Übersicht
- 1 Das Wichtigste: Kurz & knapp
- 2 Rechtsstreit um Hausstrom: Kann das Laden von Elektroautos zur Kündigung führen?
- 3 Der Fall vor Gericht
- 4 Die Schlüsselerkenntnisse
- 5 FAQ – Häufige Fragen
- 5.1 Was sind die rechtlichen Risiken beim Laden eines Elektroautos mit Hausstrom im Mietverhältnis?
- 5.2 In welchen Situationen könnte das Aufladen eines Elektroautos eine Kündigung rechtfertigen?
- 5.3 Muss der Vermieter eine Abmahnung aussprechen, bevor er kündigen kann?
- 5.4 Welche Schritte kann ein Mieter unternehmen, um Rechtsstreitigkeiten mit dem Vermieter zu vermeiden?
- 5.5 Welche Alternativen gibt es für Mieter, die ihr Elektroauto im Mietverhältnis laden wollen?
- 6 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 7 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Die Klage zur Räumung der Wohnung der Beklagten wurde abgewiesen, was bedeutet, dass die Beklagten weiterhin in der Wohnung bleiben dürfen.
- Der Kläger hatte die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund der Nutzung einer Allgemeinstromsteckdose zur Ladung eines Elektrofahrzeugs ausgesprochen.
- Die Beklagten gaben zu, ihr Elektroauto mehrfach über die Allgemeinstromsteckdose aufgeladen zu haben, bedauerten jedoch ihr Verhalten.
- Die Nutzung der Steckdose führte zu unbezifferten Mehrkosten, die auf alle Mieter umgelegt werden sollten, was zu Beschwerden anderer Mieter führte.
- Der Kläger sah die Nutzung als Vertragsverletzung an und hielt sie für unzumutbar für die anderen Mieter.
- Die Beklagten boten an, die entstandenen Mehrkosten zu übernehmen und schlugen eine pauschale Zahlung vor, um den Konflikt zu lösen.
- Der Kläger konnte jedoch keine genau bezifferten Mehrkosten nachweisen und hatte auch keine vorherige Abmahnung ausgesprochen.
- Das Gericht entschied, dass das Verhalten der Beklagten nicht ausreichte, um das Mietverhältnis fristlos zu kündigen.
- Die Entscheidung verdeutlicht, dass eine klare Abmahnung notwendig ist, bevor drastische Maßnahmen wie eine fristlose Kündigung ergriffen werden können.
- Mieter sollten sich darüber im Klaren sein, dass die illegale Nutzung von Allgemeinstrom problematisch sein kann, jedoch rechtliche Schritte des Vermieters an klare Kriterien gebunden sind.
Rechtsstreit um Hausstrom: Kann das Laden von Elektroautos zur Kündigung führen?
Die Nutzung von Hausstrom für das Aufladen von Elektroautos wirft in vielen Mietverhältnissen rechtliche Fragen auf. In den letzten Jahren hat die Elektro-Mobilität ausholende Fortschritte gemacht, was zu einer steigenden Anzahl an Mietern führt, die ihr Elektrofahrzeug lieber zu Hause aufladen möchten. Doch welches rechtliche Fundament steht dieser Praxis gegenüber? Die verschiedenen Interessen von Mietern und Vermietern kommen hier häufig ins Spiel, und Konflikte sind nicht selten.
Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung von Strom aus einer Mietwohnung sind vielfältig und hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie etwa dem Mietvertrag, den Zusatzvereinbarungen oder den örtlichen Gegebenheiten. Besonders komplex wird es, wenn es um mögliche Kündigungen von Mietverhältnissen geht, die aus der Nutzung von Hausstrom für das Aufladen von Fahrzeugen resultieren können. Die Frage stellt sich, ob eine derartige Nutzung einen Kündigungsgrund darstellt und wie die Gerichte in solchen Fällen entscheiden.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der sich mit der Frage beschäftigt, ob das Laden eines Autos über Hausstrom zur Wirksamkeit einer Mieterkündigung führen kann.
### Rechtliche Klarheit für Mieter und Vermieter
Stehen Sie vor rechtlichen Herausforderungen aufgrund von Stromnutzung in Ihrem Mietverhältnis? Unsere Kanzlei verfügt über umfassende Expertise im Mietrecht und unterstützt Sie bei der Klärung dieser komplexen Fragen. Eine erste Einschätzung Ihres Falls kann entscheidend für Ihre nächsten Schritte sein. Zögern Sie nicht und kontaktieren Sie uns unverbindlich – der erste Schritt zur Lösung Ihres rechtlichen Problems ist nur einen Anruf entfernt.
Der Fall vor Gericht
Stromdiebstahl durch E-Auto-Laden: Mietvertrag bleibt bestehen
In einem wegweisenden Urteil hat das Amtsgericht Leverkusen entschieden, dass das unerlaubte Aufladen eines Elektroautos an einer Hausstromsteckdose nicht automatisch zur Kündigung des Mietvertrags führt. Der Fall dreht sich um eine dreiköpfige Familie, die ihr Hybrid-Fahrzeug mehrfach über eine Allgemeinstromsteckdose des Mietshauses aufgeladen hatte. Dies führte zu Beschwerden anderer Mieter und schließlich zu Kündigungsversuchen durch den Vermieter.
Hintergrund des Rechtsstreits
Die Beklagten, ein Ehepaar mit einem dreijährigen Kind, hatten ihr Elektroauto mindestens zehn Mal an der Hausstromversorgung aufgeladen. Nachdem andere Mieter den Vermieter auf diesen Umstand aufmerksam gemacht hatten, sprach dieser zunächst eine fristlose Kündigung aus. Als Begründung wurde der „Stromdiebstahl“ angeführt. In der Folge reichte der Vermieter Klage auf Räumung der Wohnung und des dazugehörigen Parkplatzes ein.
