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Autobeschädigung in Waschstraße – Beweislastumkehr

Amtsgericht Essen, Az.:  11 C 110/11, Urteil vom 19.01.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

T a t b e s t a n d:

Von der Darstellung eines Tatbestandes wurde gemäß §§ 495 a, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Waschstraße: Beschädigung Auto HaftungDie Beklagte ist dem Kläger weder gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 631 BGB noch nach § 823 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 323,26 € verpflichtet.

Dem Kläger ist der erforderliche Beweis nicht gelungen, dass die Beklagte eine ihr obliegende Pflicht verletzt und dass diese Pflichtverletzung zu einem Schaden an dem klägerischen Fahrzeug geführt hat.

Nach allgemeinen Grundsätzen ist es an dem Geschädigten als Gläubiger darzulegen und zu beweisen, dass der PKW in der von der Beklagten betriebenen Waschstraße geschädigt worden ist, diese schuldhaft eine ihr obliegende Pflicht verletzt und diese Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat. In Abweichung von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung ist in den sogenannten Waschstraßenfällen darüber hinaus anerkannt, dass von der Schädigung auf die Pflichtverletzung der Betreiberin geschlossen werden kann, wenn der Geschädigte darlegt und beweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich der Betreiberin herrühren kann. Dieser Anscheinsbeweis kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn feststeht, dass der Schaden nur durch den automatisierten Waschvorgang in der Waschstraße selbst verursacht worden sein kann, also keine andere Schadensursache in Betracht kommt (OLG Hamm, NJW-RR 2004, 963, NJW-RR 2002, 1456; LG Essen vom 20.11.2008, Aktz.: 10 S 300/08). Ist diese Feststellung nicht möglich, liegt das Risiko der Unaufklärbarkeit der Schadensursache beim Fahrzeugeigentümer.

Der Nachweis der objektiven Pflichtverletzung und der Schadensverursachung ist nach den vorgenannten Grundsätzen durch den Geschädigten erst dann erbracht, wenn fest steht, dass ein Fahrzeug beim Durchlaufen einer Waschanlage beschädigt worden ist und weder ein Defekt am Fahrzeug, noch ein Fehlverhalten des Benutzers vorliegt.

Eine Schadensursächlichkeit allein im Verantwortungsbereich der Beklagten ist vorliegend jedoch nicht feststellbar.

Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Sinne von § 286 Absatz 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung als wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die nach § 286 Absatz 1 ZPO erforderliche Überzeugung des erkennenden Gerichtes, erforderte keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, sondern vielmehr nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der vernünftige Zweifel zwar nicht ausschließt, diesen jedoch Schweigen gebietet (BGH NJW-RR 2008, 1380 mit weiteren Nachweisen). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Das Gericht brauchte insoweit nicht festzustellen, ob das Kraftfahrzeug des Klägers, wie von der Beklagtenseite behauptet, über die in der Ablichtung auf Bl. 116 der Akte – Anl. z. Protokoll vom 19.01.2012 – zu erkennende Arretierung verfügte. Denn nach den überzeugenden Feststellungen, welchen die Parteien insoweit nicht entgegengetreten sind, ist das Vorhandensein dieser Arretierung unerheblich dafür, ob der gegenständliche Schaden durch die senkrechten Trocknungsdüsen im Bereich der Waschanlage der Beklagten verursacht worden ist.

Maßgeblich ist vielmehr, wie der Sachverständige zutreffend ausführt, dass bei dem Kraftfahrzeug des Klägers die Motorhaube im Bereich vor der Windschutzscheibe lediglich mit zwei Steckern gehalten wird. Aufgrund des sehr langen Abstandes zwischen diesen beiden Halterungen, konnte es nach den Feststellungen des Sachverständigen dazu kommen, dass auch bei einem unbeschädigten Kraftfahrzeug zumindest eine Erhebung bzw. eine leichte Wölbung der Motorhaube bei Einsatz der senkrechten Trocknungsdüsen im Bereich der Trocknung in der Waschanlage der Beklagten entsteht.

Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich das Gericht in eigener Überzeugungsbildung an. Der Sachverständige konnte darüber hinaus jedoch nicht feststellen, worauf hier die Besonderheit an dem Klägerfahrzeug zurückzuführen ist, dass sogar die Motorhaube weggeflogen ist und sich nicht lediglich gewölbt hat. Ursächlich konnte nach den Feststellungen des Sachverständigen, was die Parteien nicht weiter angegriffen haben, sein, dass es in dem Bereich der Motorhaube zu einer Schwächung derselben gekommen ist. Insofern war jedoch eine weitere Aufklärung, ob eine solche tatsächlich vorliegt, dem Sachverständigen nicht möglich, da die entsprechenden Angaben der Kraftfahrzeughersteller nicht weitergegeben werden. Diese Unsicherheiten gingen zu Lasten des Klägers.

