Übersicht
- 1 Das Wichtigste in Kürze
- 2 Gesamtschuldnerische Haftung: Rechtliche Herausforderungen und aktuelle Urteile
- 3 Der Fall vor Gericht
- 3.1 Schadensersatzanspruch nach Kollision zwischen PKW und LKW im Kreuzungsbereich
- 3.2 Haftungsverteilung von 70 zu 30 Prozent zugunsten des LKW-Fahrers
- 3.3 Technische Analyse belegt Mitschuld beider Unfallbeteiligten
- 3.4 Versäumnisse auf beiden Seiten führten zur Kollision
- 3.5 Gerichtliche Schadensersatzzuweisung
- 4 Die Schlüsselerkenntnisse
- 5 Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- 5.1 Welche Rechte habe ich als Unfallbeteiligter direkt nach einem Verkehrsunfall?
- 5.2 Wie wird die prozentuale Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall ermittelt?
- 5.3 Welche Schadensposten kann ich nach einem Verkehrsunfall geltend machen?
- 5.4 Was bedeutet die gesamtschuldnerische Haftung bei Verkehrsunfällen?
- 5.5 Wie läuft die Schadensregulierung mit der gegnerischen Versicherung ab?
- 6 Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- 7 Wichtige Rechtsgrundlagen
- 8 Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Essen
- Datum: 24.11.2022
- Aktenzeichen: 16 O 116/21
- Verfahrensart: Zivilverfahren wegen Schadensersatzansprüchen aus einem Verkehrsunfall
- Rechtsbereiche: Straßenverkehrsrecht, Schadensrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Fahrer und Halter eines Pkw der Marke Q. Er fordert Schadensersatz für Schäden, die durch einen Verkehrsunfall mit einem Lkw verursacht wurden.
- Beklagter (Fahrer des Lkw): Führer eines Lkws der Marke E, der im Kreuzungsbereich zum Stehen kam und mit dem Fahrzeug des Klägers kollidierte.
- Beklagte (Versicherung des Lkw): Haftpflichtversicherung des Lkws, die eine Haftung für den Unfall ablehnt.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger fordert Schadensersatz nach einer Kollision mit einem Lkw in einem Kreuzungsbereich. Beide Parteien streiten über den Unfallhergang und die Schuldfrage.
- Kern des Rechtsstreits: Es geht um die Frage, welche der Parteien für den Verkehrsunfall verantwortlich ist und inwieweit Schadenersatzansprüche berechtigt sind.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, dem Kläger Schadensersatz in Höhe von insgesamt 4.491,97 EUR plus Zinsen zu zahlen. Der Kläger trägt 70 % und die Beklagten 30 % der Kosten des Rechtsstreits.
- Begründung: Das Gericht entschied, dass beide Parteien eine Teilschuld am Unfall tragen. Der Beklagte zu 1 hätte beim Anfahren sorgfältiger auf den Querverkehr achten müssen, während der Kläger dem Kreuzungsräumer Vorrang hätte gewähren müssen.
- Folgen: Das Urteil führt zu einer Kostenaufteilung, bei der der Kläger einen Teil der Kosten selbst zu tragen hat. Die Beklagten müssen den zugesprochenen Schadensersatz und die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten tragen. Das Ausbleiben weiterer Rechtsmittel macht das Urteil endgültig.
Gesamtschuldnerische Haftung: Rechtliche Herausforderungen und aktuelle Urteile
Die Gesamtschuldnerische Haftung ist ein zentraler Aspekt im Zivilprozess, der häufig in Fällen von gemeinschaftlicher Schuld relevant ist. Sie beschreibt die Situation, in der mehrere Schuldner für einen bestimmten Schadensersatzanspruch verantwortlich sind. Dabei können Gläubiger einen der Mitverpflichteten in vollem Umfang in Anspruch nehmen, was eine praktische und rechtliche Herausforderung für alle Beteiligten darstellt. Diese Haftungsregelung kommt oft bei vertraglichen oder deliktischen Ansprüchen zum Tragen und ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert.