Gerichtliche Bewertung des Falles
Das Amtsgericht Leverkusen wies die Räumungsklage ab und erklärte alle ausgesprochenen Kündigungen für unwirksam. In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht fest, dass der durch die unerlaubte Stromentnahme verursachte Schaden unter 50 Euro lag. Diese Geringfügigkeit des Schadens spielte eine entscheidende Rolle in der richterlichen Bewertung. Das Gericht schätzte die Kosten für die Ladevorgänge auf 34,80 bis 42,00 Euro insgesamt, basierend auf durchschnittlichen Batteriekapazitäten und Strompreisen für Plug-in-Hybridfahrzeuge.
Rechtliche Einordnung und Folgen
Entgegen der Auffassung des Vermieters sah das Gericht in dem Verhalten der Mieter keine schwerwiegende Störung des Hausfriedens, die eine fristlose Kündigung rechtfertigen würde. Das Gericht betonte, dass vor einer außerordentlichen Kündigung wegen Stromdiebstahls eine Abmahnung erforderlich gewesen wäre. Da eine solche nicht erfolgt war, erklärte das Gericht die erste fristlose Kündigung für unwirksam.
Verhalten der Mieter und Wiedergutmachung
Besonders berücksichtigt wurde das Verhalten der Mieter nach Bekanntwerden des Vorfalls. Die Beklagten räumten ihr Fehlverhalten ein, entschuldigten sich und boten an, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Sie stellten das unerlaubte Aufladen sofort ein und boten sogar eine überkompensatorische Zahlung von 600 Euro an, um den Hausfrieden wiederherzustellen. Diese Bereitschaft zur Wiedergutmachung und die Tatsache, dass keine Wiederholungsgefahr bestand, wertete das Gericht zugunsten der Mieter.
Bedeutung für Mieter und Vermieter
Das Urteil des Amtsgerichts Leverkusen verdeutlicht, dass nicht jede Vertragsverletzung automatisch zu einer Kündigung des Mietverhältnisses führt. Vermieter müssen vor dem Ausspruch einer Kündigung sorgfältig abwägen und im Falle geringfügiger Verstöße zunächst eine Abmahnung aussprechen. Für Mieter zeigt der Fall, wie wichtig es ist, bei Fehlverhalten schnell einzulenken, Einsicht zu zeigen und Wiedergutmachung anzubieten.
Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung in Mietstreitigkeiten und die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Sie gibt Mietern mit Elektrofahrzeugen wichtige Hinweise zum korrekten Umgang mit Lademöglichkeiten in Mietshäusern und betont gleichzeitig die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Hausgemeinschaft.
Die Schlüsselerkenntnisse
Die Entscheidung des Amtsgerichts Leverkusen verdeutlicht, dass geringfügige Vertragsverletzungen wie das unerlaubte Aufladen eines E-Autos nicht automatisch eine Kündigung rechtfertigen. Entscheidend sind die Geringfügigkeit des Schadens, das Verhalten der Mieter nach dem Vorfall und die Notwendigkeit einer vorherigen Abmahnung. Das Urteil betont die Bedeutung der Verhältnismäßigkeit bei Mietstreitigkeiten und die Pflicht der Vermieter, vor einer Kündigung sorgfältig abzuwägen und zunächst mildere Mittel zu ergreifen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Mieter mit Elektroauto können Sie aufatmen: Das unerlaubte Aufladen an der Hausstromversorgung führt nicht automatisch zur Kündigung Ihres Mietvertrags. Das Amtsgericht Leverkusen hat entschieden, dass bei geringem Schaden (unter 50 Euro) und Einsicht des Mieters eine Kündigung unverhältnismäßig ist. Wichtig ist, dass Sie bei einem Fehlverhalten schnell reagieren: Stellen Sie das unerlaubte Laden sofort ein, entschuldigen Sie sich und bieten Sie an, den Schaden zu ersetzen. Der Vermieter muss Sie zudem vor einer Kündigung in der Regel abmahnen. Beachten Sie jedoch, dass das Urteil kein Freibrief ist – eine dauerhafte unerlaubte Stromentnahme kann weiterhin Konsequenzen haben.
FAQ – Häufige Fragen
In unserer FAQ-Rubrik finden Sie Antworten auf häufige Fragen rund um die Stromnutzung für Elektroautos im Mietverhältnis. Hier erhalten Sie prägnante Informationen und rechtliche Hinweise, die Ihnen helfen, die Herausforderungen und Möglichkeiten dieser modernen Form der Fortbewegung besser zu verstehen. Tauchen Sie ein und entdecken Sie relevante Aspekte, die Ihnen in Ihrer Mietsituation weiterhelfen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was sind die rechtlichen Risiken beim Laden eines Elektroautos mit Hausstrom im Mietverhältnis?
- In welchen Situationen könnte das Aufladen eines Elektroautos eine Kündigung rechtfertigen?
- Muss der Vermieter eine Abmahnung aussprechen, bevor er kündigen kann?
- Welche Schritte kann ein Mieter unternehmen, um Rechtsstreitigkeiten mit dem Vermieter zu vermeiden?
- Welche Alternativen gibt es für Mieter, die ihr Elektroauto im Mietverhältnis laden wollen?
Was sind die rechtlichen Risiken beim Laden eines Elektroautos mit Hausstrom im Mietverhältnis?
Das Laden eines Elektroautos mit Hausstrom im Mietverhältnis birgt erhebliche rechtliche Risiken für Mieter. Ohne ausdrückliche Zustimmung des Vermieters ist diese Nutzung in der Regel nicht erlaubt und kann schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.
Vertragswidriger Gebrauch: Die Nutzung des Hausstroms zum Laden eines Elektroautos geht über den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache hinaus. Der Mietvertrag umfasst üblicherweise nur die Nutzung des Stroms für den üblichen Haushaltsbedarf. Das Aufladen eines Elektrofahrzeugs stellt eine zweckentfremdete und damit vertragswidrige Nutzung dar.
