Voraussetzungen Notwegerecht im Hinblick auf Garagennutzung
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in seinem Urteil vom 03.11.2020 (Az. 16 U 9/19) über die Voraussetzungen für ein Notwegerecht im Hinblick auf die Garagennutzung entschieden. Die Klägerin und die Beklagten waren Nachbarn, deren Grundstücke aneinandergrenzten. Das Grundstück der Klägerin umfasste ein Haupthaus sowie eine nachträglich genehmigte Garage. Die Zufahrt zu den Garagen erfolgte ursprünglich über eine Straße, jedoch wurde das Grundstück der Klägerin nach der Parzellierung von einem anderen Grundstück getrennt. Um die Zufahrt zu den Garagen zu sichern, hatte der ursprüngliche Eigentümer des getrennten Grundstücks eine Grunddienstbarkeit eingetragen. Die Klägerin forderte in dem Verfahren die Beseitigung eines Betonpodests, das sich vor dem Hauseingang der Beklagten befand. Es gab auch Streitigkeiten bezüglich der Entwässerung des klägerischen Grundstücks und des damit verbundenen Zahlungsanspruchs.
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Übersicht
Anforderungen an das Notwegerecht
Das Gericht stellte fest, dass das Notwegerecht eine spezialgesetzliche Regelung im Nachbarrecht darstellt. Es kommt darauf an, ob der Zugang für eine ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks erforderlich ist. Die Klägerin argumentierte, dass die Garagen einen eigenständigen Grundstücksteil darstellten und ein erforderlicher Zugang fehle. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht und verwies auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach die ordnungsgemäße Benutzung von Hausgrundstücken auch die Unterbringung von Kraftfahrzeugen in Garagen umfassen kann.
Kein Notwegerecht in diesem Fall
Das Gericht entschied, dass in diesem Fall kein Notwegerecht besteht. Es wurde festgestellt, dass das Fehlen einer Verbindung zwischen Straße und Garage nicht automatisch zu einem Notwegerecht führt. Entscheidend ist vielmehr, ob die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks den Zugang zu den Garagen erfordert. Das Gericht sah dies nicht als gegeben an und wies die Klage ab.
Kein privatrechtlicher Beseitigungsanspruch
Das Gericht stellte weiterhin fest, dass kein privatrechtlicher Beseitigungsanspruch bestehe. Die Klägerin konnte nicht substantiiert nachweisen, wann das Betonpodest errichtet wurde oder welche Auswirkungen es auf die Baulast hatte. Auch der Zahlungsanspruch für die Entwässerung wurde abgelehnt, da nicht zweifelsfrei feststand, dass das klägerische Grundstück über eine historische Leitung verfügte.
Fazit
Das Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt befasste sich mit den Voraussetzungen für ein Notwegerecht im Hinblick auf die Garagennutzung. Es stellte fest, dass ein Notwegerecht nur dann besteht, wenn der Zugang für eine ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks erforderlich ist. Das Fehlen einer Verbindung zwischen Straße und Garage führt nicht automatisch zu einem Notwegerecht. Zudem wurde entschieden, dass in diesem konkreten Fall kein privatrechtlicher Beseitigungsanspruch besteht. Das Urteil liefert wichtige Klarstellungen zu den rechtlichen Anforderungen bei der Nutzung von Garagen und dem Notwegerecht.
Das vorliegende Urteil
OLG Frankfurt – Az.: 16 U 9/19 – Urteil vom 03.11.2020
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. Dezember 2018, 2-31 O 262/16, wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird zu Ziff. 1 und 2 des Klageantrags zugelassen.
Der Streitwert für die Berufung wird auf 179.093,57 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Die Beklagten besitzen das im Wege des Zuschlags aus einer Zwangsversteigerung erworbene, am 27. Mai 2011 eingetragene Eigentum an dem Grundstück Straße1 in Stadt1 (Flurstück …). Die Klägerin ist seit 18. November 2014 eingetragene Eigentümerin des Grundstücks Straße1.2/ Straße2 (Flurstück …). Bei den Grundstücken handelt es sich um im November 1981 ausparzellierte Teile eines ursprünglich ungeteilten Grundstücks, zu dem außerdem das Flurstück … gehörte, das nun ebenfalls selbständig ist.
Das Grundstück der Klägerin verfügt über ein Haupthaus und einen nachträglich genehmigten Garagenbau. Die Zufahrt zu den Garagen erfolgte ursprünglich über den Straße1 und damit nach der Herausparzellierung des Grundstücks über das Flurstück …. Zur Sicherung der Garagenzufahrt hatte der ursprüngliche, das Grundstück teilende Eigentümer 1981 im Grundbuch des nunmehr im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücks als dienendem Grundstück eine Grunddienstbarkeit eintragen lassen, welche dem Grundstück der Klägerin das Geh- und Fahrtrecht gewährleistete. Zudem bestand eine weitere Grunddienstbarkeit betreffend ein Ver- und Entsorgungsleitungsrechts des Grundstücks der Klägerin. Beide Eintragungen sind als nicht in das geringste Gebot fallend im Wege des Zuschlags an die Beklagten gelöscht worden. Weiterhin besteht auf dem Grundstück der Beklagten seit 1981 eine Baulast zur Gewährung des Zugangs dahingehend, dass der von den auf dem Grundstück der Klägerin befindlichen Garagen ausgehende Zu- und Abgangsverkehr und der für den Brandschutz erforderliche Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten jederzeit ungehindert möglich ist. Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Duldung der Nutzung der Garagenzufahrt.
Vor dem Hauseingang der Beklagten steht ein Betonpodest, dessen Größe streitig ist und dessen Beseitigung die Klägerin geltend macht.
Im April 2016 war der unterkellerte Bereich des Garagenbaus des klägerischen Grundstücks durch Brauchwasser überflutet, nachdem zuvor bei den Beklagten ein Wasserschaden eingetreten war, der Gegenstand eines Parallelverfahrens umgekehrten Rubrums vor dem LG Frankfurt war. Zur Ursachenforschung wegen ihres Wasserschadens ließ die Klägerin am 13. und 28. April 2016 zwei Kamerabefahrungen durch den Kanal durchführen, für die sie 2.800,97 € aufwandte. Die Klägerin ließ die Entwässerung ihres Grundstücks an das öffentliche Netz mit einem Anschluss an den Kanal im Straße1 neu herstellen und wandte dafür 39.146,30 € auf. Hinsichtlich beider Beträge begehrt die Klägerin Ersatz.
In der linken Garage stand ein PKW der Klägerin Marke1, den sie am 4. Mai 2017 aus der Garage fahren konnte. Insoweit macht die Klägerin hilfsweise entgangene Nutzungen geltend.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe einen Anspruch auf Duldung der Nutzung der Zufahrt zu den Garagen, und zwar nach § 242 BGB und § 917 BGB. Die Garagenaufbauten stellten einen selbständigen Teil des Grundstücks dar, dem ein Zugang zu einem öffentlichen Weg fehle. Sie hat behauptet, die Beklagten behinderten fortgesetzt den Zutritt und die Zufahrt zu den beiden Garagen. Seit dem 23. Februar 2016 hätten sie die Ausfahrt des in der Garage stehenden PKW der Klägerin verhindert.