Die Rechtsfolgen der gemeinschaftlichen Haftung sind von Bedeutung, wenn es um die Teilung der Haftung und das Forderungsmanagement geht. In der Regel müssen Schuldner auch über Verjährungsfristen und Haftung unter Mitausschluss Bescheid wissen, um die eigene rechtliche Stellung zu sichern. Ein genauer Blick auf aktuelle Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema bietet wertvolle Einblicke in die praktische Anwendung der gesetzlichen Regelungen, wie sie beispielsweise im folgenden Fall zum Ausdruck kommt.
Der Fall vor Gericht
Schadensersatzanspruch nach Kollision zwischen PKW und LKW im Kreuzungsbereich
Im Kreuzungsbereich der X-Straße/„B-Straße“ in F kam es zu einer Kollision zwischen einem PKW der Marke Q und einem LKW der Marke E. Der LKW-Fahrer hatte seinen Linksabbiegevorgang aufgrund eines im Kreuzungsbereich stehenden Müllfahrzeugs unterbrochen und wartete im Kreuzungsbereich. Als der PKW-Fahrer bei Grünlicht nach rechts abbiegen wollte, setzte der LKW-Fahrer seine Fahrt fort, wodurch es zum Zusammenstoß kam.
Haftungsverteilung von 70 zu 30 Prozent zugunsten des LKW-Fahrers
Das Landgericht Essen entschied, dass der PKW-Fahrer den Unfall überwiegend verursacht hat. Gemäß den §§ 11 Abs. 1, 1 Abs. 2 StVO muss ein Kraftfahrer, der bei Grünlicht in eine Kreuzung einfahren will, dem in der Kreuzung „hängengebliebenen“ Querverkehr die Möglichkeit geben, diese zu räumen. Der PKW-Fahrer hätte dem LKW als sogenanntem „Kreuzungsräumer“ Vorrang gewähren müssen.
Technische Analyse belegt Mitschuld beider Unfallbeteiligten
Ein Sachverständigengutachten ergab, dass der LKW eine Anfahrstrecke von 4,8 Metern zurücklegte und mit etwa 10 km/h mit dem PKW kollidierte, der seinerseits mit circa 6 km/h unterwegs war. Der ursprüngliche Seitenabstand von 4,5 Metern zwischen den Fahrzeugen hätte für ein sicheres Rechtsabbiegen des PKW ausgereicht, wäre der LKW in seiner Position verblieben.
Versäumnisse auf beiden Seiten führten zur Kollision
Dem LKW-Fahrer wurde eine Mitschuld von 30 Prozent zugewiesen, da er als Kreuzungsräumer nicht blind darauf vertrauen durfte, vorgelassen zu werden. Er hätte den Kreuzungsbereich vorsichtiger räumen und sich auch nach rechts orientieren müssen. Eine vorherige Verständigung zwischen den Fahrern hätte den Unfall vermeiden können.
Gerichtliche Schadensersatzzuweisung
Das Gericht verurteilte die Beklagten zur Zahlung von 4.491,97 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 EUR. Diese Summe entspricht 30 Prozent des Gesamtschadens, der sich aus Reparaturkosten, Wertminderung, Nutzungsausfall, Sachverständigenkosten, Kostenpauschale und Abschleppkosten zusammensetzt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Ein Autofahrer, der bei Grün in eine Kreuzung einfahren will, muss einem dort bereits stehenden Fahrzeug („Kreuzungsräumer“) die Möglichkeit geben, diese zu verlassen – auch wenn er selbst Grün hat. Der Kreuzungsräumer muss allerdings ebenfalls vorsichtig und unter Beachtung des querenden Verkehrs die Kreuzung räumen. Bei einem Unfall in solch einer Situation trägt der bei Grün einfahrende Verkehrsteilnehmer in der Regel die Hauptschuld, während der Kreuzungsräumer nur eine Mitschuld haben kann.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Wenn Sie an einer Ampel stehen und in der Kreuzung befindet sich bereits ein anderes Fahrzeug, müssen Sie diesem auch bei Grün zunächst das Räumen der Kreuzung ermöglichen. Fahren Sie in solchen Situationen besonders vorsichtig an und versuchen Sie Blickkontakt mit dem anderen Fahrer aufzunehmen. Als Kreuzungsräumer sollten Sie nicht einfach losfahren, sondern sich ebenfalls vergewissern, dass die anderen Verkehrsteilnehmer Sie wahrgenommen haben. Eine kurze Verständigung durch Handzeichen oder Blinker kann hier Unfälle vermeiden. Bei einem Unfall in solch einer Situation müssen Sie als einfahrender Verkehrsteilnehmer mit einer höheren Haftungsquote rechnen.
