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Hotelgutschein – Unmöglichkeit der Leistungserbringung

AG Neukölln, Az.: 16 C 373/16, Urteil vom 12.06.2017

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 438,00 € (vierhundertachtunddreißig Euro) nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.09.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Darstellung des Tatbestands bedarf es nicht, § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist im Wesentlichen begründet.

1. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten Anspruch gemäß §§ 326 Abs. 1,326 Abs. 4,346 BGB auf Rückerstattung der Zahlung in Höhe von 438,00 €.

a. Es ist unstreitig, dass die Klägerin über das Internetportal … zwei darin so bezeichnete „Gutscheine“ mit einem darin so bezeichneten „Wert“ in Höhe von jeweils 629,00 € für diverse Leistungen, bestehend aus 2 Übernachtungen in dem von der Beklagten betriebenen … Hotel in Berlin für 2 Personen inklusive Frühstück und 2 …, für den Zeitraum vom 27.08.2016-29.08.2016 gegen ein Entgelt in Höhe von jeweils 219,00 € und danach in Höhe von insgesamt 438,00 € erwarb.

Hotelgutschein - Unmöglichkeit der Leistungserbringung
Symbolfoto: Georges DIEGUES/Bigstock

b. Es ist ferner unstreitig, dass eine Firma … die Gutscheine auf dem Internetportal angeboten und nach der an sie geleisteten Zahlung der Klägerin übersandt hatte.

c. Es ist weiter unstreitig, dass die Klägerin daraufhin die nach der Beschreibung im Internetportal vom Gutschein umfassten Leistungen bei der Beklagten buchte und diese der Klägerin per E-Mail vom 26.04.2016 (Blatt 9,10) die Reservierung bestätigte. Damit kam zwischen den Parteien ein Beherbergungsvertrag zu Stande.

d. Die Firma … war dabei als Vermittlerin der Beklagten tätig.

Eine Vermittlungsleistung liegt vor, wenn eine Mittelsperson, die nicht den Platz einer der Parteien des zu vermittelnden Vertrages einnimmt und deren Tätigkeit sich von den vertraglichen Leistungen, die von den Parteien dieses Vertrages erbracht werden, unterscheidet, das Erforderliche tut, damit zwei Parteien einen Vertrag schließen. Die Mittlertätigkeit kann darin bestehen, einer Vertragspartei Gelegenheiten zum Abschluss eines Vertrages nachzuweisen, mit der anderen Partei Kontakt aufzunehmen oder über die Einzelheiten der gegenseitigen Leistungen zu verhandeln. Hierfür genügt, dass die Firma …… auf dem Internetportal Hotels nachwies, denen gegenüber die Erwerber berechtigt sein sollten, Verträge über zwei Übernachtungen zu den im Voraus von der Firma …. mit den Hotels ausgehandelten Konditionen abzuschließen (vgl. BFH, Urteil vom 08. September 2011 – V R 42/10 –, BFHE 235, 492, BStBl II 2012, 248). Letzteres ist hier der Fall, da die auf dem Internetportal im einzelnen aufgeführten Leistungen des von der Beklagten geführten Hotels jedenfalls nicht mit den sodann an die Beklagte vermittelten Vertragspartnern verhandelbar waren, sondern allein aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung zwischen der Firma …… und der Beklagten beruhen. Dies rechtfertigt zugleich die Annahme, dass die Firma ……. ein konkretes Vertragsangebot der Beklagten auf Abschluss eines Beherbergungsvertrages mit einem festgelegten Inhalt, mithin für die Beklagte selbst vermittelte.

e. Die Firma … nahm danach das von der Klägerin entrichtete Entgelt für die Gutscheine zumindest nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht als Vertreterin der Beklagten und danach mit Erfüllungswirkung gemäß § 362 Abs. 1 BGB entgegen.

Eine Duldungsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses dulden nach Treu und Glauben dahin versteht und verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH WM 2011, 1148). Eine Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters nicht kennt, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können und der andere Teil annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters. Dies gilt ebenso für Geschäfte, die über das Internet abgewickelt werden, auch wenn bei der Nutzung eines fremden Namens beim Geschäftspartner der Anschein erweckt wird, es solle mit dem Namensträger ein Geschäft abgeschlossen werden, und dabei eine falsche Vorstellung über die Identität des Handelnden hervorgerufen wird (BGH NJW 2011, 2421-2423).

Der jedenfalls von der Klägerin als Anlage K1 eingereichte Auftritt des Internetportals ….. enthält keinen Hinweis auf eine Firma …. folglich auch nicht darauf, dass diese etwa auf eigene Rechnung Gutscheine verkauft, die jedenfalls nicht ohne weiteres als Zahlungsmittel von den jeweils vermittelten Hotelbetrieben akzeptiert werden sondern erst dann, wenn die im gesamten Internetauftritt unbenannt gebliebene Firma einen zwischen ihr und dem jeweils vermittelten Hotelbetrieb vereinbarten Betrag tatsächlich an diesen weitergeleitet hat. Stattdessen ist im Internetauftritt allein die Beklagte benannt, welcher gegenüber „Reservierung & Buchung“ unter Mitteilung von deren E-Mail sowie Homepage vorzunehmen sei. Folglich durfte die Klägerin beim Erwerb des Gutscheins, annehmen, dass sie bereits damit allein mit der Beklagten in vertragliche Beziehung getreten sei und infolgedessen den für die sich daran anschließende Buchung geschuldeten Betrag tatsächlich an die Beklagte selbst bezahlt habe. Die Beklagte wusste oder musste zumindest wissen, wie die Firma … ihren Internetauftritt zur Vermittlung der Gutscheine gestaltete, zumal nach ihrem eigenen Vortrag zwischen der Firma … und ihr vereinbart war, dass diese berechtigt sein sollte, „das Angebot“ im Internet zu platzieren. Damit ließ es die Beklagte wissentlich geschehen oder verhinderte jedenfalls nicht, dass besagte Firma … mit ihrem Internetauftritt den Eindruck erweckte, bereits der Erwerb des Gutscheins führe zur Zahlung auf den daraufhin vermittelten und mit ihr zustande gekommenen Beherbergungsvertrag.

