Ein Kfz-Mechaniker-Meister aus Calw forderte eine Nutzungsausfallentschädigung bei einer fiktiven Abrechnung, nachdem er den Unfallwagen seines Sohnes fachgerecht in Eigenreparatur instand gesetzt hatte. Die Versicherung verweigerte die Zahlung mit Verweis auf die fiktive Schadensabrechnung und bestritt, dass das Fahrzeug laut dem Gutachten des Sachverständigen tatsächlich verkehrsunsicher war.
Übersicht
- 1 Das Wichtigste in Kürze
- 2 Wer erhält die Nutzungsausfallentschädigung bei einer fiktiven Abrechnung?
- 3 Welche rechtlichen Hürden bestehen bei der Abtretung von einem Schadensersatzanspruch?
- 4 Wie argumentierte die Versicherung gegen den Anspruch auf eine Entschädigung?
- 5 Warum bestätigte das Gericht die Nutzungsausfallentschädigung trotz der Eigenreparatur?
- 6 Was bedeutet das Urteil für die Praxis der Schadensregulierung?
- 7 Experten Kommentar
- 8 Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- 8.1 Zahlt die Versicherung Nutzungsausfall bei einer Reparatur in Eigenregie?
- 8.2 Gilt der Anspruch auf Nutzungsausfall auch bei fiktiver Abrechnung ohne Mietwagen?
- 8.3 Wie beweise ich die Reparaturdauer bei einer fiktiven Schadensabrechnung?
- 8.4 Besteht Anspruch auf Nutzungsausfall während der Bedenkzeit nach dem Gutachten?
- 8.5 Kann die Versicherung Nutzungsausfall wegen angeblicher Fahrbereitschaft trotz Unfallschaden ablehnen?
- 9 Das vorliegende Urteil
Den vorliegenden Urteilstext lesen: Urteil Az.: 13 C 40/23
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Calw
- Datum: 18.07.2023
- Aktenzeichen: 13 C 40/23
- Verfahren: Zivilprozess um Nutzungsausfallentschädigung
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht
Autofahrer erhalten Nutzungsausfall auch bei fiktiver Schadensabrechnung und anschließender fachgerechter Reparatur in Eigenregie.
- Der Vater darf abgetretene Ansprüche seines Sohnes nach dem Unfall selbst einklagen.
- Nutzungsausfall steht dem Geschädigten für die Zeit der Begutachtung und Reparatur zu.
- Eine fiktive Abrechnung des Schadens verhindert den Anspruch auf spätere Nutzungsausfallentschädigung nicht.
- Die Nichtbenutzung des Autos ist gerechtfertigt, wenn ein Gutachter fehlende Verkehrssicherheit feststellt.
- Fachkundige Eigenreparaturen durch einen Mechaniker-Meister belegen den Willen das Auto zu nutzen.
Wer erhält die Nutzungsausfallentschädigung bei einer fiktiven Abrechnung?
Ein Verkehrsunfall bringt nicht nur Blechschäden mit sich, sondern oft auch komplexe juristische Fragen zur Abwicklung. Besonders strittig wird es, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug nicht in einer Werkstatt reparieren lässt, sondern das Geld auf Basis eines Gutachtens einfordert (fiktive Abrechnung) und den Wagen anschließend selbst repariert. Darf er zusätzlich Geld für die Tage verlangen, an denen er das Auto nicht nutzen konnte?

Genau dieser Frage widmete sich das Amtsgericht Calw in einem Urteil vom 18. Juli 2023 (Az. 13 C 40/23). In dem Fall stritten ein Vater und eine Versicherung nach einem Unfall, bei dem die Haftungslage eigentlich klar war. Doch die Details – von der Abtretung der Ansprüche innerhalb der Familie bis zur Frage der Verkehrssicherheit – sorgten für eine juristische Auseinandersetzung um 420 Euro.