Die Beklagten hätten vor ihrem Hauseingang ein im Zeitpunkt der Ersteigerung vorhandenes Podest derart vergrößert, dass es die Möglichkeit der Einfahrt in die linke Garage der Klägerin verhindere.
Die Häuser der Klägerin und der Beklagten seien über eine gemeinsame, auch unter dem Grundstück der Beklagten verlaufende Leitung an den öffentlichen Abwasserkanal in der Straße2 angeschlossen gewesen. Die Beklagten hätten die unter ihrem Grundstück verlaufende gemeinsame Abwasserleitung bewusst zerstört. Sie, die Klägerin, habe einen auf Bestand und Vertrauen gestützten Anspruch auf fortgeltende Nutzung der vorhandenen funktionsfähigen Abwasserleitung.
Die Beklagten haben behauptet, die Klägerin habe die Möglichkeit, sowohl über die Straße1 als auch über die Straße2 über ihr Grundstück zu fahren.
Es habe keine gemeinsame Abwasserleitung gegeben, sondern lediglich ein vom Grundstück der Klägerin in das Grundstück der Beklagten führendes, völlig marodes und nur in Resten vorhandenes Steinrohr, das im Erdreich des Flurstücks … geendet habe. Es habe vor dem Jahr 2016 keinen Anschluss des Grundstücks der Klägerin an die öffentliche Kanalisation gegeben.
Das Landgericht hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme nur im Hinblick auf die ebenfalls streitige Beseitigung eines Holzstapels stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klägerin habe keinen privatrechtlichen Anspruch auf Duldung eines Zu- und Abfahrtsrechts zu den Garagen. Zwar könne ein Anspruch auf Einräumung eines Notwegerechts bestehen; die Verpflichtung des Nachbarn zur Duldung des Notwegs entfalle jedoch, wenn die Verbindung des Grundstücks durch eine willkürliche Handlung, auch eines früheren Eigentümers, aufgehoben wurde. Dies sei hier der Fall, da sich der ursprüngliche Eigentümer zur Parzellierung des Grundstücks entschieden habe und dadurch die Verbindung zwischen öffentlichem Weg und Garagenneubau bewusst aufgehoben wurde. Im Rahmen des § 242 BGB sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin zudem vor Erwerb des Grundstücks gewusst habe, dass zwei der drei Garagen nur über das Grundstück der Beklagten zu erreichen seien.
Der Antrag auf Beseitigung des Betonpodests sei schon deshalb abzuweisen, weil nicht substantiiert vorgetragen sei, wann die Beklagten dieses errichtet oder hieran Veränderungen vorgenommen hätten. Zudem sei nicht ersichtlich, inwieweit die Baulast hiervon beeinträchtigt sei, da diese lediglich den ungehinderten Zugang mit Rettungsgerätschaften gewährleisten solle.
Ein Zahlungsanspruch für die neu ausgebaute Entwässerung bestehe nicht. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht zur Überzeugung fest, dass das Grundstück der Klägerin über eine historische Leitung über das Grundstück der Beklagten zu einem öffentlichen Kanal in die Straße2 verfügt habe und die Beklagten diese zerstört hätten. Demzufolge seien auch die Kosten für die Schadensfeststellung nicht zu ersetzen.
Die Klage sei auch im Hilfsantrag abzuweisen. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Ersatz ihres Nutzungsausfallschadens für den PKW zu. Der Vortrag der Klägerin, sie habe ihr Fahrzeug vom 4. März 2016 bis zum 4. Mai 2017 nicht nutzen können, sei unschlüssig. Darüber hinaus fehle es an einem Verzug der Beklagten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts (Bl. 306 ff. d.A.) Bezug genommen.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie rügt:
Sie habe einen privatrechtlichen Anspruch auf Duldung eines Zu- und Abfahrtsrechts zu den Garagen aus § 917 BGB oder § 242 BGB. Das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die ursprüngliche Verbindung der Grundstücke „willkürlich“ im Sinne des § 918 BGB aufgehoben worden sei. Willkürlich sei ein Handeln, wenn der Eigentümer unter den verschiedenen Möglichkeiten der ordnungsgemäßen Nutzung seines Grundstücks eine Gestaltung wähle, die einen Notweg erfordere. Eine solche Situation habe nicht vorgelegen. Eine andere Erreichbarkeit der Garagen bestehe nicht und könne auch nicht auf anderem Weg hergestellt werden, ohne die Wirtschaftlichkeit der Nutzung des Grundstücks der Klägerin wesentlich zu erschweren. Ein Anspruch folge zudem aus § 242 BGB über das sog. nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot. Die Löschung der Grunddienstbarkeit sei gesetzliche Folge des ZVG und der Einflussnahme der Parteien bzw. Rechtsvorgänger entzogen. Eine Eigentumsbeeinträchtigung der Beklagten liege nicht vor, da ihr Eigentum bereits durch die Baulast eingeschränkt sei, die zivilrechtlich wirke.
Zu Unrecht habe das Landgericht einen Anspruch der Klägerin auf Entfernung des Betonpodests verneint. Das Landgericht sei dem Beweisantritt einer Augenscheinnahme nicht nachgegangen. Für eine Vergrößerung des Podests durch die Beklagten sei ausreichend vorgetragen und Beweis angeboten worden. Die Klägerin rügt insoweit einen Verstoß gegen § 139 ZPO. Die Beklagten hätten das Betonpodest im Zuge des Umbaus ihres Anwesens in der jetzigen Form im Jahr 2012 errichten lassen. Das Podest sei entgegen der Annahme des Landgerichts den Zwecken der Baulast gegenläufig. Durch die Baulast werde die bauordnungsrechtliche Erschließung der Garage gesichert, und sie diene den sicherheitsrechtlichen Mindestanforderungen im Rahmen der Gefahrenabwehr.
Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten der Schadensfeststellung und Erneuerung des Anschlusses rügt die Klägerin eine fehlerhafte Beweiswürdigung und trägt ergänzend zum Leitungsverlauf vor.
