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Mietvertragskündigung bei geringen Verstößen gegen Mülltrennungsverpflichtung

Streit um Mülltrennung: Mietvertragskündigung wegen Verstößen droht

Das Gericht wies die Klage auf Mietvertragskündigung aufgrund geringfügiger Verstöße gegen die Mülltrennungsverpflichtung ab. Es stellte fest, dass die vorgebrachten Verstöße der Beklagten nicht ausreichen, um eine fristlose oder ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Die Entscheidung basierte auf der Abwägung des Interesses der Beklagten am Fortbestand des Mietverhältnisses und der Tragweite der dokumentierten Verstöße.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 533 C 159/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Klageabweisung: Das Gericht lehnte die Klage auf Räumung ab.
  2. Unzureichende Begründung für Kündigung: Weder fristlose noch ordentliche Kündigung waren gerechtfertigt.
  3. Unklare Zuordnung des Mülls: Zweifel, ob der nicht getrennte Müll tatsächlich der Beklagten zuzuordnen war.
  4. Geringfügigkeit der Verstöße: Die Verstöße gegen die Mülltrennung wurden als geringfügig angesehen.
  5. Fehlende erhebliche negative Auswirkungen: Keine wesentlichen negativen Folgen für die Mietsache oder andere Mieter erkennbar.
  6. Gesetzliche Vorgaben zur Mülltrennung: Das Gericht erkannte die gesetzliche Mülltrennungspflicht an, sah aber keinen ausreichenden Kündigungsgrund.
  7. Abwägung der Interessen: Das Interesse der Beklagten am Fortbestand des Mietvertrages überwog.
  8. Kostenentscheidung: Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Mietrecht und Verpflichtungen: Ein Balanceakt

Mülltrennung führt zu Mietvertragskündigung
(Symbolfoto: Hakim Graphy /Shutterstock.com)

In der Welt des Mietrechts sind die Rechte und Pflichten von Mietern und Vermietern ein ständiges Thema juristischer Auseinandersetzungen. Ein besonders aktuelles und sensibles Feld stellt die Mietvertragskündigung dar, insbesondere wenn es um scheinbar geringfügige Verstöße wie die Mülltrennungsverpflichtung geht. Diese Konstellation führt oft zu rechtlichen Debatten darüber, was als angemessene Erfüllung der Mieterpflichten gilt und wann eine Kündigung gerechtfertigt ist.

Das Zusammenspiel von mietrechtlichen Bestimmungen, darunter § 546 BGB und § 543 Abs. 1 BGB, bildet die Grundlage für Entscheidungen über Räumungsansprüche und die Angemessenheit einer Kündigung. Dabei spielen sowohl die Schwere der Pflichtverletzung als auch die Interessenabwägung zwischen Mieter und Vermieter eine zentrale Rolle. In diesem spezifischen Fall wird die Frage aufgeworfen, inwieweit geringfügige Verstöße gegen die Mülltrennung die Kündigung eines Mietverhältnisses rechtfertigen können.

Der folgende Bericht beleuchtet ein konkretes Urteil, das zeigt, wie Gerichte solche Fälle bewerten und welche Faktoren für die Urteilsfindung entscheidend sind. Tauchen Sie ein in die Details dieses interessanten Falles und erfahren Sie mehr über die Feinheiten des Mietrechts.

Streitfall: Mietvertragskündigung wegen Mülltrennung

Im Zentrum des vorliegenden Falles steht die Mietvertragskündigung einer Mieterin durch ihre Vermieterin wegen angeblicher Verstöße gegen die Mülltrennungsverpflichtung. Die Beklagte, Mieterin einer 1-Zimmerwohnung im Dachgeschoss eines Mehrfamilienhauses in Hamburg, wird von der Klägerin, ihrer Vermieterin, beschuldigt, ihren Müll nicht ordnungsgemäß zu trennen. Dies umfasst angeblich nicht korrekt entsorgte PET-Flaschen, Plastikverpackungen, Glas und weitere Gegenstände im Hausmüll. Die Vermieterin mahnte die Mieterin zunächst ab und sprach später eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung aus, begründet mit der Nichteinhaltung der im Mietvertrag festgelegten Mülltrennungsregeln.