Der Streit entzündete sich an einem Vorfall vom 18. Juli 2022. Die gegnerische Versicherung hatte die volle Haftung für den Unfall bereits dem Grunde nach anerkannt. Allerdings gehörte das beschädigte Fahrzeug nicht dem Mann, der vor Gericht zog, sondern dessen Sohn. Dieser hatte seine Ansprüche an den Vater abgetreten. Der Vater, von Beruf Kfz-Mechaniker-Meister, wollte den Schaden „fiktiv“ abrechnen, das Auto selbst reparieren und für die Ausfallzeit von 12 Tagen eine Entschädigung erhalten. Die Versicherung weigerte sich zu zahlen.
Welche rechtlichen Hürden bestehen bei der Abtretung von einem Schadensersatzanspruch?
Bevor ein Gericht inhaltlich über Nutzungsausfallentschädigung oder Reparaturkosten entscheidet, muss geklärt sein, wer überhaupt forderungsberechtigt ist. Im deutschen Schadensrecht gilt der Grundsatz, dass der Eigentümer der beschädigten Sache den Anspruch hat. In diesem Fall war jedoch nicht der Eigentümer (der Sohn) die klagende Partei, sondern der Vater.
Hier kommt das Rechtsinstitut der Abtretung gemäß § 398 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ins Spiel. Forderungen können wie Gegenstände übertragen werden. Damit dies wirksam ist, muss ein Vertrag zwischen dem alten Gläubiger (Sohn) und dem neuen Gläubiger (Vater) zustande kommen.
Die Bedeutung der Verkehrssicherheit für den Anspruch
Der Anspruch auf eine Nutzungsausfallentschädigung setzt voraus, dass der Geschädigte das Fahrzeug tatsächlich nicht nutzen konnte und wollte (Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit), das Fahrzeug aber unfallbedingt ausgefallen ist. Ein zentraler Punkt ist dabei oft die Frage: War das Auto noch fahrbereit und verkehrssicher?
„Der Sachverständige führte im Gutachten aus, das Fahrzeug sei noch fahrfähig, jedoch nicht verkehrssicher.“
Ist ein Auto zwar technisch noch fahrbar (der Motor läuft, die Räder drehen sich), aber verkehrsunsicher (z. B. Gefahr von Folgeschäden oder Sicherheitsrisiken), darf es im Straßenverkehr nicht bewegt werden. In diesem Fall besteht ein Anspruch auf Entschädigung für die Zeit des Stillstands.
Wie argumentierte die Versicherung gegen den Anspruch auf eine Entschädigung?
Die Positionen der beiden Parteien lagen weit auseinander, wobei die Versicherung versuchte, die Glaubwürdigkeit der Gegenseite an mehreren Fronten zu erschüttern.
Die Sichtweise des Vaters
Der Kfz-Meister argumentierte, er sei durch die Abtretung rechtmäßiger Inhaber der Ansprüche geworden. Da ihm und seinem Sohn kein Zweitwagen zur Verfügung stand, sei der Nutzungsausfall spürbar gewesen. Der Ablauf wurde präzise geschildert:
- Unfall am 18.07.2022.
- Beauftragung des Gutachters am 20.07.2022.
- Erhalt des Gutachtens am 25.07.2022.
- Anschließende Eigenreparatur in der heimischen Werkstatt.
Er betonte, dass er als „Herr des Restitutionsgeschehens“ frei wählen dürfe, ob er das Auto in eine Werkstatt gibt oder es auf Basis der gutachterlichen Kostenkalkulation (fiktiv) abrechnet und selbst repariert.
Die Einwände der Versicherung
Das Versicherungsunternehmen fuhr schwere Geschütze auf. Zunächst bestritt es die Wirksamkeit der Abtretung. Schwerwiegender war jedoch der Vorwurf, der Wagen sei gar nicht verkehrsunsicher gewesen. Die Versicherung behauptete, der Sohn habe unmittelbar nach dem Unfall eine Achsvermessung durchführen lassen.