Betreffend die begehrte Nutzungsentschädigung rügt die Klägerin, das Landgericht hätte darüber Beweis erheben müssen, dass das Einfahrtstor seit dem 4. März 2016 ununterbrochen verschlossen gewesen sei. Soweit das Landgericht einen Anspruch mangels Verzugs aberkannt habe, rügt die Klägerin die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der Anspruch der Klägerin sei darauf gestützt, dass das Hoftor der Beklagten verschlossen gewesen sei. Die Beklagten hätten noch am 10.6.2016 ein Öffnen des Hoftors ausgeschlossen. Eine weitere Handlungspflicht sei der Klägerin nach § 242 BGB nicht aufzuerlegen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 6. Dezember 2018, Az. 2-31 O 262/16, abzuändern und
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, es zu dulden, dass die Klägerin als Eigentümerin des Grundstücks Straße1.2, Straße2 (Flurstück …, Grundbuch von Stadt1, Blatt …), sowie deren Ehemann Vorname1 Nachname1 und Familienmitgliedern, sowie deren Besucher, Anlieferer und Handwerker die zwischen dem Grundstück Straße1.2, Straße2 in Stadt1 und dem Grundstück Straße1 in Stadt1 belegene Hoffläche als Funktionsfläche vor den beiden bereits bestehenden Parkgaragen, dargestellt in der Abzeichnung der Flurkarte des Baulastenblatts Nr. … des Baulastenverzeichnisses von Stadt1, Flur …, Flurstück …, zum Erreichen der Garagen auf dem Grundstück der Klägerin zu den folgenden Zwecken benutzen zu dürfen:
– Geh- und Fahrtrecht zu den Garagen,
– Zu- und Abfahrt mit Kraftfahrzeugen zu den Garagen
– Abstellen von Kraftfahrzeugen in den Garagen;
den Beklagten als Gesamtschuldner anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 260.000,- € oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten gegen sie festgesetzt wird;
2. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, dass durch diese vor deren Haustür Straße1 errichtete massive Betonpodest, veranschaulicht auf dem Lichtbild Anlage K8, zu beseitigen;
3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 39.146,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 7. Oktober 2016 zu zahlen;
4. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 2.800,97 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. Oktober 2016 zu zahlen;
5. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.207,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
6. im Wege der objektiven Klagehäufung im Fall der Erfolglosigkeit des Zahlungsantrags zu Ziff. 3 die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an die Klägerin 39.146,30 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
7. hilfsweise, den Rechtsstreit zur Entscheidung an das Landgericht Frankfurt am Main zurückzuverweisen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Augenscheinnahme der Örtlichkeit. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gedächtnisprotokoll vom 25. August 2020 (Bl. 672 ff. d.A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Duldung der Benutzung der Hoffläche als Verbindung zu den beiden auf ihrem Grundstück befindlichen Garagen.
a) Ein solcher Anspruch folgt zunächst nicht aus § 917 Abs. 1 S. 1 BGB.
aa) Allerdings vermag der Senat der Auffassung des Landgerichts nicht zu folgen, wonach ein Anspruch der Klägerin bereits nach § 918 Abs. 1 BGB wegen einer durch eine willkürliche Handlung des Eigentümers erfolgten Aufhebung der bisherigen Verbindung des Grundstücks mit dem öffentlichen Weg ausgeschlossen ist. Nicht jedes bewusste Handeln des Grundstückseigentümers, durch das die Verbindung eines Teils seines Grundstücks zu einem öffentlichen Weg aufgehoben wird, ist willkürlich im Sinne von § 918 Abs. 1 BGB. Willkürlich im Sinne der Vorschrift ist vielmehr nur eine auf freier Entscheidung beruhende Maßnahme, die der ordnungsgemäßen Grundstücksbenutzung widerspricht und die gebotene Rücksichtnahme auf nachbarliche Interessen außer Acht lässt (BGH, Urteil vom 7.7.2006, V ZR 159/05,). Vorliegend kann die durch den Eigentümer erfolgte Teilung des Grundstücks, auf die das Landgericht abstellt, nicht als willkürlich angesehen werden. Der damalige Eigentümer hatte im Rahmen der Teilung mit der Veranlassung einer Baulast und mit der Bewilligung der Grunddienstbarkeiten alles getan, um die ordnungsgemäße Benutzung des klägerischen Grundstücks weiter zu sichern und auf nachbarschaftliche Belange Rücksicht zu nehmen. Die gegenwärtige Situation beruht allein darauf, dass die vorhandenen Grunddienstbarkeiten im Zwangsversteigerungsverfahren von Gesetzes wegen gelöscht wurden, ohne dass darauf Einfluss genommen werden konnte.
bb) Ein Anspruch aus § 917 Abs. 1 BGB scheidet aber deshalb aus, weil es dem Grundstück der Klägerin nicht an einer zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendigen Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehlt.
Der Notwegeanspruch setzt eine durch das Fehlen einer Verbindung nach außen hervorgerufenen Notlage des Grundstücks voraus. Hinsichtlich dieser Notlage sind strenge Anforderungen zu stellen; sie besteht nicht, wenn eine andere Verbindungsmöglichkeit vorhanden ist, die ebenfalls eine ordnungsgemäße Grundstücksbenutzung gewährleistet. Welche Art der Benutzung eines Grundstücks im Sinne von § 917 Abs. 1 BGB ordnungsgemäß ist, bestimmt sich nicht nach den persönlichen Bedürfnissen des Eigentümers des verbindungslosen Grundstücks, sondern danach, was nach objektiven Gesichtspunkten diesem Grundstück angemessen ist und den wirtschaftlichen Verhältnissen entspricht (vgl. nur BGH, Urteil vom 24.1.2020, V ZR 155/18).
Unstreitig ist das Grundstück der Klägerin mit einem öffentlichen Weg verbunden. Es kann von der Straße1 aus über eine auf dem Grundstück befindliche Zufahrt, die bis zu einer weiteren, im hinteren Grundstücksteils liegenden Garage führt, mit dem Auto befahren werden.
Diese Verbindung des Grundstücks der Klägerin mit einem öffentlichen Weg schließt das von ihr geltend gemachte Notwegerecht allerdings nicht von vornherein aus. Entscheidend ist, ob der Zugang für eine ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks geeignet ist. Die Klägerin argumentiert insoweit dahingehend, dass es sich bei den beiden streitgegenständlichen, über das Grundstück der Klägerin zumindest derzeit nicht erreichbaren Garagen um einen selbständigen Grundstücksteil handele, dem ein für seine ordnungsgemäße Benutzung erforderlicher Zugang fehle.
Dem vermag der Senat nicht zu folgen.
(1) Soweit ersichtlich, geht die Rechtsprechung davon aus, dass es sich bei einem auf dem Grundstück befindlichen Stellplatz/ einer Garage nicht um einen gesondert zu betrachtenden Grundstücksteil handelt. So wird bei der Frage, ob eine auf einem Grundstück befindliche Garage/ein Stellplatz ein Notwegerecht rechtfertigt, darauf abgestellt, ob dem Grundstück (in seiner Gesamtbetrachtung) die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlt, wenn nicht mit einem PKW in die Garage/ auf den Stellplatz gefahren werden kann bzw. umgekehrt, ob bei einem Wohngrundstück eine im Sinne des § 917 BGB ordnungsgemäße Benutzung nur dann gewährleistet ist, wenn PKWs auf das Grundstück fahren und dort abgestellt werden können (vgl. BGH, Urteil vom 9.11.1979, V ZR 85/78). Eine ordnungsgemäße Grundstücksbenutzung setzt bei einem Wohngrundstück aber lediglich die Erreichbarkeit mit Kraftfahrzeugen sowie die Möglichkeit voraus, dieses mit einem eigenen Kraftfahrzeug anzufahren (vgl. nur BGH, Urteil vom 22.1.2016, V ZR 116/15; Urteil vom 18. Oktober 2013, V ZR 278/12; Urteil vom 15.11.2013, V ZR 24/13). Sind diese Voraussetzungen – wie vorliegend, wo mit einem PKW sogar auf das Grundstück gefahren werden kann – gegeben, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung selbst dann ein Notwegerecht verneint, wenn damit auf dem Grundstück befindliche Stellplätze oder Garagen nicht mehr genutzt werden können (z.B. BGH, Urteil vom 12.12.2008, V ZR 106/07; BGH, Urteil vom 15.11.2013, aaO.; Urteil vom 22.1.2016, aaO.; vgl. auch OLG Schleswig, Urteil vom 9.7.2002, 3 U 131/01; OLG Karlsruhe, Urteil vom 25.4.2013, 9 U 173/10).