Juristische Auseinandersetzung und Klageabweisung

Die Mieterin widersprach der Kündigung und es kam zur gerichtlichen Auseinandersetzung. Vor dem Amtsgericht Hamburg-Blankenese wurde der Fall unter dem Aktenzeichen 533 C 159/22 verhandelt. Die Klägerin verlangte die Räumung der Wohnung und machte geltend, dass die Beklagte trotz wiederholter Mahnungen ihrer Pflicht zur Mülltrennung nicht nachgekommen sei. Das Gericht musste prüfen, ob die vorgebrachten Verstöße ausreichend schwerwiegend waren, um eine Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen.

Gerichtliche Bewertung der Mülltrennungsverstöße

In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht fest, dass die Klägerin nicht ausreichend beweisen konnte, dass die Beklagte tatsächlich gegen die Mülltrennungsvorschriften verstoßen hatte. Zudem wurde festgestellt, dass die vorgelegten Beweise, darunter Fotos von Müll, nicht eindeutig der Beklagten zugeordnet werden konnten. Das Gericht bewertete die dokumentierten Verstöße gegen die Mülltrennung als geringfügig und sah keinen ausreichenden Grund für eine fristlose oder ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Es wurde betont, dass eine solche Kündigung nur gerechtfertigt ist, wenn dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist.

Schlussfolgerungen und Kostenentscheidung

Abschließend wies das Gericht die Klage der Vermieterin ab und entschied, dass die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dieses Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung und Bewertung von Pflichtverletzungen im Mietrecht, insbesondere in Bezug auf die Mülltrennung. Es stellt klar, dass nicht jeder Verstoß gegen die Mülltrennungsverpflichtung automatisch eine Kündigung rechtfertigt. Die Entscheidung zeigt die Bedeutung einer ausgewogenen Abwägung der Interessen von Mieter und Vermieter und unterstreicht die Relevanz einer klaren Kommunikation und Dokumentation in mietrechtlichen Streitigkeiten.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Inwiefern beeinflusst die Mülltrennungsverpflichtung das Mietverhältnis?

Die Mülltrennungsverpflichtung kann das Mietverhältnis in mehreren Aspekten beeinflussen, darunter Kosten, Verantwortlichkeiten und mögliche Konflikte.

Die Kosten für die Müllentsorgung können auf die Mieter umgelegt werden, und zwar über die Betriebskostenabrechnung. Dies beinhaltet die Anschaffungskosten von Mülltonnen, die vom Vermieter getragen werden. Der Vermieter muss auch die Erstanmeldung bei der Kommune und dem Entsorgungsunternehmen durchführen.

Die Mieter sind nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) zur ordnungsgemäßen Mülltrennung verpflichtet. Die genauen Regelungen zur Mülltrennung und wer die Pflege der Mülltonnen übernimmt, sollten im Mietvertrag oder in der Hausordnung festgelegt sein. Die Pflege der Mülltonnen kann entweder durch die Mieter in einem turnusmäßigen Wechsel durchgeführt werden, oder ein Hausmeister ist dafür zuständig.

Nicht ordnungsgemäße Mülltrennung oder Entsorgung kann zu Konflikten zwischen Mietern und Vermietern führen. Wenn die Mülltrennungspflicht nicht eingehalten wird, kann dies als Verstoß gegen den Mietvertrag angesehen werden und möglicherweise rechtliche Konsequenzen haben. Beispielsweise kann ein Mieter das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn das Fehlverhalten der Hausverwaltung den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache so schwerwiegend beeinträchtigt, dass die Voraussetzungen des § 543 Abs.2 S.1 Nr.1 BGB, des § 569 Abs.1 oder Abs.2 BGB oder des § 543 Abs.1 BGB für eine außerordentliche fristlose Kündigung vorliegen. Darüber hinaus kann der Mieter für Schäden haften, die aus fahrlässiger Erfüllung der Reinigungspflicht und Verkehrssicherungspflicht entstehen.