Die Beklagte ist als Waschanlagenbetreiberin zwar grundsätzlich verpflichtet, die Fahrzeuge ihrer Kunden vor Schäden zu bewahren (OLG Hamm, NJW-RR 2002, 1459). Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die Beklagte diese Pflicht verletzt hat. Soweit könnte sich eine Pflichtverletzung zwar möglicherweise daraus ergeben, dass der Druck der Trocknungsdüsen zu hoch für entsprechende Kraftfahrzeuge wie das des Klägers eingestellt gewesen ist. Jedoch konnte der Sachverständige diese Feststellung nicht abschließend treffen. Denn der Sachverständige konnte nicht ausschließen, dass die Schädigung an dem Klägerfahrzeug sich auch daraus ergeben könnte, dass dieses im Bereich der Motorhaube eine entsprechende Schwächung erlitten hat.

Dem Kläger ist mithin der erforderliche Beweis, dass die Beschädigung an seinem PKW auf einen Waschvorgang in der Waschanlage der Beklagten zurück zu führen ist, nicht gelungen.

Darüber hinaus genügt der Betreiber einer Autowaschanlage seiner Verkehrssicherungspflicht schon dann, wenn die von ihm betriebene Anlage den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht (OLG München, OLGZ 1982, 382). Anhaltspunkte dafür, dass die Waschanlage der Beklagten diesen Anforderungen nicht entspricht, hatte der Kläger schon nicht dargelegt. Im Übrigen hat der Sachverständige, was von den Parteien nicht angegriffen worden ist, festgestellt, dass die Anlage der Beklagten dem aktuellen Stand der Technik entspricht.

Darüber hinaus ist, wenn die Anlage den anerkannten Regeln der Technik entspricht, noch dann eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten in Betracht zu ziehen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die bis dato praktizierte Technik zur Vermeidung von Schäden an Kundenfahrzeugen nicht ausreicht (OLG Hamm, NJW-RR 2002, 1460). Derartige Umstände, die vom Kläger darzulegen und zu beweisen wären, sind jedenfalls vor dem Schadensunfall jedoch nicht erkennbar gewesen, wenn die Waschanlage zuvor betrieben wurde, ohne dass ein Schadensereignis, wie das streitgegenständliche, vorgekommen ist. Ob danach ein etwaig gleicher Schaden an einem anderen baugleichen Kraftfahrzeug entstanden ist, brauchte das Gericht nicht zu entscheiden. Denn die Beklagte hätte allein dann Anlass gehabt, die bis dahin praktizierte Technik zu verändern, wenn vor dem gegenständlichen Ereignis vergleichbare Ereignisse vorgelegen hätten. Solche hatte der Kläger aber schon nicht dargelegt.

Im Übrigen trifft die Beklagte auch keine verschuldensunabhängige Garantiehaftung. Denn die Auffassung, dass der Betreiber einer vollautomatischen Waschanlage stillschweigend die Garantie dafür übernehme, dass das Fahrzeug in seiner Anlage nicht beschädigt werde, sofern er die Risikoübernahme nicht unmissverständlich ausschließe, ist mit dem allgemeinen Grundsatz des Haftungsrechts, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz nur bei Verschulden des Schädigers besteht, unvereinbar (BGH NJW 1975, 685). Eine solche kann allenfalls dann angenommen werden, wenn der Kläger das mit der Benutzung der Anlage verbundene Risiko nicht überschauen kann und er nach der Verkehrssitte damit rechnen kann, dass die Beklagte aus diesem Grund mit einer vom Verschulden unabhängigen Haftung einverstanden ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte gegenüber dem Kläger eine Garantiezusage gegeben hat, sind indes nicht ersichtlich.

II.

Mangels Zuspruch in der Hauptsache steht dem Kläger auch nicht der geltend gemachte Zinsanspruch zu. Ein solcher konnte sich insbesondere nicht aus § 286 Abs. 1 BGB ergeben.

Aus dem gleichen Grund steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Erstattung der Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung zu.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 Abs. 1 ZPO und hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 713 ZPO.

IV.

Streitwert: 323,26 €.

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