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Verkehrsunfall – Anscheinsbeweis gegen den rechts in Vorfahrtstraße Einbiegenden

Anscheinsbeweis im Verkehrsrecht: Gericht bekräftigt Vorfahrtsmissachtung als Unfallursache

In dem Urteil des LG Duisburg mit dem Aktenzeichen 7 S 169/14 vom 15.06.2015 wurde die Berufung eines Klägers gegen ein vorheriges Urteil zurückgewiesen. Der Kläger hatte nach einem Verkehrsunfall Schadensersatzansprüche geltend gemacht, die jedoch abgelehnt wurden. Grundlage der Entscheidung war, dass der Kläger beim Einfahren in eine Vorfahrtstraße gegen die Wartepflicht verstoßen und somit ein überwiegendes Verschulden am Unfall trug. Das Gericht stützte sich dabei auf den Anscheinsbeweis und sah keine ausreichenden Beweise für einen atypischen Unfallhergang, der diesen Anschein hätte entkräften können.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 7 S 169/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Das Landgericht Duisburg wies die Berufung gegen ein vorheriges Urteil zurück, da der Kläger die Vorfahrt beim Einbiegen in eine Straße missachtete und somit hauptsächlich den Unfall verursachte.
  • Der Anscheinsbeweis gegen den Einbiegenden wurde nicht entkräftet, da keine Beweise für einen atypischen Unfallablauf vorgelegt wurden.
  • Das Gericht betonte, dass die Wartepflicht des § 8 Abs. 2 StVO bis zur vollständigen Einordnung in den Verkehr und der Aufnahme der allgemein geltenden Geschwindigkeit besteht.
  • Auch die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs tritt hinter das grobe Verschulden des Klägers zurück.
  • Die Entscheidung basiert auf den Grundsätzen des Anscheinsbeweises und den festgestellten Tatsachen des ersten Rechtszuges.
  • Ein Antrag auf ein Unfallrekonstruktionsgutachten wurde abgelehnt, da dies den Anscheinsbeweis nicht widerlegt hätte.
  • Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Einhaltung der Vorfahrtsregeln und der Sorgfaltspflichten beim Einfahren in eine Vorfahrtstraße.
  • Schließlich weist das Gericht darauf hin, dass bei Rücknahme der Berufung geringere Kosten anfallen würden als bei einer Zurückweisung durch Beschluss.

Wartepflicht beim Einfahren in eine Vorfahrtstraße

Die Wartepflicht ist eine der grundlegenden Verkehrsregeln und gilt insbesondere für den Fall, dass man von einer untergeordneten Straße nach rechts in eine Vorfahrtstraße einbiegen möchte. Dabei ist besondere Vorsicht geboten, um Zusammenstöße mit den bevorrechtigten Fahrzeugen auf der Vorfahrtstraße zu vermeiden.

Verstößt der Einbiegende gegen diese Wartepflicht, führt dies regelmäßig zur Annahme eines Anscheinsbeweises gegen ihn. Dieser Anscheinsbeweis besagt, dass der Verstoß gegen die Verkehrsregeln als ursächlich für den Unfall zu bewerten ist. Um diesen Anscheinsbeweis zu widerlegen, muss der Einbiegende besondere Umstände darlegen, die einen atypischen Unfallhergang nahelegen.

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Verkehrsunfall und Anscheinsbeweis: Klärung der Vorfahrtsverletzung

Bei einem Verkehrsunfall am 08.08.2013 stießen zwei Fahrzeuge zusammen, als eines der Fahrzeuge von der Straße „W.“ nach rechts in die P-Straße einbog und dabei mit dem Fahrzeug der Beklagten kollidierte. Der Kern des Falles dreht sich um die Frage der Einhaltung der Vorfahrtsregeln und die Anwendung des Anscheinsbeweises, welcher in solchen Fällen oft herangezogen wird, um eine erste rechtliche Bewertung des Unfallhergangs vorzunehmen.

Verkehrsunfall und Anscheinsbeweis: Rechtsgrundlagen und Ausgangssituation

Die rechtliche Auseinandersetzung ergab sich aus dem Vorwurf, dass der Kläger beim Einbiegen in die Vorfahrtstraße gegen die Wartepflicht verstoßen habe. Gemäß § 8 Abs. 2 StVO ist beim Einbiegen in eine andere Straße die Vorfahrt der anderen Verkehrsteilnehmer zu beachten. Das Gericht musste klären, inwieweit dieser Verstoß den Unfall verursacht hat und ob Ansprüche auf Schadensersatz bestehen. Der Anscheinsbeweis spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle, da er besagt, dass bei typischen Geschehensabläufen von einem gewissen Verhalten der Beteiligten ausgegangen werden kann, es sei denn, der Anscheinsbeweis wird entkräftet.

