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Mietvertragskündigung Wohnungsvermüllung und Lebensmittellagerung

AG Oldenburg – Az.: 6 C 6035/18 (VI) – Urteil vom 29.05.2018

1. Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm innegehaltene Wohnung …, zweites Obergeschoss links, …, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad, Flur, Loggia und Kellerraum, Wohnung Nummer: …, zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 382,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Dezember 2017 zu zahlen.

3. Dem Beklagten wird eine einmalige Räumungsfrist bis zum 30. November 2018 bewilligt.

4. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

6. Der Streitwert wird auf 2824,56 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses.

Der unter Betreuung stehende Beklagte hat die streitgegenständliche Wohnung mit Mietvertrag vom 1. Mai 2014 von der Klägerin angemietet. Der monatlich im Voraus zu entrichten der Mietzins beträgt 235,38 € zuzüglich Nebenkosten von 73 € und 24 €.

Die Klägerin mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 11. September 2017 ab und forderte ihn auf, den vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache einzustellen und die Wohnung mit Fristsetzung zum 4. Oktober 2017 in einen ordnungsgemäßen, vertragsgerechten Zustand zu versetzen. Der Beklagte wurde aufgefordert, die Wohnung regelmäßig zu lüften und Unrat zu entfernen.

Die Klägerin mahnte den Beklagten erneut nach einer Nachbesichtigung am 4. Oktober 2017 am 9. Oktober 2017 ab. Nach zwei weiteren Wohnungsbesichtigungen am 8. November 2017 und 13. November 2017 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 4. Dezember 2017 außerordentlich fristlos.

Die Klägerin behauptet, seit September 2017 sei es vermehrt zu Beschwerden der Hausbewohner wegen des Zustandes der Wohnung des Beklagten gekommen. Eine Inaugenscheinnahme der Wohnung des Beklagten durch den Außendienst der Klägerin habe im September einen erheblichen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache ergeben. In der Wohnung hätte totales Chaos geherrscht. Sie sei stark verschmutzt und vermüllt gewesen und verderbliche Lebensmittel seien nicht ordnungsgemäß verstaut worden. Die Wohnung sei wieder gereinigt worden, noch werde sie regelmäßig gelüftet. Eine Säuberung der Fenster habe seit längerer Zeit nicht stattgefunden. Es sei bereits der Befall mit Ungeziefer festgestellt worden. Das Fehlverhalten des Beklagten schädige die Bausubstanz des Hauses der Klägerin nachhaltig. Trotz der Abmahnungen habe die Verschmutzung und Vermüllung der Wohnung zugenommen. Auch nach den Wohnungsbegehungen am 8. November 2017 und 13. November 2017 sei erneut festgestellt worden, dass der hygienische Zustand der Wohnung des Beklagten weiterhin intolerant sei. Insbesondere sei die Lebensmittelaufbewahrung gesundheitsgefährdend. Weiterhin wird Lebensmittel trotz Verbots auf dem Balkon gelagert. Der Kühlschrank sei defekt und gleichwohl vollgestopft mit diversen Lebensmitteln. Diese seien verdorben. Die Zersetzung der Lebensmittel habe bereits begonnen, es rinne dunkle Flüssigkeit aus dem Kühlschrank. Außerdem seien verschimmelte Lebensmittelreste in der Küche vorgefunden worden.

Die Klägerin beantragt,

Mietvertragskündigung Wohnungsvermüllung/Lebensmittellagerung
(Symbolfoto: Von trekandshoot/Shutterstock.com)

1. Den Beklagten zu verurteilen, die von ihm innegehaltene Wohnung …, zweites Obergeschoss links, …, bestehend aus zwei Zimmern, Küche, Bad, Flur, Loggia und Kellerraum, Wohnung Nummer: …, zu räumen und fordern die Klägerin herauszugeben.

2. Den Beklagten zu verurteilen, an sie vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 382,59 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Dezember 2017 zu zahlen.

3.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Ergänzend wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 16. April 2018. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll gleichen Tages verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf Räumung des streitgegenständlichen Mietverhältnisses. Die außerordentliche fristlose Kündigung vom 4. Dezember 2017 ist wirksam. Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist beendet. Der Beklagte hat seine mietvertraglichen Pflicht, namentlich die Pflicht zum sorgfältigen Umgang mit der Mietsache aus § 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB nachhaltig in erheblicher Weise verletzt und auch auf die qualifizierten Abmahnungen hin sein Verhalten nicht geändert, so dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für den Kläger auch bei Berücksichtigung der Interessen des Beklagten am Erhalt seiner Wohnung nicht mehr zumutbar gewesen ist. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts als Ergebnis der Beweisaufnahme.

