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Verkehrsunfall: Anwaltskosten bei sicherungsübereignetem Fahrzeug – Bekommt der Fahrer sie nicht erstattet?

Stellen Sie sich vor: Ihr Auto ist nach einem Unfall schwer beschädigt, die Schuld des anderen klar. Sie beauftragen einen Anwalt, der Gegner zahlt den vollen Schaden am Wagen – doch der größte Schock kommt, als Sie die Rechnung Ihres eigenen Anwalts erhalten. Denn obwohl Sie im Grunde gewonnen haben, bleiben Sie auf einem Großteil der Kosten sitzen.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 U 149/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
  • Datum: 27.05.2025
  • Aktenzeichen: 6 U 149/24
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Verkehrsunfallrecht (Schadensersatz nach einem Unfall), Anwaltskostenrecht (Erstattung von Rechtsanwaltskosten)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Ein Mann, dessen Fahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt wurde. Er forderte von der Gegenseite Schadensersatz und die Erstattung seiner vorgerichtlichen Anwaltskosten.
  • Beklagte: Die Unfallgegner und ihre Versicherung. Sie bestritten das Eigentum des Klägers am Fahrzeug und die Höhe der geforderten Anwaltskosten.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Nach einem Verkehrsunfall forderte der Kläger Schadensersatz und Anwaltskosten. Er hatte das unfallbeschädigte Fahrzeug der finanzierenden Bank sicherungsübereignet.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Muss die Gegenseite die Anwaltskosten des Klägers für den Fahrzeugschaden voll erstatten, obwohl er das Fahrzeug der Bank sicherungsübereignet hatte? War die Höhe der Anwaltsgebühr angemessen?

Entscheidung des Gerichts:

  • Urteil im Ergebnis: Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.
  • Zentrale Begründung: Das Gericht entschied, dass der Kläger die vorgerichtlichen Anwaltskosten für den Fahrzeugschaden nicht erstattet bekommt, da er zum Zeitpunkt der Geltendmachung nicht Eigentümer des Fahrzeugs war, unbegründete Ansprüche verfolgte und die gewählte fiktive Schadensberechnung dem Eigentümer zustand.
  • Konsequenzen für die Parteien: Der Kläger erhält nicht die zusätzlich geforderten Anwaltskosten und muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.

Der Fall vor Gericht


Warum musste ein Unfallopfer trotz klarer Schuldfrage um seine Anwaltskosten kämpfen?

Ein Verkehrsunfall, eine eindeutige Schuldfrage und ein erheblicher Schaden am eigenen, finanzierten Fahrzeug. Für den Betroffenen schien die Sache klar: Die Versicherung des Unfallverursachers muss für alles aufkommen. Doch am Ende eines langen Rechtsstreits stand er vor einer überraschenden Realität: Obwohl ihm der komplette Schaden am Auto ersetzt wurde, blieb er auf einem Großteil seiner eigenen Anwaltskosten sitzen. Das Oberlandesgericht Stuttgart musste in einem Urteil vom 27. Mai 2025 (Az.: 6 U 149/24) eine scheinbar kleine, aber folgenschwere Frage klären: Wer zahlt den Anwalt, wenn dieser anfangs für ein Recht kämpft, das sein Mandant gar nicht besitzt? Die Antwort des Gerichts zeichnet ein präzises Bild davon, wie entscheidend die richtige Wortwahl und der genaue Zeitpunkt im juristischen Ringen um Schadensersatz sind.

Was war der entscheidende Fehler im ersten Anwaltsschreiben?

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Die Geschichte beginnt nach dem Unfall. Der Kläger beauftragte einen Anwalt, um seine Ansprüche durchzusetzen. Dieser wandte sich mit einem Schreiben an die gegnerische Versicherung und forderte Schadensersatz. In diesem Schreiben lag der Keim des späteren Problems: Der Anwalt erklärte, sein Mandant mache die Ansprüche als Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs geltend. Dies war eine logische, aber, wie sich herausstellte, rechtlich unzutreffende Annahme.

