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Verkehrsunfall – Kollision eines Linksabbiegers mit einem überholenden Fahrzeug

AG Sulingen, Az.: 3 C 177/14, Urteil vom 05.05.2015

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, dem Kläger 2.366,56 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.10.2014 sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 334,75 € zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz jährlich auf die Klägerseits verauslagten Gerichts- und Sachverständigenkosten ab dem 27.01.2015 nach einer Kostenquote von 6/10 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 4/10, die Beklagten als Gesamtschuldner 6/10.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 3.500,00 € vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 € abzuwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die Beklagten Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Verkehrsunfall - Kollision eines Linksabbiegers mit einem überholenden Fahrzeug
Symbolfoto: Von PongMoji /Shutterstock.com

Mit der Klage verlangt der Kläger Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall, der sich am 19.07.2014 auf der Bundesstraße 214 ereignet.

Am Unfalltag befuhr der Kläger mit dem PKW Mazda mit dem amtlichen Kennzeichen … die Bundesstraße 214 gegen 12.50 Uhr in Richtung Diepholz.

Hinter dem Kläger fuhr der Beklagte zu 2) mit seinem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten PKW Opel Meriva mit dem amtlichen Kennzeichen … .

Zur Kollision beider Fahrzeuge kam es, als der Kläger nach links in die Straße „Zum Delloh“ einbiegen wollte und der Beklagte zu 2) gleichzeitig den Kläger zu überholen versuchte. Der Unfallverlauf im Einzelnen ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger berechnet seinen Gesamtschaden auf 7.893,53 € (6.850,00 € PKW-Wert entsprechend dem Gutachten der DEKRA vom 25.07.2013, Gutachtenkosten in Höhe von 626,18 €, vgl. Rechnung Bl. 24 d, A., Abschleppkosten in Höhe von 387,35 €, vgl. Rechnung Bl. 25 d. A., und einer Kostenpauschale von 30,00 €).

50 % hiervon beansprucht er mit der vorliegenden Klage als Schadensersatz von den Beklagten.

Der Kläger behauptet, er habe seine Absicht, nach links abzubiegen rechtzeitig durch Betätigen des linken Blinkers angekündigt; zudem behauptet er, er habe nach Durchfahren einer zuvor vorhandenen 70er Zone sein Fahrzeug nicht beschleunigt, sondern sei langsam langsamer geworden, weil er in die Straße „Zum Delloh“ rechtwinklig habe abbiegen müssen.

Er ist der Ansicht, der Beklagte zu 2) habe deshalb bei unklarer Verkehrslage überholt und dadurch den Unfall hälftig mitverschuldet.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.946,76 € nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem jeweils gültigen Basiszinssatz hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, an den Kläger Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz jährlich auf die klägerseits verauslagten Gerichts- und Sachverständigenkosten jeweils vom Eingang der gezahlten Gerichts- bzw. Sachverständigenkosten an bei Gericht, hilfsweise nach Maßgabe einer ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen hat.

3. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 413,64 € zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten, dass der Kläger Eigentümer des von ihm geführten unfallgeschädigten PKW gewesen sei.

Zum Unfallverlauf behaupten sie im übrigen, der Kläger habe zunächst nicht nach links geblinkt, sondern erst zu blinken begonnen, als der Beklagte zu 2) ihn schon überholend erreicht hätte.

Sie sind deshalb der Ansicht, der Unfall sei für den Beklagen zu 2) unabwendbar gewesen.

Außerdem bestreiten sie die vom Kläger dargelegte Schadenshöhe insbesondere, das der Kläger für sein unfallbeschädigtes Fahrzeug lediglich einen Erlös von 6.050,00 € erzielt und für das Gutachten 626,18 € habe aufwenden müssen. Die Abschleppkosten halte sie nicht für berechtigt, da eine entsprechende Rechnung nicht vorgelegt worden sei und sind schließlich der Meinung, dass als Kostenpauschale lediglich ein Betrag von 25,00 € zugrunde gelegt werden könne.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen H. G. und Vernehmung der Zeugin S. .

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das bei den Akten befindliche Gutachten vom 17.02.2015 sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2015 Bl. 123 ff. d. A. verwiesen. Die Akten des Landkreises Diepholz … waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Erörterung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist lediglich in Höhe eines Hauptforderungsbetrages von 2.366,56 € zzgl. Nebenforderungen begründet.

Die Beklagten bestreiten die Aktivlegitimation des Klägers im Ergebnis ohne Erfolg. Denn für das Eigentum des Klägers als Halter und Fahrer des verunfallten PKW spricht auf jeden Fall die Vermutung des § 1006 BGB.

Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme kann der Kläger von den Beklagten jedoch lediglich 30 % der ihm durch den streitgegenständliche Verkehrsunfall entstandenen Schäden erstattet verlangen.

