Unfall am Kreuzungspunkt: Ein Blick auf den Konflikt zwischen Linksabbieger und Querverkehr
In einer Ereigniskette, die in der deutschen Stadt Heide ihren Ursprung nahm, ist die Situation an einer Kreuzung zwischen einem Linksabbieger und Querverkehr eskaliert. Dieser Fall, der vor dem Amtsgericht Meldorf (Az.: 94 C 689/19) verhandelt wurde, wirft ein Schlaglicht auf die Komplexität von Verkehrsregeln und die rechtlichen Konsequenzen, die aus ihrer Missachtung resultieren können.
Am Abend des 21. Februar 2019 fand eine entscheidende Kollision statt. Ein VW Polo, geführt von einer Zeugin, näherte sich einer Kreuzung, bereit, nach links abzubiegen. Gleichzeitig fuhr ein Mercedes-Benz 200 CDI, besetzt mit dem ersten Beklagten und gehalten vom zweiten, auf derselben Kreuzung, jedoch in Querrichtung. Bei einem Versuch des VW Polo, den Abbiegevorgang durchzuführen, stieß der Mercedes mit der Fahrerseite des Polo zusammen, was zu erheblichen Schäden führte. Die Klägerseite behauptet, dass die Ampel zum Zeitpunkt des Einbiegens in die Kreuzung grün gezeigt hat.
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Übersicht
Die juristischen Implikationen
Infolge des Unfalls wurde der VW Polo derart getroffen, dass er um 90 Grad gedreht wurde, was einen Totalschaden am Fahrzeug zur Folge hatte. Als Wiederbeschaffungswert des Autos wurden 3150 Euro veranschlagt. Die Klägerin beauftragte ein Privatgutachten zur Schadenshöhe, das weitere Kosten von 455,66 Euro verursachte. Darüber hinaus entstanden ihr für die Wiederbeschaffung des Autos sowie für Mietwagen- und Zulassungskosten weitere Ausgaben.
Geltendmachung von Schadenersatz
In einem Schreiben vom 1. März 2019 forderte die Klägerin von der Gegenseite Schadenersatz und setzte eine Frist zur Zahlung bis zum 6. März 2019. Sie argumentierte, dass die Ampel zum Zeitpunkt des Einbiegens in die Kreuzung grün angezeigt hätte. Trotzdem kam es zu einer Kollision mit dem Querverkehr.
Schlussfolgerung des Gerichts
Nach einer gründlichen Prüfung des Falls und der vorgetragenen Argumente kam das Gericht zu einem Urteil. Das Gericht entschied, die Klage abzuweisen. Es legte die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auf und gab an, dass das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar ist. Der Streitwert wurde auf 3.968,56 Euro festgesetzt.
Dieser Fall veranschaulicht die Bedeutung von Sicherheit und Vorsicht im Straßenverkehr. Die Unklarheit über die genauen Umstände des Unfalls und die Frage, wer zu diesem Zeitpunkt Vorfahrt hatte, haben letztendlich zu einem Gerichtsverfahren geführt, das sowohl zeitlich als auch finanziell belastend für die Beteiligten war.
Das vorliegende Urteil
AG Meldorf – Az.: 94 C 689/19 – Urteil vom 22.04.2021
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 3.968,56 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Folgen eines Verkehrsunfalls vom 21. Februar 2019 in Heide.
An diesem Tag fuhr die Zeugin … gegen 18.15 Uhr mit dem Fahrzeug der Klägerin und Halterin, einem VW Polo, amtliches Kennzeichen …, die Straße Westerweide in Heide entlang. Sie erreichte den Bereich der Kreuzung der Westerweide mit der Marschstraße und fuhr unter im einzelnen streitigen Umständen in den Kreuzungsbereich ein, um nach links abzubiegen. Der Beklagte zu 1. fuhr mit dem von der Beklagten zu 2. gehaltenen Fahrzeug, einem Mercedes-Benz 200 CDI, amtliches Kennzeichen …, der bei der Beklagten zu 3. haftpflichtversichert ist, die Marschstraße in Richtung Büsum entlang. Im Kreuzungsbereich der beiden Straßen stieß er unter streitigen Umständen mit dem Fahrzeug der Klägerin zusammen.
Das Beklagtenfahrzeug fuhr mit seiner vorderen linken Seite gegen die Fahrerseite des Klägerfahrzeugs. Das Fahrzeug‘ der Klägerin wurde durch den Anprall um 90° nach links gedreht und stand schließlich in entgegengesetzter Fahrtrichtung zu dem der Beklagtenseite.
