Skip to content
Menu

Verzug bei Kfz-Haftpflicht: Muss die Versicherung Zinsen zahlen, wenn die Krankenkasse Belege nachreicht?

Stellen Sie sich vor, ein geliebter Mensch stirbt nach einem tragischen Unfall, und die Krankenkasse streckt die riesigen Behandlungskosten vor. Doch dann verweigert die zuständige Versicherung die volle Zahlung, weil angeblich Papiere fehlen – anderthalb Jahre lang. Was als Streit um fehlende Dokumente begann, endete vor Gericht in einer erstaunlichen Entscheidung darüber, wer die Kosten für die unnötige Verzögerung trägt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 U 16/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Celle
  • Datum: 18.06.2025
  • Aktenzeichen: 14 U 16/25
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht (Ausgleich von Schäden), Versicherungsrecht (Regeln für Versicherungen), Zivilrecht (allgemeines Privatrecht)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine gesetzliche Krankenversicherung. Sie forderte von der beklagten Versicherung die Zahlung von Verzugszinsen auf eine verspätet beglichene Restforderung für Heilbehandlungskosten.
  • Beklagte: Eine Kfz-Haftpflichtversicherung. Sie weigerte sich, Verzugszinsen zu zahlen, da ihr die nötigen Unterlagen zur Prüfung der Kosten zunächst nicht vollständig vorlagen.

Worum ging es genau?

  • Sachverhalt: Eine Krankenversicherung verlangte von einer Kfz-Haftpflichtversicherung die Zahlung von Behandlungskosten nach einem Verkehrsunfall. Die Versicherung zahlte nur einen Teilbetrag und forderte weitere medizinische Unterlagen zur Prüfung der Restkosten, woraufhin die Krankenversicherung auf Verzugszinsen klagte.

Welche Rechtsfrage war entscheidend?

  • Kernfrage: Musste die Kfz-Haftpflichtversicherung Verzugszinsen für eine verspätete Zahlung von Heilkosten zahlen, obwohl die Krankenversicherung erst spät alle nötigen Belege für die Prüfung der Rechnung vorgelegt hatte?

Entscheidung des Gerichts:

  • Urteil im Ergebnis: Die Klage wurde abgewiesen.
  • Zentrale Begründung: Die beklagte Versicherung war nicht im Verzug, weil sie die Zahlung zurückhalten durfte, bis die Klägerin alle zur Prüfung der Behandlungskosten erforderlichen medizinischen Unterlagen vollständig vorgelegt hatte.
  • Konsequenzen für die Parteien: Die Klägerin erhielt keine Verzugszinsen und muss die gesamten Prozesskosten tragen.

Der Fall vor Gericht


Wer zahlt die Zinsen, wenn die Regulierung eines tragischen Unfalls eineinhalb Jahre dauert?

Ein schwerer Verkehrsunfall am 10. April 2022 in Bad E. endete in einer Tragödie. Frau J. B., Insassin in einem der beteiligten Fahrzeuge, wurde so schwer verletzt, dass sie mit einem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen werden musste.

Konflikt zwischen Versicherung und Heilbehandlungskosten durch fehlende Dokumentation.
Wenn die Dokumentation fehlt, kann das schnell zum Streitfall zwischen Versicherung und dem Patienten werden. Ist die lückenlose Nachweisbarkeit von Heilbehandlungskosten der Schlüssel zur Kostenübernahme? | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Trotz intensivmedizinischer Betreuung verstarb sie drei Monate später, am 11. Juli 2022. Ihre gesetzliche Krankenversicherung übernahm die immensen Behandlungskosten von insgesamt 174.541,88 Euro. Da beide Unfallfahrzeuge bei derselben Haftpflichtversicherung versichert waren, wandte sich die Krankenkasse an diese, um die vorgestreckten Kosten zurückzufordern. Die Zahlung des Gesamtbetrags erfolgte schließlich, jedoch erst nach über eineinhalb Jahren und einem Gerichtsverfahren. Übrig blieb ein Streit um eine scheinbar nebensächliche Frage, die jedoch grundsätzliche Bedeutung hat: Wer trägt die Kosten für die lange Verzögerung? Konkret ging es um Verzugszinsen von über 7.000 Euro, die die Krankenkasse für den monatelang ausstehenden Restbetrag forderte.