Daraus schlussfolgerte das Unternehmen: Wer die Achse vermisst, weiß, dass der Wagen sicher ist. Folglich hätte das Auto weiter genutzt werden können, und es bestünde kein Anspruch auf eine Ausfallentschädigung. Zudem zweifelte die Versicherung die angegebenen Reparaturzeiten an und versuchte, mit angeblichen Gegenansprüchen die Forderung „aufzurechnen“ – also die Schuld durch eigene Forderungen zu tilgen.
Warum bestätigte das Gericht die Nutzungsausfallentschädigung trotz der Eigenreparatur?
Das Amtsgericht Calw folgte der Argumentation des Vaters und verurteilte die Versicherung zur Zahlung der vollen 420 Euro nebst Zinsen. Die Urteilsbegründung liefert eine lehrreiche Anleitung zur Durchsetzung solcher Ansprüche.
Die Wirksamkeit der Abtretung trotz Tippfehler
Das Gericht prüfte zunächst die Formalien. Die Versicherung hatte moniert, dass in der Abtretungserklärung ein Schreibfehler vorlag. Der Anwalt hatte versehentlich notiert, die Abtretung sei „angekommen“ statt „angenommen“.
Das Gericht ließ sich von diesem offensichtlichen Büroversehen nicht beirren. In der mündlichen Verhandlung wurde der Wille zur Abtretung bestätigt.
Das Gericht stellte fest:
„Der Umstand, dass das Fahrzeug dem Sohn gehörte, steht dem geltend gemachten Anspruch nicht entgegen, da die Abtretung wirksam angenommen wurde.“
Damit war der Vater prozessual der rechtmäßige Kläger.
Widerlegung der Spekulationen zur Verkehrssicherheit
Der Einwand der Versicherung, das Auto sei nach einer angeblichen Achsvermessung als sicher eingestuft worden, wurde vom Gericht als reine Spekulation zurückgewiesen. Entscheidend war das vorliegende Sachverständigengutachten. Dieses datierte vom 25.07.2022 und bescheinigte schwarz auf weiß: Fahrfähig ja, verkehrssicher nein.
Solange ein Experte die Verkehrssicherheit verneint, darf und muss der Eigentümer das Fahrzeug stehen lassen. Die Versicherung konnte keine Beweise für ihre Behauptung vorlegen, dass der Geschädigte es „besser wusste“.
Der zeitliche Ablauf: 12 Tage sind angemessen
Das Gericht rechnete den Anspruch auf Nutzungsausfall detailliert nach. Es billigte dem Vater folgenden Zeitrahmen zu:
- Der Unfalltag und der Folgetag.
- Die Zeit der Begutachtung bis zum Zugang des Gutachtens (20.07. bis 25.07.).
- Eine Überlegungsfrist von vier Tagen.
- Die reine Reparaturzeit.
Besonders interessant ist hier die Überlegungsfrist. Ein Geschädigter muss sich nicht sofort entscheiden, was er mit dem Wrack macht.
Das Gericht erklärte hierzu:
„Dem Kläger ist eine vom Zugang des Gutachtens an zu geltende Überlegungsfrist zur Entscheidung zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung zuzubilligen, die grundsätzlich mit 3 bis 5 Tagen angesetzt werden kann.“
In Summe erschienen die geforderten 12 Tage dem Gericht nicht als „überschießend“, sondern als plausibel und erstattungsfähig.
Dispositionsbefugnis: Die Freiheit der Wahl
Der juristisch wichtigste Teil des Urteils betrifft das Verhältnis von fiktiver Schadensabrechnung und Nutzungsausfall. Die Versicherung meinte, wer sich das Geld für die Reparatur auszahlen lässt (fiktiv abrechnet), könne nicht so tun, als hätte er einen Nutzungsausfall durch eine Reparatur.
Das Gericht erteilte dieser Ansicht eine Absage. Der Geschädigte ist „Herr des Restitutionsgeschehens“. Das bedeutet: Er entscheidet, wie der Schaden behoben wird.
