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Verlust Transportgut – Schadensersatzanspruch

LG Darmstadt – Az.: 12 O 76/17 – Urteil vom 05.06.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht aus übergegangenem und abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche wegen des Verlustes von Transportgut aus 4 Warensendungen geltend.

Die Klägerin ist nach ihrem Vorbringen Valorenversicherer der … GmbH, Pforzheim (im Folgenden: Firma D).

Diese beauftragte die Beklagte mehrfach mit dem Transport von Schmucksendungen.

I.

Am 21.07.2016 übernahm die Beklagte von der Firma D eine Sendung zum Transport zur Firma M, Fachhandel in B. Wegen des Versandetiketts wird auf die Anlage K7, wegen der von der Beklagten ausgestellten Frachtrechnung auf die Anlage K8 verwiesen. Die Sendung kam beim Empfänger nicht an. Es wurde ein seitens der Beklagten zur Verfügung gestelltes „Formular zur Schadenforderung“ ausgefüllt, wegen dessen Inhalts auf die Anlage K21 verwiesen wird. Die Beklagte übersandte der Firma D ein mit „Regulierungsangaben“ überschriebenes Angebot zur Zahlung von 500,00 Euro „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage“, verbunden mit der vorgefertigten Erklärung des Kunden, dass er das Angebot annehme und damit auf jedwede Ansprüche aus dem genannten Transport verzichte. Wegen des Inhalts dieses Schreibens im Einzelnen wird auf das Anlagenkonvolut K22 verwiesen. Die Firma D, vertreten durch die Mitarbeiterin K unterzeichnete das Schreiben am 09.09.2016. Mit Erklärung vom 21.09.2016 trat die Firma D ihre Rechte aus dem Schadensfall an die Klägerin ab.

Aus diesem Schadensfall macht die Klägerin einen Anspruch in Höhe von 8.721.19 Euro geltend, nämlich den angeblichen Wert der abhandengekommenen Sendung zuzüglich gezahlter Frachtkosten (insgesamt 9.221,19 Euro) abzüglich des von der Beklagten erstatteten Teilbetrags von 500,00 Euro. Wegen des Warenwertes beruft sich die Klägerin auf zwei Rechnungen vom 21.07.2016 (Anlagen K19, 20) über 1.444,43 Euro und 2.396,40 Euro und behauptet, es käme noch 5.362,12 Euro für den Materialwert hinzu.

II.

Verlust Transportgut - Schadensersatzanspruch
(Symbolfoto: Von Weerayuth Kanchanacharoen/Shutterstock.com)

Am 13.09.2016 übernahm die Beklagte von der Firma D ein Paket zum Transport zur M F GmbH in E. Wegen des Versandetiketts wird auf die Anlage K9, wegen der von der Beklagten ausgestellten Frachtrechnung auf die Anlage K10 verwiesen. Die Klägerin stellte der Empfängerin eine Rechnung vom 13.06.2016 über insgesamt 2.626,76 Euro brutto (siehe Anlage K11). Die Klägerin behauptet, dass das Paket bei der Ablieferung an die Empfängerin nur noch das in der Rechnung vom 13.06.2016 unter Position 14 aufgeführte Schmuckstück enthalten habe und der weitere Inhalt gefehlt habe. Auch für diesen Schadensfall Unterzeichnete die Firma D ein mit „Regulierungsangaben“ überschriebenes Formular, und zwar am 29.03.2017 und mit dem gleichen Inhalt wie oben zum ersten Schadensfall ausgeführt; auch insoweit wird auf das Anlagenkonvolut K22 verwiesen. Mit Erklärung vom 04.04.2017 trat die Firma D ihre Rechte aus diesem Schadensfall an die Klägerin ab.

Aus diesem Transport macht die Klägerin einen Anspruch in Höhe von 7.070.54 Euro geltend, nämlich den angeblichen Wert der abhandengekommenen Ware zuzüglich anteiliger Frachtkosten (insgesamt 7.570,54 Euro) abzüglich der von der Beklagten auch hier bezahlten 500,00 Euro.

III.

Ebenfalls am 13.09.2016 übernahm die Beklagte von der Firma für den M Verlag J, bestimmtes Paket zum Transport. Wegen des Versandetiketts wird auf die Anlage K12, wegen der von der Beklagten erstellten Frachtrechnung auf die Anlage K13 (gleich K10) Bezug genommen. Die Sendung kam beim Empfänger nur unvollständig an. Die Firma D stellte der Warenempfängerin zwei Rechnungen vom 13.09.2016, wegen deren Inhalts auf die Anlagen K24, K25 verwiesen wird. Wie in den vorherigen Fällen übersandte die Beklagte auch hier der Firma D ein Angebot zur Abgeltung von Ansprüchen gegen Zahlung von 500,00 Euro, das von der Firma D am 27.09.2016 unterzeichnet und zurückgesandt wurde; insoweit wird auf das Anlagenkonvolut K22 verwiesen. Mit Erklärung vom 04.04.2017 trat die Firma D ihre Rechte aus diesem Transport an die Klägerin ab.