Was geschah nach dem tragischen Unfall?

Nachdem die Krankenkasse alle Rechnungen für die Behandlung von Frau B. beglichen hatte, ging der Schadensersatzanspruch der Verstorbenen gegen den Unfallverursacher automatisch auf sie über. Juristen nennen diesen Vorgang einen gesetzlichen Forderungsübergang. Im Wesentlichen tritt die Krankenkasse an die Stelle des Opfers, um sich das Geld, das sie für die Heilbehandlung aufgewendet hat, vom Schädiger bzw. dessen Versicherung zurückzuholen.

Am 18. Januar 2023 forderte die Krankenkasse die Haftpflichtversicherung auf, ihre grundsätzliche Zahlungspflicht anzuerkennen. Die Antwort kam prompt: Die Haftpflichtversicherung bestätigte, dass sich „keine Haftungseinwendungen abzeichneten“. Gleichzeitig machte sie aber unmissverständlich klar, dass sie zur Prüfung der Forderungshöhe umfassende Unterlagen benötige. Die Liste war lang und umfasste sämtliche Rechnungen, medizinische Berichte, Pflegegutachten und detaillierte Krankenhausdokumentationen.

Warum gerieten die beiden Versicherungen in einen Streit um Papier?

Die Krankenkasse übermittelte daraufhin eine computergenerierte Übersicht der Kosten und stellte am 2. Februar 2023 die volle Summe von 174.541,88 Euro in Rechnung, mit einer Zahlungsfrist von 30 Tagen. Für die Haftpflichtversicherung war das jedoch nicht genug. Ihr beauftragter Prüfdienstleister forderte gezielt weitere Dokumente an, insbesondere die Entlassungsberichte des Krankenhauses, eine genaue Dokumentation der künstlichen Beatmungsstunden und die Leistungsnachweise der Pflege.

Die Krankenkasse sah das anders. Mit Schreiben vom 16. März 2023 beharrte sie auf ihrer Position, die bereits übermittelten Unterlagen seien für eine Prüfung ausreichend, und forderte erneut die volle Zahlung. Daraufhin bewegte sich die Haftpflichtversicherung: Sie zahlte am 23. März 2023 einen hohen Vorschuss von 120.000 Euro. Dabei stellte sie jedoch klar, dass diese Zahlung ohne jegliches Anerkenntnis einer Rechtspflicht erfolge und hielt an ihrer Forderung nach den fehlenden Belegen für den Restbetrag von rund 54.500 Euro fest.

Es folgte eine lange Phase des Stillstands. Erst über ein Jahr später, nachdem bereits Klage eingereicht worden war, legte die Krankenkasse weitere Unterlagen vor. Der entscheidende Moment kam am 30. Oktober 2024: Direkt im Anschluss an eine mündliche Verhandlung vor dem Landgericht Hannover übermittelte die Krankenkasse die noch fehlenden 255 Seiten an Dokumenten, darunter auch die geforderten Beatmungsprotokolle. Kaum waren diese Unterlagen bei der Haftpflichtversicherung eingegangen, prüfte diese den Fall abschließend und überwies Ende November 2024 den noch offenen Restbetrag.

Wieso gab das erste Gericht der Krankenkasse Recht?

Der Streit um die Hauptforderung war damit beigelegt. Doch die Krankenkasse verklagte die Haftpflichtversicherung nun auf Zahlung von Verzugszinsen für den Zeitraum, in dem der Restbetrag von rund 54.500 Euro offen war – vom 24. März 2023 bis zum 20. November 2024.