Tatsächlich war das Fahrzeug über eine Bank finanziert. Im Rahmen dieser Finanzierung hatte der Kläger das Auto der Bank zur Sicherheit übereignet. Bei einer solchen Sicherungsübereignung bleibt die Bank die juristische Eigentümerin des Fahrzeugs, bis der Kredit vollständig abbezahlt ist. Der Käufer ist lediglich der Besitzer und hat ein starkes Recht, späterer Eigentümer zu werden, aber das Eigentum selbst liegt bei der Bank. Das erste Anwaltsschreiben basierte also auf einer falschen Prämisse. Die Versicherung zahlte nicht in der geforderten Höhe, und der Fall landete vor Gericht.

Wieso sprach das erste Gericht dem Kläger zwar den Autoschaden, aber nicht die vollen Anwaltskosten zu?

Vor dem Landgericht Ravensburg kam die Wahrheit über die Eigentumsverhältnisse ans Licht. Der Kläger erklärte, dass die finanzierende Bank ihn ermächtigt habe, den Schaden in eigenem Namen für die Bank einzuklagen. Dies nennt man Prozessstandschaft: Jemand führt einen Prozess im eigenen Namen, macht aber eigentlich das Recht eines anderen geltend. Man agiert quasi als juristischer Stellvertreter für den eigentlichen Rechteinhaber. Das Gericht akzeptierte dies und sprach dem Kläger den vollen Fahrzeugschaden von 25.600 € zu, den er nun für die Bank einforderte. Auch seine eigenen kleinen Schäden, wie Nutzungsausfall und Gutachterkosten, bekam er ersetzt.

Doch bei den vorgerichtlichen Anwaltskosten zog das Gericht eine klare Grenze. Es argumentierte, dass der Anwalt seine Arbeit vor dem Prozess auf einer falschen Grundlage begonnen hatte. Er hatte Geld für den Kläger als angeblichen Eigentümer gefordert. Die Kosten, die für die Verfolgung dieses unbegründeten Anspruchs entstanden, könne man nicht dem Unfallgegner aufbürden. Ein Schädiger muss nur die Kosten für eine erforderliche und zweckmäßige Rechtsverfolgung erstatten. Die Verfolgung eines Anspruchs, den man nicht hat, ist aber weder erforderlich noch zweckmäßig.

Daher berechnete das Gericht die erstattungsfähigen Anwaltskosten nur auf Basis der kleinen, eigenen Ansprüche des Klägers (3.365,48 €) und nicht auf Basis des gesamten Fahrzeugschadens. Statt der geforderten 3.644,57 € sprach es ihm nur 453,87 € zu.

Mit welchen Argumenten versuchte der Kläger in der Berufung, doch noch sein Geld zu bekommen?

Der Kläger legte gegen diese Entscheidung Berufung beim Oberlandesgericht Stuttgart ein. Seine Anwälte brachten mehrere Argumente vor, um die Kürzung der Gebühren zu kippen.

Erstens argumentierten sie, der Kläger habe von Anfang an einen eigenen Anspruch auf Ersatz des Fahrzeugschadens gehabt. Dies nicht als Eigentümer, sondern als sogenannter berechtigter Besitzer und Inhaber eines Anwartschaftsrechts. Ein Anwartschaftsrecht ist die rechtlich geschützte Erwartung, vollwertiger Eigentümer zu werden, sobald die letzte Rate bezahlt ist. Es ist mehr als eine bloße Hoffnung und wird wie ein „fast-fertiges“ Eigentum behandelt.

Zweitens führten sie an, die Bank habe ihn von Anfang an ermächtigt, alle Ansprüche geltend zu machen. Die spätere schriftliche Bestätigung für die Prozessstandschaft habe diesen Willen nur dokumentiert.

Drittens forderten sie eine höhere Anwaltsgebühr. Statt der vom Gericht zugestandenen 1,3-fachen Standardgebühr verlangten sie eine 1,8-fache Gebühr. Dies begründeten sie damit, dass der Fall überdurchschnittlich schwierig und umfangreich gewesen sei.

