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Verkehrsunfall mit Gabelstapler

AG Hannover – Az.: 442 C 3932/18 – Urteil vom 19.10.2018

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.750,16 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2018 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 132,50 € zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % zu jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert wird auf 1.750,26 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Der Kläger ist Inhaber der Firma … . Der Mitarbeiter der Firma …, der Zeuge …, fuhr mit dem Audi Avant A6, 3,0 TFSI Quattro S-Tronic, amtliches Kennzeichen …, am 10.08.2017 auf das öffentlich nicht zugängliche Betriebsgelände der Firma … in der …, in …, zwecks Durchführung eines Auftrags der letzteren zur Anbringung von Werbefolien an dort vorhandenen Ladesäulen. Der PKW ist von der Firma des Klägers geleast worden und der Kläger laut den Leasingbedingungen, dort Ziff. X. 4, ermächtigt, alle fahrzeugbezogenen Ansprüche im eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen (Anlage K7).

Nachdem der Zeuge … auf dem Betriebsgelände angekommen war, erkundigte er sich bei Mitarbeitern der Firma …, wo er den PKW abstellen könne, worauf diese ihm sagten, dass er den PKW hinter den unter dem Gebäude abgestellten Fahrzeugen abstellen könne, was der Zeuge auch tat. Nahe der Abstellstelle waren Schilder mit dem Hinweis „Achtung Staplerverkehr“ aufgestellt. Auch waren in der Nähe zum abgestellten PKW Kabeltrommeln gelagert. Auf dem Gelände der Firma … fand auch Verkehr von Gabelstaplern und LKWs statt.

Am nächsten Tag parkte der Zeuge … den geleasten PKW an der gleichen Stelle, ohne sich erneut danach zu erkundigen, ob er den PKW dort abstellen könne. Gegen 11:10 Uhr rangierte der Beklagte mit einem Gabelstapler auf dem Betriebsgeländer der Firma …, bei der der Beklagte angestellt war. Er nahm dort in der Nähe des vom Zeugen … abgestellten Fahrzeugs eine Kabeltrommel mit dem Gabelstapler auf. Diese versperrte die Sicht des Beklagten vom Fahrersitz des Gabelstaplers aus, der beim Rangieren des Gabelstaplers in der Vorwärtsbewegung aufgrund von Unachtsamkeit das Fahrzeug des Klägers traf. Es entstand ein Schaden am vom Kläger geleasten PKW.

Der Kläger holte eine Sachverständigengutachten zur Höhe des Schadens an dem geleasten PKW ein, wonach der Schaden sich auf 5.112,17 €/netto belief und eine merkantile Wertminderung von 750,00 € netto eingetreten war (Anlage K2). Die Kosten des Gutachtens betrugen 862,16 €/brutto. Der Kläger ließ den Schaden reparieren und brachte hierfür 4.635,87 €/netto auf.

Da das Fahrzeug umfangreich mit Folien beklebt war, waren diese zunächst entfernt worden und mussten anschließend erneut aufgebracht werden. Hierfür wandte der Kläger 548,89 € auf. Die Reparatur dauerte 4 Tage, wofür der Kläger einen Nutzungsausfall von 79,00 €/Tag entsprechend des Schadensgutachten geltend macht.

Überdies macht der Kläger noch eine Unfallkostenpauschale in Höhe von 25,00 € geltend.

Vorgerichtlich zahlte die Betriebshaftpflichtversicherung der Firma … einen Vorschuss an den Kläger von 4.300,00 €. Nach der Reparatur zahlte sie noch 862,16 € an den Sachverständigen und weitere 568,24 € an den Kläger, wobei der letztere Betrag auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten im Umfang von 480,30 € beinhalten sollte. Im Übrigen verwies sie den Kläger auf seine eigene Betriebsgefahr. Der Kläger macht mit der Klage weitere 1.750,26 € direkt gegenüber dem Beklagten geltend.

Darüber hinaus macht der Kläger noch die Kosten der vorgerichtlichen Beauftragung eines Rechtsanwalts geltend bei einem Gegenstandswert von 7.000,26 €, wobei die Betriebshaftpflichtversicherung der Firma … bereits 480,30 € vorgerichtliche auf Basis einer 1,3 Geschäftsgebühr auf einen Gegenstandswert von 5.250,20 € erstattet hat. Mit Schreiben vom 13.07.2018 trat die Rechtsschutzversicherung des Klägers ihre Ansprüche gegen den Beklagten in Höhe von 132,50 € an den Kläger ab (Anlage K8).