Aus dem Schadensfall macht die Klägerin einen Ersatzanspruch in Höhe von 8.316,11 Euro geltend, nämlich anteilige Beträge aus den Rechnungen vom 13.09.2016 in Höhe von 2.730,05 Euro und 197,50 Euro zuzüglich eines angeblichen Materialwerts von 5.870,13 Euro sowie zuzüglich der Frachtkosten von 18,43 Euro, abzüglich der von der Beklagten auch hier gezahlten 500,00 Euro.

IV.

Am 07.12.2016 übernahm die Beklagte von der Firma D ein Paket zum Transport zur O Schmuckgroßhandel GmbH in M. Wegen des Versandetiketts wird auf die Anlage K16, wegen der Frachtrechnung der Beklagten auf die Anlage K17 verwiesen. Die Firma D stellte der Empfängerin der Ware am 07.12.2016 eine Rechnung über insgesamt 5.274,66 Euro, wegen deren Inhalts auf die Anlage K18 Bezug genommen wird. Die Klägerin behauptet, dass bei Ablieferung der Sendung die in der Rechnung unter Position 1,5 bis 11 und 20 aufgeführten Schmuckstücke gefehlt hätten. Auch für diesen Schadenfall Unterzeichnete die Firma D eine Abgeltungsvereinbarung und zwar am 25.01.2017 (siehe Anlagenkonvolut K22), woraufhin die Beklagte 500,00 Euro zur Abgeltung des Schadens bezahlte. Mit Erklärung vom 04.04.2017 (Anlage K6) trat die Firma D ihre Rechte aus dem Schadensfall an die Klägerin ab.

Die Klägerin macht insoweit einen Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.001,52 Euro geltend, nämlich einen Teilbetrag von 601,45 Euro aus der Rechnung vom 07.12.2016 zuzüglich eines angeblichen Materialwerts von 847,85 Euro und 33,89 Euro zuzüglich Frachtkosten in Höhe von 18,33 Euro abzüglich der gezahlten 500,00 Euro.

Die Klägerin behauptet, die Sendungen hätten bei Übergabe an die Beklagte die in den hierzu jeweils vorgelegten Rechnungen aufgeführten Schmuckstücke enthalten. Bei den obigen Transporten seien die angegebenen Schmuckstücke in Verlust geraten. Deren Wert belaufe sich auf die von ihr jeweils angegebenen Beträge. Die Klägerin habe die Schäden durch Zahlung von je 5.000,00 Euro in den Schadensfällen Nr. 1 bis Nr. 3 und durch Zahlung von 1.001,52 Euro im Schadensfall Nr. 4 reguliert. Es sei mangels weiterer Angaben der Beklagten zum Ablauf der Transporte und zu den von ihr durchgeführten Ermittlungsmaßnahmen von einem qualifizierten Verschulden der Beklagten auszugehen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 25.109,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 27.05.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie rügt fehlende internationale Zuständigkeit des erkennenden Gerichts unter Verweis darauf, dass die Transportaufträge jeweils im Online-Versandverfahren erteilt worden seien. Für solche Verfahren gelte der als Anlage B1 vorgelegte Lizenzvertrag mit seiner Vereinbarung der Geltung amerikanischen Rechts und eines amerikanischen Gerichtsstandes. Ferner bestreitet die Beklagte die Aktivlegitimation der Klägerin und meint, sie selbst sei auch nicht passiv legitimiert. Sie bestreitet Inhalt und Wert der Sendungen und hält das Montrealer Übereinkommen sowie amerikanisches Recht für anwendbar. Die Beklagte beruft sich außerdem auf ein Mitverschulden der Absenderin wegen des hohen Werts der übergebenen Sendungen. Sie behauptet, sie akzeptiere grundsätzlich keine Sendungen, deren Wert über 2.500,00 Euro liege. Die Beklagte meint ferner, es fehle an der erforderlichen Schadensanzeige und macht geltend, dass die Ansprüche nach amerikanischem Recht verjährt seien. Jedenfalls seien die Ansprüche der Klägerin aber wegen der für jeden Schadensfall geschlossenen Abgeltungsvereinbarung unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des erkennenden Gerichts ist gegeben, da die Beklagte eine Niederlassung im hiesigen Bezirk hat. Eine für die streitgegenständlichen Transportverträge geschlossene Gerichtsstandsvereinbarung liegt nicht vor. Die von der Beklagten hierzu angeführte Anlage B1 (Blatt 39 ff. der Akten) betrifft eine Lizenzvereinbarung … . Die dort unter § 10 enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gilt nur für den Lizenzvertrag. Eine Geltung auch für Transportverträge ist hieraus nicht zu entnehmen.

