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Verkehrsunfall in Doppelparkertiefgarage – Haftungsverteilung

AG Singen – Az.: 3 C 17/21 – Urteil vom 19.08.2021

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 894,51 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.09.2020 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 147,56 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 60%, der Beklagte trägt 40%.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages, soweit nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten wegen der Kosten abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger verlangt Schadensersatz aus einem Vorfall vom 03.06.2020 in der Tiefgarage des Anwesens … in … .

Die Parteien nutzten zum maßgeblichen Zeitpunkt die Doppelparkertiefgarage im Gebäude … in … . Der Kläger parkte am 03.06.2020 sein Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … auf dem unten liegenden Parkplatz des Doppelparkertiefgaragenstellplatzes. Der Beklagte nutzte den darüber liegenden Stellplatz. Als der Beklagte am 03.06.2020 den Parkaufzug in Bewegung setzte, damit er an sein über dem Fahrzeug des Klägers parkendes Fahrzeug kommt, touchierte er mit der Aufzugsrampe die Motorhaube des darunter geparkten klägerischen Fahrzeuges, wodurch die Motorhaube des Klägerfahrzeuges beschädigt wurde. Die Ursache dieses Zusammenstoßes ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger ließ das Fahrzeug reparieren, die Kosten hierfür beliefen sich auf € 2.236,27. Der Kläger ließ durch seinen Prozessbevollmächtigten die Haftpflichtversicherung des Beklagten zur Zahlung auffordern bis 11.09.2020. Mit Schreiben vom 10.09.2020 lehnte die Haftpflichtversicherung des Beklagten eine Zahlung ab. Weiter macht der Kläger einen Anspruch auf vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten geltend, hier in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer.

Der Kläger trägt im Wesentlichen vor, dass der Beklagte die Höhe des unten geparkten klägerischen Fahrzeuges falsch einschätzte, so dass die Aufzugsrampe auf der Motorhaube des darunter geparkten klägerischen Fahrzeuges aufgesessen sei und die Motorhaube beschädigte. Der Beklagte habe die Aufzugsrampe überhaupt nicht in Bewegung setzten dürfen, da für ihn ersichtlich gewesen sei, dass es zu einer Berührung bzw. Beschädigung der Motorhaube des darunter liegenden Fahrzeuges kommen werde. Der Beklagte habe insoweit sehenden Auges das Fahrzeug des Klägers beschädigt. Der Beklagte habe gegenüber dem Kläger selbst eingeräumt, dass er die Höhe des darunter geparkten Fahrzeuges des Klägers falsch eingeschätzt habe und dass er in der Vergangenheit schon einmal einen Schaden durch die Benutzung der Duplexgarage verursacht habe. Er melde den Schaden seiner Haftpflichtversicherung, die beim ersten mal auch bezahlt habe. Der Beklagte habe gesehen, dass das klägerische Fahrzeug nicht ganz in Richtung Wand geparkt war. In diesem Fall habe er die Duplexgarage nicht in Funktion nehmen dürfen. Stattdessen habe er gegenüber dem Kläger als auch gegenüber dessen Sohn mitgeteilt, dass er gesehen habe, dass es eng werde, er jedoch davon ausgegangen sei, dass es schon reichen würde.

Der Kläger beantragt: Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von € 2.236,27 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.09.2020 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 334,75 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Verkehrsunfall in Doppelparkertiefgarage - Haftungsverteilung
(Symbolfoto: Alexander Steamaze/Shutterstock.com)

Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, dass er für den Schaden am klägerischen Fahrzeug nicht verantwortlich sei. Der Beklagte nutze die streitgegenständliche Duplexgarage bereits seit 10 Jahren, ohne dass es jemals zu solchen Problemen gekommen sei. Lediglich einmal vor ca. 9 Jahren sei es zu einem Vorfall gekommen, bei dem eine Antenne abbrach. Ursache für die Beschädigung des klägerischen Fahrzeuges sei, dass der Kläger sein Fahrzeug zu weit vorne (gemeint ist nicht weit genug an der Wand) geparkt habe, anders als sonst. Hätte der Kläger weiter in Richtung Wand geparkt, wäre es nicht zur Kollision mit der Aufzugsrampe gekommen. Für den Beklagten sei nicht ersichtlich gewesen, dass es zu einer Berührung zwischen der Aufzugsrampe und dem klägerischen Fahrzeug kommen könnte. Der Beklagte ist der Ansicht, es sei die Pflicht des Klägers, selbst ordnungsgemäß einzuparken und zu prüfen, ob sein Fahrzeug so geparkt ist, dass die Duplexgarage auch von anderen Parkberechtigten genutzt werden könne. Unzutreffend sei, dass der Beklagte gesehen habe, dass das Fahrzeug des Klägers fehlerhaft geparkt sei und er den Schaden sehenden Auges in Kauf genommen habe. Dass das Fahrzeug fehlerhaft geparkt war, sei für den Beklagten nicht erkennbar gewesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen … sowie durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens der Sachverständigen … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24.06.2021 Bezug genommen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird weiter Bezug genommen auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen und sonstiger Aktenteile.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Erstattung von 40% seines entstandenen Schadens, das heißt in Höhe von € 894,51 nach § 823 I BGB i. V. m. § 251 Abs. 1 BGB.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagte durch Herunterlassen der Doppelgarage die Motorhaube des Klägerfahrzeuges beschädigt hat. Die Sachverständige hat nachvollziehbar und für das Gericht überzeugend dargestellt, dass anhand der eingemessenen Winkel und der Kontaktstelle an der Motorhaubenvorderkante am klägerischen Fahrzeug die Position rekonstruiert werden konnte, in welcher es ungefähr zum Kontakt zwischen Quertraverse und klägerischem Fahrzeug gekommen sein muss. Der Abstand zwischen Fahrzeugheck des Klägerfahrzeuges und der Wand betrug danach 1,30 m, dabei ist eine Varianz möglich mit ca. 1,10 m bis 1,40 m. Diese Position entspricht einer Rampenposition in etwa auf Höhe der zweiten von der Sachverständigen eingemessenen senkrecht stehenden Strebe der Doppelgarage. Dabei ist hier bei Betrachtung von außen bei Bedienung der Anlage ersichtlich, dass das Fahrzeug des Klägers in Fahrtrichtung gesehen weiter vorne steht und es hier zu einem Kontakt kommen könnte. Bei einem Abstand zwischen dem Fahrzeugheck des klägerischen Fahrzeuges und der hinteren Wand von ca. 1 m bis 1,10 m wäre es nicht zu einem Kontakt gekommen. Das heißt, hätte der Kläger ca. 20 bis 30 cm weiter hinten geparkt, hätte der Kontakt mit der Rampe vermieden werden können. Aus technischer Sicht ist optisch erkennbar, dass das klägerische Fahrzeug sehr weit vorne in der Parkgarage geparkt ist, so dass der Beklagte den Kontakt dadurch hätte verhindern können, dass er die Rampe nicht herunter lässt. Beim Versuch die Rampe abzulassen, ist der Kontaktbereich, der in der streitgegenständlichen Situation vorhanden war, für den Beklagten nicht mehr einsehbar. Das heißt, sobald hier versucht wird, die Rampe abzulassen, ist die Kollision mehr oder weniger nicht mehr vermeidbar, da die Kontaktstelle nicht eingesehen werden kann. Der Beklagte hätte danach vom Herablassen der Rampe absehen müssen.

Für den Kläger wäre die Kollision vermeidbar gewesen, wenn er das klägerische Fahrzeug weiter hinten an die Wand geparkt hätte. Das Argument des Klägers, dass er immer ganz hinten in dem Parkplatz parkt und zu dem der Sohn des Klägers erneut als Zeuge vernommen wurde, während er die Beweisaufnahme, insbesondere die Ausführungen der Sachverständigen verfolgt hat, hilft dem Kläger nicht weiter. Wenn es zutrifft, dass er sonst immer ganz hinten an der Wand parkt, ist umso weniger nachvollziehbar, warum ihm die Parkposition seines Fahrzeuges zum streitgegenständlichen Zeitpunkt, nämlich das weit vorne in Fahrtrichtung stehende Fahrzeug, nicht aufgefallen sein soll. In diesem Fall hätte noch mehr Anlass bestanden, sich über die Möglichkeit des Herunterfahrens der darüber liegenden Rampe Gedanken zu machen.

Der Beklagte hat im Termin angegeben, dass er am Unfalltag die Rampe einfach herunter gelassen hat, so wie immer. Das heißt, der Beklagte hat nicht optisch überprüft, ob er die Rampe gefahrlos runter lassen kann oder nicht und hat damit die erforderliche Sorgfalt verletzt.

Bei der Entstehung des Schadens ist jedoch das überwiegende Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen, § 254 BGB.

Der Kläger trägt vor, immer ganz hinten an der Wand geparkt zu haben. An der Wand des unteren Parkplatzes befindet sich das Hinweisschild „Achtung PKW ganz vorfahren“ (Bild 5, Fotoanlage zum Gutachten, AS 177). Dabei meint das Schild mit „ganz vorfahren“, dass hinten Parken an der Wand. Wenn der Kläger sein Fahrzeug so weit nach vorne in Fahrtrichtung aus der Garage heraus parkt, wie von der Sachverständigen in der ungefähren Kollisionsposition an der zweiten senkrechten Strebe (AS 197) ermittelt, hätte der Kläger erkennen müssen, dass sein Fahrzeug falsch steht. Das Gericht hat danach ein Mitverschulden des Klägers zu 60% angenommen.

Unter Berücksichtigung der ermittelten Haftungsquote ergibt sich aus dem unstreitigen Gesamtschaden des Klägers in Höhe von € 2.236,27 ein Ersatzanspruch in Höhe von 40%, das heißt € 894,51. Weiter hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, bestehend aus einer 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von € 894,51, das heißt € 104,00. Zzgl. Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer ergibt sich ein Gesamtbetrag von € 147,56.

Im übrigen war die Klage abzuweisen.

Verzugszinsen kann der Kläger beanspruchen seit 12.09.2020 nach Ablehnung der Eintrittspflicht der Beklagtenseite vom 10.09.2020, § 286 II Nr. 3 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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