LG Offenburg – Az.: 4 O 109/19 – Urteil vom 16.06.2021
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Euro 24.500,00 nebst Zinsen hieraus i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.05.2019 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % der zu vollstreckenden Forderung vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Herausgabe eines Veräußerungserlöses.
Die Klägerin ist ausweislich des Erbscheins des Notariats – Nachlassgericht – Villingen vom 12.07.2016 Alleinerbin ihres zwischen dem 19.03.2016 und dem 04.04.2016 verstorbenen Ehemannes … (vgl. Anlage K 8). Sie steht jedenfalls seit Mai 2017 unter Betreuung.
Zu Urkunde der Notarin … bei dem Notariat … vom 31.05.2017 verkaufte die Klägerin, vertreten durch ihre damalige Betreuerin … an die Beklagte die im Grundbuch von … Blatt 437 eingetragenen Grundstücke Flst. Nr. 3/8, 42 und 42/1 zum Kaufpreis von Euro 370.000,00.
In § 2 des notariellen Kaufvertrages ist festgehalten: „Zubehör ist nicht vorhanden.“.
§ 6 Abs. 1 des notariellen Kaufvertrages lautet:
„Die Besitzübergabe des Vertragsgegenstandes erfolgt Zug um Zug gegen vollständige Kaufpreiszahlung in geräumtem Zustand, bis auf das Holzlager.“
Das in dem mitverkauften Schuppen befindliche Holzlager war im Verkaufszeitpunkt vollständig angefüllt mit Holz. Nach Besitzübergabe des Grundbesitzes an die Beklagte begann diese mit der Räumung des Holzlagerschuppen. Nach Entfernung des Holzes stellten die mit der Räumung beauftragten Mitarbeiter des Bauhofs der Beklagten fest, dass sich hinter dem Holz ein fabrikneuer Pkw Citroën 2CV, Baujahr 1990 in roter Farbe mit einer Laufleistung von 15 km befand. Das Fahrzeug war zwar schmutzig, im Übrigen aber fabrikneu einschließlich originalverpackter Fahrzeugsitze. Fahrzeugpapiere zu dem Fahrzeug existieren nicht. Dieses wurde nur einmal kurzzeitig nach Fertigung zugelassen, jedoch auch insoweit gibt es heute keine Papiere mehr. Die Beklagte verkaufte das genannte Fahrzeug nach einer freihändigen Versteigerung Anfang 2018 zum Kaufpreis von Euro 24.500,00 an einen …. Nunmehr begehrt die jetzige Betreuerin der Klägerin, deren Schwester, namens der Klägerin die Herausgabe dieses Verkaufserlöses an die Klägerin.
Die Klägerin behauptet, das streitgegenständliche Fahrzeug, eine sogenannte „Ente“, habe der vorverstorbene Ehemann der Klägerin auf Vorrat gekauft und in dem Schuppen eingelagert. Die Ente sei in Vergessenheit geraten. Bei Abschluss des Kaufvertrages seien sich die Kaufvertragsparteien nicht darüber im Klaren gewesen, dass sich in dem Schuppen außer Holz auch noch die „Ente“ befände. Eigentümer des Fahrzeugs sei somit der vorverstorbene Ehemann der Klägerin gewesen. Nach dessen Ableben sei das Eigentum in Erbfolge auf die Klägerin übergegangen. Das Fahrzeug sei im Rahmen des Kaufvertrages vom 01.06.2017 nicht mitverkauft worden. Solches ergebe sich auch nicht aus dem notariellen Kaufvertrag. Eine Eigentumsübertragung sei auch in sonstiger Form nicht erklärt worden. Die Beklagte sei somit nicht Eigentümerin geworden.