Benötigen Sie Hilfe?
Verkehrsunfälle an Kreuzungen werfen oft komplexe Haftungsfragen auf, besonders wenn es um die Rechte von Kreuzungsräumern geht. Unsere erfahrenen Anwälte analysieren Ihren individuellen Fall und prüfen alle relevanten Aspekte der Schuld- und Haftungsverteilung. Lassen Sie uns gemeinsam die optimale rechtliche Strategie für Ihre Situation entwickeln – ein kurzes Gespräch kann entscheidend sein. ✅ Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Rechte habe ich als Unfallbeteiligter direkt nach einem Verkehrsunfall?
Als Unfallbeteiligter stehen Ihnen unmittelbar nach einem Verkehrsunfall mehrere grundlegende Rechte zu.
Recht auf Informationsaustausch
Sie haben das Recht auf vollständige Angaben des Unfallgegners zu Namen, Anschrift, Fahrzeugdaten und Versicherungsinformationen. Diese Informationen sind für die spätere Schadensregulierung unerlässlich.
Recht auf Beweissicherung
Die Unfallspuren dürfen nicht beseitigt werden, bevor alle notwendigen Feststellungen getroffen wurden. Sie können Fotos von der Unfallstelle, den beteiligten Fahrzeugen und den Schäden anfertigen.
Recht auf Aussageverweigerung
Wenn die Polizei den Unfall aufnimmt, haben Sie ein Aussageverweigerungsrecht zum Unfallhergang. Dies gilt besonders, wenn Sie möglicherweise als Unfallverursacher in Betracht kommen.
Schadensersatzansprüche
Bei unverschuldetem Unfall haben Sie Anspruch auf Erstattung verschiedener Schadenspositionen:
- Reparaturkosten
- Mietwagenkosten
- Nutzungsausfallentschädigung
- Bei Verletzungen auch Schmerzensgeld
Recht auf Sachverständigengutachten
Bei größeren Schäden können Sie einen Sachverständigen beauftragen. Die Kosten hierfür trägt bei eindeutiger Schuldfrage die gegnerische Versicherung.
Wartezeit am Unfallort
Sie haben das Recht auf eine angemessene Wartezeit, wenn der Unfallgegner nicht vor Ort ist. Nach Ablauf dieser Zeit können Sie den Unfallort verlassen, müssen aber Ihre Kontaktdaten hinterlassen und den Unfall nachträglich bei einer Polizeidienststelle melden.
Wie wird die prozentuale Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall ermittelt?
Die prozentuale Haftungsverteilung bei einem Verkehrsunfall basiert auf § 17 Straßenverkehrsgesetz (StVG) und berücksichtigt zwei zentrale Faktoren: das Verschulden der Beteiligten und die Betriebsgefahr der Fahrzeuge.
Bewertung des Verschuldens
Bei der Ermittlung der Haftungsquoten wird zunächst das Verschulden der Unfallbeteiligten bewertet. Dabei spielen Verkehrsverstöße und die Schwere der Regelverletzungen eine maßgebliche Rolle. Wenn Sie beispielsweise die Vorfahrt missachten, kann dies zu einer Haftungsquote von bis zu 75% zu Ihren Lasten führen.
Einfluss der Betriebsgefahr
Die Betriebsgefahr beträgt bei normalen Personenkraftwagen grundsätzlich 20-25% der Haftungsquote. Bei größeren Fahrzeugen wie LKWs erhöht sich dieser Anteil auf 30-40%, da von ihnen aufgrund ihrer Masse und des längeren Bremswegs eine höhere Gefährdung ausgeht.