Das vorliegende Urteil

AG Hamburg-Blankenese – Az.: 533 C 159/22 – Urteil vom 24.02.2023

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.560,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Räumung.

Die Beklagte mietet seit dem 1.10.2021 von der Klägerin eine 1-Zimmerwohnung im Dachgeschoss des Mehrfamilienhauses W. Weg … (Mietvertrag Anlage K1). Auf die Regelungen des Mietvertrages wird Bezug genommen. In § 18 in Verbindung mit § 30 des Mietvertrages ist die Verpflichtung zur Mülltrennung wie folgt konkretisiert: „Es gilt eine Pflicht zur Mülltrennung durch den gelben Sack, sowie Altglas – und Papier- Container. Diese ist einzuhalten. Gelbe Säcke erhalten Sie unter http://www…..de“.

Die Parteien streiten über die Frage, ob die Beklagte der Verpflichtung zur Mülltrennung nachkommt.

Mit Schreiben vom einen 21.6.2022 (Anlage K4) mahnte die Klägerin die Beklagte im Hinblick auf unterlassene Mülltrennung ab und erklärte, die Beklagte entsorge seit Monaten ihre PET- Flaschen, Plastikverpackungen, Glas, Altkleider, Blumen, Lebensmittel und ähnliches im Hausmüll.

Mit Schreiben vom 8.7.2022 (Anlage K5) mahnte die Klägerin die Beklagte erneut wegen unterlassener Mülltrennung unter Hinweis auf eine mögliche fristlose Kündigung ab.

Mit Schreiben vom 25.8.2022 (Anlage K2) kündigte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Mietverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich wegen der Verletzung der Pflicht zur Mülltrennung.

Mit Schreiben vom 8.9.2022 (Anlage K7) wies der Mieterverein zu H. die Kündigung zurück und bestritt den Vorwurf, die Beklagte habe den Müll nicht ordnungsgemäß getrennt.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe schon kurz nach Einzug ihren Müll nicht ordnungsgemäß getrennt. Sie entsorge Plastik, Glas und Papier im Hausmüll. Die Klägerin legt im Anlagenkonvolut K6 diverse Fotos vor, die von ihr gesichteten Müll zeigen und Vorfälle am 1.6.2022, 28.6.2022, 5.7.2022, 8.7.2022, 6.8.2022, 12.8.2022, 13.8.2022 und 18.8.2022 dokumentieren sollen. Sie bezieht sich für ihre Behauptung, dass es sich um Müll der Beklagten handele und diese ihren Müll auch weiter nicht trenne, auf ihre eigene Parteivernehmung.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die von ihr bewohnte 1-Zimmer-Wohnung im Mehrfamilienhaus W. Weg …, … H., Dachgeschoss, bestehend aus 1 Zimmer, nebst Küche, Flur, Bad, WC und 1 Spitzboden zu räumen und geräumt einschließlich 2 Haustür-, 2 Wohnungstür-, 2 Briefkasten- und 1 Kellerschlüssel an die Klägerin herauszugeben,

2. der Beklagten keine Räumungsfrist zu gewähren,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 540,50 € zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die behaupteten Fehlhandlungen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

1.

Der Klägerin steht kein Räumungsanspruch nach § 546 BGB zu. Das Mietverhältnis wurde weder durch die fristlose, noch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 25.8.2022 (Anlage K2) wirksam beendet.

Ein wichtiger Grund für die Beendigung eines Mietverhältnisses im Sinne des § 543 Abs. 1 BGB liegt nur dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Eine ordentliche Kündigung setzt ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses voraus, dass nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB dann vorliegt, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.