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stünde ein Herausgabeanspruch auf den Verkaufserlös, den die Beklagte aus dem Verkauf des Fahrzeugs gemacht habe, zu. Die Beklagte habe als Nichtberechtigte verfügt. Die Klägerin habe ihr Eigentum nie aufgegeben. Zu ihren Gunsten spräche zumindest die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB. Der notarielle Kaufvertrag enthalte keine Bestimmung, aus der sich ein Eigentumsübergang in Bezug auf die „Ente“ auf die Beklagte ergebe.
Die Klägerin beantragte:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von Euro 24.500,00 nebst Zinsen hieraus i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 24.04.2019 zu bezahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von Euro 633,32 nebst Zinsen hieraus in Höhe von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
Die Beklagte beantragte: Klageabweisung.
Die Beklagte hält die Klage bereits für unzulässig, da diese zunächst im Namen einer prozessunfähigen Person, der Klägerin selbst, erhoben worden sei.
Die Beklagte behauptet, sie habe aufgrund der Bestimmungen in § 6 des zwischen den Parteien geschlossenen notariellen Kaufvertrages Eigentum an dem streitgegenständlichen Fahrzeug erworben. Sie bestreitet, dass der vorverstorbene Ehemann der Klägerin das streitgegenständliche Fahrzeug erworben habe und dass die Klägerin Eigentümerin geworden sei. Sie bestreitet auch den diesbezüglichen Besitz der Klägerin. Sie behauptet weiter, der mit der Abwicklung des notariellen Kaufvertrags beauftragte Sachverständige … habe im Namen der Klägerin erklärt, dass der gesamte Inhalt des Schuppens in das Eigentum der Beklagten übergehe. Von dieser Erklärung sei auch die streitgegenständliche „Ente“ umfasst gewesen.
Die Beklagte ist der Auffassung, § 1006 BGB könne nicht zugunsten der Klägerin zur Anwendung kommen. Rechtlich ergebe sich der Eigentumserwerb der Beklagten aus dem notariellen Kaufvertrag. Es gebe keine rechtliche Grundlage für einen Herausgabeanspruch zugunsten der Klägerin.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Betreuerin der Klägerin hat im Termin vom 11.03.2020 auf Frage des Gerichts erklärt, dass die vorliegende Klage mit ihrem Wissen und Wollen als Betreuerin anhängig gemacht worden sei. Diesbezüglich erklärte der Klägervertreter ergänzend, dass bei der ursprünglichen Anhängigmachung der Klage lediglich durch ein Kanzleiversehen das Aktivrubrum verkürzt wiedergegeben worden sei, indem die Betreuerin als gesetzliche Vertreterin der Klägerin nicht aufgeführt worden war.
Aufgrund des Beweisbeschlusses vom 13.05.2020 (Aktenseite 145) hat das Gericht im Termin vom 28.04.2021 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und …. Weiter hat es gemäß § 141 ZPO die Betreuerin der Klägerin, …, angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 28.04.2021 (Aktenseite 243 ff.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig.
Es bestehen keine Bedenken an der Prozessführungsbefugnis der Klägerin, obwohl diese unstreitig persönlich nicht prozessfähig ist. Die Klägerin wird im vorliegenden Rechtsstreit gemäß § 51 Abs. 1 ZPO wirksam durch ihre Betreuerin als gesetzliche Vertreterin vertreten. Dem steht auch nicht entgegen, dass im Rubrum der ursprünglich geltend gemachten Klage die Betreuerin nicht erwähnt ist, sondern der Eindruck entstehen kann, die Klage sei in eigenem Namen der – prozessunfähigen – Klägerin erhoben worden. Ein möglicherweise hierin liegendes Zulässigkeitsdefizit kann jedoch nach den Grundsätzen des Zivilprozessrechts geheilt werden durch die Genehmigung des Berechtigten (vgl. Zöller-Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, Rn. 14 zu § 52).
Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt ein Fehler vorliegt oder ob es sich lediglich gemäß den Angaben des Klägervertreters um ein einfaches Schreibversehen handelt. Hierauf kommt es jedoch nicht an, da jedenfalls durch die Erklärung der Betreuerin der Klägerin im Termin vom 11.03.2020, dass die Klage mit ihrem Wissen und Wollen erhoben worden sei, von einer Genehmigung eines möglicherweise originär prozessordnungswidrigen Vorgehens auszugehen ist und damit jedenfalls seit der Genehmigung von einer wirksamen Klageerhebung ausgegangen werden kann.
Die Klage ist überwiegend begründet.
Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von Euro 24.500,00 aus § 816 Abs. 1 BGB verlangen. Mit der Veräußerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs an … hat die Beklagte als Nichtberechtigte gehandelt, wobei diese Handlung, die Veräußerung, der Klägerin als Berechtigter gegenüber wirksam ist, sodass die Beklagte zur Herausgabe des erlangten Kaufpreises verpflichtet ist.
Die Beklagte handelte gegenüber … als Nichtberechtigte, weil sie zum einen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt das Eigentum an der streitgegenständlichen „Ente“ erworben hat und zum anderen zu der erfolgten Veräußerung auch nicht ermächtigt worden war.
Die Beklagte erwarb an dem streitgegenständlichen Fahrzeug kein Eigentum durch den notariellen Kaufvertrag vom 31.05.2017.
Für einen Eigentumserwerb im Rahmen des Kaufvertrages fehlte es den Parteien schon von vornherein an einem entsprechenden rechtsgeschäftlichen Übertragungswillen, da unstreitig das Vorhandensein der „Ente“ in dem auf dem gekauften Grundeigentum aufstehenden Schuppen allseits bis zu deren Entdeckung nach der Beurkundung unbekannt war.
Bei dem Fahrzeug handelt es sich auch nicht um einen wesentlichen Bestandteil des veräußerten Grundeigentums im Sinne der §§ 93, 94 BGB. Es liegt auch kein Zubehör im Sinne von § 97 BGB vor. Hierbei müsste es sich um eine bewegliche Sache handeln, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt ist und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis steht. Davon ist nicht auszugehen, da ein Automobil, zumal ein offensichtlich verstecktes, neuwertiges Fahrzeug, nicht als dem wirtschaftlichen Zweck eines Holzschuppens bzw. des Grundstücks, auf dem der Holzschuppen steht, zu dienen bestimmt ist. Es ist weiter unschwer anzunehmen, dass das Fahrzeug auch nicht vom Verkehr als Zubehör des veräußerten Grundeigentums angesehen wird (§ 97 Abs. 1 S. 2 BGB). Weiter ist davon auszugehen, dass nach dem Parteiwillen im Zuge der Beurkundung vom 31.05.2017 auch Zubehör nicht verkauft werden sollte, da die Parteien in der Kaufvertragsurkunde in § 2 am Ende feststellten, dass Zubehör nicht vorhanden sei. Nicht vorhandenes Zubehör kann demgemäß auch nicht vertragsgegenständlich sein.
Aus der Beschreibung des Kaufgegenstandes in § 1 ergibt sich ebenfalls nicht, dass neben dem dort näher bezeichneten Grundeigentum auch noch bewegliche Sachen, insbesondere das streitgegenständliche Fahrzeug, mitveräußert sein sollten.