Praktische Haftungsverteilung
Die konkrete Verteilung erfolgt durch Abwägung aller Umstände des Einzelfalls. Stellen Sie sich vor, Ihr Fahrzeug kollidiert mit einem anderen PKW:
- Bei einem einseitigen Verschulden kann die Haftung bis zu 100% betragen.
- Bei einem beidseitigen Verschulden sind Quoten wie 70:30 oder 60:40 üblich.
- Selbst ohne eigenes Verschulden müssen Sie aufgrund der Betriebsgefahr mit einer Haftung von 20-25% rechnen.
Die Gerichte berücksichtigen dabei auch besondere Umstände wie schlechte Witterung, Straßenverhältnisse oder technische Mängel der Fahrzeuge. Die endgültige Quote wird entweder durch die Versicherungen ausgehandelt oder im Streitfall durch ein Gericht festgelegt.
Welche Schadensposten kann ich nach einem Verkehrsunfall geltend machen?
Nach einem Verkehrsunfall können Sie verschiedene Schadensposten geltend machen, die auf der Grundlage des § 249 BGB basieren. Dieser sieht vor, dass der Zustand wiederhergestellt werden muss, der ohne den Unfall bestehen würde.
Sachschäden am Fahrzeug
Bei Beschädigung Ihres Fahrzeugs haben Sie Anspruch auf Reparaturkosten oder im Fall eines wirtschaftlichen Totalschadens auf den Wiederbeschaffungsaufwand abzüglich des Restwerts. Eine merkantile Wertminderung können Sie zusätzlich geltend machen, wenn der Schaden über der Bagatellgrenze von etwa 750 Euro liegt.
Nutzungsausfall und Mobilitätskosten
Während der Reparaturdauer steht Ihnen entweder die Erstattung der Mietwagenkosten oder alternativ eine Nutzungsausfallentschädigung zu. Die Höhe richtet sich nach der Schwacke-Liste und berücksichtigt Fahrzeugtyp sowie Alter.
Personenschäden
Bei erlittenen Verletzungen können Sie Heilbehandlungskosten und Schmerzensgeld beanspruchen. Das Schmerzensgeld bemisst sich nach der Schwere der Verletzungen und dient sowohl dem Ausgleich als auch der Genugtuung.
Weitere erstattungsfähige Positionen
Ihnen stehen auch Ersatzansprüche für Sachverständigenkosten, Abschleppkosten und eine Unkostenpauschale für Telefonate und Korrespondenz zu. Bei Verdienstausfall oder der Notwendigkeit einer Haushaltshilfe können Sie diese Kosten ebenfalls geltend machen.
Besondere Aufwendungen
Zusätzlich sind Fahrt- und Wegekosten, Entsorgungskosten sowie Ab- und Anmeldekosten erstattungsfähig. Bei gewerblicher Nutzung kann auch der entgangene Gewinn geltend gemacht werden.
Was bedeutet die gesamtschuldnerische Haftung bei Verkehrsunfällen?
Die gesamtschuldnerische Haftung bei Verkehrsunfällen bedeutet, dass mehrere Personen gemeinsam für einen entstandenen Schaden haften. Wenn Sie als Geschädigter einen Verkehrsunfall erlitten haben, können Sie den vollen Schadensersatz von jedem der Beteiligten verlangen.
Beteiligte der Gesamtschuldnerschaft
Bei einem Verkehrsunfall können verschiedene Parteien als Gesamtschuldner in Betracht kommen. Dazu gehören der Fahrzeughalter nach § 7 StVG, der Fahrzeugführer nach § 18 StVG und die Haftpflichtversicherung gemäß § 115 VVG. Stellen Sie sich vor, ein Fahrzeug verursacht einen Unfall – dann können Sie als Geschädigter wählen, ob Sie den Schadensersatz vom Fahrer, vom Halter oder direkt von der Versicherung einfordern möchten.
Praktische Bedeutung
Die gesamtschuldnerische Haftung bietet Ihnen als Geschädigtem einen wichtigen Vorteil: Sie müssen sich nicht darum kümmern, wie der Schaden zwischen den Verursachern aufgeteilt wird. Sie können den gesamten Schadensersatz von einem einzigen Gesamtschuldner verlangen. In der Praxis wenden sich die meisten Geschädigten direkt an die Haftpflichtversicherung, da diese in der Regel zahlungskräftig ist.