Gefahr der Kündigung: Ein solcher vertragswidriger Gebrauch kann den Vermieter zur Abmahnung und im schlimmsten Fall sogar zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen. Wenn Sie als Mieter wiederholt und trotz Abmahnung den Hausstrom zum Laden Ihres E-Autos nutzen, riskieren Sie den Verlust Ihrer Wohnung.
Vorwurf des Stromdiebstahls: In besonders schweren Fällen könnte die unerlaubte Stromentnahme sogar als Stromdiebstahl gewertet werden. Dies kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Schadensersatzforderungen: Der Vermieter könnte Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn durch das Laden des E-Autos erhöhte Stromkosten entstanden sind. In Ihrer Situation könnte das bedeuten, dass Sie nicht nur die Mehrkosten erstatten müssen, sondern auch für eventuelle Folgeschäden aufkommen müssen.
Sicherheitsrisiken: Die Nutzung einer nicht für das Laden von E-Autos ausgelegten Stromanlage kann zu Überlastungen führen. Wenn dadurch Schäden an der elektrischen Anlage oder gar ein Brand entstehen, könnten Sie dafür haftbar gemacht werden.
Um diese Risiken zu vermeiden, sollten Sie unbedingt das Gespräch mit Ihrem Vermieter suchen. Klären Sie die Möglichkeit einer vertraglichen Vereinbarung zur Nutzung des Hausstroms für Ihr E-Auto oder die Installation einer separaten Ladestation. Seit 2020 haben Mieter einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Vermieter den Einbau einer Ladestation genehmigt – allerdings müssen Sie als Mieter die Kosten dafür selbst tragen.
Bedenken Sie: Eine offene Kommunikation und eine schriftliche Vereinbarung mit Ihrem Vermieter sind der sicherste Weg, um rechtliche Probleme zu vermeiden und Ihr E-Auto sorgenfrei laden zu können.
In welchen Situationen könnte das Aufladen eines Elektroautos eine Kündigung rechtfertigen?
Das Aufladen eines Elektroautos kann in bestimmten Fällen tatsächlich eine Kündigung rechtfertigen, jedoch hängt dies von verschiedenen Faktoren ab:
Unbefugtes Nutzen des Allgemeinstroms: Wenn Sie als Mieter Ihr Elektroauto wiederholt und ohne Erlaubnis an einer Gemeinschaftssteckdose aufladen, könnte dies als Vertragsverstoß gewertet werden. Allerdings führt nicht jeder Verstoß automatisch zu einer wirksamen Kündigung.
Höhe des verursachten Schadens: Ein wichtiger Faktor ist der entstandene finanzielle Schaden. Ist dieser gering (beispielsweise unter 50 Euro), wird eine Kündigung in der Regel als unverhältnismäßig angesehen.
Fehlende vorherige Abmahnung: In vielen Fällen ist eine Abmahnung vor der Kündigung erforderlich. Wenn der Vermieter Sie nicht zuvor auf das Fehlverhalten hingewiesen und zur Unterlassung aufgefordert hat, könnte eine fristlose Kündigung unwirksam sein.
Wiederholungsgefahr: Entscheidend ist auch, ob Sie nach Bekanntwerden des Problems einsichtig sind und glaubhaft versichern, dass Sie die unbefugte Nutzung einstellen. Zeigen Sie sich kooperativ und bieten an, den entstandenen Schaden zu ersetzen, spricht dies gegen eine Kündigung.
Schwere des Vertragsverstoßes: Eine Kündigung könnte gerechtfertigt sein, wenn der Vertragsverstoß als besonders schwerwiegend eingestuft wird. Dies wäre etwa der Fall, wenn Sie trotz mehrfacher Aufforderung weiterhin unbefugt Strom entnehmen oder wenn durch Ihr Verhalten eine erhebliche Gefahr für andere Mieter oder das Gebäude entsteht.
Zumutbarkeit für andere Mieter: Wenn Ihr Verhalten den Hausfrieden nachhaltig stört oder zu erheblichen Mehrkosten für andere Mieter führt, könnte dies eine Kündigung begründen.
Es ist wichtig zu beachten, dass Gerichte in solchen Fällen eine Interessenabwägung vornehmen. Dabei werden Ihre Interessen als Mieter gegen die Interessen des Vermieters und der anderen Mieter abgewogen.
Wenn Sie in einer Mietwohnung leben und ein Elektroauto besitzen, ist es ratsam, proaktiv mit Ihrem Vermieter zu kommunizieren. Besprechen Sie Möglichkeiten für eine legale und sichere Lademöglichkeit. Seit Dezember 2020 haben Sie als Mieter sogar einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass der Vermieter den Einbau einer Ladestation an Ihrem Stellplatz genehmigt – allerdings müssen Sie die Kosten dafür selbst tragen.
Sollten Sie versehentlich oder in einer Notsituation einmal den Allgemeinstrom genutzt haben, informieren Sie Ihren Vermieter umgehend und bieten Sie an, die entstandenen Kosten zu erstatten. Offenheit und Kooperationsbereitschaft können in vielen Fällen eine Eskalation verhindern.
Muss der Vermieter eine Abmahnung aussprechen, bevor er kündigen kann?
In den meisten Fällen muss der Vermieter tatsächlich eine Abmahnung aussprechen, bevor er kündigen kann. Dies dient dem Schutz des Mieters und gibt ihm die Möglichkeit, sein Verhalten zu korrigieren.
Grundsätzlich gilt: Bei Pflichtverletzungen des Mieters, die nicht besonders schwerwiegend sind, ist eine vorherige Abmahnung erforderlich. Dies betrifft beispielsweise wiederholte Lärmbelästigungen, Verstöße gegen die Hausordnung oder unpünktliche Mietzahlungen.
Ausnahmen von der Abmahnungspflicht bestehen in folgenden Fällen:
- Bei besonders schwerwiegenden Vertragsverletzungen, die das Vertrauensverhältnis sofort und nachhaltig zerstören.
- Wenn eine Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht.