Soweit der Bundesgerichtshof in der von der Klägerin zitierten Entscheidung vom 11.6.1954 (V ZR 20/53) die dort vertretene Ansicht geteilt hat, dass die zur ordnungsgemäßen Nutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Weg fehle, wenn nur ein Teil des Grundstücks von dem Weg aus ordnungsgemäß benutzt werden könne, ein anderer – nicht unwesentlicher – Teil aber nicht, geschah dies im Zusammenhang damit, dass der Bundesgerichtshof deutlich gemacht hat, dass eine ein Notwegerecht begründende Zugangsnot nicht nur dann besteht, wenn das Grundstück überhaupt keine Verbindung mit einem öffentlichen Teil aufweist, sondern auch dann, wenn der vorhandene Zugang eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks nicht gestattet. Dass dabei aber nicht isoliert auf die Garagen abgestellt werden kann, folgt auch aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26.2.1971, V ZR 116/68. Dort hatte das Berufungsgericht ein Notwegerecht damit begründet, dass eine notwendige Verbindung im Sinne des Notwegerechts auch dann fehle, wenn ein nicht unwesentlicher Grundstücksteil – konkret eine Garage – vom öffentlichen Weg aus unerreichbar sei. Aber auch in diesem Fall, in dem es an einer Verbindung zwischen der Garage auf dem Grundstück und einem öffentlichen Weg fehlte, hat der Bundesgerichtshof darauf – und damit (so ausdrücklich Rn. 10) auf die grundsätzliche Frage – abgestellt, ob die ordnungsgemäße Benutzung von Hausgrundstücken es erfordere, dass dort Kraftfahrzeuge in Garagen untergebracht werden können. Demnach ist nicht bereits bei Fehlen einer Verbindung zwischen Straße und Garage wegen Nichtnutzbarkeit der Garage ein Notwegerecht gegeben (falls die Schaffung eines eigenen Zugangs unzumutbar ist), sondern es kommt darauf an, ob die ordnungsgemäße Benutzung des Grundstücks den Zugang zu den Garagen erfordert. Dies ist aber nach der oben dargestellten Rechtsprechung zu verneinen.
Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 7.7.2006, V ZR 159/05, ergibt sich nichts Abweichendes. Soweit dort der erforderliche Zugang für einen Teil des Grundstücks – nämlich zu 19 Eigentumswohnungen – fehlte, hat der Bundesgerichtshof ebenfalls auf eine Nutzung des Grundstücks allgemein zu Wohn- und Geschäftszwecken abgestellt.
(2) Die Erwägungen der Klägerin im Schriftsatz vom 14. Oktober 2019 vermögen eine abweichende Beurteilung der Rechtslage nicht zu begründen.
(a) Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass es um den Zugang zu einer eigenständig zur Nutzung als Garagen genehmigten baulichen Anlage geht und in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 26.2.1971 (aaO.), ein Notwegerecht zu einer Garage begehrt worden sei, die ungenehmigt errichtet wurde. Zwar ist zutreffend, dass die Garage in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nicht genehmigt war. Zum einen hatte dort aber offenbar das Bauamt erklärt, dass die Genehmigung erteilt würde, sobald die dortige Klägerin eine gesicherte Zufahrt nachweise. Zum anderen ist der Bundesgerichtshof bei seiner Entscheidung gar nicht auf die Frage der (fehlenden) Genehmigung eingegangen. Vielmehr hat er deutlich gemacht, dass angesichts des schwerwiegenden Eingriffs, den ein Notweg für das Eigentum des Nachbarn bedeutet, an die tatbestandlichen Erfordernisse des § 917 Abs. 1 BGB ein strenger Maßstab angelegt werden muss. Abzustellen ist immer auf die Umstände des Einzelfalls, und – so der Bundesgerichtshof – besonders sorgfältiger Prüfung bedarf die Frage, ob die geforderte Zufahrtsmöglichkeit wirklich für eine ordnungsgemäße Benutzung des betreffenden Grundstücks unerlässlich und damit im Sinne der gesetzlichen Regelung notwendig (Anm: unterstrichen im Original) sei. Dies hat der Bundesgerichtshof in dem zitierten Fall verneint, weil es dort die Möglichkeit gab, das Fahrzeug zwischen Hausfront und Straßenfahrbahn abzustellen.
Allerdings hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 24.1.2020, V ZR 155/18 im Rahmen seiner Hinweise zur weiteren Sachbehandlung die Nutzung der im hinteren Bereich der Grundstücke der dortigen Kläger befindlichen Garagen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen nicht als ordnungsgemäße Benutzung im Sinne von § 917 Abs. 1 S. 1 BGB angesehen hat, und zwar mit der Begründung, die Garagen seien baurechtlich nicht genehmigt und mangels Erschließung auch nicht genehmigungsfähig. Daraus könnte im Umkehrschluss geschlossen werden, dass im Rahmen des § 917 Abs. 1 S. 1 BGB doch auf die Nutzung der Garagen an sich abgestellt werden kann, wenn sie – wie vorliegend – genehmigt und durch eine Baulast erschlossen sind. Der Senat ist zwar vor dem Hintergrund der unter (1) dargestellten Rechtsprechung der Ansicht, dass die Garagen nur einen unselbständigen Teil eines Grundstücks darstellen und es auf die Ordnungsgemäßheit der Nutzung des Grundstücks ankommt, nimmt die insoweit für ihn aufgrund der Entscheidung vom 24.1.2020 unklare Rechtslage aber zum Anlass, die Revision zuzulassen.
(b) Auch soweit nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.4.1964, Az. V ZR 134/62, für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Grundstücksbenutzung die Bedürfnisse einer „praktischen Wirtschaft“ den Maßstab bilden, wobei es jeweils auf die „Benutzungsart und Größe des Grundstücks, seine Umgebung und die sonstigen Umstände des „Einzelfalls ankommt, rechtfertigt dies nicht die Annahme einer zur ordnungsgemäßen Benutzung des mit PKWs befahrbaren Grundstücks fehlenden Verbindung mit einem öffentlichen Weg.
(c) Soweit die Klägerin im Rahmen der Einzelfallbetrachtung darauf hinweist, dass die jetzige Situation nur dadurch entstanden ist, dass die Grunddienstbarkeit infolge der Regelungen des Zwangsversteigerungsgesetzes entfallen ist, ist dies zwar zutreffend; dies führt jedoch nicht dazu, den Wegfall der Grunddienstbarkeit durch eine großzügige Auslegung der Anforderungen an einen Notweg zu kompensieren. Insoweit kommt es auch nicht auf eine Abwägung widerstreitender Interessen oder darauf an, dass das Grundstück der Beklagten (derzeit noch) mit einer Baulast für den Zu- und Abgangsverkehr belastet ist. Für die Beurteilung der Ordnungsgemäßheit kommt es ausschließlich auf die Bedürfnisse des abgeschnittenen Grundstücks an. Eine Abwägung der beiderseitigen Interessen unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks findet nicht statt. Der Maßstab ist auch nicht dann weniger streng, wenn das Nachbargrundstück kaum spürbar beeinträchtigt wird (Staudinger/Roth (2016) BGB § 917 Rn. 19).