Die Beweisführung und ihre Herausforderungen

Das Amtsgericht, welches in erster Instanz entschied, wies die Klage des Unfallverursachers zu Recht ab, da es von einem überwiegenden Verschulden des Klägers aufgrund eines Verstoßes gegen die Vorfahrtsregelung ausging. Diese Einschätzung basierte unter anderem auf den Aussagen der Zeugen und der persönlichen Anhörung der Beklagten. Der Kläger versuchte, den gegen ihn gerichteten Anscheinsbeweis zu entkräften, was jedoch nicht gelang. Seine Argumentation, dass die Kollision sich erst nach Stillstand seines Fahrzeugs ereignet habe und somit die Beklagte genügend Zeit gehabt hätte, den Unfall zu vermeiden, fand vor Gericht keinen Anklang.

Urteilsbegründung und Rolle des Anscheinsbeweises

Das Landgericht Duisburg folgte in seinem Beschluss vom 15.06.2015 der Argumentation des Amtsgerichts und betonte, dass die Anwendung des Anscheinsbeweises in diesem Fall gerechtfertigt sei. Die Beweislage ergab, dass der Kläger die Vorfahrt der Beklagten missachtet hatte, was durch das vorliegende Beweismaterial, einschließlich der Lichtbilder vom Unfallort, untermauert wurde. Der Anscheinsbeweis, der einen Verstoß gegen § 8 Abs. 2 StVO nahelegt, konnte durch den Kläger nicht widerlegt werden.

Schlussbetrachtung: Verantwortung im Straßenverkehr

Der Beschluss des LG Duisburg unterstreicht die Bedeutung der Einhaltung von Vorfahrtsregeln und der sorgfältigen Bewertung von Unfallsituationen. Die Entscheidung macht deutlich, dass die Gerichte dem Anscheinsbeweis folgen, wenn keine überzeugenden Gegenbeweise vorgelegt werden. Dieser Fall verdeutlicht, dass im Verkehrsrecht die Verantwortung jedes Einzelnen groß ist und Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung weitreichende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen können.

Das Urteil betont, dass bei Verkehrsunfällen nicht nur die unmittelbaren Umstände, sondern auch die Einhaltung der Verkehrsregeln und die Beweisführung entscheidend sind. Die richterliche Entscheidung basierte auf einer umfassenden Würdigung aller vorliegenden Beweise und bestätigte, dass der Grundsatz des Anscheinsbeweises ein wesentliches Instrument im Verkehrsrecht darstellt, um bei typischen Konstellationen eine erste rechtliche Einordnung zu ermöglichen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was ist der Anscheinsbeweis im Verkehrsrecht?

Der Anscheinsbeweis im Verkehrsrecht ist eine Form der Beweiserleichterung, die auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruht. Er kommt zur Anwendung, wenn ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder Folge hinweist. In solchen Fällen wird davon ausgegangen, dass derjenige, der sich verkehrswidrig verhalten hat, auch den Unfall verursacht hat. Der Anscheinsbeweis ist insbesondere bei Auffahrunfällen relevant, wo in der Regel davon ausgegangen wird, dass der Auffahrende den Unfall verursacht hat, indem er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, unaufmerksam war oder mit unangepasster Geschwindigkeit gefahren ist.

Um den Anscheinsbeweis zu entkräften, muss der Beschuldigte einen atypischen Kausalverlauf darlegen und beweisen, dass eine typische Unfallsituation in dem konkreten Fall gerade nicht vorlag. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Vorausfahrende unerwartet und ohne ersichtlichen Grund stark bremst oder wenn ein Fahrzeugführer auf ein unbeleuchtetes Hindernis bei Dunkelheit auffährt.

Der Anscheinsbeweis ist jedoch nur mit Zurückhaltung und Bedacht anzuwenden. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass kein Anscheinsbeweis vorliegt, wenn der Unfall auf mehrere Ursachen zurückgeführt werden kann oder wenn besondere Umstände vorliegen, die einen atypischen Geschehensablauf nahelegen.