- Bei erheblichem Zahlungsverzug: Wenn der Mieter für zwei aufeinanderfolgende Termine mit der Mietzahlung in Verzug ist oder in einem längeren Zeitraum mit einem Betrag in Höhe von zwei Monatsmieten.
Wichtig für Sie als Mieter: Eine Abmahnung ist ein deutliches Warnsignal. Wenn Sie eine erhalten, sollten Sie das beanstandete Verhalten umgehend einstellen oder korrigieren. Ignorieren Sie die Abmahnung nicht, sondern nehmen Sie sie ernst.
Beachten Sie: Auch bei der Nutzung von Hausstrom für private Zwecke, wie etwa das Laden eines Elektroautos, kann eine Abmahnung erforderlich sein, bevor der Vermieter kündigen darf. In solchen Fällen sollten Sie als Mieter umgehend das Gespräch mit dem Vermieter suchen und eine einvernehmliche Lösung anstreben.
Wenn Sie unsicher sind, ob eine erhaltene Abmahnung oder Kündigung rechtmäßig ist, empfiehlt es sich, rechtlichen Rat einzuholen, um Ihre Rechte als Mieter zu wahren.
Welche Schritte kann ein Mieter unternehmen, um Rechtsstreitigkeiten mit dem Vermieter zu vermeiden?
Eine offene und proaktive Kommunikation ist der Schlüssel zur Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten zwischen Mietern und Vermietern. Folgende Schritte können Mieter unternehmen:
Dokumentation und Transparenz
Führen Sie ein Miettagebuch. Notieren Sie wichtige Ereignisse, Gespräche und Vereinbarungen mit dem Vermieter. Dies hilft, Missverständnisse zu vermeiden und dient als Beweismittel im Streitfall.
Kommunizieren Sie schriftlich. Wichtige Anliegen, Beschwerden oder Vereinbarungen sollten Sie immer schriftlich festhalten, am besten per E-Mail oder Einschreiben. So haben beide Parteien eine klare Dokumentation der Absprachen.
Proaktives Handeln
Melden Sie Schäden umgehend. Informieren Sie Ihren Vermieter sofort über Mängel oder notwendige Reparaturen in der Wohnung. Dies zeigt Verantwortungsbewusstsein und verhindert, dass aus kleinen Problemen große werden.
Holen Sie Genehmigungen ein. Vor baulichen Veränderungen oder der Anschaffung von Haustieren sollten Sie die schriftliche Zustimmung des Vermieters einholen. Dies beugt späteren Konflikten vor.
Verständnis und Kompromissbereitschaft
Zeigen Sie Verständnis für die Vermieterposition. Versuchen Sie, die Perspektive Ihres Vermieters zu verstehen. Dies kann helfen, gemeinsam Lösungen zu finden.
Seien Sie kompromissbereit. Bei Unstimmigkeiten sollten Sie offen für Kompromisse sein. Oft lassen sich so kostspielige Rechtsstreitigkeiten vermeiden.
Rechtliche Absicherung
Kennen Sie Ihre Rechte und Pflichten. Informieren Sie sich über Ihre Rechte als Mieter, aber auch über Ihre Pflichten. Dies hilft, unrealistische Erwartungen zu vermeiden und fair zu handeln.
Prüfen Sie den Mietvertrag sorgfältig. Lesen Sie vor der Unterzeichnung den Mietvertrag genau durch und klären Sie Unklarheiten direkt mit dem Vermieter.
Professionelle Unterstützung
Holen Sie sich frühzeitig Rat. Bei komplexen Fragen oder sich anbahnenden Konflikten kann die Konsultation eines Mietervereins oder eines Anwalts für Mietrecht sinnvoll sein. Diese können oft schon im Vorfeld deeskalierend wirken.
Erwägen Sie eine Rechtsschutzversicherung. Diese kann im Ernstfall die finanziellen Risiken eines Rechtsstreits abfedern.
Durch diese proaktiven Schritte können Sie als Mieter viele potenzielle Konflikte im Keim ersticken und ein harmonisches Mietverhältnis fördern. Denken Sie daran: Ein gutes Mietverhältnis basiert auf gegenseitigem Respekt und Verständnis. Wenn Sie offen, fair und lösungsorientiert kommunizieren, legen Sie den Grundstein für ein konfliktfreies Zusammenleben mit Ihrem Vermieter.
Welche Alternativen gibt es für Mieter, die ihr Elektroauto im Mietverhältnis laden wollen?
Mieter haben verschiedene Möglichkeiten, ihr Elektroauto im Mietverhältnis zu laden, ohne in Konflikt mit dem Vermieter zu geraten:
Nutzung öffentlicher Ladestationen
Die einfachste und rechtlich unbedenklichste Option ist die Nutzung öffentlicher Ladestationen. Viele Städte und Gemeinden bauen ihr Netz an öffentlichen Ladepunkten stetig aus. Diese befinden sich oft in der Nähe von Wohngebieten, Einkaufszentren oder Parkplätzen. Wenn Sie in Ihrer Umgebung nach solchen Ladestationen suchen, finden Sie möglicherweise praktische Lademöglichkeiten in Gehweite zu Ihrer Wohnung.
Laden am Arbeitsplatz
Viele Arbeitgeber bieten mittlerweile Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge an. Wenn Sie die Möglichkeit haben, Ihr Auto während der Arbeitszeit zu laden, könnte dies eine praktische Alternative zum Laden zu Hause sein.
Mobile Ladelösungen
Es gibt tragbare Ladegeräte, die Sie an eine normale Haushaltssteckdose anschließen können. Diese Geräte sind zwar langsamer als fest installierte Wallboxen, bieten aber eine flexible Lösung für Mieter. Wichtig: Informieren Sie Ihren Vermieter über die Nutzung und stellen Sie sicher, dass die elektrische Anlage des Hauses für die zusätzliche Belastung ausgelegt ist.