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 1.750,26 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 132,90 € zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass der Kläger für den Anspruch auf Schadensersatz bezüglich der Kosten für das Gutachten des Sachverständigen nicht mehr aktiv legitimiert sei, da er seine Ansprüche an den Sachverständigen abgetreten habe (Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 48 d. A.). Überdies bestreitet der Beklagte, dass dem Kläger eine Rechnung für die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts gestellt worden sei und er diese bezahlt habe. Er bestreitet auch diesbezüglich die Aktivlegitimation des Klägers und behauptet, dass die Kosten von der Rechtsschutzversicherung des Klägers übernommen worden seien. Der Beklagte behauptet, dass der Zeuge das klägerische Fahrzeug an einer gefährlichen Stelle abgestellt habe. Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Betriebsgefahr des vom Kläger geleasten Fahrzeugs zu berücksichtigen sei und überdies der Zeuge … für das Abstellen des Fahrzeugs am Folgetag nicht auf die Auskunft vom 10.08.2017 hätte vertrauen dürfen. Der Beklagte behauptet, sein Arbeitgeber habe 0,20 € mehr reguliert, als der Kläger vorgetragen habe, und verwies auf das Abrechnungsschreiben (Anlage Klageerwiderung, Bl. 49).

Dem Beklagten ist die Klage am 30.05.2018 zugestellt worden.

Entscheidungsgründe

Verkehrsunfall mit Gabelstapler
(Symbolfoto: Von Bell nipon/Shutterstock.com)

Die zulässige Klage ist weit überwiegend begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf weiteren Schadensersatz aus dem Unfall am 11.08.2017 gegen den Beklagten zu, § 18 StVG. Die Regelungen des StVG sind vorliegend anwendbar, denn bei am Unfall waren Kraftfahrzeuge im Verkehr während ihres Betriebes beteiligt. Der Gabelstapler ist aufgrund seiner Geschwindigkeit ein Kraftfahrzeug, § 1 Abs. 2 StVG. Auch das Betriebsgelände, das privat und nicht für jedermann öffentlich zugänglich ist, ist ein Verkehrsraum, der vom StVG erfasst ist.

Der Kläger ist Halter des am Unfall beteiligten Audi Avant A6. Ausweislich der Nutzungsbedingungen des Leasingvertrages ist der Kläger Halter des Fahrzeugs, da er die Aufwendungen für das Fahrzeug zu tragen und den Nutzen des Fahrzeugs hat, vgl. Ziff. IX. 1-3. Er ist auch zu Geltendmachung der Ansprüche im eigenen Namen befugt, Ziff. X Nr. 4 Nutzungsbedingungen des Leasingvertrages.

Der Unfall ist auch vom Beklagten verursacht worden, denn er fuhr mit dem von ihm gelenkten Gabelstapler aufgrund eigener Unachtsamkeit gegen das vom Kläger geleaste Fahrzeug.

Der Alleinhaftung des Beklagten aufgrund seines Verschuldens steht auch nicht die Betriebsgefahr des vom Kläger geleasten Fahrzeugs entgegen. Das vom Kläger geleaste Fahrzeug war trotz Abstellens noch in Betrieb i. S. d. § 17 Abs. 2 StVG. Es war nicht so abgestellt, dass es dem Verkehr auf dem Betriebsgelände entzogen worden war. Gleichwohl war der Unfall für den Fahrer des vom Kläger geleasten Fahrzeugs unvermeidbar, § 18 Abs. 3 StVG i.V.m. § 17 Abs. 2,1, 3 StVG. Damit tritt die Betriebsgefahr des vom Kläger geleasten Fahrzeugs vollständig zurück. Der Zeuge … hatte vor dem erstmaligen Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsgelände den Stellplatz des PKW auf seine Nachfrage zugewiesen bekommen. Er durfte deshalb darauf vertrauen, dass er bis zum Abschluss der Arbeiten, im Zweifel auch am Folgetag, diesen Stellplatz auch einnehmen durfte. Dabei kommt es weder darauf an, ob hier ein Rangierbetrieb samt Staplerverkehr zu erwarten war, noch ob es sich um einen ordnungsgemäß ausgewiesenen, mithin markierten Parkplatz handelte. Denn der Verkehr auf dem Betriebsgelände war für den Zeugen mangels Kenntnis nicht vorhersehbar und der Stellplatz ihm von Mitarbeitern des Unternehmens, das für das Betriebsgelände mitzuständig war, zugewiesen worden. Anders als dem Zeugen … waren den zuweisenden Mitarbeitern der Firma … der zu erwartende Staplerverkehr und die Nutzung sowie die Gegebenheiten des Betriebsgeländes bekannt. Weitergehende Anforderungen sind an das Verhalten des Zeugen … nicht zu stellen. Zudem war der Zeuge auch erreichbar. Denn er war auf dem Betriebsgelände tätig und aufgrund der Beklebung des geleasten Fahrzeugs mit Werbung für das Unternehmen des Klägers war auch ohne Weiteres ermittelbar, wer anzusprechen war, sofern das Fahrzeug dem Verkehr auf dem Betriebsgelände, wie hier, im Wege stand. Es wäre ein Leichtes für den Beklagten gewesen, der bereits aufgrund der hierfür erforderlichen Prüfung mit dem Rangieren des von ihm geführten Gabelstaplers vertraut zu sein hatte, vor Beginn des Rangierens für eine freies Fahrfeld zu sorgen, in dem er sich nach dem Zeugen … erkundigt und diesen zu Beseitigung des vom Kläger geleasten Fahrzeugs aufgefordert hätte. Zwar sind die Anforderungen an das Idealverhalten für die Entlastung nach § 17 Abs. 3 StVG hoch. Gleichwohl ist hier nicht ersichtlich, was bezüglich des vom Kläger geleasten Fahrzeugs noch hätte veranlasst werden können, außer sich in Luft aufzulösen, mithin dieses außerhalb des Betriebsgeländes zu parken. Dies war aber aufgrund der Auskünfte der Mitarbeiter der Firma … gerade nicht bezüglich des vom Kläger geleasten Fahrzeugs verlangt worden.