(d) Soweit schließlich das OLG Frankfurt in seinem Urteil vom 27.5.1999, 3 U 86/97, einen Notweg bei einer als Zuwegung zu einer Tiefgarage dienenden Straße bejaht hat, bestand die besondere Situation, dass es um einen Wohnungseigentumskomplex mit 113 Wohnungen ging und in dem dicht besiedelten Gebiet die Bewohner nicht auf das Parken in den umliegenden Straßen verwiesen werden konnten. Diese Probleme stellen sich vorliegend nicht.
Nach alledem fehlt es dem Grundstück der Klägerin nicht an einer zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendigen Verbindung mit einem öffentlichen Weg, so dass sie gegen die Beklagten keinen Duldungsanspruch aus § 917 BGB hat.
b) Ein Anspruch folgt auch nicht aus § 242 BGB oder einem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis.
Zwar folgt aus dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) für die Nachbarn eine Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme, deren Auswirkungen auf den konkreten Fall man unter dem Begriff des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses zusammenfasst. Die Regelung des Notwegerechts in § 917 BGB stellt jedoch eine spezialgesetzliche Ausgestaltung des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses dar, die im Hinblick auf die nicht durch dingliche Rechte oder schuldrechtliche Verträge begründeten Wegerechte eine abschließende Regelung enthält (BGH, Urteil vom 22.1.2016, V ZR 116/15).
Darüber hinaus dient das Rechtsinstitut des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses nur in Extremfällen als Korrektiv nach Treu und Glauben zur einzelfallgerechten Bewältigung atypischer nachbarrechtlicher Interessen (BGH, Versäumnisurteil vom 22.9.2000, V ZR 443/99). Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses liegt ein solcher Extremfall hier nicht vor. Zwar besteht die besondere Situation, dass durch die Teilung der Grundstücke für die Zufahrt zu den Garagen fremdes Eigentum in Anspruch genommen werden muss und eine durch Grunddienstbarkeit dinglich gesicherte Duldungspflicht im Rahmen der Zwangsversteigerung ersatzlos entfallen ist, ohne dass dies verhindert werden konnte. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Klägerin das Grundstück erst im November 2014 erworben hat und zu diesem Zeitpunkt die Grunddienstbarkeit bereits weggefallen war; denn die Beklagten hatten das belastete Grundstück bereits im Mai 2011 ersteigert. Die Klägerin hat das Grundstück demnach bereits ohne dingliche Sicherung eines Zufahrtsrechts erworben und konnte demnach nicht darauf vertrauen, dass die Zufahrt auch in der Zukunft weiterhin gewährt würde.
c) Auch die noch bestehende öffentlich-rechtliche Baulast vermittelt der Klägerin gegen die Beklagten keinen privatrechtlichen Duldungsanspruch.
Baulasten sind freiwillig übernommene, öffentlich-rechtliche Verpflichtungen von Grundstückseigentümern gegenüber der Baurechtsbehörde zu einem ihr Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen, das sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergibt (BGH, Urteil vom 9.1.1981, V ZR 58/79). Privatrechtlich gewährt eine Baulast dem dadurch Begünstigten weder einen Nutzungsanspruch noch verpflichtet sie den Eigentümer, die Nutzung zu dulden (BGH, Urteil vom 19.4.1985, V ZR 152/83; Urteil vom 8.7.1983, V ZR 204/82; Urteil vom 3.2.1989, V ZR 224/87). Abweichendes folgt auch nicht aus dem Urteil des BGH vom 9.1.1981 (aaO). Dort hatte zwar der Bundesgerichtshof einem Baulastbegünstigten gegen den Herausgabeanspruch des Eigentümers die Arglisteinrede nach § 242 BGB zugebilligt; allerdings ging es in dem von dem Bundesgerichtshof entschiedenen Fall darum, dass die dortigen Kläger mit ihrem Verlangen auf Räumung und Herausgabe einer auf ihrem Grundstück befindlichen Garage der Beklagten diese in eine baurechtswidrige Lage gezwungen hätten, weil diese ihrer Stellplatzverpflichtung auf dem eigenen Grundstück nicht nachkommen konnten. Eine solche spezielle Konstellation liegt hier nicht vor, so dass es bei der allgemeinen Regel bleibt, dass eine Baulast keinen privatrechtlichen Nutzungsanspruch begründet.
d) Schließlich gewährt auch ein Gewohnheitsrecht der Klägerin keinen Duldungsanspruch.
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin insoweit auf eine Entscheidung des OLG Köln (Beschluss vom 1. Juni 2018, 16 U 149/17), das den dortigen Klägern ein Nutzungsrecht an einem Zuweg aus dem Gesichtspunkt eines zu ihren Gunsten bestehenden Gewohnheitsrechts zuerkannt hatte. Mittlerweile hat der Bundesgerichtshof das Urteil des OLG Köln aufgehoben und dabei deutlich gemacht, dass in einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn ein Wegerecht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch außerhalb des Grundbuchs nur aufgrund schuldrechtlicher Vereinbarung oder als Notwegrecht unter den Voraussetzungen des § 917 BGB entstehen kann, nicht aber durch eine – sei es auch jahrzehntelange – Übung unter Grundstücksnachbarn, die in der Annahme erfolgt, hierzu schuldrechtlich oder nach § 917 BGB berechtigt bzw. verpflichtet zu sein (BGH, Urteil vom 24.1.2020, aaO.). Von daher kann erst recht kein „gewohnheitsrechtliches“ Wegerecht dadurch entstehen, dass ein Wegerecht über 30 Jahre hinweg aufgrund einer – dann entfallenen – Dienstbarkeit gewährt wurde. Im Übrigen hat die Klägerin das Grundstück erst im Jahre 2014 erworben, so dass sie selbst nur für kurze Zeit – nämlich bis Mai 2016 – darauf vertrauen konnte, die Hoffläche auf dem Grundstück der Beklagten auch ohne eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten als Zuweg nutzen zu können.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagten auch keinen Anspruch auf Beseitigung des Betonpodests vor der Eingangstür der Beklagten.
a) Allerdings vermag der Senat nicht der Auffassung des Landgerichts zu folgen, es sei nicht substantiiert vorgetragen worden, wann die Beklagten dieses errichtet bzw. hieran Änderungen vorgenommen haben sollen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 3. Februar 2017 vorgetragen, dass die Beklagten das Podest im Zuge ihres Erwerbs und Umbaus gegenüber dem Zustand bei Bestellung der Baulast wesentlich erweitert haben. Zudem hat sie mit Schriftsatz vom 29. August 2018 behauptet, es rage mindestens 40 cm in den Ausübungsbereich der Baulast ein. Zwar fehlt es an einer genauen zeitlichen Eingrenzung der Vornahme der behaupteten Podesterweiterung; dem Vortrag ist jedoch mit ausreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass sie durch die Beklagten erfolgt sein soll, nachdem sie das Grundstück Straße1 ersteigert haben.