Soweit schließlich die Klägerin unstreitig nach Erwerb des Gutscheins die danach vermittelten Leistungen direkt bei der Beklagten buchte, enthält deren Bestätigung gemäß E-Mail vom 26.04.2016 (Blatt 9,10) ebenfalls keinerlei Hinweis darauf, dass der darauf als „Zahlungsart“ bezeichnete „Gutschein“ nur unter dem Vorbehalt als Zahlungsmittel akzeptiert werde, dass die Beklagte zuvor einen offenbar zwischen ihr und der besagten Firma … vereinbarten Betrag tatsächlich ausbezahlt erhalten habe. Vielmehr findet sich dort nur der Hinweis, dass für die „Abrechnung“ der „Gutschein“ bei der Anreise vorzulegen sei, dagegen kein Hinweis etwa auf die vermittelnde Firma. Die Beklagte brachte damit zumindest schlüssig zum Ausdruck, dass der Gutschein als einziges Zahlungsmittel und damit bereits dessen entgeltlicher Erwerb für die Bezahlung der Rechnung genüge, und genehmigte danach zumindest nachträglich den Erwerb des Gutscheins und die Bezahlung des Entgelts hierfür an die vermittelnde Firma als Erfüllung ihres Entgeltanspruchs aus dem Beherbergungsvertrag.

f. Es ist unstreitig, dass die Beklagte der Klägerin sodann per E-Mail vom 02.08.2016 (Blatt 11-13) mitteilte, dass ihr Haus die Gutscheine nicht einlösen könne, nachdem eine Firma … sowie deren Tochterunternehmen, eine Firma …, von welcher die Klägerin den „Gutschein mit Aufenthalt… erworben“ hätten, jeweils hätten, „vorläufig das Insolvenzverfahren eröffnen“ müssen, und die bereits gebuchten Leistungen in 2 Alternativen von einer weiteren Zahlung abhängig machte, mithin die von der Klägerin erworbenen Gutscheine nicht als bereits geleistete Zahlung akzeptierte.

Es ist weiter unstreitig, dass die Klägerin hierauf die bei der Beklagten reservierten Leistungen nicht in Anspruch nahm. Diese wurden der Beklagten folglich nach Zeitablauf im Sinne von § 275 Abs. 1 BGB unmöglich. Die Klägerin hatte diese Unmöglichkeit nicht im Sinne von § 326 Abs. 2 Satz 1 BGB zu vertreten, da sie das Entgelt für die Buchung bereits an die Firma … als Vermittlerin der Beklagten und infolgedessen auch mit Erfüllungswirkung im Sinne von § 362 Abs. 1 BGB geleistet hatte und die Beklagte sich gleichwohl weigerte, die von ihr geschuldete Leistung ohne weiteres Entgelt zu erbringen. Folglich hat die Klägerin Anspruch auf Rückerstattung des bereits geleisteten Entgelts.

2. Die Klägerin hat ferner gemäß § § 286 Abs. 1,288 Abs. 1 BGB Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zugang des Anwaltsschreibens vom 05.09.2016, der bei üblichem Postlauf für den 06.09.2016 anzunehmen ist, da sie die Beklagte damit zugleich zur Zahlung auffordern ließ. Ein früher Verzugseintritt ist nicht dargelegt. Insbesondere genügt entgegen der Auffassung der Kläger nicht, dass die Beklagte per E-Mail vom 02.08.2016 (Blatt 11-13) mitteilte, dass die Gutscheine nicht mehr einzulösen seien. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte bereits damit allenfalls die von ihr selbst geschuldete Leistung im Sinne der §§ 281 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 ernsthaft und endgültig verweigert hätte wie die Klägerin meint. In diesem Falle hätte die Klägerin zur Rückerstattung der von ihr geleisteten Zahlung zunächst Schadenersatz verlangen bzw. den hierauf bezogenen Rücktritt erklären und die Beklagte insoweit erneut in Verzug setzen müssen. Dies geschah allerdings frühestens mit Anwaltsschreiben vom 05.09.2016.

3. Die Klägerin hat aus den oben zu I.2. dargelegten Gründen keinen auf die §§ 280 Abs. 2,286 Abs. 1 BGB gestützten Anspruch auf Erstattung der außergerichtlich entstandenen Rechtsverfolgungskosten. Soweit die Klägerin danach die Beklagte frühestens mit Anwaltsschreiben vom 05.09.2016 in Zahlungsverzug setzte, sind die dadurch veranlassten Kosten nicht erstattungsfähig (BGH NJW-RR 2013,14).

II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1,708 Nr. 11,713 ZPO.

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