Demnach steht dem Kläger noch ein Anspruch auf Schadensersatz für die Reparatur in Höhe von 1.750,16 € zu. Soweit der Beklagte behauptet, dass bereits 0,20 € mehr durch seinen Arbeitgeber reguliert worden seien, hat der Kläger dies bestritten und der Beklagte keinen Beweis hierfür angeboten. Zu der vom Beklagten vorgelegten Abrechnung der Berufshaftpflichtversicherung der Firma … (Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 49 d. A.) ergibt sich ein Abrechnungsfehler im Umfang von 0,10 €. Den anstelle eines Betrages in Höhe von 568,24 € hätte in der Summer dem Kläger ein Betrag in Höhe von 568,34 € noch überwiesen werden müssen. Der Kläger hat aber auch einen um mehr als 0,10 € weitergehenden Anspruch nicht dargelegt. Insoweit ist die Klage abzuweisen.

Dem Kläger steht auch der Schadensersatz wegen der Kosten des Sachverständigen zu. Dieser ist zwar vom Zeugen … aufgesucht und beauftrag worden, aber der Zeuge hat als Angestellter des Klägers offenkundig in dessen Namen nach § 164 BGB gehandelt, denn der Sachverständige hat den Kläger als Halter erfasst (Anlage 1). Das Geschäft diente offenkundig dem Gewerbe des Klägers. Auch hat der Kläger, vertreten durch den Zeugen …, seine Ansprüche gegen den Beklagten auch nicht an den Sachverständigen abgetreten. Die Abtretungserklärung bezieht sich nur auf Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber des Beklagten, der Firma … . Mithin ist der Kläger weiterhin berechtigt, Ansprüche gegen den Beklagten selbst geltend zu machen.

Zudem steht dem Kläger auch der weitere Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 132,50 € zu. Die Rechtsschutzversicherung des Klägers hat ihre Ansprüche an den Kläger insoweit abgetreten. Bei einer 1,3 Gebühr bei einem Gegenstandswert von 7.001,00 € entsteht eine Gebühr von 592,80 € zzgl. 20,00 €, abzüglich der bereits gezahlten 480,30 € steht dem Kläger mithin noch ein Betrag von 132,50 € zu. Dabei kommt es auch nicht darauf an, dass der Rechtsanwalt bereits eine Rechnung dem Kläger gestellt hat. Denn die Gebühr wird bereits mit Abschluss des Auftrags fällig, § 8 Abs. 1 RVG. Auch wandelt sich der ursprüngliche Freistellungsanspruch in einen Schadensersatzanspruch, wenn, wie hier, der Gegner spätestens im Prozess die Zahlung weiterhin verweigert.

Dem Kläger steht auch seit Rechtshängigkeit ein Anspruch auf Zinsen zu, hier ab dem Tag nach Klagezustellung, §§ 288 Abs. 1, 291 ZPO.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 2, 709 ZPO. Der Streitwert bestimmt sich nach der Hauptforderung, § 3 ZPO.

 

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