b) Unabhängig davon fehlt es an einem privatrechtlichen Beseitigungsanspruch, der im Übrigen nur in dem Umfang bestehen könnte, in dem das Podest in den durch die Baulast geschützten Bereich hineinragt.
aa) Soweit die Baulast den Zu- und Abgangsverkehr zu den auf dem Grundstück der Klägerin befindlichen Garagen sichert, folgt daraus – wie oben dargelegt – kein zivilrechtlicher Nutzungsanspruch und damit auch kein zivilrechtlicher Anspruch auf Einhaltung der Baulast.
bb) Soweit die Baulast dem für den Brandschutz erforderlichen ungehinderten Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten dient, hat das Landgericht eine Beeinträchtigung der Baulast mit der Begründung verneint, dass sie kein Einfahren von Rettungsfahrzeugen in die Garage gewährleisten solle, sondern lediglich den ungehinderten Zugang mit Gerätschaften zum Grundstück selbst. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Zudem besteht auch insoweit kein privatrechtlicher Beseitigungsanspruch, sondern lediglich ein möglicher Anspruch gegen die zuständige Behörde auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Durchsetzung der Baulast (vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 4.6.1992, 4 TG 2815/91; Lorenz, NJW 1996, 2612).
3. Weiterhin hat die Klägerin gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Kamerabefahrungen und die Anschließung ihres Grundstücks an das öffentliche Netz in der Straße1.
a) Der Senat ist mit dem Landgericht nicht mit ausreichender Sicherheit davon überzeugt, dass das Grundstück der Klägerin ordnungsgemäß an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen war.
Allerdings hat die Zeugin A in ihren Emails vom 22. März 2016 (Anlage B4) und vom 2. Februar 2017 (Bl. 416 d.A.) mitgeteilt, dass das „alte Grundstück“ Straße1.2/Straße2 über die Straße2 entwässerte, da es keinen Kanal im Straße1 gab, bzw. die Zeugin hat bestätigt, dass der Anschluss zum öffentlichen Kanal historisch über die Straße2 bestand. Zudem hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht bekundet, dass ein Anschlusszwang bestand und sie daher sicher davon ausgehe, dass das Grundstück jedenfalls ursprünglich einmal angeschlossen war. Angaben über einen Leitungsverlauf hat sie allerdings nicht machen können. Insoweit hat die Klägerin zwar in ihrer Berufungsbegründung den Bauantrag des Herrn B vom 4. März 1954 betreffend eine Bewässerungsanlage vorgelegt, der einen amtlichen Lageplan enthält, in den bestehende und neue Schmutzwasser- und Regenwasserleitungen eingezeichnet sind. Dieser Plan war bereits erstinstanzlich von den Beklagten mit Schriftsatz vom 12.10.2017 vorgelegt worden. Dort ist ein Verlauf einer aus dem Bereich der damaligen Garage des heutigen klägerischen Grundstücks stammenden Schmutz- und Regenwasserleitung eingezeichnet, der über das Grundstück der Beklagten in einen Revisionsschacht und eine Klärgrube führt und von dort aus in den Straßenkanal. Dies spricht zwar zunächst dafür, dass das Grundstück der Klägerin tatsächlich über diese Leitungen in einen öffentlichen Kanal entwässert wurde. Dennoch bleiben Zweifel. Denn zum einen konnte letztlich der Verlauf der Leitungen nicht im Ganzen nachvollzogen werden. Der Zeuge C, der im Auftrag der Beklagten im Februar 2016 eine Kamerabefahrung der Leitung von dem Garagengebäude der Klägerin aus durchführte, hat beschrieben, dass es nach 31,18 m nicht mehr weiterging. Dem Leitungsbericht lässt sich entnehmen, dass ab m 22,15 die Kamera unter Wasser war und keine Sicht mehr bestand; bei m 31,18 wurde die Inspektion abgebrochen. Zwar bestand bis dahin ein Leitungsverlauf, wie er auf dem Luftbild Bl. 172 d.A. zu ersehen ist und der insoweit in etwa dem Plan aus dem Jahr 1954 entspricht. Ob dann aber ein Rohrbruch vorhanden oder das Rohr verschlossen war, konnte der Zeuge nicht erkennen. Auch konnte er keine Angaben zu dem weiteren Verlauf machen. Hinzu kommt, dass der Zeuge D, der im Auftrag der Klägerin tätig wurde, bekundet hat, von der Straße2 aus versucht zu haben, den Kanal zu befahren. Aber auch dort ließ sich das längste Stück im Gehwegsbereich wegen Wurzeln, Sand etc. nicht weiter befahren. Von daher bleibt offen, ob tatsächlich ein Leitungsverlauf wie auf dem Plan bestand. Zudem mag zwar die Leitung, die von dem Garagengebäude der Klägerin über das Grundstück der Beklagten führte, zu der Leitung geführt haben, die von dem Gewächshaus kam. Allerdings hält es der Senat nicht für ausgeschlossen, dass das Wasser versickerte, da auf der Skizze unterhalb des Zusammentreffens der Leitungen und des Revisionsschachts eine Klärgrube eingezeichnet ist. Aus dem als Anlage K3 vorgelegten Bauschein vom 20. Juni 1951 ergibt sich, dass damals der Neubau einer Kläranlage und eines Gewächshauses geplant war. Bei der Genehmigung der Errichtung der Entwässerungsanlage vom 14. April 1954 (Bl. 421 d.A.) heißt es ausdrücklich, dass gegen die Erteilung der Genehmigung für die Entwässerungsleitungen (bei denen es sich um die rot eingezeichneten vom Haupthaus zu der Garage handelte) und für die Zuleitung der Abwässer von weiteren 2 Personen aus des Villa „in die vorhandene Grube“ keine Bedenken bestehen. Grube und Schächte – so heißt es weiter – seien halbjährlich zu entschlammen. Vor dem Hintergrund dieser Gestaltung – die grundsätzlich nur gewählt wird, wenn kein Anschluss an ein öffentliches Kanalnetz erfolgt – bestehen aber Bedenken, ob man von einem Anschluss an das öffentliche Kanalnetz ausgehen kann. Auch das Landgericht hat insoweit gerade im Hinblick auf die Klärgrube entsprechende Bedenken geäußert.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach dem Plan auch das Grundstück der Beklagten über die in die Klärgrube führende Leitung entwässerte, wovon im Übrigen auch die Klägerin ausgeht. Die Beklagten haben zwar einen Abfluss in einen „alten“ Straße1-Kanal behauptet; einen solchen hat es aber nach Aussage der Zeugin A und des Zeugen C nicht gegeben. Insoweit ist auch unter Berücksichtigung des von dem Zeugen C im Rahmen der Kamerabefahrung erstellten Berichts nebst Skizze von dem alten Leitungsverlauf (Bl. 173 d.A.) davon auszugehen, dass die alte Leitung ebenfalls zu dem alten Revisionsschacht führte. Die Beklagten haben aber vorgetragen (Schriftsatz vom 21.4.2017, Bl. 105 d.A.), nach Überprüfung der Beklagten sei keine funktionsfähige Leitung vorhanden gewesen, weshalb sie nach Hinweisen des Tiefbauamts Stadt1 ihr Grundstück (unstreitig) bereits im November 2013 an den neuen Hauptanschluss im oberen Teil Straße1 angeschlossen haben. Es ist aber nicht ersichtlich, aus welchem Grund die Beklagten Kosten für einen Neuanschluss hätten aufbringen sollen, wenn dies nicht erforderlich gewesen wäre. Auch die Eigentümer des Flurstücks … haben einen Anschluss zu dem Kanal in der Straße1 verlegt, obwohl nach dem Plan ein Anschluss über ihr Grundstück bestand.