Warum war der Zeitpunkt der Geltendmachung so entscheidend für das Oberlandesgericht?

Das Oberlandesgericht Stuttgart wies die Berufung vollständig zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Der Dreh- und Angelpunkt der Urteilsbegründung war eine präzise zeitliche Trennung: Was wurde vorgerichtlich gefordert und was wurde im Prozess argumentiert?

Das Gericht stellte fest, dass die zu erstattenden Anwaltskosten nur diejenigen sein können, die für die außergerichtliche Tätigkeit angefallen sind. Und in dieser Phase hatte der Anwalt des Klägers unmissverständlich kommuniziert, er handle für den Eigentümer. Dieser Anspruch war, wie unstrittig festgestellt wurde, falsch. Die Kosten für die Verfolgung eines nicht existenten Rechts sind vom Schädiger nicht zu erstatten.

Die spätere Korrektur im Gerichtsverfahren, bei der der Kläger klarstellte, dass er nun als Prozessstandschafter für die Bank auftrete, konnte den anfänglichen Fehler nicht heilen. Eine solche Ermächtigung wirkt nicht zurück und macht die Kosten für die ursprünglich falsche Geltendmachung plötzlich erstattungsfähig. Hätte der Anwalt von Anfang an offengelegt, dass er für seinen Mandanten als Vertreter der Eigentümerin (der Bank) handelt, hätte die Sache anders ausgesehen. Doch er hatte einen eigenen, nicht bestehenden Anspruch seines Mandanten verfolgt.

Konnte der Kläger den Schaden nicht einfach als rechtmäßiger Besitzer geltend machen?

Das Gericht setzte sich auch detailliert mit dem Argument auseinander, der Kläger hätte ja als rechtmäßiger Besitzer oder Inhaber eines Anwartschaftsrechts klagen können. Doch auch dieser Einwand scheiterte an einer juristischen Feinheit, die das Gericht klar herausarbeitete.

Der Kläger hatte nicht die Erstattung konkreter Reparaturkosten gefordert. Stattdessen wählte er die Methode der fiktiven Abrechnung. Das bedeutet, er verlangte den Geldbetrag, den ein Sachverständiger als Wiederbeschaffungswert für ein gleichwertiges Fahrzeug ermittelt hatte, ohne das Auto tatsächlich zu reparieren oder zu ersetzen.

Genau hier liegt der entscheidende Unterschied: Das Recht, so frei über die Art des Schadensausgleichs zu verfügen – also Geld statt Reparatur zu wählen –, steht laut höchstrichterlicher Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich nur dem Eigentümer zu. Der bloße Besitzer des Fahrzeugs hat dieses Wahlrecht nicht. Er kann in der Regel nur den Ersatz der Kosten verlangen, die ihm tatsächlich zur Wiederherstellung des Fahrzeugs entstehen.

Da der Kläger fiktiv abrechnen wollte, eine Dispositionsbefugnis, die nur der Eigentümerin (der Bank) zustand, konnte er diesen Anspruch nicht aus seiner eigenen Rechtsposition als Besitzer ableiten. Er war dafür zwingend auf die Ermächtigung der Bank angewiesen – eine Ermächtigung, die für die vorgerichtliche Phase nicht vorlag.

Das OLG fasste seine Kernüberlegungen damit zusammen:

  • Falsche Anspruchsgrundlage: Der Anwalt hat vorgerichtlich einen Eigentumsanspruch geltend gemacht, der dem Kläger nicht zustand. Kosten für die Verfolgung unbegründeter Ansprüche sind nicht erstattungsfähig.
  • Keine Rückwirkung: Die spätere Ermächtigung durch die Bank zur Prozessstandschaft heilt den ursprünglichen Fehler nicht rückwirkend, da anfangs nicht offengelegt wurde, ein fremdes Recht zu verfolgen.
  • Grenzen des Besitzers: Das Recht zur fiktiven Abrechnung steht dem Eigentümer, nicht dem Besitzer zu. Der Kläger konnte den geltend gemachten Schaden also nicht aus eigener Rechtsposition fordern.