Am Fahrzeug der Klägerin entstand ein Totalschaden. Der Wiederbeschaffungswert des Autos betrug 3150 Euro bei einem Restwert von 250 Euro.
Die Klägerin holte ein Privatgutachten zur Schadenshöhe ein, das 455,66 Euro kostete. Auf das Gutachten in Anlage KI Wird für die Schadenspositionen, auf die Kostenrechnung in Anlage K2 für die Gutachterkosten verwiesen. Das Gutachten wurde am 26. Februar 2019 erstellt. Die Klägerin hatte für die Wiederbeschaffungsdauer, deren Details streitig sind, für zwei Tage einen Mietwagen erhalten, der 79 Euro kostete (Anlage K2b). Das neue Fahrzeug wurde am 25. März 2019 zugelassen, Anlage K2c. Der Klägerin 116,90 Euro Zulassungskosten, insoweit wird auf die Zulassungskostenbelege in Anlage K2a Bezug genommen. Die Klägerin macht ferner eine allgemeine Kostenpauschale von 30 Euro geltend.
Die Klägerin wandte sich mit Anwaltsschreiben vom 1. März 2019, Anlage K3, an die Gegenseite, und setzte eine Frist zur Zahlung bis zum 6. März 2019.
Die Klägerin behauptet, die Ampel in ihrer Richtung habe für die Zeugin … grün gezeigt, als sie in die Kreuzung eingefahren sei; Die Zeugin habe vor dem Unfall mit ihrem Auto bereits auf der Höhe der querenden Straßen gestanden und den Querverkehr pflichtgemäß beobachtet und festgestellt, dass dieser noch rot gehabt habe und stand. Sie habe daher weiterfahren und abbiegen dürfen.
Der Klägerin seien 21 Tage Nutzungsausfall entstanden.
Sie errechnet vorgerichtliche Anwaltskosten von 413,64 Euro wie aus der Klageschrift, BI. 5 d.A., ersichtlich, und beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.968,56 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7. März 2019 und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 413,64 Euro zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, Klagabweisung.
Sie behaupten, der Beklagte zu 1. habe auf seiner Fahrt die Marschstraße entlang an der Kreuzung Marschstraße/Westerweide zunächst an der roten Ampel gehalten. Als die Ampel grün geworden sei, sei er geradeaus weitergefahren, um die Kreuzung in Richtung Büsum zu passieren. Die Zeugin … sei aus seiner Sicht von rechts kommend plötzlich und mit überhöhter Geschwindigkeit aus der Westerweide in den Kreuzungsbereich eingefahren. Er habe trotz einer Gefahrenbremsung keine Möglichkeit mehr gehabt, den Zusammenstoß zu vermeiden. Die Zeugin … habe wegen stockenden Verkehrs zunächst nicht in die Kreuzung einfahren können. Sie sei daher kurz nach „ihrer“ Ampel stehen geblieben. Von dort sei sie rasant losgefahren, als die Ampel für den Beklagten zu 1. schon grün gezeigt habe Die Zeugin … habe vor dem Unfall keinesfalls bereits mit dem Auto im Kreuzungsbereich gestanden.
Die Beklagten sind der Ansicht, die Zeugin … habe gegen § 11 Abs. 1 StVO verstoßen. Sie habe die Ampel gar nicht passieren dürfen; sie stelle sich als sog. „unechte Nachzüglerin“ dar, die die Kreuzung nicht mehr hätte passieren dürfen, selbst wenn die Ampel für sie ursprünglich grün gezeigt haben sollte. Sie meint, die Schadensbilder zeigten, dass der von Klägerseite geschilderten Verlauf unmöglich sei. Zudem ergäben sich allenfalls 17 Kalendertage Nutzungsausfall.
Das Gericht hat den Beklagten zu 1 im Termin vom 27. Februar 2020 persönlich angehört. In diesem Termin hat es ferner die Zeugen … vernommen. Für das Ergebnis der Anhörung und Vernehmungen wird auf das Protokoll BI. 93 – 101 d.A. Bezug genommen. Im Termin vom 30. März 2021 hat es sodann die Zeugin … vernommen. In diesem Termin hat ferner der Sachverständige … ein mündliches Gutachten zum Unfallhergang erstattet. Für die Ergebnisse wird auf däs Protokoll der Sitzung, BI. 201 ff. d.A., Bezug genommen, sowie zudem auf die schriftliche Vorabfassung des Gutachtens, Bl. 180 ff. d.A.
