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Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Aufklärung und Anlageberatung

LG Mühlhausen – Az.: 3 O 379/19 – Urteil vom 02.06.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagten zu 1 – 4 Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Aufklärung und Beratung im Zusammenhang mit der Empfehlung und Vermittlung zweier unterschiedlicher Beteiligungen bei der M. P. GmbH & Co. KG und der M. P. GmbH & Co. KG geltend.

Bei der Beklagten zu 1 handelt es sich um ein Beratungs- und Vermittlungsunternehmen für Kapitalanlagen und (betriebliche) Altersvorsorgemodelle. Sie wurden mit Gesellschaftsvertrag vom 04.04.2011 gegründet und am 03.08.2011 in das Handelsregister des Amtsgerichts … eingetragen. Vor ihrer Eintragung in das Handelsregister hat die Beklagte zu 1 keine Geschäftstätigkeit entfaltet.

Die Beklagten zu 2 – 4 werden von der Klägerin als Gründungsgesellschafter der M. P. GmbH & Co. KG und M. P. GmbH & Co. KG in Anspruch genommen.

Am 28.01.2011 unterzeichnete die Klägerin durch ihre Geschäftsführer eine Beitrittserklärung zu der M. P. GmbH & Co. KG über eine Zeichnungssumme von 240.000,00 € (nach Behauptung der Klägerin zzgl. eines Agios i.H.v. 36.000,00 € – ausweislich der Beitrittserklärung betrug das Agio 0 €) mit der Beteiligungs-Nr.: 18-721. Ausweislich dieser Beitrittserklärung unterbreitete die Klägerin der Beklagten zu 4 das Angebot zum Abschluss des im Verkaufsprospekt für das Beteiligungsangebot … abgebildeten Treuhand- und Verwaltungsvertrages. Mit Zustandekommen des Treuhand- und Verwaltungsvertrages beauftragte die Klägerin die Beklagte zu 4 als Treuhänderin im eigenen Namen und auf ihre Rechnung, eine Kommanditbeteiligung an der M. P. GmbH & Co. KG (Beteiligungsgesellschaft) mit einem Zeichnungsbetrag in Höhe von insgesamt 240.000,00 € abzuschließen. Die Anzahlung betrug 36.000,00 € und die monatlichen Raten 1.000,00 €. Wegen des weiteren Inhalts der Beitrittserklärung wird auf die Anlage K 4 (Bl. 22/23 d.A.) Bezug genommen. Die Beitrittserklärung wurde von der Beklagten zu 4 in ihrer Eigenschaft als Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaft mit Schreiben vom 02.02.2011 (Anlage K 5, Bl. 24/25 d.A.) angenommen.

Am 23.06.2011 unterzeichnete die Klägerin, vertreten durch ihre Geschäftsführer, eine weitere Beitrittserklärung zu der M. GmbH & Co. über einen Zeichnungsbetrag von 180.000,00 € und eine Anzahlung von 27.000,00 € (Anlage K 6, Bl. 26/27 d.A.) mit der Beteiligungs-Nr.: 20-156. Ausweislich der Beitrittserklärung sollte das Agio 0 € betragen. Die Beitrittserklärung wurde ebenfalls wenige Tage später von der Beklagten zu 4 als Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaft angenommen und bestätigt.

Die maßgeblichen Beratungsgespräche haben am Sitz der Klägerin stattgefunden. Die Beklagten zu 2 – 4 waren an den Beratungsgesprächen nicht beteiligt.

Vermittelt wurden die streitgegenständlichen Anlagen durch die … (im Folgenden: Vermittlungsgesellschaft).

Die Klägerin leistete auf den an Sparplan mit der Beteiligungs-Nr. 18-721 eine Einmalzahlung von 36.000,00 € sowie Ratenzahlungen in Höhe von 85.000,00 €, insgesamt 121.000,00 € und auf die Beteiligung mit der Nr. 20-156 eine Einmalzahlung in Höhe von 27.000,00 € und Ratenzahlungen in Höhe von 90.000,00 €, insgesamt 117.000,00 €. Im Jahr 2018 stellte die Klägerin die Zahlungen auf die genannten Sparpläne ein.

Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Aufklärung und Anlageberatung
(Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Die Klägerin trägt vor, seit dem Jahr 2006 habe die Klägerin für ihre beiden damaligen Geschäftsführer … als betriebliche Altersvorsorge eine Gehaltsumwandlung über ein Lebensarbeitszeitkonto eingerichtet gehabt, bei dem monatlich pro Geschäftsführer ein Betrag von 1.000,00 € umgewandelt worden sei.