„Da der Kläger das Fahrzeug in eigener Regie und fachkundig als Kfz-Mechaniker-Meister repariert hat, steht die zuvor erfolgte fiktive Abrechnung einer Nutzungsausfallentschädigung nicht entgegen.“
Wichtig war hierbei auch die Wirtschaftlichkeit: Die fiktiven Reparaturkosten waren günstiger als eine Ersatzbeschaffung. Der Vater handelte also auch wirtschaftlich vernünftig. Dass er die Reparatur selbst durchführte, spart der Versicherung im Zweifel sogar Geld im Vergleich zu einer Markenwerkstatt, darf ihm aber beim Nutzungsausfall nicht zum Nachteil ausgelegt werden.
Keine wirksame Aufrechnung
Den Versuch der Versicherung, die Forderung durch eine Aufrechnung mit Gegenansprüchen zu Fall zu bringen, wies das Gericht ebenfalls ab. Die Versicherung hatte es versäumt, eine konkrete, fällige und einredefreie Gegenforderung darzulegen. Ein pauschaler Hinweis auf Gegenansprüche reicht im Zivilprozess nicht aus; es muss genau beziffert und begründet werden, warum die Gegenseite Geld schulden soll.
Was bedeutet das Urteil für die Praxis der Schadensregulierung?
Das Urteil des Amtsgerichts Calw stärkt die Rechte von Unfallgeschädigten, die Reparaturen in Eigenregie durchführen wollen. Es stellt klar, dass die fiktive Abrechnung kein Verzicht auf den Nutzungsausfall ist, sofern der Ausfall des Fahrzeugs tatsächlich stattgefunden hat und durch die Reparatur bedingt war.
Die wichtigsten Erkenntnisse für Autofahrer
Erstens bestätigt das Urteil die Dispositionsfreiheit. Geschädigte müssen sich nicht von der Versicherung vorschreiben lassen, in welcher Werkstatt oder auf welchem Weg (Eigenarbeit vs. Profi) der Schaden behoben wird.
Zweitens zeigt der Fall, wie wichtig ein qualifiziertes Gutachten ist. Die Feststellung „nicht verkehrssicher“ war der Schlüssel, um den Anspruch für die Wartezeit bis zur Reparatur zu sichern. Ohne diesen Passus im Gutachten hätte die Versicherung mit ihrem Argument der „Fahrbereitschaft“ Erfolg haben können.
Drittens verdeutlicht die Entscheidung, dass auch Familienkonstellationen mit Abtretungen vor Gericht Bestand haben, wenn sie sauber dokumentiert sind – selbst wenn dem Anwalt dabei ein Tippfehler unterläuft.
Kosten und Vollstreckung
Die Versicherung muss nun nicht nur die 420 Euro nebst Zinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit dem 14.10.2022) zahlen, sondern auch die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen. Da der Streitwert unter 600 Euro lag und keine grundsätzliche Bedeutung vorlag, ließ das Gericht keine Berufung zu. Das Urteil ist damit rechtskräftig und vorläufig vollstreckbar.
Für die Versicherungswirtschaft ist dies eine Erinnerung daran, dass pauschales Bestreiten von Reparaturdauer und Verkehrssicherheit ohne konkrete Beweise vor Gericht oft nicht ausreicht. Für den Vater als Kfz-Meister bedeutet es, dass seine Arbeitsleistung und der Ausfall des Fahrzeugs auch ohne offizielle Werkstattrechnung finanziell anerkannt werden.
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Versicherungen kürzen bei einer fiktiven Abrechnung oder dem Nutzungsausfall oft unberechtigt die zustehenden Beträge. Unser Fachanwalt für Verkehrsrecht prüft Ihr Gutachten und setzt Ihre berechtigten Ansprüche konsequent gegenüber der Gegenseite durch. So stellen Sie sicher, dass Ihnen kein finanzieller Nachteil durch den unverschuldeten Unfall entsteht.
Experten Kommentar
Versicherungen setzen bei solchen Kleinstbeträgen gezielt auf Zermürbung, da viele Geschädigte das Prozessrisiko wegen ein paar hundert Euro scheuen. Die Taktik, die Verkehrssicherheit trotz vorliegendem Gutachten pauschal zu bestreiten, gehört mittlerweile zum Standardprogramm der Schadenregulierer. Wer hier nicht standhaft bleibt, verzichtet unnötig auf Geld, das ihm rechtlich zusteht.