Aus der mehr als siebzehnjährigen Erfahrung des erkennenden Richters als badischer Amtsnotar ist gerichtsbekannt, dass es – jedenfalls im Rahmen eines notariellen Vertrages – bei der Mitveräußerung von beweglichen Sachen neben Grundstücken üblich ist, die veräußerten beweglichen Sachen in den Vertrag unter dem Vertragsgegenstand aufzunehmen und dort ausdrücklich zu bezeichnen, sofern es sich nicht um wesentliche Bestandteile oder Zubehör handelt. Dies begründet sich alleine schon aus den Vorgaben der Norm des § 311b BGB. Die Nichterwähnung des Autos bei dem Kaufgegenstand im Notarvertrag ist somit ein deutliches Anzeichen, dass das Fahrzeug nicht mitverkauft wurde. Hierfür spricht insbesondere auch der Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit der notariellen Urkunde.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 6 Abs. 1 des notariellen Kaufvertrages. Zwar ist dort geregelt, dass die Besitzübergabe Zug um Zug gegen vollständige Kaufpreiszahlung im geräumten Zustand, bis auf das Holzlager, erfolgt. Das bedeutet, dass zwar der gesamte restliche Kaufgegenstand geräumt zu übergeben ist, nicht jedoch das Holzlager. Kautelarjuristisch beinhaltet die Regelung in § 6 Abs. 1 des Kaufvertrages keine Norm, die eine Eigentumsübertragung zum Gegenstand hat. Vielmehr geht es darum, den Veräußerer in Bezug auf einzelne Kaufgegenstände von seiner grundsätzlichen Verpflichtung zur geräumten Übergabe freizustellen und diese auf den Käufer zu übertragen, ohne dass damit Aussagen über das zivilrechtliche Eigentum an den zu räumenden Gegenständen verbunden sind. Es wird also lediglich die Räumungspflicht des Veräußerers durch den Erwerber ausgeübt. Dabei steht es den Parteien frei, die Räumung entgeltlich oder unentgeltlich durch den Erwerber vornehmen zu lassen. Wenn – wie im vorliegenden Fall – der Vertrag hierzu schweigt, ist der Erwerber quasi mit der unentgeltlichen Räumung – hier des Schuppens – beauftragt. Die Klausel bedeutet nicht mehr und nicht weniger. Dies entspricht üblicher notarieller Beurkundungspraxis. Somit kann die Beklagte aus der genannten Klausel in Bezug auf einen eventuellen Eigentumserwerb am Inhalt des Schuppens und damit an dem streitgegenständlichen Fahrzeug nichts für sich herleiten.
Nachdem der notarielle Kaufvertrag nichts enthält, was auf einen Eigentumserwerb an der „Ente“ durch die Beklagte hinweist, kann sich die Beklagte im Ergebnis auch nicht auf eine separate Zusatzvereinbarung berufen, durch die sie das Eigentum an dem Fahrzeug erworben haben könnte.
Unstreitig ist eine diesbezügliche Sonder- oder Zusatzvereinbarung nicht mit der damaligen oder der jetzigen Betreuerin der Klägerin zustande gekommen. Eine entsprechende Zusatzvereinbarung wurde auch nicht mit Wirkung für und gegen die Klägerin mit dem im Auftrag der Klägerin handelnden Sachverständigen … geschlossen. Diesbezüglich fehlt bereits jeder substantiierte Vortrag dazu, dass der Sachverständige … befugt war, namens und in Vollmacht der Klägerin bzw. deren Betreuerin rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben. Vor diesem Hintergrund kann der als Anlage vorgelegten E-Mail vom 16.10.2017 (Anlagenband Beklagte, Aktenseite 17) keine rechtsgeschäftliche Bedeutung beigemessen werden.
Nichts anderes ergibt sich aus der Aussage des Zeugen … im Rahmen seiner Vernehmung vom 28.04.2021. Diesbezüglich erklärte der Zeuge …, dass nach der notariellen Beurkundung die Angelegenheit für ihn als Vertreter der Beklagten zunächst erledigt war. Nach einiger Zeit habe es zwischen ihm und Herrn … ein Telefonat gegeben, in dem dieser erklärt habe, dass das Wohngebäude inzwischen geräumt, der Schuppen aber noch voll sei. Er habe weiter erklärt, die Beklagte könne mit dem Inhalt des Schuppens machen, was sie wolle.