Kooperation mit dem Vermieter
Sprechen Sie mit Ihrem Vermieter über die Möglichkeit einer Ladestation-Installation. Seit Dezember 2020 haben Mieter einen gesetzlichen Anspruch auf die Erlaubnis zur Installation einer Ladestation. Möglicherweise ist Ihr Vermieter bereit, die Installation zu genehmigen oder sogar selbst eine Ladeinfrastruktur für alle Mieter einzurichten.
Gemeinschaftliche Lösungen
In Mehrfamilienhäusern können Sie mit anderen Mietern zusammenarbeiten, um eine gemeinsame Ladelösung zu finden. Dies könnte die Installation einer geteilten Ladestation beinhalten, deren Kosten und Nutzung unter den interessierten Mietern aufgeteilt werden.
Lokale Sharing-Angebote
Einige Städte und Unternehmen bieten Carsharing-Dienste mit Elektrofahrzeugen an. Wenn Sie kein eigenes Auto besitzen, aber gelegentlich ein Elektrofahrzeug benötigen, könnte dies eine praktische Alternative sein.
Vertragsanpassung mit dem Vermieter
Wenn Sie einen Stellplatz mieten, könnten Sie mit Ihrem Vermieter über eine Anpassung des Mietvertrags verhandeln, um die Installation einer privaten Ladestation zu ermöglichen. Dabei sollten klare Vereinbarungen über Kosten, Haftung und eventuelle Rückbauverpflichtungen getroffen werden.
Beachten Sie, dass die Nutzung des Hausstroms ohne Genehmigung des Vermieters rechtliche Konsequenzen haben kann. Es ist daher ratsam, immer im Einvernehmen mit dem Vermieter zu handeln und eine schriftliche Vereinbarung zu treffen, bevor Sie Maßnahmen ergreifen, die die Stromversorgung oder die Gebäudesubstanz betreffen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Fristlose Kündigung: Eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie kann nur aus wichtigem Grund erfolgen, wenn dem Kündigenden die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist. Im E-Auto-Fall wurde sie als unverhältnismäßig angesehen, da der Schaden gering war und keine vorherige Abmahnung erfolgte. Für Mieter ist wichtig zu wissen, dass nicht jeder Vertragsverstoß automatisch zur fristlosen Kündigung berechtigt. Vermieter müssen die Schwere des Verstoßes und die Umstände sorgfältig abwägen.
- Abmahnung: Eine formelle Warnung des Vermieters an den Mieter wegen Vertragsverletzungen. Sie fordert den Mieter auf, das Fehlverhalten einzustellen und warnt vor möglichen Konsequenzen bei Wiederholung. Im E-Auto-Fall wäre eine Abmahnung vor der Kündigung nötig gewesen. Für Mieter ist die Abmahnung eine Chance zur Verhaltensänderung, um eine Kündigung abzuwenden. Vermieter müssen beachten, dass eine Abmahnung oft Voraussetzung für eine wirksame Kündigung ist.
- Verhältnismäßigkeit: Ein Rechtsprinzip, das fordert, dass Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Zweck stehen. Im Mietrecht bedeutet dies, dass die Reaktion des Vermieters auf Vertragsverstöße angemessen sein muss. Im E-Auto-Fall wurde die Kündigung als unverhältnismäßig eingestuft, da der Schaden gering war. Mieter sollten wissen, dass nicht jeder kleine Verstoß zu drastischen Konsequenzen führt. Vermieter müssen ihre Reaktionen sorgsam abwägen und mildere Mittel in Betracht ziehen.
- Wiedergutmachung: Maßnahmen des Mieters zur Behebung eines Schadens oder zur Entschädigung des Vermieters nach einem Vertragsverstoß. Im E-Auto-Fall boten die Mieter Schadensersatz an und stellten das Verhalten ein. Dies wurde positiv bewertet. Für Mieter ist es wichtig, bei Fehlverhalten schnell zu reagieren und Lösungen anzubieten. Vermieter sollten Wiedergutmachungsangebote berücksichtigen, bevor sie weitere Schritte einleiten.
- Hausfrieden: Ein rechtlich geschütztes Gut, das ein störungsfreies Zusammenleben in einem Mehrparteienhaus gewährleistet. Erhebliche Störungen können Kündigungsgründe sein. Im E-Auto-Fall wurde die Stromnutzung nicht als schwerwiegende Störung gewertet. Mieter sollten beachten, dass ihr Verhalten den Hausfrieden nicht stören darf. Vermieter müssen nachweisen, dass eine Störung erheblich und nachhaltig ist, um eine Kündigung zu rechtfertigen.
- Geringfügigkeit: Ein rechtliches Konzept, das die Bedeutung oder Schwere eines Verstoßes oder Schadens bewertet. Im E-Auto-Fall wurde der Stromverbrauch als geringfügig eingestuft (unter 50 Euro), was gegen eine Kündigung sprach. Für Mieter ist wichtig zu wissen, dass geringfügige Verstöße oft keine schwerwiegenden Konsequenzen nach sich ziehen. Vermieter müssen bei der Bewertung von Vertragsverstößen die Geringfügigkeitsschwelle berücksichtigen, bevor sie Maßnahmen ergreifen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 543 Abs. 3 BGB (Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Dieser Paragraph regelt die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses aus einem wichtigen Grund. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Im vorliegenden Fall argumentierte der Vermieter, dass das unerlaubte Aufladen des Elektroautos einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstelle. Das Gericht stellte jedoch fest, dass eine vorherige Abmahnung erforderlich gewesen wäre, bevor eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden kann.
- § 568 Abs. 1 BGB (Form der Kündigung): Dieser Paragraph schreibt vor, dass die Kündigung eines Mietverhältnisses schriftlich erfolgen muss. Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter die Kündigung schriftlich ausgesprochen, womit diese Formerfordernis erfüllt war.
- § 569 Abs. 4 BGB (Begründung der Kündigung): Gemäß diesem Paragraphen muss der Kündigende bei der Kündigung eines Mietverhältnisses die Gründe angeben, die ihn zur Kündigung veranlassen. Im vorliegenden Fall hatte der Vermieter den „Stromdiebstahl“ als Kündigungsgrund angegeben, womit auch dieses Erfordernis erfüllt war.