Das Landgericht Hannover gab der Krankenkasse Recht. Die Richter waren der Ansicht, dass die Forderung der Krankenkasse spätestens mit der Rechnung vom 2. Februar 2023 fällig war. Sie billigten der Haftpflichtversicherung eine Prüffrist von sechs Wochen zu. Nach Ablauf dieser Frist, so das Gericht, sei die Versicherung mit der Zahlung in Verzug geraten. Unter Verzug versteht man die rechtlich bedeutsame Verzögerung einer geschuldeten Leistung. Wer im Verzug ist, muss dem Gläubiger den daraus entstehenden Schaden ersetzen – dazu gehören typischerweise Verzugszinsen. Die Weigerung, ohne die Detailbelege zu zahlen, schütze die Versicherung nicht vor dem Verzug, urteilte das Landgericht.

Welches Recht nahm die Haftpflichtversicherung für sich in Anspruch?

Die Haftpflichtversicherung akzeptierte dieses Urteil nicht und legte Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) Celle ein. Ihr zentrales Argument stützte sich auf ein spezielles Recht, das Versicherungen im Schadensfall haben: den Auskunftsanspruch nach § 119 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Diese Vorschrift gibt einem Haftpflichtversicherer das Recht, vom Geschädigten alle Auskünfte zu verlangen, die zur Feststellung des Schadens und seiner Höhe erforderlich sind.

Dieses Auskunftsrecht, so die Versicherung, sei mit einem weiteren, mächtigen Recht verknüpft: dem Zurückbehaltungsrecht nach § 273 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Man kann sich das wie ein Pfandrecht auf die eigene Leistung vorstellen. Die Versicherung argumentierte: Solange die Krankenkasse uns nicht die notwendigen Informationen zur Prüfung gibt, dürfen wir die Zahlung zurückhalten. Und wer berechtigt die Zahlung zurückhält, kann logischerweise nicht in Zahlungsverzug sein.

Wie entschied das Oberlandesgericht und warum war die Dokumentation so entscheidend?

Das OLG Celle folgte der Argumentation der Haftpflichtversicherung vollständig und hob das Urteil des Landgerichts auf. Die Klage der Krankenkasse auf Verzugszinsen wurde abgewiesen. Die Richter in Celle begründeten ihre Entscheidung mit einer klaren logischen Kette, die auf dem Auskunftsrecht der Versicherung basierte.

Sie stellten fest, dass die von der Krankenkasse anfangs vorgelegten Unterlagen tatsächlich nicht ausreichten. Eine computergenerierte Liste mit Abrechnungscodes (sogenannte Grouper-Auszüge) sei kein Ersatz für echte medizinische Dokumente wie Arztberichte oder Beatmungsprotokolle. Ein solcher Auszug zeige nur das Ergebnis einer maschinellen Berechnung, aber nicht die medizinische Grundlage dafür. Das Gericht verglich es treffend: Einem Schädiger muss es erlaubt sein, nicht nur die Endsumme einer Rechnung zu sehen, sondern auch die einzelnen Posten zu prüfen, um deren Notwendigkeit nachzuvollziehen. Dies sei nur mit den primären Behandlungsunterlagen möglich.

Da die Haftpflichtversicherung ein Recht auf diese Unterlagen hatte, durfte sie die Zahlung des Restbetrags so lange verweigern, bis sie diese erhielt. Die entscheidende Feststellung des Gerichts war:

  • Kein Verzug bei Zurückbehaltungsrecht: Das Recht der Versicherung, die Zahlung bis zur Vorlage vollständiger Unterlagen zurückzuhalten, schließt den Eintritt des Verzugs aus.
  • Kein Verzug, keine Zinsen: Ohne Verzug besteht kein Anspruch auf Verzugszinsen. Die lange Dauer der Regulierung ging somit zulasten der Krankenkasse, da sie die für die Verzögerung ursächlichen Dokumente erst auf den letzten Drücker vorgelegt hatte.