Hier bestehen bereits aufgrund der Formulierung Zweifel, ob es sich um eine rechtsgeschäftliche Erklärung handelt. Der Inhalt der Aussage erweckt vielmehr den Anschein, als teile der Sachverständige … der Beklagten lediglich mit, dass inzwischen die Voraussetzungen für die Besitzübergabe im Sinne von § 6 des notariellen Kaufvertrages eingetreten seien.
Selbst wenn man der in Bezug genommenen Mail vom 16.10.2017 oder der telefonischen Aussage des Sachverständigen …, wie sie der Zeuge … mitteilte, rechtsgeschäftlichen Charakter beimessen wollte, dann wäre eine entsprechende rechtsgeschäftliche Erklärung jedoch unwirksam.
Für eine wirksame rechtsgeschäftliche Erklärung eines nicht geschäftsfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Menschen, der unter Betreuung steht, bedarf es, soweit die Erklärung eine Verfügung über ein Grundstück zum Gegenstand hat, gemäß den §§ 1821 Abs. 1 Nr. 1, 1908i Abs. 1 BGB der betreuungsgerichtlichen Genehmigung. Dies gilt auch für eine Änderung oder Ergänzung eines entsprechenden Vertrages aus dem Grundgedanken des § 311b BGB heraus.
Zwar kann ein einfacher Verstoß gegen die Form der notariellen Beurkundung nach § 311b Abs. 1 S. 1 BGB durch die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch geheilt werden (§ 311b Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Heilungswirkung umfasst jedoch lediglich den Verstoß gegen die gesetzliche Form, nicht gegen sonstige Genehmigungserfordernisse (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl. 2021, Rn. 46 zu § 311b). Damit ist die fehlende betreuungsgerichtliche Genehmigung der genehmigungspflichtigen Vertragsänderung eines genehmigungspflichtigen Vertrages nicht heilbar. Entsprechend ist wegen dieses Genehmigungsmangels eine rechtsgeschäftliche Erklärung des Sachverständigen …, wenn sie denn überhaupt abgegeben worden wäre, nichtig. Aus diesem Grund bedarf es auch keiner zeugenschaftlichen Vernehmung des Sachverständigen … darüber, was dieser aufgrund welcher Vollmacht möglicherweise gesagt und gemeint hat.
Die Beklagte hat auch nicht auf der Grundlage fundrechtlicher Vorschriften im Sinne der §§ 973 ff. BGB Eigentum erworben. Zwar ist im allgemeinen Sprachgebrauch davon die Rede, dass es sich bei der „Ente“ um einen sogenannten „Scheunenfund“ gehandelt habe. Hierin ist jedoch kein Fund im Rechtssinne zu sehen. Es fehlt an der elementaren Voraussetzung des § 965 BGB, wonach es sich für einen Fund um eine verlorene Sache handeln muss. Dabei heißt „verloren“ im Sinne des Gesetzes, dass Besitzlosigkeit im Sinne des Besitzrechts vorliegen muss (vgl. Palandt-Herrler, aaO., Rn. 1 vor § 965). Besitzlosigkeit ist jedoch nicht zu bejahen, wenn bewegliche Sachen lediglich versteckt wurden (vgl. OLG Hamburg, MDR 1982, 409). Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug lediglich versteckt worden war, jedoch zu keinem Zeitpunkt Besitzlosigkeit vorlag. Die Tatsache, dass das Fahrzeug versteckt war, ergibt sich allein schon aus der Auffindesituation. Das Fahrzeug war im Schuppen wohlverstaut, aber von Holz regelrecht eingemauert, damit es eben gerade nicht gefunden werden konnte. Die sorgfältige Verbergung vor den Blicken Dritter durch das Holz belegt eindeutig, dass die „Ente“ versteckt werden sollte.