Entscheidungsgründe
1. Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
1. Der Unfallhergang stellt sich für das Gericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme im entscheidenden Teil wie folgt dar:
Der Beklagte zu 1. wartete vor dem Unfall an der für ihn zunächst rot zeigenden Ampel an der Kreuzung Westerweide/Marschstraße auf der Marschstraße. Als die Ampel für ihn auf grün umschaltete, fuhr er an und beschleunigte den Mercedes in die Kreuzung hinein. Die Zeugin … hatte mit ihrem Polo den eigentlichen Kreuzungsbereich bis dahin noch nicht erreicht. Sie hatte die für sie geltende Ampel noch bei grün passiert, hatte jedoch wegen kreuzender Fahrradfahrer/Fußgänger und anderem Verkehr noch vor dem Kreuzungsbereich anhalten und warten müssen. Ihr Polo stand zuletzt auf dem im Bereich des Fußgängerüberwegs markierten Fahrradstreifen auf der Höhe, der in der Anlage zum Protokoll des Termins vom 30.03. entsprechend der Angaben der Zeugin … mit „dritte Linie“ markiert worden ist. Als der Mercedes bereits grün hatte und angefahren war, fuhr auch die Zeugin … mit dem Polo an, um noch nach links abzubiegen. Es kam sodann kurz hinter dem Eingang des Kreuzungsbereichs aus der Sicht der Zeugin … zum Zusammenstoß der Fahrzeuge, und zwar in etwa an der Stelle, die im Sachverständigengutachten, Anlage III oben, als Kollisionsposition angegeben wird.
2. Die Überzeugung des Gerichts von diesem Hergang basiert, soweit die Umstände nicht unstreitig sind, auf der Auswertung der diversen Zeugenaussagen.
Die Aussage des Zeugen … war nicht ergiebig. Er war ein klassischer „Knallzeuge“, der den eigentlichen Zusammenstoß nicht wahrgenommen hat und auch zur Ampelschaltung nichts mehr aussagen konnte (BI. 98 f. (1A.). Zwar hat auch die Zeugin … (BI. 99 d.A.) den Zusammenstoß nicht direkt wahrgenommen. Sie hat jedoch angeben können, dass das Beklagtenfahrzeug etwa zwei Autos vor ihr an der Ampel stand, die zunächst rot war und dann auf Grün umsprang. Aus der Aussage dieser neutralen und am Ausgang des Verfahrens in keiner erkennbaren Weise interessierten Zeugin entnimmt das Gericht, dass der Beklagte zu 1. nicht etwa bei rot über die Ampel gefahren ist oder gar in voller Fahrt die Marschstraße entlangraste, sondern vielmehr an der roten Ampel wartete und sodann bei Grün losfuhr. Diese Schilderung wird durch die Aussage des Zeugen … bestätigt, der angab, direkt hinter dem Beklagten an der Ampel gewartet zu haben, bis diese grün zeigte.
Die Zeugin … hat das Unfallgeschehen ebenfalls nicht wahrgenommen, weil sie sich zuvor umgedreht hatte, um nach ihrem Hund zu sehen. Sie konnte aber Angaben zur Unfallendstellung machen, die dem Gutachten zu Grunde gelegt werden konnten. Ihrem rein aus dem Fahrgeräusch abgeleiteten Eindruck, der Mercedes müsse sehr schnell gefahren sein, misst das Gericht – gerade auch im Hinblick auf die oben dargestellten Zeugenaussagen – dagegen kein entscheidendes Gewicht bei.
Der Sachverständige … hat den vom Gericht angenommenen Unfallablauf in seinem mündlichen Gutachten ausdrücklich als plausibel und rechnerisch möglich beschrieben. Nicht zuletzt hat er aufgrund der vorhandenen Daten, insbesondere anhand des Splitterfelds, einen Kollisionsort ermittelt, der die vom Gericht zu Grunde gelegten Abläufe stützt, weil der Kollisionsort aus Sicht der Zeugin … nahe am Eingang der Kreuzung lag und damit der Schilderung, die Zeugin habe die Kreuzung nur räumen wollen, entgegensteht. Es ist nach Angaben des Sachverständigen im Übrigen problemlos darstellbar, dass der Mercedes des Beklagten aus dem Stillstand an der Ampel in die Kreuzung eingefahren sein kann und die aus den Schadensbildern ableitbare Geschwindigkeit erreichen konnte, ohne z.B. bei rot die Ampel durchfahren zu haben.