Dass die Krankenkasse die 255 Seiten an Dokumenten sofort nach der Gerichtsverhandlung vorlegen konnte, wertete das OLG als klares Indiz dafür, dass ihr dies auch schon viel früher möglich und zumutbar gewesen wäre.

Wurden die Gegenargumente der Krankenkasse vom Gericht geprüft?

Das OLG setzte sich auch detailliert mit den Einwänden der Krankenkasse auseinander und wies diese Punkt für Punkt zurück.

Das Argument, die Vorschusszahlung von 120.000 Euro sei eine Art Teilanerkenntnis gewesen, das die Prüffähigkeit des Gesamtanspruchs belege, verfing nicht. Die Richter verwiesen auf den ausdrücklichen Vermerk der Versicherung, dass die Zahlung ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht erfolge. Ein solcher Vorschuss diene der schnellen Hilfe, bedeute aber nicht, dass der Versicherer auf sein Recht zur vollständigen Prüfung verzichte.

Auch die Auffassung der Krankenkasse, für sie als sozialrechtliche Institution gälten geringere zivilrechtliche Nachweispflichten, wurde vom Gericht klar zurückgewiesen. Es bezog sich dabei auf ein erst kurz zuvor ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs. Dieses hatte klargestellt: Wenn eine Krankenkasse einen zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch verfolgt, muss sie sich auch an die zivilrechtlichen Spielregeln halten. Die internen Abrechnungsmodalitäten des Sozialrechts ändern nichts an der Pflicht, einem Schädiger die notwendigen Beweise für Grund und Höhe des Schadens vorzulegen.

Am Ende stand eine klare Entscheidung: Die Haftpflichtversicherung hatte das Recht, auf vollständigen und nachvollziehbaren Unterlagen zu bestehen. Da die Krankenkasse diese erst nach über eineinhalb Jahren lieferte, war die Versicherung in dieser Zeit nicht in Zahlungsverzug. Die finanziellen Folgen dieser Verzögerung, die geforderten Zinsen, musste die Krankenkasse daher selbst tragen.


Wichtigste Erkenntnisse

Haftpflichtversicherer können Schadensersatzzahlungen rechtmäßig verweigern, solange Geschädigte ihnen die für eine ordnungsgemäße Prüfung erforderlichen Unterlagen vorenthalten.

  • Auskunftsrecht schlägt Zahlungsfrist: Versicherungen besitzen das Recht, vollständige medizinische Dokumentation zu verlangen, bevor sie Behandlungskosten erstatten – computergenerierte Abrechnungslisten reichen nicht aus.
  • Zurückbehaltungsrecht verhindert Verzug: Wer berechtigt eine Leistung zurückhält, gerät nicht in Zahlungsverzug und schuldet daher auch keine Verzugszinsen, selbst wenn die Regulierung über ein Jahr dauert.
  • Krankenkassen unterliegen Zivilrecht: Sozialversicherungsträger müssen sich bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an dieselben Beweisregeln halten wie private Gläubiger – ihre internen Abrechnungsverfahren schaffen keine Privilegien.

Wer unvollständige Belege vorlegt und dadurch Verzögerungen verursacht, trägt selbst die finanziellen Folgen der verlängerten Abwicklungszeit.


Benötigen Sie Hilfe?


Zahlte Ihre Haftpflichtversicherung Heilkosten nicht wegen unvollständiger Belege? Lassen Sie die Rechtslage in einer unverbindlichen Ersteinschätzung prüfen.