- § 303 Abs. 1 StGB (Sachbeschädigung): Dieser Paragraph stellt die vorsätzliche oder fahrlässige Beschädigung einer fremden Sache unter Strafe. Im vorliegenden Fall könnte das unerlaubte Aufladen des Elektroautos an der Allgemeinstromsteckdose als Sachbeschädigung angesehen werden, da es zu einem unbefugten Verbrauch von Strom und damit zu einem Vermögensschaden für den Vermieter führte.
- § 248a StGB (Entziehung elektrischer Energie): Dieser Paragraph stellt die unbefugte Entziehung elektrischer Energie unter Strafe. Im vorliegenden Fall könnte das unerlaubte Aufladen des Elektroautos an der Allgemeinstromsteckdose auch als Entziehung elektrischer Energie betrachtet werden, da die Mieter Strom verbrauchten, ohne dafür zu bezahlen.
Das vorliegende Urteil
AG Leverkusen – Az.: 22 C 157/23 – Urteil vom 17.05.2024
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Parteien streiten sich um die Räumung der von den Beklagten gemieteten Wohnung in der M-Straße 56, 12345 L, im ersten Obergeschoss rechts nebst den dazugehörigen Kellerraum, sowie den auf dem Grundstück M-Str. 54 + 56, 12345 L, gelegenen Kraftfahrzeug Abstellplatz Nummer 7.
Die Beklagten bilden mit ihrem drei jährigen Kind eine dreiköpfige Familie.
Die Beklagten luden ihr Elektroauto, einen Hybrid-PKW, mehrfach – mindestens 10 Mal – über eine Allgemeinstromstreckdose des Hauses auf. Hierauf wurde der Kläger durch E-Mails mehrere Mieter aufmerksam, welche sich über das Verhalten der Beklagten beschwerten. Dadurch sind unbezifferte Mehrkosten für den verbrauchten Strom entstanden, welcher über die Position Allgemeinstrom in den Betriebskosten auf alle Mieter umgelegt wird.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 19.09.2023 fristlos. Als Grund gab der Kläger das Nutzen der Allgemeinstreckdose zum Laden des E-Fahrzeuges an. Mit demselben Schreiben kündigte er das Mietverhältnis vorsorglich fristgerecht zum nächst zulässigen Zeitpunkt.
Nach diesem Zeitpunkt erfolgte keine Nutzung der Allgemeinsteckdose durch den Beklagten.
Mit der Klage vom 27.10.2023 kündigte der Prozessbevollmächtigte des Klägers erneut fristlos unter Berufung auf denselben Kündigungsgrund. Vorsorglich kündigte er mit der Klage fristgerecht zum nächst zulässigen Zeitpunkt.
Mit der am 16.11.2023 zugestellten Klage begehrt der Kläger die Räumung der oben bezeichneten Wohnung und des Kraftfahrzeug Abstellplatzes. Der Kläger behauptet, dass die Beklagten zum Ausgleich der Mehrkosten durch die anderen Mieter aufgefordert worden seien. Die Nutzung der Steckdose sei mehrfach und nahezu permanent erfolgt.
Der Kläger ist der Ansicht, dass eine Fortführung des Mietverhältnisses den anderen Mietern nicht zu zumuten ist. Er hält den Stromdiebstahl der Beklagten nach Mitteilung deren Mitmieter für so dreist, dass eine Fortsetzung des Mietverhältnisses sowohl für den Kläger als auch für die Mitmieter der Beklagten nicht zumutbar sei. Dazu beruft er sich auf die an ihn gerichteten Beschwerde-Emails der weiteren Mieter. Aufgrund des nachgewiesenen Verhaltens der Beklagten, welches eine ganz erhebliche Vertragsverletzung zu Lasten der Mieterschaft darstelle, möchte der Kläger das Mietverhältnis nicht fortsetzen.
Der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an ihn
– die im Mietvertrag zwischen den Parteien bezeichnete Wohnung im Hause M-Str. 56, 12345 L, vereinbarte Größe 86 qm, 1. OG rechts nebst Kellerraum
– sowie den auf dem Grundstück M-Straße 54 + 56, 12345 L, gelegenen Kfz Abstellplatz Nr. 7 zu räumen und geräumt an den Kläger herauszugeben.
Die Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten räumen ein, bis zu 10 Mal ihr Fahrzeug über den Allgemeinstrom aufgeladen zu haben. Sie bedauern ihr Verhalten ausdrücklich und bieten dem Vermieter an, die Mehrkosten für den Allgemeinstrom zu übernehmen. Zuletzt boten sie vergleichsweise eine Zahlung von pauschal 600,00 Euro an, um die Betriebskosten für die Mitmieter zu senken und den Hausfrieden wieder herzustellen. Die Beklagten verweisen darauf, dass der Kläger weder vorgerichtlich noch im Verfahren die Mehrkosten konkret beziffert habe. Die Beklagten berufen sich darauf, dass es vor der Kündigung eine Anmahnung durch den Vermieter nicht gegeben habe.
Die Beklagten sind der Ansicht, dass die Nutzung der Allgemeinstromsteckdose weder eine fristlose noch eine fristgerechte Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen.
Weiterhin sind sie der Ansicht, dass der Schaden so gering sein, dass eine abmahnungslose Kündigung unverhältnismäßig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Eine gütliche Einigung scheiterte nach Widerruf des Vergleiches durch die Klägerseite.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Räumung der streitgegenständlichen Wohnung. Denn das Mietverhältnis besteht ungekündigt fort. Alle ausgesprochenen Kündigungen sind unwirksam. Denn der durch die Beklagten verursachte Schaden liegt unter 50,00 Euro, die Beklagten sind wiedergutmachungsbereit und es besteht keine Wiederholungsgefahr. Der Hausfrieden ist wieder hergestellt. Ein Festhalten an der Räumungskündigung kann nur noch mit Unversöhnlichkeit begründet werden. Das ist jedoch kein Kündigungsgrund.