Weshalb wurde auch die Forderung nach einer höheren Anwaltsgebühr abgewiesen?

Zuletzt prüfte das Gericht die Forderung nach einer höheren Anwaltsgebühr von 1,8 statt des Regelsatzes von 1,3. Eine solche Erhöhung der Geschäftsgebühr, also der Vergütung für die außergerichtliche Tätigkeit, ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Fall nachweislich überdurchschnittlich schwierig oder umfangreich war.

Der Kläger hatte dies mit dem Umfang der vorgerichtlichen Korrespondenz begründet. Dem Gericht genügte dieser pauschale Hinweis jedoch nicht. Es verlangte eine konkrete Darlegung, was genau an diesem speziellen Fall komplizierter war als bei einem durchschnittlichen Verkehrsunfall. Da der Kläger keine solchen besonderen Umstände vortragen konnte, sah das Gericht keinen Grund, von der üblichen Regelgebühr abzuweichen. Die Entscheidung des Landgerichts, die 1,3-fache Gebühr anzusetzen, war somit nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers scheiterte damit in allen Punkten.



Wichtigste Erkenntnisse

Wer Anwaltskosten vom Unfallgegner erstattet bekommen will, muss von Anfang an auf der richtigen Rechtsgrundlage argumentieren – spätere Korrekturen heilen frühe Fehler nicht.

  • Falsche Anspruchsgrundlage macht Kosten unerstattungsfähig: Verfolgt ein Anwalt vorgerichtlich einen Anspruch, der seinem Mandanten nicht zusteht, kann der Unfallgegner die dafür entstandenen Kosten verweigern. Der Schädiger haftet nur für Kosten einer erforderlichen und zweckmäßigen Rechtsverfolgung.
  • Spätere Ermächtigung wirkt nicht rückwirkend: Stellt sich erst im Prozess heraus, dass der Kläger als Prozessstandschafter für den wahren Rechteinhaber handelt, rechtfertigt dies nicht nachträglich die Kosten der ursprünglich falschen Geltendmachung. Die korrekte Rechtsposition muss von Beginn an offengelegt werden.
  • Fiktive Abrechnung bleibt dem Eigentümer vorbehalten: Bei Sicherungsübereignungen kann der bloße Besitzer eines Fahrzeugs nicht frei zwischen Reparatur und Geldersatz wählen. Diese Dispositionsbefugnis steht ausschließlich dem rechtlichen Eigentümer zu, auch wenn das Fahrzeug finanziert ist.

Präzision in der Anspruchsformulierung entscheidet darüber, wer am Ende die Rechtsanwaltskosten trägt – ein kostspieliger Unterschied zwischen juristischer Theorie und anwaltlicher Praxis.


Benötigen Sie Hilfe?

Wird auch Ihnen die Erstattung Ihrer Anwaltskosten für einen Fahrzeugschaden verweigert, weil das Eigentum umstritten ist oder das Fahrzeug finanziert war? Lassen Sie Ihre individuelle Situation in einer unverbindlichen Ersteinschätzung prüfen.


Das Urteil in der Praxis


Für jeden Anwalt, der einen Schadenfall reguliert, ist dieses OLG-Urteil ein schmerzhaftes Lehrstück in Präzision. Es zeigt gnadenlos auf, wie eine unsaubere Prüfung der Eigentumsverhältnisse und die falsche Anspruchsgrundlage im ersten Schreiben horrende Kostenfolgen für den Mandanten haben können, selbst bei klarer Schuld. Die Entscheidung des OLG Stuttgart ist eine kalte Dusche für alle, die glauben, eine spätere Korrektur der Prozessführung rette einen anfänglichen Fehler – denn rückwirkend heilt hier nichts. Wer sich nicht vom Start weg akribisch an die korrekte Rechtsgrundlage hält, riskiert, dass der eigene Anwalt zum Kostenfaktor statt zum Gewinnbringer wird.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie beeinflusst die rechtliche Beziehung zu einem Gegenstand (z.B. Eigentum oder Besitz) die Geltendmachung von Ansprüchen nach einem Schaden?

Bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen ist es entscheidend, ob Sie rechtlich der Eigentümer oder nur der Besitzer eines beschädigten Gegenstands sind. Diese Unterscheidung bestimmt maßgeblich, welche Ansprüche Sie geltend machen können und wer die volle Verfügungsgewalt über den Schadenersatz hat.

Stellen Sie sich vor, Sie nutzen ein finanziertes Fahrzeug: Obwohl Sie es täglich fahren und es bei Ihnen steht, gehört es rechtlich der Bank, solange der Kredit läuft. Die Bank ist Eigentümerin, Sie sind der Besitzer.

Der Grund dafür ist einfach: Nur der Eigentümer kann umfassend über einen beschädigten Gegenstand verfügen. Er besitzt die Wahlfreiheit, ob er eine Reparatur durchführen lässt oder sich den Schaden nur auf dem Papier auszahlen lässt (sogenannte fiktive Abrechnung). Als bloßer Besitzer können Sie diese Wahl in der Regel nicht treffen. Sie können normalerweise nur den Ersatz der Kosten fordern, die Ihnen tatsächlich für die Wiederherstellung des Gegenstands entstehen. Wenn Sie Ansprüche als Eigentümer geltend machen, obwohl Sie nur Besitzer sind, können Ihnen dadurch Nachteile entstehen, etwa bei der Erstattung von Anwaltskosten.

Diese präzise Unterscheidung sorgt für Klarheit im Schadensfall und schützt das Vertrauen in korrekte Verfahren.


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Wann werden vorgerichtliche Anwaltskosten bei einem Schadensfall vollständig von der gegnerischen Partei erstattet?

Vorgerichtliche Anwaltskosten bei einem Schadensfall werden von der gegnerischen Partei nur dann vollständig erstattet, wenn der von Ihrem Anwalt geltend gemachte Anspruch tatsächlich besteht. Der Gegner muss lediglich die Kosten für eine notwendige und zweckmäßige Rechtsverfolgung übernehmen.

Stell dir vor, ein Fußballspieler beschwert sich lautstark über ein Foul, das gar nicht stattfand. Der Schiedsrichter pfeift das Foul nicht, und der Spieler muss die Konsequenzen seiner falschen Beschwerde selbst tragen. Genauso ist es im Recht: Wenn dein Anwalt einen Anspruch verfolgt, den du gar nicht besitzt, trägst du die Kosten dafür selbst.

Fordert dein Anwalt beispielsweise Schadensersatz für dich als angeblichen Eigentümer eines Autos, obwohl du das Fahrzeug nur besitzt und es einer Bank sicherungsübereignet ist, war dieser Anspruch von Anfang an unbegründet. Die Kosten, die dein Anwalt für die Geltendmachung eines solchen nicht bestehenden Anspruchs verursacht, gelten nicht als notwendig oder zweckmäßig. Eine spätere Korrektur, etwa durch eine nachträgliche Ermächtigung des eigentlichen Rechteinhabers, heilt diesen anfänglichen Fehler nicht rückwirkend.

Diese Regelung soll sicherstellen, dass nur die Verfolgung berechtigter Ansprüche zulasten des Schädigers geht und du von Beginn an sorgfältig prüfst, welchen Anspruch du wirklich hast.


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Welche rechtlichen Besonderheiten ergeben sich bei der Schadenregulierung von finanzierten oder geleasten Fahrzeugen?

Bei finanzierten oder geleasten Fahrzeugen ist in der Regel nicht der Fahrer, sondern die Bank oder Leasinggesellschaft der juristische Eigentümer. Das hat wichtige Auswirkungen auf die Schadenregulierung nach einem Unfall.