Das Urteil in der Praxis

Für jeden, der im Schadensfall auf Zahlungen wartet, ist dieses Urteil eine unmissverständliche Mahnung. Es unterstreicht gnadenlos, dass die Pflicht zur vollständigen Dokumentation beim Anspruchsteller liegt und das Zurückbehaltungsrecht des Versicherers kein Papiertiger ist. Wer notwendige Unterlagen zurückhält, muss mit den finanziellen Folgen leben – sprich: entgangene Verzugszinsen in Kauf nehmen. Das OLG Celle hat damit klargestellt: Eine „grobe Übersicht“ reicht nicht; Versicherer können berechtigt auf präzisen Nachweisen bestehen, auch wenn es ums Eingemachte geht.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann gerät eine Versicherung in Zahlungsverzug und welche Folgen hat das?

Eine Versicherung gerät in Zahlungsverzug, wenn sie eine fällige und wirksame Forderung trotz Mahnung oder nach Ablauf einer festgesetzten Frist nicht bezahlt und keine berechtigten Gründe für die Verzögerung vorliegen. Die häufigste Folge des Zahlungsverzugs ist die Pflicht, dem Anspruchsteller Verzugszinsen auf den ausstehenden Betrag zu zahlen.

Man kann es sich vorstellen wie einen Einkauf im Baumarkt: Ein Kunde muss nicht zahlen, bevor er die Ware erhält und prüfen kann, ob sie vollständig und unbeschädigt ist. Erst wenn alles in Ordnung ist und er trotzdem die Zahlung verweigert, gerät er in Zahlungsverzug.

Für eine Versicherung bedeutet dies, dass Verzug grundsätzlich dann eintritt, wenn die Leistung fällig ist und sie gemahnt wurde oder eine Frist abgelaufen ist. Ein wichtiger Sonderfall ist jedoch das Zurückbehaltungsrecht der Versicherung: Eine Versicherung gerät nicht in Verzug, wenn sie die Zahlung berechtigt zurückhält. Dies ist der Fall, wenn der Anspruchsteller seine Mitwirkungspflichten nicht erfüllt hat, indem er beispielsweise zur Prüfung des Anspruchs wichtige oder vollständige Unterlagen nicht zur Verfügung stellt.

Auch eine längere Regulierungsdauer führt nicht automatisch zu Verzug, wenn die Verzögerung dadurch entsteht, dass der Anspruchsteller die erforderlichen Belege oder Informationen nicht rechtzeitig oder vollständig bereitstellt. Diese Regelung schützt die Versicherung, damit sie einen Schaden umfassend und korrekt prüfen kann, bevor sie zahlt.


zurück

Welche Rechte haben Versicherer bei der Prüfung von Schadensfällen auf Informationen und Unterlagen?

Versicherer haben ein gesetzlich verankertes Recht, alle Auskünfte und Unterlagen anzufordern, die sie benötigen, um einen gemeldeten Schaden und dessen Höhe genau zu prüfen. Sie nutzen dieses Recht, um die Plausibilität, die Notwendigkeit und den Umfang der geltend gemachten Kosten nachzuvollziehen.

Man kann sich das vorstellen wie einen Schiedsrichter beim Fußball, der genaue Spielberichte und Videoaufnahmen benötigt, um eine strittige Entscheidung fair zu bewerten, anstatt nur das Endergebnis zu kennen.

Dieses Auskunftsrecht ermöglicht es Versicherern, nicht nur Endsummen von Rechnungen zu sehen, sondern auch die einzelnen Posten und deren Grundlage zu überprüfen. Dazu gehören oft detaillierte medizinische Berichte, vollständige Rechnungsdetails, Pflegegutachten oder spezifische Dokumentationen wie Beatmungsprotokolle. Es geht darum, die medizinische Notwendigkeit der Behandlungen und die Angemessenheit der Kosten nachzuvollziehen.

Dieses umfassende Prüfrecht ist für eine korrekte und faire Abwicklung von Schadensfällen unerlässlich, da es das Vertrauen in die Schadenregulierung stärkt und die Versicherung vor unbegründeten Forderungen schützt.


zurück

Warum ist die vollständige und zeitnahe Vorlage von Belegen für die Schadensregulierung so wichtig?