In der Praxis bedeutet der Anscheinsbeweis, dass die Beweislast zunächst bei demjenigen liegt, gegen den der Anscheinsbeweis spricht. Kann dieser jedoch plausible Gründe für einen atypischen Geschehensablauf vorbringen und beweisen, geht die Beweislast wieder auf die Gegenpartei über.

Wie wird die Vorfahrtregelung bei einem Verkehrsunfall rechtlich bewertet?

Die rechtliche Bewertung der Vorfahrtregelung bei einem Verkehrsunfall basiert auf den geltenden Verkehrsregeln und der individuellen Situation des Unfalls. Im deutschen Verkehrsrecht ist die Vorfahrt durch die Straßenverkehrsordnung (StVO) und spezifische Verkehrszeichen geregelt. Bei einem Verkehrsunfall, der durch Missachtung der Vorfahrt entsteht, sind mehrere rechtliche Aspekte zu berücksichtigen:

  • Grundsatz der Vorfahrt: Die Regel „Rechts vor Links“ ist eines der grundlegenden Prinzipien im deutschen Straßenverkehr. Sie besagt, dass dem Verkehrsteilnehmer Vorrang zu gewähren ist, der sich von rechts nähert, sofern die Straßen gleichberechtigt sind und keine anderen Verkehrszeichen die Vorfahrt regeln.
  • Verkehrszeichen und -regeln: Die Vorfahrt kann durch verschiedene Verkehrszeichen wie „Vorfahrt gewähren“ (205), „Halt! Vorfahrt gewähren!“ (206), oder durch die Kennzeichnung als Vorfahrtsstraße (306) geregelt sein. Diese Zeichen bestimmen, wer Vorfahrt hat und wer wartepflichtig ist.
  • Haftung und Schadensersatz: Bei einem Unfall, der durch die Missachtung der Vorfahrt verursacht wurde, kann der verursachende Fahrer zur Verantwortung gezogen werden. Dies umfasst in der Regel die Haftung für den entstandenen Schaden. Das Landgericht Köln hat beispielsweise entschieden, dass bei einem Verkehrsunfall in einer „Rechts vor Links“-Situation die Beklagten einen Schadensersatz zahlen müssen, wobei auch eine Mitverantwortung der Klägerin angenommen wurde, basierend auf der spezifischen Situation des Unfalls.
  • Bußgelder und Strafen: Die Missachtung der Vorfahrt kann mit Bußgeldern und Punkten im Fahreignungsregister (Punkte in Flensburg) geahndet werden. Die Höhe des Bußgeldes und die Anzahl der Punkte hängen von der Schwere des Verstoßes ab, wie etwa ob ein Unfall verursacht wurde oder ob ein Vorfahrtberechtigter gefährdet wurde.
  • Unabwendbares Ereignis: Ein Unfall kann unter bestimmten Umständen als ein unabwendbares Ereignis betrachtet werden, wenn er sich selbst bei äußerster möglicher Sorgfalt nicht hätte abwenden lassen. Dies ist jedoch eine Ausnahme und erfordert ein sachgemäßes und geistesgegenwärtiges Handeln weit über den Maßstab der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hinaus.

In der Praxis bedeutet dies, dass bei einem Verkehrsunfall, der durch die Missachtung der Vorfahrt entsteht, sowohl die spezifischen Umstände des Unfalls als auch die Einhaltung der Verkehrsregeln und -zeichen genau untersucht werden. Die rechtliche Bewertung hängt von diesen Faktoren ab und kann zu unterschiedlichen Haftungsquoten und Sanktionen für die beteiligten Parteien führen.

Wie kann ein Anscheinsbeweis entkräftet werden?

Ein Anscheinsbeweis kann entkräftet werden, indem der Beschuldigte Tatsachen vorbringt und beweist, die einen atypischen Geschehensablauf darlegen. Es reicht nicht aus, nur theoretische Möglichkeiten für einen solchen atypischen Verlauf anzuführen; es müssen erwiesene Tatsachen sein, die diesen als möglich erscheinen lassen. Um den Anscheinsbeweis zu widerlegen, muss der Beschuldigte also begründet darlegen, dass der Ablauf der Ereignisse gerade nicht typisch war. Dies kann beispielsweise durch das Vorbringen von Beweisen geschehen, die zeigen, dass besondere Umstände vorlagen, welche die übliche Annahme des Anscheinsbeweises ausschließen. Beispiele für solche besonderen Umstände könnten sein:

  • Das plötzliche und unerwartete Bremsen eines vorausfahrenden Fahrzeugs ohne ersichtlichen Grund.
  • Technische Defekte am Fahrzeug, die zu einem untypischen Fahrverhalten führten.
  • Externe Einflüsse wie die Beeinträchtigung durch andere Verkehrsteilnehmer oder unvorhersehbare Straßenverhältnisse.