Vermittelt sei diese Form einer betrieblichen Altersvorsorge für die damaligen Geschäftsführer der Klägerin von deren langjährigem Finanz- und Versicherungsmakler … (im Folgenden: Streitverkündeter).

Nachdem dieses Modell einer betrieblichen Altersvorsorge über ein Lebenszeitarbeitskonto in den Jahren danach aufgrund neuer gesetzlicher Regelungen unattraktiv geworden sei, habe der Mitarbeiter der Vermittlungsgesellschaft, … der Klägerin und dem Streitverkündeten im Jahre 2009 vorgeschlagen, die bisherige betriebliche Altersvorsorge über Arbeitszeitkonten auf eine pauschaldotierte Unterstützungskasse umzustellen. Auf Empfehlung von Herrn … sei die Einrichtung der neuen betrieblichen Altersvorsorge der Klägerin für ihre Geschäftsführer zunächst über eine … (im Folgenden: …) erfolgt. Kurze Zeit später habe … mitgeteilt, dass er selbst eine solche Versorgungskasse, nämlich den sogenannten … gegründet habe, dessen Vorstand er auch sei. Gleichzeitig habe er den Geschäftsführern der Klägerin empfohlen, mit ihrer betrieblichen Altersvorsorge von der … zu dem von ihm gegründeten und geleiteten … zu wechseln.

Als Rückendeckung für diese von ihm vermittelten neue betriebliche Altersvorsorge der Klägerin und ihrer beiden damaligen Geschäftsführer habe … der Klägerin und dem Streitverkündeten dringend die Zeichnung der beiden streitgegenständlichen Beteiligungen des Fondsinitiators … aus Hamburg empfohlen. Die Fondgesellschaften sollten ausweislich eines von der Emittentin erstellten Flyers in diversen Sachwerte investieren und eine prognostizierte Bruttorendite pro Jahr nach Kosten von mindestens 7 – 9 % p.a. erzielen. Diese Empfehlung sei im Wesentlichen damit begründet worden, dass es sich hierbei um für eine Rückdeckung der neuen betrieblichen Altersvorsorge hervorragend geeignete Kapitalanlagen handele, welche die Vermittlungsgesellschaft selbst zusammen mit dem Emissionshaus … entwickelt habe.

Nach Aussage von … sollten die beiden Kapitalanlagen deshalb besonders gut als Rückdeckung für die von ihm empfohlene neue betriebliche Altersvorsorge geeignet sein, weil diese das Anlagevermögen sehr weit in sogenannte Sachwerte streuen würden, wodurch besonders hohe Renditen erwirtschaftet würden und die Risiken eines etwaigen Kapitalverlustes denkbar gering seien. Um diese Einschätzung zu untermauern, habe der Mitarbeiter der Vermittlungsgesellschaft, … für die Klägerin und deren damalige Geschäftsführer einen entsprechenden Anlagevorschlag über die Investition eines Betrages von insgesamt 480.000,00 € in den von ihm empfohlenen … erstellt, aus dem sich ergeben würde, dass nach Ablauf einer Beteiligungsdauer von 23 Jahren eine Versorgungszusage für beide Geschäftsführer in Höhe von insgesamt rund 930.000,00 € erreicht werden würde.

Außerdem habe … der Klägerin und ihren beiden damaligen Geschäftsführer empfohlen, für jeden einen gesonderten Ansparplan abzuschließen, was für sie den Vorteil hätte, dass ihre jeweilige betriebliche Altersvorsorge einfacher zu trennen sei, falls einer der beiden Geschäftsführer vor Ablauf des vorgesehenen Beteiligungsdauer aussteigen würde.

Die Klägerin trägt vor, deren Geschäftsführer hätten auf die Angaben und Empfehlungen des Mitarbeiters der Vermittlungsgesellschaft, … vertraut und aufgrund dessen die beiden Ansparpläne als Rückdeckung für ihre neue betriebliche Altersvorsorge bei der …. abgeschlossen und unterzeichnet.

Die Klägerin trägt weiter vor, nachdem sie und ihre Geschäftsführung erstmals im Jahr 2018 davon erfahren hätten, dass solche unternehmerischen Beteiligungen des sogenannten grauen Kapitalmarktes, wie die streitgegenständlichen Anlageprodukte, nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Altersvorsorge und damit auch für die Rückdeckung für eine betriebliche Altersvorsorge wegen ihres besonders hohen Verlust- und Totalverlustrisikos regelmäßig ungeeignet sein, hätten sie zunächst die laufenden monatlichen Zahlungen auf diese Kapitalanlagen eingestellt.

Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 10.12.2019 beantragt, das Rubrum des Rechtsstreits dahingehend zu berichtigen dass es sich bei der Beklagten 1 um die … (Vermittlungsgesellschaft) handelt.

Die Klägerin hält die Rubrumsberichtigung für zulässig. Aus der als Anlage K 3 (Bl. 19 d.A.) vorlegten E-Mail des … an dem Streitverkündeten vom 18.01.2011 ergebe sich, dass von Seiten der Klägerin von Anfang an gewollt gewesen sei, das Unternehmen der … auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, für das deren Mitarbeiter … seinerzeit als Berater tätig gewesen und auch aufgetreten sei.

Die Klägerin behauptet, die Schadensersatzhaftung der Vermittlungsgesellschaft als „richtige“ Beklagte zu 1 ergebe sich vorliegend daraus, dass diese durch Ihren Mitarbeiter … in ihrer Eigenschaft als Anlageberatungs- und Vertriebsgesellschaft im Zusammenhang mit der von ihr zusammen mit dem … initiierten und empfohlenen „betrieblichen Altersvorsorge“ bei dem … und dem Abschluss der streitgegenständlichen Kapitalanlagen als Rückdeckung dieser „betrieblichen Altersvorsorge“ in vielfältiger Weise ihre Aufklärungs- und Beratungspflichten gegenüber der Klägerin und ihren beiden damaligen Gesellschaftern verletzt habe. Einen zentralen Aufklärungs- und Beratungsfehler sieht die Klägerin darin, dass die vorgelegten Kapitalanlagen für eine betriebliche Altersvorsorge ungeeignet seien. Wie der Bundesgerichtshof bestätigt habe, seien geschlossene Fonds oder unternehmerische Beteiligungen, wie die hier empfohlenen und vermittelten Anlageprodukte, wegen ihres besonderen hohen Verlust- und Totalverlustrisikos und ihres spekulativen Charakters als Rückdeckung für eine betriebliche Altersvorsorge generell ungeeignet. Eine weitere Aufklärungs- und Beratungspflichtverletzung habe vorliegend darin bestanden, dass … der Klägerin und deren damaligen Geschäftsführern mehrfach ausdrücklich versichert habe, dass die von ihm zur Rückdeckung der empfohlenen neuen betrieblichen Altersvorsorge angepriesenen Sparpläne wegen einer angeblich breiten Streuung des Anlagevermögens besonders sicher und gleichzeitig sehr rentabel seien, obwohl diese wegen ihrer Investitionen in dubiose Fonds des sogenannten grauen Kapitalmarkts tatsächlich ein besonders hohes Verlust- und Totalverlustrisiko aufweisen würden.

Darüber hinaus sei der Streitverkündete und die übrigen Anlageberater der Vermittlungsgesellschaft dazu angehalten worden, als Altersvorsorge und als Rückdeckung für eine betrieblich Altersvorsorge insbesondere die hier streitgegenständlichen Kapitalanlagen zu empfehlen. Der Grund hierfür dürfte darin liegen, dass die Vermittlungsgesellschaft unter anderem die streitgegenständlichen Kapitalanlagen nach ihren eigenen Angaben zusammen mit dem Emissionshaus … konzipiert habe. Über diese Tatsache und die damit einhergehende Interessenskollision der Vermittlungsgesellschaft als angeblich unabhängiges Beratungsunternehmen einerseits und als Mitinitiatorin der streitgegenständlichen Anlagen andererseits seien die Geschäftsführer der Klägerin ebenfalls zu keinem Zeitpunkt aufgeklärt worden.

Die Klägerin führt weiter aus, es könne dahinstehen, ob und inwieweit der Mitarbeiter der Vermittlungsgesellschaft, …, bei Zeichnung der streitgegenständlichen Fondsbeteiligungen persönlich zugegen gewesen sei oder nicht. Tatsache sei jedenfalls, dass er, wie sich unter anderem auch aus der als Anlage K 3 vorgelegten E-Mail an den Streitverkündeten vom 18.01.2011 ergebe, als Mitarbeiter und Repräsentant der Vermittlungsgesellschaft von Anfang an in die Empfehlung und Vermittlung der neuen betrieblichen Altersvorsorge bei der Klägerin und die Zeichnung der streitgegenständlichen beiden Kapitalanlagen als Rückdeckung für diese (neue) betriebliche Altersvorsorge persönlich engstens eingebunden gewesen sei.