1. Die vom Kläger ausgesprochene fristlose Kündigung vom 19.09.2023 ist nicht wirksam geworden. Denn es ist keine vorherige Abmahnung erfolgt, § 543 Abs. 3 BGB.
a) Der Kläger kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 19.09.2023 unter Angabe der Kündigungsgründe (Stromdiebstahl) und somit in der vorgeschriebenen Form des § 568 I BGB. Der Kündigungsgrund war gemäß nach § 569 IV BGB im Schreiben nach Ort, Zeit und Gegenstand individualisierbar angegeben.
b) Der Kläger hatte keinen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne von § 543 Abs. 1 in Verbindung mit § 569 Abs. 2 BGB. Jedenfalls hatte der Kläger nicht vorher abgemahnt, § 543 Abs. 3 BGB.
aa) Nach §§ 543 Abs. 1 i.V.m. § 569 Abs. 2 BGB liegt ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung vor, wenn eine Vertragspartei den Hausfrieden nachhaltig stört, sodass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschulden der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Allgemein wird ein Kündigungsgrund bejaht, wenn ein Mieter Stromleitungen anzapft und auf diese Weise Energie verbraucht, ohne dafür zu bezahlen (Blank, in: Schmidt-Futterer, MietR, 8. Aufl., § 543 Rdnr. 185 m.w. Nachw.; LG Berlin, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 67 S 304/14).
Für die Wirksamkeit einer fristgerechten Kündigung ist die Schwere der Pflichtverletzung des Mieters entscheidend. Die Kündigung ist unwirksam, wenn weder die Menge des unberechtigt entnommenen Strom noch die Dauer der Pflichtverletzung dargelegt wird (A*** KG Berlin, 18. November 2004, 8 U 125/04). (LG Berlin, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 67 S 304/14)
Allen Entscheidungen, die einen Stromdiebstahl als Kündigungsgrund ausreichen lassen, ist aber gemein, dass dem Vermieter und/oder der Hausgemeinschaft durch diesen Stromdiebstahl ein beträchtlicher Schaden entstanden ist. In dem vom AG Neukölln entschiedenen Fall (GE 1995, 501) hat der Mieter Hausstrom über eine im Keller befindliche Steckdose entnommen. In einem vom AG Potsdam (WuM 1995, 40) entschiedenen Fall hat der Mieter unberechtigt Strom entnommen um sein Badezimmer aufzuheizen. Das LG Köln (NJW-RR 1994, 909) hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem der Mieter mit dem gestohlenen Strom Kühlschrank und Telefon betrieben hat. Das Landgericht Köln (NJW-RR 1994, 909) hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem der Mieter mit dem gestohlenen Strom Kühlschrank und Telefon betrieben hat.
Verneint wegen Geringfügigkeit hat dies das LG Berlin in einem Fall auf Grund des Umstands, dass die Mieter nur etwa 1 bis 2 mal im Monat den Keller aufsuchten und Licht einschalteten Kosten in einem fast nicht zu berechnenden Umfang (KG Berlin, Urteil vom 18. November 2004 – 8 U 125/04; LG Berlin, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 67 S 304/14).
bb) Nach Maßgabe dessen hat das Gericht bereits durchgreifende Zweifel daran, dass aufgrund des – unstreitigen – Stromdiebstahls eine derart schwerwiegende Störung des Hausfriedens vorliegt, dass alleine dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnte.
(1) Zwar ist die entnommene Strommenge sicherlich höher als in dem vom KG Berlin (a.a.O., Kellerlichtfall) entschiedenen Sachverhalt. Das Gericht geht nach dem zugestandenen Vortrag der Beklagten von 10 Ladevorgängen aus.
Mangels konkreter Angaben zum Umfang der Ladevorgänge kann das Gericht den Schaden nur schätzen. Nach den allgemein zugänglichen Quellen zu den Betriebskosten für Plugin Hybridfahrzeuge (Fundstelle: : https://www.greengear.de/ elektroautos-plug-in-hybridautos-aufladen-kosten-preise-daheim-zuhause/) geht das Gericht abhängig von den marküblichen Batteriekapazitäten von Plugin Hybridfahrzeugen von 5,7 kWh bis 14,1 kWh von durchschnittlichen Kosten einer Aufladung von 3,48 Euro bis 4,20 Euro aus. Die Mehrkosten betragen dann bei eingeräumten 10 Ladevorgängen zwischen 34,80 Euro und 42,00 Euro insgesamt.
Das Gericht hält einen solchen Schaden wegen Stromentnahme für gering. Dabei orientiert sich das Gericht an der gesetzlichen Wertung von §§ 248c Abs. 3 i.V.m. 248a StGB. Es obliegt dabei der Rechtsprechung, eine Wertgrenze als „gegriffene Größe“ zu ziehen (Vogel/Brodowski in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage, § 248a StGB, Rn. 6). Die Grenze wird vermehrt bei 50,00 Euro gesehen (Geringwertigkeit: OLG Frankfurt, Beschluss vom 9. Mai 2008 – 1 Ss 67/08; Vogel/ Brodkowski a.a.O. m.w.n.), vereinzelt bereits bei 100,00 Euro (im Disziplinarrecht zur Geringfügigkeitsschwelle: Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 5. August 2020 – 22 A 4/15). Nach Maßgabe dessen handelt es sich vorliegend um eine allenfalls geringwertige Stromentnahme, deren etwaige Strafverfolgung einem Antragserfordernis unterläge.
(2) Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die Beklagten überkompensatorisch angeboten haben, 600,00 Euro als pauschalen Schadensersatz zu leisten, obgleich ein derart hoher Schaden weder plausibel ist noch im konkreten Fall nachgewiesen werden kann.
Hinzu kommt, dass die Beklagten von Anfang an die unbefugte Stromentnahme eingeräumt, sich entschuldigt und Wiedergutmachung angeboten haben.