3. Daraus ergibt sich folgende rechtliche Bewertung:
Die Beklagten haften gemäß den §§ 7, 17,18 StVO, 115 WG für den aus dem Unfall entstandenen Schaden. Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften liegen vor. Der Beklagte zu 1. war Fahrer, die Beklagte zu 2. Halterin und die Beklagte zu 3. Haftpflichtversichererin des unfallbeteiligten Mercedes, bei dessen Betrieb es zu einem Schaden an einem Fahrzeug gekommen ist.
Die Beklagten haben nicht beweisen können, dass der Unfall unabwendbar iSd § 17 Abs. 3 StVG unvermeidbar war. Ein Idealfahrer hätte in der konkreten Unfallsituation in besonders vorausschauender Weise den Verkehr beobachtet und damit gerechnet und sich darauf eingestellt, dass ein am Rande der Kreuzung stehendes Fahrzeug – wie das von der Beklagten geführte – trotz des dadurch entstehenden hohen Risikos noch ‚versuchen könnte, die Kreuzung noch zu passieren.
Steht mithin die grundsätzliche Haftung der Beklagtenseite fest, ist zu prüfen, ob eine Mithaftung der Klägerseite zu berücksichtigen ist. Die Beklagte haftet als Fahrer – Halterin war sie nicht – gemäß den §§ 7, 18 StVG für den aus dem Unfall entstandenen Schaden. Die Voraussetzungen der genannten Vorschriften liegen auch auf Seiten der Klägerin vor. Auch die Klägerin war Führerin eines Kraftfahrzeugs, das sich in Betrieb befand, und bei dessen Betrieb es zu einem Schaden an einem Fahrzeug gekommen ist.
Die Klägerin hat als Fahrer die Verschuldensvermutung aus § 18 Abs. 1 S. 2 StVG nicht widerlegen können. § 18 Abs. 1 S. 2 StVG erlaubt dem Kfz-Führer die Entlastung gegenüber der strikteren Regelung für den Kfz-Halter. Kfz-Führer iSd § 18 Abs. 1 StVG ist derjenige, der im Augenblick des Unfalls das Kfz lenkt und die tatsächliche Gewalt über das Steuer hat. Die Ersatzpflicht des Führers ist gern. § 18 Abs. 1 S. 2 StVG schon dann ausgeschlossen, wenn er nachweist, dass der Schaden nicht durch sein Verschulden verursacht ist. Die Verschuldensvermutung ist ferner widerlegt, wenn der Führer nachweist, dass er sich verkehrsrichtig verhalten hat (zum Ganzen Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Heß, 26. Aufl. 2020, StVG § 18 Rn. 3, 8 mwN). Die „Verkehrsrichtigkeit“ des Verhaltens bestimmt nicht nur nach den geschriebenen Regeln der Straßenverkehrsordnung bestimmt, sondern nach den konkreten Umständen und Gefahren des Verkehrs, sowie nach dem, was den Verkehrsteilnehmern zumutbar ist, um diese Gefahr möglichst gering zu halten (vgl. BGH NJW 1979, 1363, 1364).
Auch wenn dieser Entlastungsbeweis damit niedrigere Anforderungen stellt als die Entlastung des Fahrzeughalters nach § 17 Abs. 3 StVG, ist er durch die Klägerin nicht geführt worden. Die Klägerin ist zu einem Zeitpunkt, als der kreuzende Verkehr bereits grün hatte, noch in den Kreuzungsbereich eingefahren, um das von ihr beabsichtigte Abbiegen zu vollenden. Dieses Verhalten verstößt gegen die StVO und kann damit nicht als verkehrsrichtig eingestuft werden.
Liegen mithin die Voraussetzungen der §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 3 StVG vor, richtet sich die Haftungsverteilung nach den Umständen, insbesondere danach, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung der Verursachungsbeiträge können allerdings – anders als beim Entlastungsbeweis nach § 18 StVG – nur solche Umstände berücksichtigt werden, die entweder unstreitig oder bewiesen sind. Auf ein Verschulden kommt es nur nachrangig ah, da zunächst die objektiven Umstände der Unfallverursachung maßgeblich sind. Dabei hat jede Seite die Umstände zu beweisen, die für sie günstig, für die Gegenseite also ungünstig sind.