Demgegenüber war Besitz im Sinne von § 854 Abs. 1 BGB jederzeit gegeben im Sinne tatsächlicher Sachherrschaft. Hierfür muss immer eine Person vorhanden sein, die die Herrschaftsgewalt ausübt. Dabei genügt ein Besitzbegründungs- und Beherrschungswille, auch wenn er nicht auf eine bestimmte Sache, aber auf eine Sachgesamtheit im Sinne eines generellen Willens gerichtet ist (vgl. Palandt-Herrler, aaO., Rn. 4 zu § 854). Somit ist davon auszugehen, dass zu Lebzeiten der vorverstorbene Ehemann der Klägerin, danach diese, zumindest bis zum Zeitpunkt der Besitzübergabe an dem veräußerten Immobilieneigentum, einen allgemeinen Besitz- und Herrschaftswillen jedenfalls an dem Schuppen und damit auch an allen darin befindlichen Gegenständen hatte.
Ein entsprechender Besitzbegründungswille im Sinne der Ausübung tatsächlicher Herrschaftsgewalt ist auch der Beklagten ab Übernahme des von der Klägerin erworbenen Kaufgegenstandes zu unterstellen.
Somit hat es zu keinem Zeitpunkt an der Ausübung des Besitzes an der „Ente“ im Sinne des Gesetzes gefehlt, sodass im Ergebnis im Zeitpunkt des faktischen Auffindens des Fahrzeuges nicht von einem Fund im Sinne des Gesetzes ausgegangen werden kann.
Selbst wenn man jedoch einen Fund im Sinne von § 965 BGB bejahen wollte und zu einem Eigentumserwerb der Gemeinde nach den §§ 973 ff. BGB käme, führte dies dennoch zu einem Bereicherungsanspruch der Klägerin aus § 977 BGB i.V.m. den §§ 812 ff. BGB und somit zu einem parallelen Ergebnis wie vorliegend.
Eine Berechtigung der Beklagten zur Veräußerung ergibt sich unzweifelhaft auch nicht aus der Einräumung entsprechender Verfügungsmacht durch die Klägerin bzw. deren Betreuerin. Die Einräumung einer derartigen Verfügungsmacht ist unstreitig nicht erfolgt.
Die Klägerin ist auch als Berechtigte im Sinne von § 816 BGB anzusehen.
Zwar fehlt es unstreitig an einem Nachweis des Eigentums der Klägerin in Form eines Kaufvertrags, da ein solcher entweder nie vorhanden oder verloren gegangen war und auch sonstige Fahrzeugpapiere nicht (mehr) existieren. Für ihre Berechtigung im Sinne von § 816 BGB, jedenfalls bis zur Veräußerung an den Dritten … durch die …, kann sich die Klägerin jedoch auf die Eigentumsvermutung aus § 1006 BGB stützen.
Unabhängig davon ging die Beklagte offenbar selbst davon aus, dass die Klägerin Eigentümerin des Fahrzeugs gewesen sein muss. Solches ergibt sich daraus, dass sich die Beklagte originär darauf beruft, aus dem mit der Klägerin geschlossenen notariellen Vertrag vom 31.05.2017 das Eigentum an der streitbefangenen „Ente“ erworben zu haben. Solches wäre rechtlich nur möglich, wenn sie von der Klägerin das Eigentum erworben hätte, die dann wiederum selbst Eigentümerin gewesen sein müsste. Soweit die Beklagte gleichzeitig im Rahmen ihres Vortrages das Eigentum der Klägerin bestreitet, trägt sie widersprüchlich vor. Aufgrund dessen kann das Bestreiten des Eigentums der Klägerin bereits als treuwidrig im Sinne von § 242 BGB angesehen werden.