Wenn der Beschuldigte solche Tatsachen vorbringen und beweisen kann, geht die Beweislast wieder auf die Gegenpartei über. Diese muss dann die Voraussetzungen für ihre Ansprüche vollumfänglich beweisen.

Welche Bedeutung hat die Abwägung von Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen nach § 17 StVG?

Die Abwägung von Verursachungs- und Verschuldensbeiträgen nach § 17 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) spielt eine zentrale Rolle bei der Haftungsverteilung in Fällen, in denen Schäden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht wurden. Diese Regelung ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der jeweiligen Umstände eines Unfalls und trägt dazu bei, eine gerechte Verteilung der Haftung zwischen den beteiligten Parteien zu erreichen.

Grundprinzipien der Haftungsabwägung

Nach § 17 Abs. 1 StVG ist bei einem Unfall, an dem mehrere Fahrzeuge beteiligt sind, eine Abwägung der Verursachungsbeiträge der einzelnen Halter vorzunehmen. Diese Abwägung berücksichtigt sowohl die Betriebsgefahr, die von jedem Fahrzeug ausgeht, als auch individuelle Verschuldensbeiträge. Die Betriebsgefahr bezieht sich auf das allgemeine Risiko, das von einem Fahrzeug im Betrieb ausgeht, während Verschuldensbeiträge spezifische Handlungen oder Unterlassungen der Fahrzeugführer umfassen, die zum Unfall beigetragen haben.

Haftungsquoten

Die resultierende Haftungsverteilung wird in Form von Quoten ausgedrückt, die den Anteil der Verantwortung jeder Partei widerspiegeln. Diese Quoten können variieren, je nachdem, wie stark die Verursachungs- und Verschuldensbeiträge der einzelnen Parteien gewichtet werden. Beispielsweise kann bei einem geringen Überwiegen eines Verursachungsbeitrages eine Haftungsquote von 60:40 festgelegt werden, während bei einem erheblichen Überwiegen eines Verursachungsbeitrages eine Quote von 80:20 angemessen sein kann.

Besondere Umstände

In bestimmten Fällen kann die Betriebsgefahr eines Fahrzeugs hinter dem Verursachungs- und Verschuldensbeitrag des Unfallgegners vollständig zurücktreten. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn dem Schädiger ein überragendes Fehlverhalten zur Last fällt und auf Seiten des Geschädigten keine erhöhte Betriebsgefahr und auch kein Verschuldensvorwurf besteht.

