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Unternehmerpfandrecht einer Kfz-Werkstatt bei nicht vertragsgemäßen Arbeiten

AG Offenbach – Az.: 38 C 73/19 – Urteil vom 09.12.2019

1) Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger den Pkw der Marke Audi vom Tyd A6 mit der Fahrzeug-Ident-Nr.: … und dem amtlichen Kennzeichen … herauszugeben.

b) Dem Beklagten wird zur Herausgabe eine Frist von 2 Wochen nach Rechtskraft dieses Urteils gesetzt.

c) Für den Fall, dass die Frist fruchtlos abläuft, wird der Beklagte verurteilt, an den Kläger 5.000 € nebst Zinsen daraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Fristablauf zu zahlen.

2) Die Kosten des Rechtsstreites hat der Beklagte zu tragen.

3) Dieses Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die streiten über die Herausgabe eines Pkw’s und einer Vergütungsforderung aus einem Werkvertrag.

Der Kläger ist Halter und Eigentümer des Fahrzeuges der Marke Audi vom Typ A6 mit dem amtlichen Kennzeichen …. Der Beklagte betreibt unter dem Namen „KFZ-Schadenszentrum …“ eine Kfz-Werkstatt in Offenbach. Am 02.01.2019 suchte der Kläger den Beklagten in seiner Werkstatt auf und erbat die Erstellung eines Kostenvoranschlags bezüglich der Reparatur seines Fahrzeugs. Der Kläger ließ das Fahrzeug beim Beklagten in der Werkstatt. Der Beklagte untersuchte das Fahrzeug und übersandte dem Kläger am 11.01.2019 einen Kostenvoranschlag per E-Mail. Der Kostenvoranschlag umfasste im Wesentlichen den Ersatz von vier Einspritzdrüsen des Dieselmotors nebst der erforderlichen Erneuerung von Anbauteilen und Flüssigkeiten. Die veranschlagten Kosten wurden mit 4.023,10 € brutto beziffert. Der Kläger erteilte dem Beklagten daraufhin den Reparaturauftrag. Der Beklagte beauftragte anschließend Herrn …, einen ausgebildeten Kfz-Mechaniker, mit der Reparatur des Fahrzeuges.

Der Beklagte meldete sich am 29.01.2019 beim Kläger und informierte ihn, dass alle Arbeiten laut Kostenvoranschlag erledigt seien, jedoch das Diagnose-Prüfgerät, nach der erfolgten Reparatur, weiterhin einen Systemfehler an einem der Zylinder an. Eine Kompressionsmessung hatte ergeben, dass der 6. Zylinder ohne Kompression ist. Die Schadensursache war eine abgebrannte Glühkerze, von welcher ein Teil in den Zylinder-Brennraum hineingefallen ist. Durch den Umfang des Schadens und der damit verbundenen Gefahr eines Kurbelwellenschaden empfahl der Beklagte den Austausch des Motors. Der Beklagte teilte dem Kläger mit, er habe einen geeigneten Austauschmotor gefunden und die Kosten würden sich auf weitere 4.570,00€ Netto belaufen. Insgesamt also einen Rechnungsbetrag von 9.461,40 €. Der Kläger stimmte der Reparaturausweitung per E-Mail vom 30.01.2019 zu und der 19.02.2019 wurde als Abholtermin vereinbart.

Der Beklagte forderte vom Kläger am 01.02.2019 per WhatsApp eine Anzahlung in Höhe von 3.000 € für die zweite Reparatur. Der Kläger antworte daraufhin, dass er in Indien sei und kein Online Banking vom Mobiltelefon machen würde, sondern nach seiner Rückkehr den gesamten Betrag am 19./20.02 dem Beklagten überweisen würde.

Der Kläger wollte das Fahrzeug am 19.02.2019 beim Beklagten abholen. Er hatte den Rechnungsbetrag in bar dabei und verlangte die Herausgabe des Fahrzeuges und Vorlage von entsprechenden Belegen über die eingebauten Ersatzteile. Der Beklagte weigerte sich das Fahrzeug vor Zahlung herauszugeben.