Die Geschäftsführer der Klägerin hätten den Vorschlägen und Empfehlungen des Mitarbeiters der Vermittlungsgesellschaft … auch nie zugestimmt und wären diesen auch keinesfalls gefolgt, wenn sie gewusst hätten, dass es sich bei den von ihnen zur Rückdeckung der neuen betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossen … tatsächlich um hochriskante und spekulative unternehmerische Beteiligungen mit einem besonders hohen Verlust- und Totalverlustrisiko handele.

Darüber hinaus sei der Streitverkündete im Rahmen der streitgegenständlichen Beratung und Vermittlung aufgrund eines mit der Vermittlungsgesellschaft bestehenden Handelsvertretervertrages als Anlageberater und Vermittler für diese tätig, so dass diese sich das Handeln des Streitverkündeten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müsse.

Die Schadensersatzhaftung der Beklagten zu 2 – 4 in ihrer Eigenschaft als sogenannte Gründungsgesellschafter der M. P. GmbH & Co. KG und M. P. GmbH & Co. KG ergebe sich daraus, dass diese sich nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung die fehlerhafte Aufklärung und Beratung durch die Vermittlungsgesellschaft und deren Mitarbeiter … als ihren Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 BGB ohne weiteres zurechnen lassen müssten. Die beiden Geschäftsführer der Klägerin seien fehlerhaft und unvollständig von den Erfüllungsgehilfen der Beklagten zu 2 – 4 beraten worden, wobei die Klägerin ausdrücklich bestreitet, dass den Geschäftsführern das hier maßgebliche, besonders hohe Verlustrisiko der streitgegenständlichen Beteiligungen bewusst gewesen sei. Diese hätten sich vielmehr vollständig auf die anderslautenden Aussagen der für die Beklagten zu 2 – 4 als deren Erfüllungsgehilfen tätigen Berater und Vermittler verlassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Klägerin wird auf die Klageschrift vom 01.07.2019 (Bl. 1/15 d.A.) und den Schriftsatz (Replik) vom 10.12.2019 (Bl. 139/155 d.A.) Bezug genommen.

Mit nicht nachgelassen Schriftsatz vom 15.05.2020 trägt die Klägerin u.a. vor, das Fondsvermögen sei zu annähernd 75 %, also weit überwiegend, in hochriskante und spekulative Fonds der Asset-Klassen „Leasing & Factoring“, „Maritimes & Logistic, „Private Equitiy“ sowie „Umwelt/Rohstoffe/erneuerbare Energien“ investiert worden. Darüber hinaus hätten die auf S. 9/12 des genannten Schriftsatzes im Einzelnen dargelegten Beteiligungen entweder mit einem Totalverlust geendet oder es sei mit einem Totalverlust zu rechnen, weil z.B. die BaFin gem. § 38 KWG die sofortige Abwicklung und Liquidation der betreffenden Gesellschaften angeordnet hätte oder das Geld der Anleger in dunkle und bis heute nicht nachvollziehbare Kanäle abgeflossen sei.

Die Klägerin beantragt:

I. Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der „M. P. GmbH & Co. KG“ über € 240.000,- zzgl. Agio (Vertrags-Nr. 18-721) an die Beklagten zu 1.) bis 4.) als Gesamtgläubiger

1. die Beklagten zu 1.) bis 4.) als Gesamtschuldner zu verurteilen,

a) an die Klägerin € 121.000,- nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

b) die Klägerin von sämtlichen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten aus ihrer Beteiligung an der „M. P. GmbH & Co. KG“ über € 240.000,- zzgl. Agio (Vertrags-Nr. 18-721) freizustellen,

2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1.) bis 4.) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr aus ihrer Beteiligung an der „M. P. GmbH & Co. KG“ über € 240.000,- zzgl. Agio (Vertrags-Nr. 18-721) entstanden sind oder noch entstehen werden,

3. festzustellen, dass sich die Beklagten zu 1.) bis 4.) mit der Annahme der im Klageantrag Ziff. I von der Klägerin angebotenen Abtretung ihrer Rechte an ihrer Beteiligung bei der „M. P. GmbH & Co. KG“ über € 240.000,- zzgl. Agio (Vertrags-Nr. 18-721) in (Annahme-) Verzug befinden,

II. Zug um Zug gegen Abtretung der Rechte der Klägerin aus ihrer Beteiligung an der „M. P. GmbH & Co. KG“ über € 180.000,- zzgl. Agio (Vertrags-Nr. 20-156) an die Beklagten zu 1.) bis 4.) als Gesamtgläubiger

1. die Beklagten zu 1.) bis 4.) als Gesamtschuldner zu verurteilen,

a) an die Klägerin € 117.000,- nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

b) die Klägerin von sämtlichen Verpflichtungen und Verbindlichkeiten aus ihrer Beteiligung an der „M. GmbH & Co. KG“ über € 180.000,- zzgl. Agio (Vertrags-Nr. 20-156) freizustellen.