Verhältnis zu anderen Vorschriften

Neben den spezifischen Regelungen des § 17 StVG sind auch die allgemeinen Grundsätze des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) anwendbar, insbesondere § 254 BGB, der das Mitverschulden regelt. Dies bedeutet, dass bei der Haftungsabwägung auch ein eventuelles Mitverschulden des Geschädigten berücksichtigt werden muss. Zusammenfassend ermöglicht § 17 StVG eine flexible und gerechte Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen, indem sowohl die Betriebsgefahren der beteiligten Fahrzeuge als auch individuelle Verschuldensbeiträge in die Abwägung einbezogen werden. Die konkrete Haftungsquote wird dabei auf Basis der spezifischen Umstände des Einzelfalls ermittelt.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 522 Abs. 2 ZPO: Dieser Paragraph ermöglicht es einem Gericht, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Im Kontext des Urteils wird deutlich, dass das Gericht diese Option nutzt, um effizient über Fälle zu entscheiden, bei denen es keine Erfolgschancen für die Berufung sieht.
  • §§ 7, 18 StVG, 823 BGB, 115 VVG: Diese Gesetze bilden die rechtliche Grundlage für Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall. Sie regeln die Haftung bei Verkehrsunfällen, die Schadensersatzpflicht und die Versicherungsansprüche. Im Fallbeispiel zeigen sie, auf welcher gesetzlichen Basis der Kläger seinen Anspruch geltend gemacht hat.
  • § 17 StVG: Dieser Paragraph befasst sich mit der Schadensverteilung bei Verkehrsunfällen. Die Regelung sieht vor, dass die Verpflichtung zum Schadensersatz und dessen Umfang von den Umständen des Einzelfalls abhängen, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht wurde. Im vorliegenden Fall dient er der Beurteilung des Schadensersatzanspruchs.
  • § 8 Abs. 2 StVO: Regelt die Vorfahrtsregelungen und die Wartepflicht beim Einbiegen in eine andere Straße. Die Missachtung dieser Regel ist im gegebenen Fall der zentrale Punkt für die Feststellung des Verschuldens des Klägers.
  • § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO: Legt fest, dass das Berufungsgericht die vom ersten Gericht festgestellten Tatsachen grundsätzlich zugrunde zu legen hat. Es zeigt, wie das Berufungsgericht mit den Feststellungen des Amtsgerichts umgehen muss und unterstreicht die Bedeutung einer soliden Beweisführung im Erstverfahren.
  • Betriebsgefahr: Ein rechtliches Konzept im Verkehrsrecht, das besagt, dass der Halter eines Fahrzeugs für Schäden haftet, die durch den Betrieb des Fahrzeugs entstehen, unabhängig vom Verschulden. Im diskutierten Fall wird die Betriebsgefahr in Relation zum Verschulden des Unfallverursachers gesetzt.


Das vorliegende Urteil

LG Duisburg 7 – Az.: 7 S 169/14 – Beschluss vom 15.06.2015

Die Kammer weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, die Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Dem Berufungskläger wird Gelegenheit gegeben, binnen zwei Wochen nach Zugang dieses Beschlusses zu den nachstehenden Hinweisen Stellung zu nehmen und mitzuteilen, ob die Berufung aus Kostengründen zurückgenommen wird.

Gründe

Die Kammer ist nach dem einstimmigen Ergebnis der Beratung davon überzeugt, dass die zulässige Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung auch sonst nicht geboten ist (§ 522 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung rechtfertigen keine andere Beurteilung. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz aufgrund des Unfallereignisses vom 08.08.2013 aus §§ 7, 18 StVG, 823 BGB, 115 VVG.

Da der Unfall weder durch höhere Gewalt im Sinne des § 7 Abs. 2 StVG noch nachweislich durch ein für eine Partei unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG verursacht wurde, hängen gemäß §§ 17 Abs. 1 und 2 StVG die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass bei der nach § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung der jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensbeiträge von einem überwiegenden groben Verschulden des Zeugen … aufgrund schuldhaften Verstoßes gegen § 8 Abs. 2 StVO auszugehen ist, hinter dem eine eventuelle Haftung aus der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs vollständig zurücktritt.

Aufgrund der Aussagen der Zeugen … sowie der persönlichen Anhörung der Beklagten zu 1) ist das Amtsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass der Zeuge … gegen die Wartepflicht des § 8 Abs. 1 StVO verstoßen hat, als er von der Straße „W.“ nach rechts in die P-Straße eingefahren ist und mit dem Fahrzeug der Beklagten zu 2) kollidierte. Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht in seiner Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen zugrunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Tatsachen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Das Amtsgericht hat in seinem Urteil ausführlich, logisch nachvollziehbar und zutreffend dargelegt, warum die Grundsätze des Anscheinsbeweises Anwendung finden und die Aussagen der Zeugen nicht dazu führten, dass der Kläger den Anscheinsbeweis entkräftet hat. Der Annahme eines solchen Anscheinsbeweises steht nicht entgegen, dass sich die Kollision – wie von dem Kläger behauptet – nicht im unmittelbaren Kreuzungsbereich bzw. nicht im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Abbiegevorgang ereignet habe. Denn die Wartepflicht des § 8 Abs. 2 StVO gilt nicht nur für die Kreuzungsfläche, sondern darüber hinaus bis zur vollständigen Einordnung des Wartepflichtigen auf der vorfahrtsberechtigten Straße bzw. bis die auf der Vorfahrtstraße allgemein eingehaltene Geschwindigkeit erreicht wird oder der Wartepflichtige sich bereits in stabiler Geradeausfahrt befindet (OLG Brandenburg, Urteil vom 08.03.2007 – 12 U 173/06, m.w.N. – zitiert nach juris). Weder dem Vortrag des Klägers noch den Aussagen der vom Amtsgericht vernommenen Zeugen lässt sich entnehmen, dass sich der Zeuge … bereits vollständig in den Geradeausverkehr eingeordnet und die auf der bevorrechtigten P-Straße allgemein geltende Geschwindigkeit wieder angenommen hatte. Vielmehr belegt das vom Kläger mit Schriftsatz vom 09.10.2014 vorgelegte Lichtbild (Bl. 92 d.A.), dass sich der Unfall im unmittelbaren Kreuzungsbereich ereignet hat, zumal das Fahrzeug des Klägers noch nicht vollständig in die P-Straße eingebogen war. Diese Umstände begründen zu Lasten des Klägers einen Anscheinsbeweis dahingehend, dass der Zeuge … unter Verstoß gegen § 8 Abs. 2 StVO die Vorfahrt des von der Beklagten zu 1) geführten Fahrzeugs nicht beachtete (vgl. BGH, NJW 1982, 2686; LG Stade, BeckRS 2008, 15211 m.w.N.).