Der Beklagte hat die Rechte des Vermieters nach § 543 Abs. 2 Ziffer 2 BGB erheblich verletzt, weil er in der Wohnung in erheblichem Umfang verwahrlosen ließ.

Der Zeuge …, der im November 2017 zweimal in der Wohnung des Beklagten gewesen ist, hat bestätigt, dass die Wohnung schmutzig und nicht aufgeräumt gewesen sei, insbesondere hätte der Beklagte Lebensmittel außerhalb des Kühlschranks und auf dem Balkon gelagert. Des Weiteren erklärte er, dass seiner Auffassung nach die Wohnung von Nikotin durchdrängt gewesen sei. Besonders in der Küche seien ihm zwei Töpfe aufgefallen mit einer Flüssigkeit und einer 2 cm dicken Schimmelschicht darauf. Beim zweiten Besuch am 13. November 2017 sein diese Töpfe nicht mehr vorhanden gewesen. Allerdings sei die Wohnung zwar aufgeräumt aber noch immer nicht sauber gewesen. Schmutz sei noch immer vorhanden. Auch hätten wieder Lebensmittel auf dem Balkon gelagert. In der Küche sei ihm aufgefallen, dass der Kühlschrank, der offenbar nicht funktionierte, total voll gewesen sei. Die dort sich befindenden Lebensmittel seien dunkel gefärbt gewesen. Außerdem sei eine bräunliche Flüssigkeit aus dem Kühlschrank rausgelaufen.

Die Betreuerin des Beklagten persönlich angehört erklärte, dass zutreffend sein, dass der Beklagte regelmäßig Lebensmittel außerhalb des Kühlschranks lagere und auch ab und zu auf dem Balkon. Es komme regelmäßig eine Reinigung, etwa alle drei Wochen, die dann wieder Ordnung in der Wohnung schaffe. Sie ist der Auffassung, dass der Beklagte zur Feststellung eines gesundheitlichen Zustands dringend in die Karl Jaspers Klinik eingeliefert werden müsse.

Der Beklagte hat durch sein Verhalten auch den Hausfrieden erheblich und nachhaltig gestört, § 569 Abs. 2 BGB. Durch die Verwahrlosung der Wohnung und der sich daraus ergebenden Gefahr eines Ungezieferbefalls sind weitere Nutzer des Hauses in nicht auf Dauer zumutbarer Weise gestört worden.

Der Kläger hat die zur Kündigung führenden Vertragsverletzungen des Beklagten gemäß § 543 Abs. 3 BGB schriftlich und zudem qualifiziert, unter Androhung der fristlosen Kündigung für den Fall der Fortdauer abgemahnt.

Aufgrund der Gefährdung der Mietsache durch den Beklagten ist es dem Kläger auch bei Berücksichtigung seiner Fürsorgepflicht der weiteren Bewohner des Hauses nicht zumutbar gewesen, das Mietverhältnis über die streitgegenständliche Wohnung mit dem Beklagten fortzusetzen. Die Gefährdung der Mietsache durch Verwahrlosung durch den in Folge der Vermüllung entstehenden Gestank ist auch für die Zukunft nicht hinreichend auszuschließen. So hat der Beklagte weder die qualifizierten Abmahnungen vom 11.09.2017 und 09.10.2017 noch die fristlose Kündigung vom 04.12.2017 zum Anlass genommen, sein vertragswidriges Verhalten zu ändern. Die Tatsache, dass die Wohnung alle drei Wochen professionell gereinigt werden muss, ohne dass der Beklagte selbst sein eigenes Verhalten ändert, wie von der Betreuerin geschildert, lässt erkennen, dass der Beklagte nicht willens ist und gegebenenfalls auch nicht in der Lage ist, den Zustand der Wohnung zu verbessern. Es ist vor diesem Hintergrund nicht hinreichend absehbar, ob und inwieweit sich das Verhalten des Beklagten in Zukunft tatsächlich nachhaltig so ändert, dass er eine erneute Verwahrlosung der Wohnung unterlässt, mit oder auch ohne Hilfe Dritter. Es kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang sich der Zustand der Wohnung aktuell gebessert hat. Aufgrund des dargelegten Verhaltens des Beklagten in der Vergangenheit kann nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Beklagte diese Hilfestellung dauerhaft zulässt.

Dem Beklagten war eine Räumungsfrist bis zum 30.11.2018 zu gewähren, § 721 Abs. 1 ZPO. Dabei ist die erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung des Beklagten zu beachten, die es ihm erschwert, geeigneten Wohnraum zu finden. In Anbetracht der weiteren Tatsache, dass die Betreuerin des Beklagten bemüht ist, den Beklagten in der Karl Jaspers Klinik einweisen zu lassen ist die gewährte Räumungsfrist angemessen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nummer 7, 711 ZPO.

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