Stell dir vor, du leihst dir ein wertvolles Buch aus und beschädigst es. Du kannst nicht einfach selbst entscheiden, wie der Schaden ausgeglichen wird, zum Beispiel ob du es selbst reparierst oder einen Geldbetrag für ein neues Buch verlangst. Nur der wahre Eigentümer (die Bibliothek oder der Freund) kann diese Entscheidung treffen.

Genauso verhält es sich bei einem finanzierten oder geleasten Auto: Weil die Bank oder Leasinggesellschaft der Eigentümer bleibt, gehören ihr auch die primären Rechte an der Schadenregulierung. Dies gilt besonders, wenn du den Schaden nicht wirklich reparieren lassen, sondern den errechneten Wert als Geld ausgezahlt bekommen möchtest (fiktive Abrechnung). Dieses Wahlrecht steht grundsätzlich nur dem Eigentümer zu, nicht dem bloßen Besitzer.

Um den Schaden am Fahrzeug dennoch voll umfänglich für dich geltend machen zu können, benötigst du oft eine spezielle Ermächtigung der Bank oder Leasinggesellschaft. Ohne diese Erlaubnis, quasi als deren Vertreter aufzutreten (Prozessstandschaft), verfolgst du unter Umständen einen Anspruch, der dir nicht zusteht. Dann muss der Unfallgegner auch die damit verbundenen Kosten, wie Anwaltsgebühren, nicht erstatten.

Diese Besonderheiten stellen sicher, dass die Rechte des Eigentümers gewahrt bleiben und Missverständnisse bei der Schadenabwicklung vermieden werden.


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Was bedeutet „fiktive Abrechnung“ bei Fahrzeugschäden und unter welchen Voraussetzungen ist sie zulässig?

Fiktive Abrechnung bedeutet, dass Sie nach einem Fahrzeugschaden einen Geldbetrag für die Reparatur oder den Wiederbeschaffungswert fordern, ohne das Fahrzeug tatsächlich zu reparieren oder zu ersetzen. Dieses Recht steht aber grundsätzlich nur dem Fahrzeugeigentümer zu.

Stellen Sie sich vor, der Eigentümer eines Fahrzeugs ist wie ein Fußballtrainer, der frei entscheiden kann, ob er nach einem Foul weiterspielt (das Geld nimmt und nicht repariert) oder den Schiedsrichter (die Versicherung) um einen Elfmeter bittet (den Ersatzwert fordert). Ein bloßer Spieler ohne Trainerschein (der Besitzer) hat diese weitreichende Wahl nicht; er darf in der Regel nur das fordern, was er tatsächlich für die Reparatur ausgeben muss.

Die fiktive Abrechnung erlaubt dem Eigentümer also eine hohe Flexibilität bei der Schadensregulierung. Er kann das Geld frei verwenden und muss es nicht zwingend in eine Reparatur investieren. Der bloße Besitzer eines Fahrzeugs, zum Beispiel wenn das Auto noch über eine Bank finanziert ist und die Bank der Eigentümer ist, besitzt dieses freie Wahlrecht nicht. Er kann in der Regel nur die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten geltend machen.

Diese Regelung ist entscheidend, um bei der Schadensregulierung die richtige Vorgehensweise zu wählen und rechtliche Nachteile zu vermeiden.


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Welche Bedeutung hat der Zeitpunkt der Geltendmachung eines Anspruchs für die Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten?

Für die Erstattung von Anwaltskosten ist es entscheidend, wann und wie ein Anspruch das erste Mal korrekt formuliert wird. Eine spätere Korrektur der Anspruchsgrundlage oder eine nachträgliche Ermächtigung heilen anfängliche Fehler in der Regel nicht rückwirkend.

Stell dir vor, ein Fußball-Schiedsrichter pfeift einen Freistoß, weil ein Spieler den Ball mit der Hand berührt hat. Es hilft nichts, wenn der Spieler danach erklärt, er werde ab jetzt nur noch den Fuß benutzen. Der Regelverstoß – das Handspiel – geschah am Anfang, und die Konsequenz – der Freistoß – bleibt bestehen. Genauso ist es bei rechtlichen Ansprüchen.