Interner Ausgleich
Die Gesamtschuldner können untereinander einen Ausgleich vornehmen, der sich nach den jeweiligen Verursachungsbeiträgen richtet. Wenn beispielsweise zwei Fahrer einen Unfall verursacht haben und einer zu 70% und der andere zu 30% schuld ist, kann derjenige, der den gesamten Schaden bezahlt hat, vom anderen seinen Anteil zurückfordern.
Wie läuft die Schadensregulierung mit der gegnerischen Versicherung ab?
Die Schadensregulierung beginnt unmittelbar nach dem Unfall mit der Dokumentation des Schadensereignisses. Sie müssen unverzüglich sowohl Ihre eigene als auch die gegnerische Haftpflichtversicherung über den Unfall informieren.
Erste Schritte der Schadensregulierung
Nach der Schadensmeldung nimmt die gegnerische Versicherung Kontakt mit ihrem Versicherungsnehmer auf und holt dessen Unfallschilderung ein. Stimmen die Schilderungen überein, kann die Versicherung die Haftung festlegen. Bei einer 100-prozentigen Haftung erhalten Sie den kompletten Schaden ersetzt.
Umfang der Regulierung
Die gegnerische Versicherung übernimmt bei nachgewiesener Haftung:
- Die Reparaturkosten gemäß Gutachten (bis zu 130% des Wiederbeschaffungswerts)
- Kosten für Mietwagen oder Nutzungsausfall
- Abschleppkosten und Verbringungskosten
- Gutachterkosten
- Wertminderung des Fahrzeugs
- Eine Kostenpauschale von 25 Euro für allgemeinen Aufwand
Zeitlicher Ablauf
Der Versicherung steht für die Schadensregulierung eine Prüffrist von 4 bis 6 Wochen zu, nachdem die Schadenersatzforderung eingegangen ist. Die tatsächliche Dauer hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie der Komplexität des Schadens und der Erstellung des Gutachtens.
Wichtige Hinweise
Von einer Schadensregulierung ohne Versicherung sollten Sie absehen, auch wenn der Unfallgegner dies vorschlägt. Das Risiko, auf den Kosten sitzenzubleiben, ist zu hoch.
Bei der Schadensregulierung nach Gutachten oder Kostenvoranschlag wird der konkrete Schaden beziffert. Die Versicherung prüft diese Unterlagen und berechnet auf dieser Basis die Schadenssumme.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Kreuzungsräumer
Ein Kreuzungsräumer ist ein Verkehrsteilnehmer, der sich bereits in einer Kreuzung befindet und diese nicht rechtzeitig vor dem Signalwechsel verlassen konnte. Nach § 11 Abs. 1 StVO haben andere Verkehrsteilnehmer dem Kreuzungsräumer Vorrang zu gewähren, auch wenn sie selbst bereits Grün haben. Dies dient der Vermeidung von Verkehrsstaus und der Sicherheit aller Beteiligten. Ein typisches Beispiel ist ein LKW, der wegen eines Hindernisses in der Kreuzung warten muss und diese erst bei der nächsten Grünphase verlassen kann.
Gesamtschuldnerische Haftung
Bei der gesamtschuldnerischen Haftung (§§ 421 ff. BGB) haften mehrere Schuldner gemeinsam für einen Schaden. Der Gläubiger kann von jedem Schuldner die gesamte Leistung verlangen, aber nur einmal einfordern. Im Innenverhältnis können die Schuldner dann untereinander Ausgleich nach ihren Haftungsanteilen verlangen. Beispiel: Wenn zwei Autofahrer gemeinsam einen Unfall verursachen, kann der Geschädigte den gesamten Schaden von einem der beiden einfordern, dieser kann dann vom anderen seinen Anteil zurückverlangen.