Die vollständige und zeitnahe Vorlage von Belegen ist für die Schadensregulierung von entscheidender Bedeutung, weil Versicherer ohne diese Unterlagen den Schaden nicht abschließend prüfen und daher auch nicht regulieren können.

Man kann es sich vorstellen wie bei der Prüfung einer Rechnung im Alltag: Es reicht nicht aus, nur die Endsumme zu sehen; vielmehr müssen auch die einzelnen Posten nachvollziehbar sein, um deren Notwendigkeit prüfen zu können.

Ein Versicherer hat das Recht, alle Informationen zu erhalten, die zur Feststellung des Schadens und seiner Höhe notwendig sind. Liegen diese vollständigen und nachvollziehbaren Unterlagen nicht vor, ist der Versicherer berechtigt, die Zahlung zurückzuhalten. In solch einem Fall gerät der Versicherer nicht in Zahlungsverzug – das bedeutet, er muss keine Zinsen für die Verzögerung zahlen. Ein Anspruchsteller, der Dokumente verspätet oder unvollständig einreicht, trägt somit die finanziellen Folgen der Verzögerung, wie den Verlust von Verzugszinsen, selbst, auch wenn der Anspruch grundsätzlich besteht.

Deshalb sollten Anspruchsteller immer bestrebt sein, alle erforderlichen Unterlagen sofort und vollständig zu liefern. Dies beschleunigt den gesamten Regulierungsprozess erheblich und hilft, finanzielle Nachteile zu vermeiden. Diese Regel schützt das Vertrauen in eine transparente und nachvollziehbare Schadensabwicklung.


zurück

Welche Konsequenzen hat es für den Anspruchsteller, wenn notwendige Unterlagen nur verzögert eingereicht werden?

Wenn ein Anspruchsteller notwendige Unterlagen nur verzögert einreicht, können erhebliche negative Konsequenzen für ihn entstehen, insbesondere der Verlust des Anspruchs auf Verzugszinsen. Dies führt dazu, dass die Auszahlung der Hauptforderung blockiert bleibt und zusätzlich Kosten und Zeitaufwand entstehen können.

Stellen Sie sich vor, Sie bestellen ein Produkt, das erst geliefert wird, wenn Sie alle notwendigen Informationen für die Produktion bereitgestellt haben. Solange diese Informationen fehlen, kann der Lieferant nicht produzieren und gerät daher auch nicht in Lieferverzug.

Ein Versicherer hat das Recht, die Zahlung einer Forderung zurückzuhalten, solange ihm die erforderlichen Unterlagen zur Prüfung von Grund und Höhe des Anspruchs fehlen. Er muss beispielsweise medizinische Dokumente einsehen können, um die einzelnen Posten einer Rechnung nachzuvollziehen. Liegen diese Unterlagen nicht oder nur unzureichend vor, gerät der Versicherer nicht in Zahlungsverzug.

Das bedeutet, selbst wenn sich die Regulierung über Jahre hinzieht, besteht für den Anspruchsteller kein Anspruch auf Verzugszinsen, da die Verzögerung durch die fehlenden Informationen verursacht wurde. Diese Situation kann zu zusätzlichem Aufwand durch Nachfragen, Schriftwechsel oder sogar Gerichtsverfahren führen, welche die Last der Verzögerung beim Anspruchsteller belassen.

Diese Regelung stellt sicher, dass die prüfende Partei eine angemessene Grundlage für ihre Entscheidung hat und nicht für Verzögerungen haftbar gemacht wird, die durch die andere Seite verursacht werden.


zurück

Kann eine lange Dauer der Schadensregulierung automatisch einen Anspruch auf Verzugszinsen begründen?

Nein, eine lange Dauer der Schadensregulierung begründet nicht automatisch einen Anspruch auf Verzugszinsen. Ein solcher Anspruch entsteht erst dann, wenn die zur Zahlung verpflichtete Partei, beispielsweise eine Versicherung, sich im sogenannten Verzug befindet. Das bedeutet, die Verzögerung muss von ihr zu vertreten sein, sie muss also schuldhaft die Zahlung hinauszögern.