Was viele nicht wissen: Die tatsächliche Nichtnutzung des Fahrzeugs muss im Ernstfall lückenlos nachgewiesen werden können. Wer den Wagen trotz Mängeln heimlich für kurze Erledigungen nutzt, verliert sofort den gesamten Anspruch. Nur wer das Fahrzeug konsequent stehen lässt, bis die Reparatur abgeschlossen ist, bekommt am Ende vor Gericht Recht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Zahlt die Versicherung Nutzungsausfall bei einer Reparatur in Eigenregie?
Ja, die Versicherung muss Nutzungsausfallentschädigung leisten, wenn Sie den Schaden selbst oder durch Bekannte reparieren. Sie sind gesetzlich der „Herr des Restitutionsgeschehens“ und dürfen den Reparaturweg frei wählen. Entscheidend ist allein, dass das Fahrzeug tatsächlich für einen bestimmten Zeitraum nicht nutzbar war.
Die Versicherung darf Ihnen nicht vorschreiben, eine gewerbliche Werkstatt zu nutzen. Werden Reparaturen in Eigenregie durchgeführt, steht dies der Abrechnung nicht entgegen. Das Gericht sieht den wirtschaftlichen Schaden im Verlust der Gebrauchsmöglichkeit. Sie müssen jedoch beweisen, dass der Wagen tatsächlich instand gesetzt wurde. Eine reine fiktive Abrechnung ohne echte Reparatur reicht für den Nutzungsausfall nicht aus. Juristisch gilt hier der Grundsatz der Dispositionsbefugnis des Geschädigten. Der Nutzungsausfall wird nach den Tabellensätzen für die nachgewiesene Dauer berechnet.
Unser Tipp: Dokumentieren Sie den Fortschritt der Reparatur akribisch durch Fotos mit Datumsanzeige. So belegen Sie die tatsächliche Ausfalldauer gegenüber der Versicherung lückenlos.
Gilt der Anspruch auf Nutzungsausfall auch bei fiktiver Abrechnung ohne Mietwagen?
Ja, der Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung besteht unabhängig davon, ob Sie die Reparaturkosten fiktiv oder konkret abrechnen. Wer auf einen Mietwagen verzichtet, spart der Versicherung Kosten. Dafür erhält er für die unfallbedingte Ausfallzeit eine tägliche Pauschale. Diese Entschädigung kompensiert den Verlust an Mobilität.
Juristisch sind Reparaturkosten und Nutzungsausfall völlig getrennte Schadenspositionen. Das Amtsgericht Calw bestätigte diese Trennung ausdrücklich. Die Versicherung darf die Entschädigung nicht verweigern, bloß weil keine Werkstattrechnung vorliegt. Entscheidend bleibt die reale Gebrauchsentbehrung. Sie müssen belegen, dass der Wagen während der berechneten Reparaturdauer unfallbedingt unbrauchbar war. Zudem sind Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit zwingende Voraussetzungen. Ohne Nachweis der Ausfallzeit lehnt die Versicherung die Zahlung ab.
Unser Tipp: Prüfen Sie im Schadengutachten den täglichen Nutzungsausfall-Satz für Ihr spezifisches Fahrzeugmodell. Dokumentieren Sie die tatsächliche Reparaturdauer sorgfältig durch Fotos.
Wie beweise ich die Reparaturdauer bei einer fiktiven Schadensabrechnung?
Die Beweisführung erfolgt durch eine schlüssige Darstellung des zeitlichen Ablaufs basierend auf dem Sachverständigengutachten. Sie benötigen keine Werkstattrechnung oder Stempeluhr-Nachweise für Ihre Eigenreparatur. Entscheidend ist die Plausibilität der gesamten Dauer zwischen Schadenseintritt und Abschluss der Arbeiten. Im Urteil hielt das Gericht zwölf Tage für angemessen.