Unternehmerpfandrecht einer Kfz-Werkstatt bei nicht vertragsgemäßen Arbeiten
(Symbolfoto: Orlov Alexsandr/Shutterstock.com)

Am 20.02.2019 meldete sich der Kläger bei dem Beklagten per E-Mail und entzog ihm den Reparaturauftrag, da die vereinbarten Reparaturen nicht bis zum 19.02.2019 erfolgt ist. Der Beklagte schickte dem Kläger daraufhin am 20.02.2019 die Rechnung in Höhe von 4.023,10 € bzgl. der bereits erfolgten Reparaturarbeiten laut Kostenvoranschlag. Der Kläger forderte den Beklagten mit E-Mail vom 28.02.2019 zur Vorlage der Belege für die eingebauten Ersatzteile und zur Aufschlüsselung der Arbeitszeiten auf. Am 01.03.2019 sendete der Beklagte dem Kläger erneut die Rechnung mit Anhang und ebenfalls 4 Lichtbilder des Fahrzeuges zum Beweis der erfolgten Reparatur. Des Weiteren sicherte der Beklagte dem Kläger zu, dass dieser das Fahrzeug abholen könne, sobald die Rechnung bezahlt worden sei. Zudem bot er dem Kläger an, sich das Auto in der Werkstatt des Beklagten mit einem Sachverständigen anzuschauen, um die Reparatur zu überprüfen. Der Kläger antworte dem Beklagten am 02.03.2019, dass er aufgrund der Bilder nicht erkennen können, ob eine Reparatur tatsächlich erfolgt sei und forderte den Beklagte auf, die Belege für die Ersatzteile im Wert von fast 3.000 € nachzureichen. Der Kläger verweigert weiterhin die Zahlung, bis die entsprechende Belege bzgl. der angeblich vorgenommen Reparatur laut Kostenvoranschlag vorliegen.

Der Zeuge … wurde mit Schreiben vom 13.05.2019 zur Vorlage aller Lieferscheine und Ersatzteilrechnungen, sowie Arbeitskarten bzgl. der Reparatur des Fahrzeuges des Klägers gem. § 142 I ZPO innerhalb von 2 Wochen aufgefordert. Nach Fristverstreichung wurde der Zeuge … am 05.06.2019 erneut zum Vorlage aufgefordert. Es wurden daraufhin am 06.06.2019 folgende Unterlagen eingereicht der Arbeitsauftrag vom 08.01.2019, die Kopie des Fahrzeugscheins, die Rechnung vom 21.03.2019 mit der Rechnungs-Nr. … und eine Teildokumentation der Ersatzteilrechnungen (Rechnung von Autoteile … über 64,55 €, Rechnung von … über 355, 97 € und Rechnung von …r Fahrzeugteile über 48,41 €).

Der Kläger behauptet im Wesentlichen, dass eine Reparatur laut Kostenvoranschlag weder vom Beklagten, noch von dem Drittunternehmer, dem Zeugen …, ausgeführt worden sei. Die vorgelegten Rechnungen seien fingiert. Wenn überhaupt eine Reparatur erfolgte sei, seien nicht, wie vereinbart und im Kostenvoranschlag aufgeführt, neue Einspritzdrüsen im Wert von 2.316 € eingebaut worden, sondern Gebrauchtware. Der Kläger behauptet, dies sei durch die von Herrn … eingereichte Rechnung vom 17.01.2019 über vier Einspritzdüsen im Wert von 355,97 € bestätigt worden. Aufgrund des wesentlichen niedrigeren Preises müsste es sich um Gebrauchtware handeln.

Der Kläger beantragt,

1) den Beklagten zur Herausgabe des Pkw’s der Marke Audi vom Typ A6 mit der Fahrzeug-Ident-Nr.: … und dem amtlichen Kennzeichen … zu verurteilen.