Da somit ein Anscheinsbeweis für die Beklagten streitet, obliegt es dem Kläger, die Möglichkeit eines atypischen, gegen diese Vermutung sprechenden Sachverhalts darzulegen und gegebenenfalls unter Beweis zu stellen. Gelingt dies nicht, ist das aufgrund des Anscheinsbeweises vermutete Verschulden des die Vorfahrt verletzenden Fahrzeugführers regelmäßig derart gewichtig, dass die Betriebsgefahr des unfallbeteiligten Fahrzeugs daneben vollständig in den Hintergrund tritt (vgl. LG Stade, a.a.O.).

Den zu seinen Lasten sprechenden Anscheinsbeweis hat der Kläger nicht entkräftet, da er einen atypischen Geschehensablauf nicht zu beweisen vermocht hat. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 StVO durfte der Zeuge … nur nach rechts in die P-Straße einbiegen, wenn er die bevorrechtigte Beklagte zu 1) weder gefährdete noch wesentlich behinderte. Dass der Zeuge … diesen sich aus § 8 Abs. 1 Satz 2 StVO ergebenden Sorgfaltsanforderung nachgekommen ist, ist nach der Beweisaufnahme durch das Amtsgericht nicht ersichtlich. Ohne Erfolg wendet der Kläger insoweit ein, die Kollision habe sich erst nach Stillstand des von dem Zeugen … gefahrenen Fahrzeugs ereignet, so dass die Beklagte zu 1) ausreichend Zeit gehabt habe, die Kollision zu vermeiden. Diese Unfallschilderung konnten die Zeugen … – wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat – nicht bestätigen. Insoweit wird auf die ausführlichen Ausführungen des Amtsgerichts verwiesen. Nach dem Inhalt des Protokolls über die Vernehmung der Zeugen kann überdies auch nach Ansicht der Kammer nicht mit der erforderlichen Gewissheit festgestellt werden, dass die Beklagte zu 1) nach unten gesehen hat und abgelenkt war, so dass sie den Unfall verursacht hat. Es ist bereits nicht zweifelsfrei ersichtlich, dass die Zeugen … eine solche Unachtsamkeit der Beklagten zu 1) tatsächlich wahrgenommen haben.

Aus den zutreffenden Erwägung des Amtsgerichts war auch die Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens nicht veranlasst, da dieses auch bei einem für den Kläger günstigen Ergebnis nicht dazu führen würde, dass der gegen den Kläger sprechende Anscheinsbeweis widerlegt wäre. Denn selbst wenn der Sachverständige zu dem Schluss käme, dass das klägerische Fahrzeug zum Zeitpunkt der Kollision stand, bestände der unmittelbare Zusammenhang zum Abbiegevorgang weiterhin.

Ein Verkehrsverstoß der Beklagten zu 1) ist mithin nicht festzustellen, so dass im Rahmen der Abwägung nach § 17 StVG nur die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs zu berücksichtigen ist, die jedoch hinter dem den Unfall allein verursachter Verkehrsverstoß des Zeugen … gegen § 8 Abs. 1 Satz 2 StVO zurücktritt.

Vorsorglich weist die Kammer darauf hin, dass im Falle einer Rücknahme der Berufung geringere Kosten anfallen als im Falle ihrer Zurückweisung durch Beschluss.

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