Der Gutachter kalkuliert zunächst die rein technischen Arbeitstage für die Instandsetzung. Zu dieser Basis addieren Gerichte regelmäßig weitere notwendige Zeiträume. Dazu gehören etwa drei bis fünf Tage Überlegungsfrist für die Reparaturentscheidung. Auch Wochenenden und die Dauer der Gutachtenerstellung zählen dazu. Im Beispielfall galten zwölf Tage Nutzungsausfall als plausibel und nicht überschießend. Es genügte die glaubhafte Schilderung des Ablaufs durch Zeugen. Ohne Rechnung müssen Sie den Weg bis zur Fertigstellung schlüssig darlegen.
Unser Tipp: Erstellen Sie ein detailliertes Gedächtnisprotokoll über alle Schritte der Reparatur. Dokumentieren Sie genau, wann das Gutachten eintraf und wann Sie Ersatzteile bestellten.
Besteht Anspruch auf Nutzungsausfall während der Bedenkzeit nach dem Gutachten?
JA, Ihnen steht für die notwendige Entscheidungsphase nach Erhalt des Gutachtens eine bezahlte Überlegungsfrist zu. Das Amtsgericht Calw billigte einem Geschädigten hierfür explizit drei bis fünf Tage zu. In dieser Zeit erhalten Sie Nutzungsausfallentschädigung, auch ohne sofortige Reparatur. Dies dient Ihrer wirtschaftlichen Orientierung.
Ohne die exakten Zahlen aus dem Gutachten können Sie keine fundierte Entscheidung zwischen Reparatur und Ersatzbeschaffung treffen. Die Versicherung muss diese Zeit finanzieren, da Sie die Fakten erst prüfen müssen. Der Anspruch beginnt erst mit dem tatsächlichen Zugang des Expertenberichts bei Ihnen. Dieser Zeitraum gilt als notwendige Phase der Schadensermittlung. Die Gerichte sehen hier eine faire Balance der Interessen zwischen dem Geschädigten und der Versicherungswirtschaft. Ohne diese Bedenkzeit würde man Sie zu voreiligen Entschlüssen drängen.
Unser Tipp: Dokumentieren Sie den Eingang des Gutachtens genau durch einen Eingangsstempel oder den Speicherzeitpunkt der E-Mail. So sichern Sie sich wertvolle Tage Nutzungsausfallentschädigung als bares Geld.
Kann die Versicherung Nutzungsausfall wegen angeblicher Fahrbereitschaft trotz Unfallschaden ablehnen?
Nein, die Versicherung darf den Nutzungsausfall nicht einfach ablehnen, wenn das Fahrzeug rechtlich nicht mehr nutzbar ist. Bloße technische Fahrbereitschaft reicht zur Ablehnung nicht aus. Maßgeblich ist allein die Verkehrssicherheit laut Sachverständigengutachten. Wer ein unsicheres Auto stehen lässt, handelt gesetzeskonform und behält seinen vollen Anspruch.
Versicherungen nutzen oft Indizien wie eine funktionierende Beleuchtung oder eine unauffällige Achsvermessung als Vorwand. Sie behaupten dann, der Wagen sei fahrbereit gewesen. Doch die technische Rollfähigkeit ist rechtlich irrelevant. Steht im Gutachten etwa „Fahrzeug ist nicht verkehrssicher“, besteht ein striktes Nutzungsverbot. Dies gilt auch bei der Gefahr von Folgeschäden durch deformierte Teile. Der Nutzungsausfallschaden entsteht dann zwingend durch den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit.
Unser Tipp: Suchen Sie in Ihrem Gutachten gezielt nach dem Vermerk „nicht verkehrssicher“. Lassen Sie das Auto bei diesem Befund unbedingt stehen. So sichern Sie Ihren Anspruch rechtssicher ab.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Das vorliegende Urteil
Amtsgericht Calw – Az.: 13 C 40/23 – Urteil vom 18.07.2023
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