b) Selbst, wenn man von einem Verlauf wie von der Klägerin behauptet ausgeht, steht ihr der geltend gemachte Anspruch nicht zu.
aa) Die Leitung war in einem sehr schlechten Zustand. Eine durchgehende Kamerabefahrung war von keiner Seite möglich; das Rohr, das bis zu 4 m unter der Erde lag, war zum Teil kaputt, beschädigt und zugewachsen. Zwar hat der Zeuge C bekundet, dass eine Reparatur durchaus möglich gewesen wäre. Allerdings wären auch insoweit Kosten angefallen, die von der Klägerin hätten getragen werden müssen.
bb) Zudem schließt sich der Senat der Auffassung des Landgerichts in dem Parallelrechtsstreit vor dem Landgericht (Az. …) an, dass die Beklagten Unterlassung der Durchleitung verlangen konnten.
(1) Ursprünglich ist die Leitung rechtmäßig errichtet worden. Denn bei Verlegung der Leitung in den 50er Jahren handelte es sich um ein einheitliches Grundstück.
(2) Im Jahr 1981 ist das Grundstück geteilt worden, was dazu geführt hat, dass die Leitung unter mehreren Grundstücken verläuft. Zwar ist unter dem 15.9.1982 zu Lasten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks … zugunsten des jeweiligen Eigentümers des Flurstücks … eine Leitungs-Grunddienstbarkeit eingeräumt worden. Zum einen deckte sie aber ihrem Wortlaut nach nicht den konkreten Leitungsverlauf ab, weshalb die Klägerin zunächst von einem abweichenden Leitungsverlauf ausgegangen ist. Zum anderen ist die Grunddienstbarkeit im Rahmen der Zwangsversteigerung erloschen, so dass sie keine Rechtfertigung mehr darstellt.
(3) Die Leitungen sind auch nicht durch ein Notleitungsrecht nach § 30 HessNRG gerechtfertigt. Anders als bei der von der Klägerin zitierten Entscheidung des OLG Karlsruhe (Urteil vom 24.3.2020, 6 U 20/09) war im Zeitpunkt der Errichtung ein Notleitungsrecht nicht einschlägig. Zudem bestand nach Erstellung des Kanals in der Straße1 die – dann auch ergriffene – Möglichkeit, den Anschluss über das eigene Grundstück durchzuführen.
(4) Schließlich bestand eine Duldungspflicht auch nicht aufgrund eines nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses.
Allerdings kann ein nachbarrechtliches Gemeinschaftsverhältnis durch eine spätere Parzellierung entstehen und auch zur Verpflichtung der Duldung der Abwasserdurchleitung führen (BGH, Urteil vom 31.1.2003, V ZR 143/02). Eine aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis folgende Pflicht zur Rücksichtnahme ist aber eine Ausnahme und kann – wie bereits oben dargestellt – nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein über die gesetzliche Regelung hinausgehender billiger Ausgleich der widerstreitenden Interessen dringend geboten erscheint. Das ist hier nicht der Fall. Zwar sind die Grundstücke der Parteien im Wege der Parzellierung aus einem einheitlichen Gesamtgrundstück hervorgegangen, die zugleich dazu geführt hat, dass das Rohr durch nunmehr mehrere Grundstücke verläuft. Auch haben die Beklagten die Lage bei Erwerb vorgefunden und ihr Grundstück mit dem situationsbedingten Nachteil erworben. Es fehlt jedoch an einem Bestandsschutzinteresse der Klägerin. Die Klägerin hat das Grundstück zeitlich nach den Beklagten erworben. Auch wenn sie davon ausgegangen seien sollte, dass die Erschließung gesichert sei, konnte sie nicht darauf vertrauen, dass sich daran nichts ändern würde. Zum einen bestand keine Grunddienstbarkeit mehr, auf die sie sich (abgesehen von dem davon abweichenden Verlauf) hätte verlassen können. Zum anderen war bereits vor ihrem Erwerb ein neuer Kanal in der Straße1 verlegt worden, an den die Grundstücke Straße1.3 und Straße1.4 angeschlossen wurden. Hinzu kommt, dass die Beklagten zumindest berechtigten Anlass hatten anzunehmen, dass die Leitung nicht mehr ordnungsgemäß funktioniert bzw. es an einem ordnungsgemäßen Anschluss fehlt. Denn zum einen haben sie selbst einen neuen Anschluss legen lassen. Zum anderen war eine Befahrung nur bis m 31 möglich, und auch von der anderen Seite konnte der Kanal letztlich nicht befahren werden, weshalb zumindest von erheblichen Verstopfungen auszugehen war.
Vor diesem Hintergrund bestand keine Duldungspflicht aufgrund eines nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses. Zwar berechtigte dies die Beklagten nicht zu der eigenmächtigen Unterbrechung und dem Verschluss der Leitungen, die bereits aus ihren eigenen Angaben in dem Parallelrechtsstreit vor dem Landgericht folgt, in dem sie sogar die entsprechenden Kosten für die Verschließung des Rohres eingeklagt haben, das durch ihr Grundstück führte. Aufgrund einer fehlenden Duldungspflicht sind sie aber nicht zum Ersatz der Kosten verpflichtet, die die Klägerin für die Neuerrichtung aufwenden musste.
4. Die Klägerin hat schließlich gegen die Beklagte auch keinen – hilfsweise geltend gemachten – Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung wegen der Beeinträchtigung des bestimmungsgemäßen Gebrauchs des in der Garage befindlichen PKWs aus § 823 Abs. 1 BGB für die Zeit vom 4. März 2016 bis zum 4. Mai 2017.
Eine Eigentumsverletzung im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB kann durch eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der betreffenden Sache erfolgen, wobei die Beeinträchtigung ihren Grund in einer unmittelbaren Einwirkung auf die Sache selbst haben muss (BGH, Urteil vom 9.12.2014, VI ZR 155/14).
Unstreitig stand der PKW Marke1 der Klägerin in einer der beiden streitgegenständlichen Garagen und wurde am 5.5.2017 nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht herausgefahren (Bl. 110 f. d.A.). Die Klägerin hat die Beklagten mit EMail vom 4. März 2016 gebeten, bis 12 Uhr das Tor zu den Garagen zu öffnen. Erneut hat ihr Prozessbevollmächtigte am 19. Mai 2016 die Beklagtenvertreterin darum gebeten, zu gewährleisten, dass das Hoftor unverzüglich, spätestens am 21. Mai 2016 geöffnet würde und geöffnet bleibe. Die Klägerin behauptet, die Beklagten hätten jedoch das Hoftor verschlossen gehalten.