Danach ist nicht als erwiesen anzusehen, dass der Beklagte zu 2) den Unfall durch Überholen bei unklarer Verkehrslage verschuldet hat.

Auch nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ist letztlich offen geblieben, zu welchem Zeitpunkt der Kläger den linken Fahrtrichtungsanzeiger als Hinweis auf seine Absicht links abzubiegen betätigt hat und ob der Kläger durch die Art der Verlangsamung seines Fahrzeugs vor dem Abbiegen für den Beklagten zu 2) deutlich hat erkennen lassen, dass er beabsichtigte nach links abzubiegen und der Beklagte zu 2) zu diesem Zeitpunkt sich in einem Stadium seines Überholvorgangs befunden hat, in dem er seinen Überholvorgang noch abbrechen konnte und den Unfall dadurch vermieden hätte.

Die hierzu vernommene Zeugin S. hat lediglich bekundet, dass der Kläger vor dem Linksabbiegen geblinkt hat. Wann und wie lange dies der Fall war, vermochte die Zeugin jedoch nicht nachvollziehbar darzustellen. Auch konkrete Angaben zum Geschwindigkeitsverhalten des Klägers sind der Aussage der Zeugin S. nicht zu entnehmen. Der Kläger selbst hat in seiner informatorischen Befragung dargelegt, er sei „langsam langsamer“ geworden. In wie weit und zu welchem Zeitpunkt dies für den Beklagten zu 2) einen Hinweis auf eine Linksabbiegeabsicht dargestellt hätte, kann danach nicht festgestellt werden.

Danach ist davon auszugehen, dass der Kläger als Linksabbieger den Unfall überwiegend dadurch verschuldet hat, dass er seinen gesteigerten Sorgfaltspflichten gem. § 9 Abs. 1 StVO nicht nachgekommen ist, denn auch aus dem hiermit in Bezug genommenen Sachverständigengutachten ergibt sich nachvollziehbar und überzeugend, dass der Kläger bei Einhaltung der doppelten Rückschaupflicht das Fahrzeug des Beklagten zu 2) als überholendes Fahrzeug hinter ihm hätte wahrnehmen und von seiner Linksabbiegeabsicht Abstand nehmen können.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist jedoch auch eben so wenig feststellbar, dass der Unfall für den Beklagten zu 2) unabwendbar war, da das Fahrverhalten des Klägers unmittelbar vor der Kollision nicht eindeutig rekonstruiert werden konnte.

Die Beklagten haften deshalb für die dem Kläger entstandenen unfallbedingten Schäden unter dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr.

Diese bemisst das Gericht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände mit 30 %.

Bei der Berechnung des erstattungsfähigen Schadens ist entsprechend der Darlegung des Klägers von einem PKW-Schaden in Höhe von 6.850,00 € auszugehen. Da der Kläger auf Gutachtenbasis abrechnet, ist letztlich nicht erheblich, welchen Restwert er für das verunfallte Fahrzeug tatsächlich erlangt hat.

Soweit die Beklagten meinen, die Rechnung des Sachverständigen in Höhe von 626,18 € nicht begleichen zu müssen, ist nicht ersichtlich, dass der Kläger eine etwaige Rechnungsüberhöhung des von ihm beauftragten Sachverständigen hätte voraussehen können und die Einschaltung dieses Sachverständigen deshalb nicht für erforderlich halten dürfen.

Da der Kläger vorliegend auf Gutachtenbasis abrechnet, sind auch die fiktiven Abschleppkosten für das nach dem Unfall nicht fahrbereite Fahrzeug in Höhe von 387,35 € bei der Schadensberechnung zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Unkostenpauschale verweist die Beklagtenseite jedoch zu Recht darauf, dass ein über 25,00 € hinausgehender Betrag nicht pauschal geltend gemacht werden kann, sondern einer konkreten Darlegung bedurft hätte, die der Kläger nicht gehalten hat. Es ist danach von einem Gesamtschaden von 7.888,53 € auszugehen, von dem die Beklagten 30 %, mithin 2.366,56 € zu tragen haben und gemäß § 291 BGB seit Zustellung der Klage am 10.12.2014 antragsgemäß zu verzinsen haben.

Unter dem Gesichtspunkt des Verzuges sind die Beklagten entsprechend dem Antrag des Klägers auch verpflichtet, die von ihm geleisteten verauslagten Gerichts- und Sachverständigenkosten ab dem Zeitpunkt der Einzahlung, d. h. dem 27.01.2015 nach einer Quote von 6/10 zu erstatten.

Die berechtigte Forderung für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich unter Berücksichtigung eines Schadensersatzanspruches von 2.366,56 € mit 334,75 €.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 709, 708 Nr. 11,711 ZPO.

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