Weder die Voraussetzungen für eine fristlose noch die für eine ordentliche Kündigung sind ausreichend dargelegt. Streitig ist schon die Frage, ob die Beklagte gegen das Gebot zur Mülltrennung verstößt. Die Klägerin hat sich für ihren Vortrag, die Beklagte trenne den Müll nicht ordnungsgemäß und entsorge Plastik, Glas und Papier im Hausmüll, lediglich auf ihre eigene Parteivernehmung berufen. Diese kommt nach § 448 ZPO nur dann in Betracht, wenn für die unter Beweis gestellte Behauptung eine gewisse Anfangswahrscheinlichkeit vorliegt. Das ist fraglich, da im Haus W. Weg … mehrere Mietparteien leben und die Klägerin nicht dargelegt hat, aufgrund welcher Kriterien sie den nicht getrennten Müll der Beklagten zugeordnet hat. Dass es sich bei dem von der Klägerin beanstandeten Müll um solchen der Beklagten handelt, könnte sich allenfalls aus dem Foto aus dem Anlagenkonvolut K6 mit dem Datum 1.6.2022 ergeben, auf dem ist ein Zettel mit dem aufgedruckten Namen der Beklagten zu erkennen ist.

Aber auch unterstellt, alle 8 von der Klägerin vorgetragenen Vorfälle, die sie mit den Fotos Anlagenkonvolut K6 dokumentiert hat, seien der Beklagten zuzuordnen, ergibt sich zur Auffassung des Gerichts kein Grund für eine fristlose oder ordentliche Kündigung des Mietvertrages. Dies beruht auf einer Abwägung des Interesses der Beklagten an dem Fortbestand des Mietvertrages gegenüber dem Umfang der dokumentierten Verstöße gegen die Mülltrennung.

Den Fotos ist zwar zu entnehmen, dass die dort gezeigten Müllstücke eine Vielzahl von Plastikmüll enthalten. Es handelt sich aber jeweils um geringe Müllmengen. Ein Verstoß gegen das Gebot der Aussonderung von Papier oder Glas ist auf den Fotos nicht bzw. kaum zu erkennen. Soweit einzelne bedruckte Zettel zu sehen sind, dürften diese wie beispielsweise Fahrkarten in den Hausmüll gehören. Auch leere Klopapierrollen dürften im Haushaltsmüll zu entsorgen sein, da sie immerhin noch Reste von Klebespuren enthalten können. Auf den eingereichten Fotos ist nur unter dem Datum 28.06.2022 ein Behältnis (für eine Peanut Butter) zu erkennen, das aus Glas sein könnte. Erhebliche negative Auswirkungen auf die Mietsache, andere Mieter oder die Vermieterin sind nicht ersichtlich. Es ist weder vorgetragen, dass aufgrund der fehlenden Mülltrennung nicht mehr ausreichend Platz im Hausmüll für andere Mieter vorhanden wäre, noch dass die Müllabholung aufgrund fehlender Mülltrennung verweigert oder der Klägerin ein Bußgeld auferlegt wurde.

Das Gericht verkennt nicht, dass es eine gesetzliche Vorgabe zur Mülltrennung gibt und die Klägerin diese mit §§ 18 und 30 des Mietvertrages wirksam an die Beklagte weitergegeben hat. Eine solche Mülltrennung dürfte nach heutigem Verständnis aufgrund umweltpolitischer Erwägungen für jeden selbstverständlich sein. Ob allein ein Verstoß dagegen einen Kündigungsgrund darstellt, ist jedoch fraglich. Das Gericht muss diese Grundsatzfrage nicht entscheiden. Vorliegend kommt es nur darauf an, ob die vorgetragenen Verstöße eine Kündigung rechtfertigen, was nach den obigen Ausführungen nicht der Fall ist. Die Entscheidung mag anders ausfallen, wenn es sich um umfangreichere Verstöße über einen längeren Zeitraum handelt, der Müll wiederholt nicht abgeholt wird, Bußgelder ergehen oder sich andere erhebliche Auswirkungen auf das Mietobjekt, andere Mieter oder den Vermieter bzw. die Vermieterin ergeben.

2.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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