Deliktische Ansprüche
Deliktische Ansprüche entstehen aus unerlaubten Handlungen nach §§ 823 ff. BGB, also wenn jemand rechtswidrig und schuldhaft einen anderen schädigt. Anders als bei vertraglichen Ansprüchen muss keine Vertragsbeziehung bestehen. Im Straßenverkehr sind dies typischerweise Schadensersatzansprüche nach Unfällen. Beispiel: Ein Autofahrer beschädigt durch eine Vorfahrtsverletzung ein anderes Fahrzeug – der Geschädigte hat einen deliktischen Anspruch auf Schadensersatz.
Verjährungsfristen
Verjährungsfristen sind gesetzlich festgelegte Zeiträume (§§ 194 ff. BGB), nach deren Ablauf ein Anspruch nicht mehr durchgesetzt werden kann. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt. Bei Verkehrsunfällen bedeutet dies: Der Geschädigte muss seinen Anspruch innerhalb dieser Frist geltend machen, sonst kann der Schuldner die Zahlung verweigern.
Sachverständigengutachten
Ein Sachverständigengutachten ist eine unparteiische fachliche Beurteilung durch einen öffentlich bestellten und vereidigten Experten. Im Verkehrsrecht dient es als Beweismittel zur Feststellung von Unfallhergang, Schadenshöhe und technischen Details (§ 404 ZPO). Der Gutachter analysiert beispielsweise Unfallspuren, Fahrzeugschäden und Bewegungsabläufe, um die Unfallursache und Schuldfrage zu klären. Seine Einschätzung ist für das Gericht wichtige Entscheidungsgrundlage.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 823 BGB (Schadensersatzpflicht): Dieser Paragraph regelt die allgemeine Schadensersatzpflicht im deutschen Zivilrecht. Er legt fest, dass jemand, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen verletzt, der verletzten Person zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet ist. Im vorliegenden Fall macht der Kläger Schadensersatzansprüche gegenüber den Beklagten geltend, weil er durch den Verkehrsunfall einen erheblichen Schaden erlitten hat.
- § 7 StVG (Haftung des Fahrzeughalters): Laut diesem Paragraphen haftet der Halter eines Fahrzeugs für Schäden, die durch den Betrieb des Fahrzeugs entstehen. Diese Haftung ist unabhängig von einem Verschulden des Fahrers. Im konkreten Fall sind die Beklagten als Gesamtschuldner zu belangen, da der Beklagte zu 1) als Fahrer des Lkw und die Beklagte zu 2) als dessen Haftpflichtversicherer für die verursachten Schäden des Klägers verantwortlich sind.
- § 254 BGB (Mitverschulden): Dieser Paragraph behandelt die Möglichkeit, dass der Geschädigte selbst durch sein Verhalten zum Schaden beigetragen haben könnte. In solchen Fällen kann die Schadensersatzforderung entsprechend gekürzt werden. Im vorliegenden Fall könnte eine Prüfung des Unfallhergangs und der Umstände wichtig sein, um festzustellen, ob der Kläger möglicherweise selbst fahrlässig gehandelt hat.
- § 249 BGB (Ersatzpflicht): Dieser Paragraph regelt, dass der Geschädigte so zu stellen ist, wie er ohne die schädigende Handlung gestanden hätte. Das bedeutet, dass alle notwendigen und angemessenen Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes übernommen werden müssen. Der Kläger hat im Urteil Anspruch auf die Reparaturkosten seines Fahrzeugs sowie auf Wertminderung und Nutzungsausfall, die allesamt unter diese Regelung fallen.
- § 63 Abs. 1 VVG (Rechtsschutzversicherung): Dieser Paragraph behandelt die Regelungen zur Kostendeckung durch eine Rechtsschutzversicherung. Bei einem Verkehrsunfall kann der Geschädigte unter bestimmten Umständen die Kosten für die Rechtsverfolgung, wie etwa Anwaltskosten, von seiner Rechtsschutzversicherung ersetzt bekommen. Im Fall des Klägers hat die Rechtsschutzversicherung die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten übernommen, was seine Klageerhebung und den Anspruch auf Schadensersatz erleichtert hat.
Das vorliegende Urteil
Landgericht Essen – Az.: 16 O 116/21 – Urteil vom 24.11.2022
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