Bei der Bewertung des Verursachungsanteils der Beklagtenseite ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten zu 1. kein nachweisbarer oder unstreitiger Verstoß gegen Verkehrsregeln zur Last fällt. Er fuhr mit dem Mercedes an, als die Ampel für ihn grün zeigte, und vertraute darauf – und durfte dies auch -‚ dass der kreuzende Verkehr und damit auch die Klägerin sich regelkonform verhalten und nicht mehr in den Kreuzungsbereich einfahren würde. Die Freigabe der Kreuzungseinfahrt durch grünes Ampellicht entbindet den Fahrer zwar nicht von der Pflicht, die Einfahrt in die Kreuzung zurückzustellen, wenn dies die Verkehrslage erfordert, insbesondere wenn in früherer Ampelphase eingefahrene Nachzügler sich noch im Kreuzungsbereich befinden, denen zunächst im Interesse des fließenden Verkehrs die Räumung der Kreuzung zu ermöglichen ist; dies gilt auch für den nach links abbiegenden Querverkehr, der in früherer Ampelphase eingefahren war (KG, Urteil vom 13. 11. 2003 – 12 U 43/02). Jedoch befand sich nach den obigen Feststellungen die Klägerin gerade nicht in diesem Sinne im Kreuzungsbereich, sondern fuhr in diesen erst ein, nachdem ihre Ampel – wenn auch für sie nicht sichtbar – auf Rot geschaltet hatte.
Bei der Bewertung des Verursachungsanteils der Klägerseite ist zu berücksichtigen, dass diese gegen das Vorfahrtsrecht des Beklagtenfahrzeugs verstoßen hat, indem sie in die Kreuzung eingefahren ist, als die Ampel für den kreuzenden Verkehr bereits Grün zeigte. Sie war insbesondere nach dem gerade Gesagten auch nicht berechtigt, die Kreuzung zu räumen, weil dies jedenfalls vorausgesetzt hätte, dass sie bereits in den Kreuzungsbereich eingefahren war. So verhielt es sich hier aber nicht. Vielmehr befand sich die Zeugin mit dem Polo im entscheidenden Moment noch gar nicht im Bereich der eigentlichen Kreuzung, sondern noch vor diesem Bereich.
Je länger selbst ein „echter“ „Kreuzungsräumer“ auf der Kreuzung verharrt, desto mehr wird er beachten müssen, dass der übrige Verkehr daraus schließen kann, er werde nicht weiterfahren. Ein solcher Pkw-Fahrer darf nicht an- oder weiterfahren, ohne sich vergewissert zu haben, dass ein Zusammenstoß mit einfahrenden Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Fährt er in dieser Situation unbedacht an, kann dies zu einer Abweichung von der Regelhaftung des „Kreuzungsräumers“ von einem Drittel führen. Das gilt vor allem dann, wenn der Teilnehmer des Querverkehrs sich sicher sein konnte, dass der hängen gebliebene Wagen in der Kreuzung ihm die Vorfahrt lassen werde (vgl. FD-StrVR 2009, 276071 zu KG, Beschluss vom 08.09.2008 – 12 U 194/08, BeckRS 2009, 03157). Dies gilt noch verschärft für den Kraftfahrer, der an einer ampelgeregelten Kreuzung mit seinem Fahrzeug außerhalb des sog. Kreuzungskerns zum Stehen kommt. Er ist in dieser Position kein bevorrechtigter Nachzügler. Er ist gegenüber dem Querverkehr wartepflichtig, wenn die LZA für diesen auf Grün umspringt. Der Kreuzungskern wird von den Fluchtlinien der Fahrbahnränder gebildet (OLG Düsseldorf NZV 1997, 481). In beiden Fällen sind die genannten Gerichte von einer Alleinhaftung des „Nachzüglers“ ausgegangen.
Bei der Abwägung sämtlicher Umstände unter Berücksichtigung der zitierten Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen gelangt das Gericht zu der Auffassung, dass der Verursachungsanteil des Fahrzeugs der Klägerseite – also der Zeugin … – so erheblich den Verursachungsbeitrag auf der Beklagtenseite übersteigt, dass diese allein für den Unfall haftet. Eine Ersatzpflicht der Beklagtenseite besteht damit nicht.
4. Angesichts der fehlenden Ersatzpflicht der Beklagtenseite kann dahinstehen, inwieweit der einzige streitige Punkt in Bezug auf die Schadenshöhe, nämlich die Dauer des Nutzungsausfalls, von der Klägerin zutreffend bestimmt worden ist.
II. Der Klägerin stehen mangels Erfolg in der Hauptsache weder die geltend gemachten Zinsen auf die Hauptförderung noch die vorgerichtlichen Anwaltskosten zu.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 S. 2 ZPO.