Die Klage ist aber unbegründet.

Zwar ist die Aktivlegitimation der Klägerin aus den vorgelegten Abtretungserklärungen und/oder § 86 Abs. 1 WG in Verbindung mit § 425 Abs. 1 HGB gegeben. Auch hinsichtlich der Passivlegitimation der Beklagten, die als Frachtführer mit der Durchführung der Transporte beauftragt war und diese auch in Rechnung gestellt hat, sind keine Bedenken ersichtlich.

Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche bestehen aber schon deshalb nicht, weil die Firma D jeweils durch Unterzeichnung der mit dem Anlagenkonvolut K22 vorgelegten Abgeltungsvereinbarungen wirksam auf weitergehende Ansprüche aus den streitgegenständlichen Schadensfällen verzichtet hat. Diese von der Beklagten übersandten Schreiben enthielten bereits im ersten Satz das Angebot einer kulanzweisen Entschädigungsleistung. Der Regulierungsbetrag wurde im Folgenden deutlich erkennbar mit 500,00 Euro angegeben. Für den Fall des Einverständnisses wurde um Unterzeichnung und Rücksendung des Schreibens gebeten. Am Ende des Textes unmittelbar über der Unterschriftszeile war die abzugebende Annahmeerklärung enthalten, verbunden mit dem Verzicht auf weitergehende Ansprüche aus dem oben genannten Transport. Diese Erklärungen wurden unstreitig durch die für die Firma D tätige Mitarbeiterin K unterzeichnet und zurückgeschickt. Gründe für die Annahme einer Unwirksamkeit dieser Erklärungen bestehen nicht. Zwar lässt die Überschrift „Regulierungsangaben“ den Inhalt der nachfolgenden Erklärungen noch nicht erkennen. Trotzdem kann eine Irreführung hieraus nicht hergeleitet werden. Der Erklärungstext ist relativ kurz und übersichtlich gehalten. Jedem, der ihn auch nur einigermaßen aufmerksam zur Kenntnis nimmt, muss klar sein, welche Art von Erklärung er mit Unterzeichnung des Formulars abgibt. Der Sachverhalt ist nicht vergleichbar mit den Fällen der konkludenten Annahme eines Abfindungsangebots durch Einlösung eines Schecks. Vielmehr wird im vorliegenden Falle gerade im unteren Abschnitt des Formulars über der Unterschriftszeile ausreichend deutlich gemacht, was Inhalt der abzugebenden Erklärung ist, nämlich der Verzicht auf weitergehende Ansprüche aus dem Schadensfall. Der Umstand, dass im oberen Teil des Formulars auf die AGB der Beklagten und das Montrealer Übereinkommen hingewiesen wird, ändert an der Wirksamkeit der Erklärungen nichts. Auch wenn die Regelungen des Montrealer Übereinkommens für die vorliegenden Fälle, da es hier nicht um Luftfrachtverträge geht, keine Bedeutung haben, so ist doch für jeden Empfänger des Schreibens klar, dass Ansprüche jedweder Art durch Annahme des Zahlungsangebots abgegolten sein sollten. Der Hinweis auf hier nicht einschlägige Transportbedingungen ist für den Inhalt der hier getroffenen Vereinbarung nicht relevant und ändert auch nichts daran, dass der maßgebliche Inhalt der vom Kunden abzugebenden Erklärung im vorletzten Absatz des Formulars klar und unmissverständlich dargelegt ist. Ferner hat die Beklagte hier unwidersprochen vorgetragen, dass zwischen den Parteien der Transportverträge vor Abschluss der Abfindungsvereinbarungen über den Inhalt der Regulierungsangebote gesprochen wurde, und zwar am 08.09.2016, betreffend den Schadensfall 1, und am 29.03.2017, betreffend den Schadensfall Nr. 2. Auch deshalb scheidet eine Unwirksamkeit der schriftlichen Vereinbarungen wegen überraschender Klauseln aus.

Bedenken gegen die Annahme eines wirksamen Vergleichs resultieren nicht etwa aus der Höhe der vereinbarten Abfindungszahlungen. Der jeweilige Abgeltungsbetrag liegt zwar deutlich unter dem hier geltend gemachten Warenwert, aber auch nicht unerheblich über demjenigen Betrag, der nach §§ 429, 431 HGB im gesetzlichen Regelfall bei fehlendem qualifizierten Verschulden der Beklagten zu zahlen gewesen wäre. Damit ist auch auf Seiten der Beklagten von einer für die Annahme eines wirksamen Vergleichs erforderlichen Nachgabe auszugehen.

Sonstige Gründe für eine Unwirksamkeit der jeweils geschlossenen Abfindungsvereinbarungen sind nicht ersichtlich.

Die Klage war deshalb mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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