Darüber hinaus greift die Eigentumsvermutung des § 1006 Abs. 2 BGB über den Wortlaut hinaus noch bis zum Erwerb des Eigentums durch den Dritten …. Dies gilt auch und gerade dann, wenn die Klägerin durch die Übernahme des Schuppens durch die Beklagte ihren unmittelbaren Besitz zu deren Gunsten verloren hat. Die Rechtsprechung geht nämlich davon aus, dass die von dem Besitzerwerb ausgehende Eigentumsvermutung zugunsten des früheren Besitzers über den irreführenden Wortlaut des § 1006 Abs. 2 BGB auch über die Beendigung des Besitzes hinaus so lange fortgilt, bis sie widerlegt wird bzw. bis zum Nachweis des Eigentumsverlustes (vgl. BGH, Urteil 19.12.1994 – II ZR 4/94 – Juris, Rn. 16; BGH, Urteil vom 10.11.2004 – VIII ZR 186/03 – Juris, Rn. 61; Palandt-Herrler, aaO., Rn. 5 zu § 1006).
Das Gericht geht entgegen dem Bestreiten der Beklagten davon aus, dass die Klägerin zumindest bis zum Zeitpunkt der Erlangung des unmittelbaren Besitzes an dem Schuppen mit Holzlager und Fahrzeug durch die Beklagte Besitzerin nicht nur des Schuppens, sondern auch des streitgegenständlichen Fahrzeuges war. Es gibt keine plausible Alternativerklärung, in wessen Besitz vor dem Auffinden und dem Besitzerwerb durch die Gemeinde das Fahrzeug gewesen sein soll. Soweit sich die Beklagte darauf bezieht, dass ein Unbekannter das Fahrzeug vor der Besitzerlangung durch die Beklagte in den Schuppen eingebracht haben könnte, gibt es keine nachvollziehbaren Anhaltspunkte für das Tätigwerden eines derartigen „Großen Unbekannten“. Es ist nicht nachvollziehbar, wer wann das ganze im Schuppen befindliche Holz herausgenommen, das Fahrzeug hineingebracht und dann das Holz wieder aufgeschichtet haben soll. Dies gilt umso mehr, als die Verwendung des Schuppens als Holzlager bereits bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages unstreitig war. Dazu kommt, dass das Fahrzeug zwischen dem Besitzübergang an dem Schuppen auf die Beklagte und dessen Auffinden in den Schuppen eingebracht worden sein müsste, wofür es keinerlei Anhaltspunkte gibt. Ansonsten war nämlich die Klägerin aufgrund ihres bis dato bestehenden Besitzes am Schuppen auch Besitzerin des darin befindlichen PKW. Wenn aber davon auszugehen ist, dass sich das Fahrzeug vor dem Erwerb des unmittelbaren Besitzes durch die Beklagte im Schuppen befand, dann ist aufgrund der vorstehenden Ausführungen auch davon auszugehen, dass die Klägerin als Besitzerin des Schuppens und des Holzes auch Besitzerin des Fahrzeuges war. In diesem Fall greift die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB. Diese ist zu keinem Zeitpunkt von der Beklagten widerlegt worden.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Eigentumsvermutung des § 1006 BGB ab Erlangung des Besitzes an dem streitgegenständlichen Fahrzeug zu ihren Gunsten greift. Insoweit ist die Eigentumsvermutung dadurch widerlegt, dass feststeht, dass die Beklagte zu keinem Zeitpunkt Eigentum an dem streitbefangenen Fahrzeug erworben hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die vorstehenden Ausführungen Bezug genommen. Damit gilt gemäß der vorstehend zitierten Rechtsprechung die Eigentumsvermutung zugunsten der Klägerin als frühere Besitzerin fort bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie tatsächlich ihr Eigentum verloren hat. Entsprechend ist sie auch als Berechtigte im Sinne von § 816 Abs. 1 BGB anzusehen.
