nicht zutreffend gewesen seien, so diese nicht fachgerecht und nicht ausreichend sei. Zudem hätten sie im Winter 2011/ 2012 feststellen müssen, dass sich die Räume des Hauses nicht ausreichend beheizen ließen. Trotz normal funktionierender Heizkörper habe sich das Dachgeschoss nur auf 9 Grad Celsius erwärmen lassen.

Die Kläger meinen: Aufgrund des Mangels der Kaufsache stehe ihnen ein Minderungsanspruch gemäß § 441 BGB zu. Der Haftungsausschluß des Kaufvertrages greife nicht ein, da der Beklagte einen Mangel arglistig verschwiegen habe indem er ihnen einen Energieausweis nebst Projektdokumentation vorgelegt habe, die aufgrund unrichtig mitgeteilter Tatsachen erstellt worden seien. Der Beklagte habe damit bewusst falsche Behauptungen aufgestellt, die für ihre Willensbildung offensichtlich von wesentlicher Bedeutung gewesen seien. Der Energieverbrauch des Hauses habe wesentlich zu ihrer Kaufentscheidung beigetragen. Dem Beklagten sei bekannt gewesen, dass der Energieausweis nicht ordnungsgemäß erstellt worden sei. Er habe das falsche Gutachten bewusst und zielgerichtet verwendet, um einen möglichst hohen Kaufpreis zu erzielen.

Ein ausdrücklicher Hinweis auf den Energieausweis in dem notariellen Kaufvertrag sei nicht erforderlich gewesen, denn die Vereinbarung über die Beschaffenheit könne auch konkludent und stillschweigend geschehen.

Zudem stehe ihnen die begehrte Feststellung zu. Der ihnen bislang durch die erhöhten Heizkosten entstandene Schaden sei bislang nicht bezifferbar und werde auf vorläufig 400,00 € pro Heizperiode geschätzt. Dieser Schaden sei nicht stoffgleich mit dem Minderwert der Immobilie.

Weiter stehe ihnen ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu in Höhe von 523,48 € als Mangelfolgeschaden, der aus der arglistigen Täuschung resultiere.

Die Kläger beantragen,

1. den Beklagten zu verurteilen, 22.000,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.08.2013 an sie zu bezahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, Schadensersatz für die Kosten für zusätzliche Heizkosten zu tragen, die ihnen dadurch entstehen, dass sie seit dem Erwerb des streitgegenständlichen Hauses höhere Heizkosten zu bezahlen haben als nach dem Energieausweis vom 23.12.2010 zu erwarten war,

3. den Beklagten zu verurteilen, nicht festsetzungsfähige vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 523,48 € an sie zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor und meint:

Die Dämmung des Gebäudes habe zumindestens einem Zustand entsprochen, wie er bei, einem so alten Haus üblich gewesen sei und von den Klägern hätte erwartet werden müssen.

Mit dem Energieausweis und der Projektdokumentation sei keine Beschaffenheitsvereinbarung entsprechend § 434 Abs. 1 S. 1 BGB getroffen worden. Wegen Fehlens eines Mangels könne ein solcher auch nicht arglistig verschwiegen worden sein. Die Projektdokumentation habe er den Klägern auch erst nach Abschluss des Kaufvertrages mit dem Ordner der Grundstückspapiere überreicht; diese könne daher den Kaufentschluss nicht beeinflusst haben.

Er habe dem Sonderfachmann für den Energieausweis auch keine falschen Informationen erteilt, sondern nur dessen Fragen nach bestem Wissen beantwortet. Überdies habe er nicht gewusst, dass das von Herrn B. erstellte Gutachten möglicherweise inhaltlich falsch sei.

Zusätzliche Heizkosten würden den Klägern ebensowenig zustehen wie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten mangels Verzuges seinerseits.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Den Klägern steht kein Anspruch auf Zahlung eines Minderungsbetrages zu.

Die Parteien haben in § 2 des notariellen Kaufvertrages einen Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart.

Auf diesen könnte sich der Beklagte gemäß $ 444 BGB nicht berufen, wenn der Beklagte einen Mangel arglistig verschwiegen hat oder eine Garantie für eine Beschaffenheit übernommen hat.

Vorab ist festzustellen, dass das verkaufte Haus bei Abschluss des Kaufvertrages keinen Mangel im Rechtssinne aufwies. Eine Sache ist mangelfrei, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten konnte, § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Dies ist vorliegend zu bejahen. Wenn ein Haus bei Übergabe 77 Jahre alt ist, grenzt es an eine Binsenweisheit, dass man von dem Kaufobjekt wohl kaum eine Wärmedämmung nach Stand der Technik des Jahres 2011 erwarten kann. Nichts anderes gibt auch der von dem Makler überreichte Energieausweis vom 23.12.2010, der einen Energiebedarf im orangen/ orange- roten Bereich ausweist.

Soweit die Kläger ausführen, der Beklagte habe einen Mangel arglistig verschwiegen, indem er ihnen einen Energieausweis nebst Projektdokumentation vorgelegt habe, die aufgrund unrichtig mitgeteilter Tatsachen erstellt worden seien, vermag dies in Bezug auf die Definition eines Mangels nichts anderes zu rechtfertige.

Somit könnten sich die Kläger auf den Inhalt des Energieausweises und der Projektdokumentation nur berufen, wenn deren Inhalt als Beschaffenheitsvereinbarung vereinbart worden wäre und der Beklagte als Verkäufer dafür eine Garantie übernommen hätte.

Ausdrücklich ist dies in dem notariellen Kaufvertrag nicht geschehen. Konkludent oder außerhalb des Kaufvertrages könnte dies nur geschehen sein, wenn der Beklagte erkennbar für den Inhalt des Energieausweises und dessen Richtigkeit die Haftung hätte übernehmen wollen.

Dies ist schon nach dem eigenen Vortrag der Kläger zu verneinen. Sie sind davon ausgegangen, dass das Energiegutachten schon richtig sein würde. Den von ihnen beauftragten S. haben sie auch nicht mit einer Überprüfung desselben beauftragt, sondern lediglich erfragt, welche Maßnahmen wohl in den nächsten Jahren erforderlich sein könnten. Auch bei Beurkundung des notariellen Kaufvertrages haben die Kläger nicht über dieses Gutachten gesprochen. Aus den Gesamtumstanden ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte, ob nun selbst oder durch den Makler, auf jeden Fall für den Inhalt und die Richtigkeit des Energieausweises habe einstehen wollen. Dafür spricht insbesondere auch, dass seinerzeit noch nicht einmal die Pflicht zur Übergabe eines Energieausweises bestand.

Wegen der vorstehenden Ausführungen besteht auch kein Feststellung oder auf. Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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