Zudem kam es unstreitig nach der ersten Kündigung zu keiner weiteren Stromentnahme.
(3) Unter zusammenfassender Würdigung der vorgenannten Umstände sieht das Gericht den Hausfrieden zwar als gestört an, jedoch nur in sehr geringfügigem Maße. Warum sich die Hausgemeinschaft in der von dem Kläger vorgetragenen Umfange unversöhnlich zeigt, dass selbst ein vom Gericht vorgeschlagener Vergleich das Haus nicht befrieden kann, ist von der Sache her allein mit dem Umfange des Schadens angesichts der angebotenen großzügigen Wiedergutmachung nicht zu erklären.
(4) Auch die von Klägerseite vorgelegten Beschwerde-Emails der weiteren Mieter im Haus können eine beachtliche Störung des Hausfriedens nicht begründen. Aus den vom Kläger vorgelegten E-Mails ergibt sich lediglich die Aufforderung, die unerlaubte Stromentnahme solle untersagt und für die Zukunft unterbunden werden. Außerdem solle das, was die Beklagten bis jetzt verbraucht haben, pauschal angerechnet werden. Das Gericht sieht durch das Angebot der Schadenswiedergutmachung und das weitere Verhalten der Beklagten nach der ersten Kündigung den Hausfrieden aus Sicht der Mitmieter als in vollem Umfange wiederhergestellt an.
Keiner der aufgebrachten Mieter hatte vom Kläger verlangt, dass den Beklagten sofort und fristlos gekündigt werden sollte. Es geht den Mietern nach den vorgelegten E-Mails allein um Schadenswiedergutmachung und Einhaltung der Gemeinschaftsordnung.
(5) Unter diesen Umständen vermutet das Gericht hinter dem Festhalten an der fristlosen Kündigung weitere bislang unbenannte Kündigungsgründe, welche aber mangels Kundgabe vorliegend nicht berücksichtigt werden können. Im Übrigen dient das Kündigungsrecht nicht der Bestrafung der Mieter. Dafür sind allein die Strafverfolgungsbehörden zuständig.
cc) Eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund wegen Stromdiebstahls durch den Untermieter ist dann unwirksam, wenn der Hauptmieter nicht abgemahnt wurde und das Untermietverhältnis unverzüglich beendet hat (LG Berlin, Urteil vom 6. Mai 2002 – 34 O 554/01). Vor dem Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses wegen sog. Stromdiebstahls ist der Ausspruch einer Abmahnung erforderlich. (LG Berlin, Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 67 S 304/14). Eine Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB wegen unbefugter Stromentnahme im Keller ist jedenfalls dann erforderlich, wenn der behauptete Stromverbrauch durch den Mieter so gut wie nicht messbar ist (KG Berlin, Urteil vom 18. November 2004 – 8 U 125/04) oder im konkreten Fall nicht nachgewiesen wurde (LG Frankfurt, Urteil vom 1. Juni 2017 – 2-11 S 326/16). Eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ist hingegen ohne vorherige Abmahnung gerechtfertigt, wenn der Mieter oder ein Dritter, dessen Verhalten sich der Mieter zurechnen lassen muss, seine Wohnung über ein an die von ihm wieder in Betrieb genommene Baustromversorgung angeschlossenes Kabel mit Strom versorgt (AG Wedding, Urteil vom 10. Februar 2015 – 11 C 103/14).
dd) Nach Maßgabe dessen ist die erste fristlose Kündigung vom 19.9.2023 in jedem Falle unwirksam, da unstreitig keine vorherige Abmahnung erfolgte. Eine solche war im vorliegenden Fall auch nicht gem. § 543 Abs. 3 Nr. 2 BGB entbehrlich, da auch unter Abwägung der beiderseitigen Interessen keine Gründe für eine sofortige und abmahnungslose Kündigung vorliegen. Denn der eingetretene Schaden liegt unter 50,00 Euro und ist damit als gering zu bezeichnen. Der Aufladevorgang des Plug-in-Hybrid PKW ist nicht zu vergleichen mit der massiven Entnahme von Baustrom (AG Wedding a.a.O.). Die Beklagten waren zudem von Anfang an einsichtig, haben ihr Verhalten wunschgemäß eingestellt und sind zur Schadenwiedergutmachung bereit.
2. Die ordentliche Kündigung vom 19.09.2023 ist ebenfalls nicht wirksam geworden. Denn aus den vorgenannten Gründen kann eine mehr als unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, die zu einer fristgemäßen Kündigung berechtigen würde, gerade nicht festgestellt werden. Der durch das unerlaubte Verhalten der Beklagten eingetretene Schaden ist allenfalls gering und liegt unter 50,00 Euro. Die Beklagten wollen den Schaden wieder gutmachen und es besteht keine Wiederholungsgefahr.
3. Die mit der Klageschrift ausgesprochene fristlose Prozesskündigung vom 27.10.2023 ist nicht wirksam geworden. Denn es liegt seit der als erste Abmahnung auszulegenden Kündigung vom 19.09.2023 kein weiterer nachweisbarer Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflichten aus dem Mietverhältnis vor. Unstreitig sind alleine die unerlaubten Stromaufladungen vor dem 19.09.2023. Danach hat es derartige Ladevorgänge nicht mehr geben. Solche sind weder vorgetragen noch vom Kläger in der Prozesskündigung mitgeteilt worden.
4. Auch die mit der Klage ausgesprochene weitere ordentliche Prozesskündigung vom 27.10.2023 ist nicht wirksam geworden. Die Kündigung wurde dabei wieder auf denselben Kündigungsgrund wie die Kündigung vom 19.09.2023 gestützt. Diese begründen jedoch nach dem zuvor Ausgeführten keine Kündigung, da keine nicht unerhebliche Mieterpflichtverletzung der Beklagten vorliegt, § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
II.
Die Kosten folgen aus § 91 ZPO, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 708 ff. ZPO.
Der Streitwert wird auf 8.040,00 EUR festgesetzt.