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Recht auf die Auszahlung eines Guthabens, können dieses aber nur erhalten, wenn Sie zuvor die erforderlichen Unterlagen (wie einen Ausweis) vorlegen. Solange Sie diese Unterlagen nicht übergeben, kann die auszahlende Stelle das Geld berechtigterweise zurückhalten. Obwohl die Auszahlung lange dauert, gerät die Stelle nicht in Verzug, da die Verzögerung durch die fehlende Mitwirkung der Person verursacht wird, die das Geld erhalten möchte.

Ein Anspruch auf Verzugszinsen entsteht daher nicht, wenn die lange Dauer der Schadensregulierung durch die mangelnde oder verspätete Mitwirkung der anspruchstellenden Partei verursacht wird. Versicherungen haben das Recht, alle notwendigen Unterlagen zur Prüfung eines Schadens und seiner Höhe anzufordern. Solange diese erforderlichen Informationen fehlen, darf die Versicherung die Zahlung zurückhalten, ohne in Verzug zu geraten. Die reine Dauer der Regulierung ist somit nicht allein ausschlaggebend, sondern die Frage, wer die Ursache für die Verzögerung gesetzt hat.

Diese Regelung schützt Versicherungen, damit sie Schäden umfassend und korrekt prüfen können, bevor sie leisten müssen.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Auskunftsanspruch

Der Auskunftsanspruch ist das gesetzliche Recht einer Versicherung, alle notwendigen Informationen und Unterlagen zur Prüfung eines Schadens zu verlangen. Nach § 119 VVG kann eine Haftpflichtversicherung vom Geschädigten sämtliche Auskünfte fordern, die sie benötigt, um die Berechtigung und Höhe einer Schadensersatzforderung zu bewerten. Dieses Recht schützt Versicherungen davor, auf Basis unvollständiger Informationen zahlen zu müssen.

Beispiel: Die Haftpflichtversicherung forderte von der Krankenkasse detaillierte medizinische Berichte, Beatmungsprotokolle und Pflegegutachten an, weil die ursprünglich vorgelegte computergenerierte Übersicht für eine ordnungsgemäße Prüfung nicht ausreichte.

Zurück

Forderungsübergang

Ein Forderungsübergang liegt vor, wenn ein Anspruch automatisch von einer Person auf eine andere übergeht. Im Sozialrecht tritt die Krankenkasse durch diesen gesetzlichen Mechanismus an die Stelle des Patienten und kann dessen Schadensersatzanspruch gegen den Unfallverursacher selbst geltend machen. So kann sie die vorgestreckten Behandlungskosten vom Schädiger zurückfordern.

Beispiel: Als Frau B. nach dem Unfall verstarb, ging ihr Schadensersatzanspruch gegen den Unfallverursacher automatisch auf ihre Krankenkasse über, die damit die 174.541,88 Euro Behandlungskosten von der Haftpflichtversicherung zurückfordern konnte.

Zurück

Verzug

Verzug bedeutet die rechtlich bedeutsame Verspätung bei einer geschuldeten Leistung. Wer trotz Fälligkeit und Mahnung nicht leistet, gerät in Verzug und muss dem Gläubiger den entstehenden Schaden ersetzen – typischerweise durch Verzugszinsen. Wichtig ist jedoch: Wer berechtigt eine Zahlung zurückhält, kann nicht in Verzug geraten.

Beispiel: Das Landgericht sah die Haftpflichtversicherung nach sechs Wochen Prüfzeit im Verzug, während das OLG Celle entschied, dass kein Verzug vorlag, weil die Versicherung die Zahlung wegen fehlender Unterlagen berechtigt zurückhalten durfte.