Selbst wenn die Beklagten an den beiden angegebenen Tagen die Ausfahrt verhindert und auch im Folgenden das Tor verschlossen gehalten hätten, folgt daraus kein Anspruch auf Nutzungsentschädigung ab dem 4. März 2016 für eine ununterbrochene Zeit bis zum 4. Mai 2017. Es ist nämlich ersichtlich, dass und an welchen Tagen die Klägerin das Fahrzeug wirklich benötigte.
Die Gebrauchsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs stellt nach allgemeiner Rechtsauffassung grundsätzlich ein vermögenswertes Gut dar und ist als geldwerter Vorteil anzusehen, so dass sich bei vorübergehender Entziehung ein Vermögensschaden ergeben kann. Um sicherzustellen, dass der Geldersatz für Verluste im eigenwirtschaftlichen Einsatz der Sache ungeachtet der notwendigen Typisierung und Pauschalierung einer konkreten, auf das jeweils betroffene Vermögen bezogenen Schadensbetrachtung verhaftet bleibt, und um dem schadensrechtlichen Grundsatz des Bereicherungsverbots gerecht zu werden, ist die Zuerkennung der Entschädigung weiter davon abhängig, dass der Eigentümer sein Fahrzeug in der fraglichen Zeit benutzen wollte und hierzu auch in der Lage war. Darüber hinaus muss die Entbehrung der Nutzung auch deshalb „fühlbar“ geworden sein, weil der Geschädigte das Fahrzeug mangels eines weiteren geeigneten Fahrzeugs für seine alltägliche Lebensführung wirklich gebraucht hätte (BGH, Urteil vom 231.1.2018, VI ZR 57/17).
Vorliegend hat die Klägerin zwar behauptet, sie habe Nutzungswillen und Nutzungsmöglichkeit gehabt, denn das Fahrzeug sei dazu bestimmt gewesen, dass es entweder durch sie selbst zu den Zeiten ihres Aufenthalts in dem Haus in Stadt1 genutzt wird oder in ihrer Abwesenheit durch die Eltern, die das Haus seit Anfang März 2016 bewohnen. Dieser Vortrag ist jedoch nicht geeignet, Nutzungswillen und Nutzungsmöglichkeit substantiiert darzulegen. Die Klägerin macht eine Nutzungsausfallentschädigung für 427 Tage – bzw. bezogen auf den Betrag von 39.000,- € für 327 Tage – geltend. Demnach hat sie nach ihrem Vortrag an 327 Tagen das Fahrzeug nutzen wollen und können. Dies steht jedoch im Widerspruch dazu, dass ein entsprechender Nutzungswille nicht nach außen in Erscheinung getreten ist. Denn die Klägerin hat lediglich am 4. März 2016 und am 19. Mai 2016 konkret darum gebeten, das Fahrzeug aus der Garage fahren zu können. Innerhalb dieses Zeitraums von 10 Wochen gab es zwei anwaltliche Schreiben vom 15. April 2016 und 12. Mai 2016, mit denen zwar gegenüber den Beklagten Forderungen erhoben wurden, das Fahrzeug jedoch mit keinem Wort erwähnt wurde. Auch in dem Ortstermin vom 9. Juni 2016 wurde offenbar nicht darauf gedrungen, das Fahrzeug freizugeben. Dort mag zwar das Gespräch mangels Einigungsbereitschaft der Beklagten im Hinblick auf die Zufahrtsmöglichkeit schnell beendet gewesen sein; dennoch erschließt sich nicht, warum nicht zumindest darauf gedrungen wurde, das Fahrzeug freizugeben, wenn es denn tatsächlich benötigt wurde. Auch im Übrigen wurden keine Maßnahmen – z.B. ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung o.ä. – ergriffen. Es wurde nicht einmal im Herbst 2016 bei Klageerhebung ein Antrag dahingehend gestellt, die Beklagten zu verurteilen, das Fahrzeug freizugeben. Dort erfolgte lediglich der Hinweis darauf, dass sich in der Garage ein Fahrzeug befinde und die Beklagten dessen Ausfahrt verhinderten. Letztlich hat die Klägerin dann bis zum 4. Mai 2017 zugewartet, bis es durch Vermittlung des Landgerichts dazu kam, dass sie das Fahrzeug aus der Garage entfernen konnte. Von daher ist nicht ersichtlich, dass und wann die Klägerin oder ihre Angehörigen das Fahrzeug wirklich hätten verwenden wollen und können.
Ohne Erfolg macht die Klägerin unter Bezugnahme auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 25.4.2005 (I-1 U 210/04) geltend, bei einem privaten Halter bzw. Eigentümers sei für die Dauer des Ausfalls eines Fahrzeugs dessen hypothetischer Nutzungswille grundsätzlich zu vermuten, ohne dass es insoweit einer gesonderten Darlegung bedarf. Diese Auffassung mag durchdringen, wenn es um einen relativ kurzen Zeitraum (im Fall des OLG Düsseldorf: 17 Tage) geht und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass das Fahrzeug nicht benutzt worden wäre. Vorliegend handelt es sich jedoch um einen extrem langen Zeitraum, über den hinweg die Klägerin lediglich zweimal einen konkreten Nutzungswillen zu erkennen gegeben hat, im Übrigen sich aber nicht dazu veranlasst gesehen hat, konkrete – auch gerichtliche – Maßnahmen zur Herausgabe des PKW zu ergreifen. Dass das Fahrzeug offenbar auch nicht stets benötigt wurde, ergibt sich auch aus dem Klägervortrag selbst; denn die Klägerin hat beispielsweise angegeben, das Fahrzeug habe seit dem 23.2.2016 in der Garage gestanden. Allerdings hat sie erstmals am 4. März 2016 geltend gemacht, herausfahren zu müssen. Angesichts dessen hätte die Klägerin ihren Nutzungswillen konkret darlegen müssen; denn andernfalls bestünde die Gefahr, die Ersatzpflicht unter Verletzung des § 253 BGB auf Nichtvermögensschäden auszudehnen.
Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.
Die Revision war teilweise, und zwar betreffend die Ziff. 1 und 2 der Klageanträge, zuzulassen. Die Frage, ob ein Notwegerecht besteht, wenn es um den Zugang zu auf einem Grundstück befindlichen genehmigten und erschlossenen Garagen geht, ist nach Auffassung des Senats vor dem Hintergrund der Entscheidung des BGH vom 24.1.2020, V ZR 155/18, ungeklärt und gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO von grundsätzlicher Bedeutung. Da die Entscheidung zu Ziff. 1 des Antrags Auswirkungen auf den mit Ziff. 2 geltend gemachten Beseitigungsanspruch hat, umfasst die Revisionszulassung auch Ziff. 2 des Berufungsantrags.
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1, 45 Abs. 1 S. 2 GKG i.V.m. §§ 3, 7 ZPO analog entsprechend der erstinstanzlichen Festsetzung (ohne Klageantrag zu Ziff. 3).