Die Eigentumsvermutung zugunsten der Klägerin wird durch das Ergebnis der Beweisaufnahme und der Anhörung der Betreuerin der Klägerin gestützt. Zwar haben weder die Anhörung noch die Beweisaufnahme den gesicherten Beweis erbracht, dass der vorverstorbene Ehemann der Klägerin das Eigentum an dem streitbefangenen Fahrzeug erworben hat. Die Angaben der Betreuerin der Klägerin und des Zeugen …, wonach der vorverstorbene Ehemann der Klägerin ein absoluter Fan des Fahrzeugs „Ente“ war und ständig Fahrzeuge dieses Typs gefahren hat, haben zumindest eine Indizwirkung, dass das streitbefangene Fahrzeug von dem vorverstorbenen Ehemann der Klägerin in den Schuppen eingebracht worden sein könnte. Letztlich kommt es im Rahmen des § 1006 BGB hierauf nicht an, da lediglich der Besitz belegt sein muss, um die Eigentumsvermutung des Besitzers auszulösen. Ein Nachweis des Eigentums ist im Rahmen des § 1006 BGB gerade nicht erforderlich (vgl. Palandt-Herrler, aaO., Rn. 1 zu § 1006).
Die Verfügung der Beklagten, d. h. die Veräußerung des streitbefangenen Fahrzeugs an …, war gegenüber der Klägerin rechtlich auch wirksam. Der Käufer des Fahrzeugs hat gemäß § 932 BGB gutgläubig Eigentum an dem Fahrzeug erworben. Er erwarb das Fahrzeug von der Beklagten im Rahmen rechtsgeschäftlicher Veräußerung. Anhaltspunkte dafür, dass der Erwerber nicht in gutem Glauben war, sind nicht ersichtlich. Im Verhältnis zur Beklagten durfte der Erwerber davon ausgehen, dass die den Kaufgegenstand besitzende Gemeinde auch verfügungsbefugt ist. Das Fahrzeug war auch nicht abhanden gekommen im Sinne von § 935 BGB. Somit hat die Klägerin jedenfalls durch diese Verfügung aufgrund des gutgläubigen Erwerbs des Fahrzeugkäufers, der ihr gegenüber wirksam ist, ihr Eigentum verloren.
In der Konsequenz der der Klägerin gegenüber wirksamen Verfügung durch die Beklagte als Nichtberechtigte, hat die Beklagte das aus der Verfügung Erlangte an die Klägerin herauszugeben. Erlangt hat die Beklagte den Kaufpreis von Euro 24.500,00, der entsprechend der Tenorierung dieses Urteils an die Klägerin herauszugeben ist.
Die Entscheidung über die zuerkannten Zinsen beruht auf § 288 Abs. 1 BGB. Dabei konnte der Klägerin jedoch eine Verzinsung erst ab dem 08.05.2019 zugesprochen werden. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs war die Klage abzuweisen. Ausweislich des als Anlage K 2 vorgelegten Schriftsatzes der Klägervertreter wurde die Beklagte mit Schriftsatz vom 23.04.2019 aufgrund Fristsetzung bis 07.05.2019 erstmals zum 08.05.2019 in Verzug gesetzt. Ein Verzugsbeginn zum 24.04.2019 ist weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass insoweit die Klage teilweise abzuweisen war.
Die Klage war auch im Hinblick auf die begehrten außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten abzuweisen. Solche wären lediglich berechtigt gewesen, wenn sich die Beklagte bereits in Verzug befunden hätte und die außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten einen Verzugsschaden dargestellt hätten. Es ist jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte bereits vor dem Tätigwerden des Klägervertreters durch die Klägerin bzw. deren Betreuerin in Verzug gesetzt worden war. Die bei dem Klägervertreter angefallenen Kosten sind somit allenfalls im Zuge der vorliegenden Verfahrenskosten geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Trotz der teilweisen Klageabweisung waren die Kosten insgesamt der Beklagten aufzuerlegen, weil die Zuvielforderung verhältnismäßig geringfügig war und keine weiteren Kosten verursachte. Dabei war zu berücksichtigen, dass es wegen der teilweisen Klageabweisung einerseits nur um wenige Zinstage ging, andererseits um außergerichtliche Rechtsanwaltskosten, die sich nicht streitwerterhöhend auswirken.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 709, 108 ZPO.