2) dem Beklagten eine Frist von 2 Wochen für die Herausgabe nach Rechtskraft des Urteils zu setzen

3) den Beklagten für den Fall, dass die Frist fruchtlos abläuft zur Zahlung von 5.000 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit Fristablauf zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, dass eine Reparatur durch Herrn … erfolgte sei, und zwar wie im Einzelnen auch von dem Zeugen dargelegt. Der Beklagte ist der Ansicht, dass ihm daher ein Zurückbehaltungsrecht zustehe, welches einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung iHV 4.023,10 € Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw’s begründe. Bei den eingebauten Teilen handele es sich um generalüberholte Bosch-Original-Teile.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet (§§ 985, 281 BGB, 510b ZPO).

Ein Anerkenntnisurteil konnte nicht erlassen werden, da das von dem Beklagten erklärte Anerkenntnis in dieser Fallkonstellation nicht wirksam ist (BGH NJW 1989, 1935). Der Beklagte hat dann ja auch zuletzt, was richtig ist, Klageabweisung beantragt, obwohl er sich eigentlich nur auf ein Zurückbehaltungsrecht beruft.

Grundsätzlich ist der Beklagte von Rechts wegen dazu verpflichtet, dem Kläger den PKW herauszugeben, da der Kläger Eigentümer desselben ist und der Beklagte ihn in Besitz hat (§ 985 BGB). Dies stellt auch der Beklagte nicht in Abrede, sondern beruft sich auf sein Zurückbehaltungsrecht (§ 986 I BGB).

Die Parteien hatten einen Werkvertrag geschlossen, der zwischenzeitlich von dem Kläger gekündigt wurde. Gemäß § 647 BGB kann der Beklagte grundsätzlich ein Unternehmerpfandrecht wegen seiner Forderungen aus dem Werkvertrag geltend machen. Dieses Unternehmerpfandrecht gäbe dem Beklagten ein Recht zum Besitz.

Dies setzt jedoch voraus, dass dem Beklagten gegen den Kläger Ansprüche auf Werklohn zustehen. Dies ist aber nicht der Fall. Dem Beklagten stehen gegen den Kläger keine Ansprüche auf Werklohn zu, da die von dem Beklagten erbrachte Werkleistung nicht den zwischen den Parteien vereinbarten Anforderungen entspricht und damit auch nicht abnahmefähig ist. Der Beklagte hat dem Kläger ein Angebot unterbreitet. In diesem Angebot ist nicht davon die Rede, dass in den PKW des Klägers generalüberholte Ersatzteile eingebaut werden sollen. Es sind auch keinerlei Umstände dafür ersichtlich, dass der Kläger damit rechnen musste, der Beklagte werde keine neuen Teile einbauen. Alleine aus dem Alter des PKW’s folgt dies noch nicht. Wenn dies jedoch nicht mit der erforderlichen Klarheit vereinbart wird, kann grundsätzlich jeder Kunde einer Werkstatt darauf vertrauen, dass eine Reparatur mit Neuteilen erfolgt. Nachdem dies hier nicht der Fall war, hat der Beklagte gegen den Kläger keinen Anspruch auf Vergütung aus Werklohn und damit auch kein Unternehmerpfandrecht und mithin auch kein Recht zum Besitz. Ein sonstiges Zurückbehaltungsrecht wurde nicht geltend gemacht und dürfte wohl auch nicht bestehen.

Demgemäß muss der Beklagte den PKW herausgeben. Eine derartige Herausgabeklage kann, wenngleich § 283 BGB alter Fassung aufgehoben wurde, gleichwohl nach ganz h. M. immer noch direkt mit einer Zahlungsklage verbunden werden (§ 510b ZPO). Letztlich war daher antragsgemäß zu erkennen.

Der Anspruch auf die Nebenforderungen folgt aus den §§ 280, 286, 288, 247 BGB.

Die Kosten des Rechtsstreites waren dem Beklagten aufzuerlegen, da er im Prozess unterlegen war (§ 91 I 1 ZPO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

 

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