Die Kosten für eine Anwältin oder einen Anwalt, die vor einem Gerichtsverfahren entstehen, erstattet die Gegenseite nur, wenn du in diesem Moment auch wirklich einen passenden Anspruch hattest und diesen korrekt dargestellt hast. Wenn dein Anwalt zu Beginn einen Anspruch für dich geltend macht, den du zum Beispiel als angeblicher Eigentümer gar nicht besitzt, sind die dafür entstandenen Kosten nicht erstattungsfähig.

Das Gericht sieht solche Kosten als nicht erforderlich und zweckmäßig an. Eine nachträgliche Bestätigung, dass du den Anspruch eigentlich für jemand anderen hättest geltend machen dürfen (sogenannte Prozessstandschaft), macht die anfänglich falschen Kosten nicht nachträglich erstattungsfähig. Deshalb ist es so wichtig, dass du alle relevanten Fakten und die genaue rechtliche Grundlage deines Anliegens von Anfang an sorgfältig prüfst und deinem Anwalt mitteilst. Diese strikte Regel schützt vor unnötigen Kosten für falsch verfolgte Ansprüche und betont die Wichtigkeit präziser rechtlicher Schritte von Anfang an.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Anwartschaftsrecht

Ein Anwartschaftsrecht ist die rechtlich geschützte Erwartung, vollwertiger Eigentümer einer Sache zu werden, sobald bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Es ist mehr als eine bloße Hoffnung und wird vom Recht wie ein „fast-fertiges“ Eigentum behandelt. Bei finanzierten Fahrzeugen entsteht ein solches Recht meist dadurch, dass der Käufer bereits einen Teil der Raten bezahlt hat und somit eine gesicherte Aussicht auf das spätere Vollwertseigentum besitzt.

Beispiel: Der Kläger argumentierte, er habe als Inhaber eines Anwartschaftsrechts am finanzierten Fahrzeug einen eigenen Anspruch auf Schadensersatz gehabt. Das Gericht sah dies jedoch nicht als ausreichend an, da er fiktiv abrechnen wollte – ein Recht, das nur dem Vollwertseigentümer zusteht.

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Fiktive Abrechnung

Fiktive Abrechnung bedeutet, dass man nach einem Schaden einen Geldbetrag für Reparatur oder Wiederbeschaffung fordert, ohne das beschädigte Objekt tatsächlich zu reparieren oder zu ersetzen. Dieses Wahlrecht zwischen Geld und tatsächlicher Wiederherstellung steht grundsätzlich nur dem Eigentümer zu. Der bloße Besitzer kann normalerweise nur die Kosten verlangen, die ihm wirklich für eine Reparatur entstehen.

Beispiel: Der Kläger wählte die fiktive Abrechnung und verlangte den vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert als Geldbetrag. Das Gericht stellte fest, dass nur die Bank als Eigentümerin diese Dispositionsbefugnis hatte, nicht der Kläger als bloßer Besitzer.

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Geschäftsgebühr

Die Geschäftsgebühr ist die Vergütung, die ein Anwalt für seine außergerichtliche Tätigkeit erhält. Sie wird nach festen Regeln berechnet und beträgt normalerweise das 1,3-fache einer Standardgebühr. Eine Erhöhung auf das 1,8-fache oder mehr ist nur möglich, wenn der Fall nachweislich überdurchschnittlich schwierig oder umfangreich war.

Beispiel: Der Kläger forderte eine erhöhte Geschäftsgebühr von 1,8 statt 1,3, konnte aber nicht konkret darlegen, was an seinem Fall besonders kompliziert gewesen wäre. Das Gericht blieb daher bei der Standard-1,3-fachen Gebühr.