Zurück

Verzugszinsen

Verzugszinsen sind Zinsen, die der Schuldner zahlen muss, wenn er mit einer fälligen Zahlung im Verzug ist. Sie sollen den Gläubiger für den Schaden entschädigen, der durch die verspätete Zahlung entsteht. Die Höhe richtet sich nach dem gesetzlichen Zinssatz und kann bei längeren Verzögerungen erhebliche Summen erreichen.

Beispiel: Die Krankenkasse forderte über 7.000 Euro Verzugszinsen für den 18 Monate lang ausstehenden Restbetrag von rund 54.500 Euro, verlor jedoch den Prozess, weil die Versicherung nicht im Verzug war.

Zurück

Zurückbehaltungsrecht

Das Zurückbehaltungsrecht erlaubt es einem Schuldner, seine Leistung so lange zu verweigern, bis der Gläubiger seinerseits eine Verpflichtung erfüllt. Man kann es sich wie ein Pfandrecht auf die eigene Leistung vorstellen. Für Versicherungen bedeutet das: Sie dürfen Zahlungen zurückhalten, bis sie alle für die Prüfung notwendigen Unterlagen erhalten haben.

Beispiel: Die Haftpflichtversicherung berief sich auf ihr Zurückbehaltungsrecht und verweigerte die Zahlung des Restbetrags, bis die Krankenkasse die geforderten 255 Seiten medizinischer Dokumentation vorlegte.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


Verzug (§ 286 BGB)
Wenn eine Leistung fällig ist und trotz Mahnung oder Zeitablauf nicht erbracht wird, gerät der Schuldner in Verzug.
Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Krankenkasse argumentierte, die Haftpflichtversicherung sei in Verzug geraten und müsse daher Verzugszinsen zahlen. Das Oberlandesgericht entschied jedoch, dass die Versicherung aufgrund ihres Zurückbehaltungsrechts nicht in Verzug war.

Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB)
Wenn zwei Parteien sich gegenseitig etwas schulden, kann eine Partei ihre Leistung verweigern, bis die andere Partei ihre Leistung erbracht hat, sofern die Forderungen aus demselben rechtlichen Verhältnis stammen.
Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Haftpflichtversicherung berief sich auf dieses Recht, um die Zahlung des Restbetrags zu verweigern, solange die Krankenkasse die notwendigen Unterlagen zur Schadensprüfung nicht vollständig vorgelegt hatte. Das Gericht bestätigte, dass dieses Recht den Eintritt des Verzugs ausschließt.

Auskunftsanspruch des Versicherers (§ 119 VVG)
Ein Haftpflichtversicherer hat das Recht, vom Geschädigten alle Auskünfte und Unterlagen zu verlangen, die zur Feststellung des Versicherungsfalls und des Umfangs der Leistungspflicht erforderlich sind.
Bedeutung im vorliegenden Fall: Dieser Anspruch war die konkrete rechtliche Grundlage dafür, dass die Haftpflichtversicherung die medizinischen Unterlagen von der Krankenkasse fordern durfte und ihr Zurückbehaltungsrecht überhaupt erst entstehen konnte.

Anspruch auf Verzugszinsen (§ 288 BGB)
Ist der Schuldner in Verzug, muss er dem Gläubiger als Schadenersatz Verzugszinsen auf den geschuldeten Betrag zahlen.
Bedeutung im vorliegenden Fall: Dies war der Kern des Streits: Die Krankenkasse forderte über 7.000 Euro an Verzugszinsen für die verzögerte Zahlung des Restbetrags. Da das Gericht keinen Verzug der Haftpflichtversicherung feststellte, wurde der Anspruch auf Verzugszinsen abgewiesen.


Das vorliegende Urteil


OLG Celle – Az.: 14 U 16/25 – Urteil vom 18.06.2025


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Wie können wir Ihnen helfen?

Wir sind Ihr Ansprechpartner in allen rechtlichen Angelegenheiten. Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Ersteinschätzung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile und Rechtstipps

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!