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Prozessstandschaft

Prozessstandschaft liegt vor, wenn jemand einen Rechtsstreit im eigenen Namen führt, aber eigentlich das Recht einer anderen Person geltend macht. Man agiert quasi als juristischer Stellvertreter für den eigentlichen Rechteinhaber. Dazu braucht man eine entsprechende Ermächtigung von der berechtigten Person.

Beispiel: Als die wahren Eigentumsverhältnisse ans Licht kamen, erklärte der Kläger vor Gericht, die Bank habe ihn ermächtigt, den Schaden in eigenem Namen für die Bank einzuklagen. Diese Prozessstandschaft wurde vom Gericht akzeptiert, wirkte aber nicht auf die vorgerichtliche Phase zurück.

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Sicherungsübereignung

Bei einer Sicherungsübereignung überträgt der Schuldner das Eigentum an einer Sache vorübergehend an den Gläubiger, um einen Kredit abzusichern. Der Schuldner behält die Sache in seinem Besitz und nutzt sie weiter, aber rechtlich gehört sie dem Gläubiger, bis die Schuld vollständig bezahlt ist. Diese Konstruktion ist bei Fahrzeugfinanzierungen sehr häufig.

Beispiel: Das finanzierte Fahrzeug des Klägers war der Bank zur Sicherheit übereignet worden. Obwohl der Kläger das Auto täglich fuhr und bei ihm stand, war die Bank die rechtliche Eigentümerin, bis der Kredit vollständig abbezahlt wäre.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  1. Erstattungsfähigkeit von Anwaltskosten / Grundsatz der erforderlichen Rechtsverfolgung (§ 249 BGB)
    Ein Schädiger muss nur die Kosten einer Rechtsverfolgung erstatten, die aus Sicht einer verständigen Partei erforderlich und zweckmäßig war.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Anwalt des Klägers vorgerichtlich einen Anspruch geltend machte, den der Kläger nicht besaß (Eigentümer statt Besitzer/Prozessstandschafter), wurden die dafür entstandenen Kosten als nicht erforderlich und somit nicht erstattungsfähig eingestuft.
  2. Abgrenzung Eigentümer und Besitzer (Allgemeines Rechtsprinzip / § 854 BGB, § 903 BGB)
    Der Eigentümer darf rechtlich über eine Sache verfügen, während der Besitzer lediglich die tatsächliche Gewalt über sie ausübt.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Kläger war aufgrund der Sicherungsübereignung an die Bank nur Besitzer des Fahrzeugs, nicht Eigentümer, wodurch ihm bestimmte Rechte, wie die freie Wahl der Abrechnungsart, vorgerichtlich nicht zustanden und die ursprüngliche Geltendmachung auf einer falschen Grundlage basierte.
  3. Fiktive Abrechnung bei Sachschaden (BGH-Rechtsprechung zu § 249 BGB)
    Geschädigte können den Schaden am Fahrzeug auch auf Basis eines Sachverständigengutachtens abrechnen, ohne es tatsächlich zu reparieren oder zu ersetzen.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Dieses Recht zur fiktiven Abrechnung steht nach höchstrichterlicher Rechtsprechung grundsätzlich nur dem Eigentümer zu; da der Kläger nur Besitzer war, konnte er den Schaden nicht aus eigener Rechtsposition auf diese Weise fordern, was seine anfängliche Anspruchsgrundlage fehlerhaft machte.
  4. Prozessstandschaft (Allgemeines Rechtsprinzip)
    Ein Kläger kann im eigenen Namen ein fremdes Recht geltend machen, wenn er dazu vom eigentlichen Rechteinhaber ermächtigt wurde.
    Bedeutung im vorliegenden Fall: Obwohl der Kläger das Recht der Bank im Prozess erfolgreich als Prozessstandschafter geltend machen konnte, wirkte diese spätere Ermächtigung nicht auf die fehlerhafte vorgerichtliche Geltendmachung zurück, wodurch die bereits entstandenen Anwaltskosten nicht erstattungsfähig wurden.

Das vorliegende Urteil


OLG Stuttgart – Az.: 6 U 149/24 – Urteil vom 27.05.2025


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