2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1.) bis 4.) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen, die ihr aus ihrer Beteiligung an der „M. GmbH & Co. KG“ über € 180.000,- zzgl. Agio (Vertrags-Nr. 20-156) entstanden sind oder noch entstehen werden,

3. festzustellen, dass sich die Beklagten zu 1.) bis 4.) mit der Annahme der im Klageantrag Ziff. I von der Klägerin angebotenen Abtretung ihrer Rechte an der Beteiligung bei der „M. P. GmbH & Co. KG“ über € 180.000,- zzgl. Agio (Vertrags-Nr. 20-156) in (Annahme-) Verzug befinden,

III. die Beklagten zu 1.) bis 4.) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin weitere € 5.759,01 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit für vorgerichtliche Anwaltskosten zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten zu 2 bis 4 rügen (schriftsätzlich) die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts. Die Beklagte zu 1 hat sich der Zuständigkeitsrüge (schriftsätzlich) angeschlossen.

Die Beklagten zu 2 – 4 tragen vor, die Parteien hätten bei allen Beteiligungen als Vollkaufleute eine wirksame Gerichtsstandvereinbarung getroffen, ausweislich derer für alle Streitigkeiten aus dem Vertragsverhältnis als ausschließlicher Gerichtsstand Hamburg vereinbart worden sei.

Darüber hinaus führen die Beklagten zu 2 – 4 aus, dass sie weder durch ihre Geschäftsleitung, noch durch einen ihrer Mitarbeiter selbst an den Gesprächen über die Vermittlung der Anlagen teilgenommen hätten, so dass die Beklagten zu 2 – 4 den Vortrag der Klägerin zum Vermittlungsvorgang und zur Historie der betrieblichen Altersvorsorge mit Nichtwissen bestreiten.

Zudem müsse unterstellt werden, dass die Geschäftsführer der Klägerin über die notwendigen unternehmerischen Erfahrungen und Kenntnisse verfügt hätten, um erkennen zu können, dass sie für die Klägerin eine unternehmerische Beteiligung mit den streitgegenständlichen Anlagen erworben hätten. Ferner könne bei Geschäftsführern einer GmbH unterstellt werden, dass diese die Risiken, welche mit unternehmerischen Beteiligung einhergehen, insbesondere das Totalverlustrisiko, aus eigener Anschauung als Unternehmer gekannt und für sich hätten bewerten können.

Zudem habe die Klägerin das Verkaufsprospekt über die streitgegenständlichen Beteiligungen erhalten, wobei die Geschäftsführer der Klägerin mit ihren Unterschriften auf den streitgegenständlichen Beitrittserklärungen bestätigt hätten, dass sie den Inhalt der jeweiligen Verkaufsprospekte vollständig zur Kenntnis genommen hätten.

Die Hinweise zur Klassifizierung der streitgegenständlichen Anlagen als unternehmerische Beteiligung sowie auch das damit einhergehende Totalverlustrisiko würden sich jedoch an diversen Stellen im Verkaufsprospekt der Vermögensanlagen finden. Der Risikoteil des Verkaufsprospekts der M. P. GmbH & Co. KG enthalte auf den Seiten 13-25 eine Darstellung der wesentlichen Risiken der Beteiligung. Neben dieser allgemeinen Risikobeschreibung würden sich auf insgesamt 12 Seiten des Verkaufsprospekts eine Vielzahl einzelner Risikohinweise finden, die allesamt notwendig, aber auch hinreichend seien, um die Risiken der Beteiligung dem Anleger in verständlicher Form darzulegen. Als besonderes Risiko werde dem Anleger sogar das sogenannte Totalverlustrisiko auf Seite 24/25 mit hinreichender Deutlichkeit veranschaulicht. Dies gelte auch für das Verkaufsprospekt der Beteiligung M. P. GmbH & Co. KG, in dem sich nahezu wortgleich die oben dargestellten Risikohinweise befinden würden.

Weiterhin tragen die Beklagten zu 2 – 4 vor, die Beklagte zu 3 habe mit dem Streitverkündeten unter dem 25./28.09.2009 einen Rahmenvertriebsvertrag abgeschlossen, der auch die hier streitgegenständlichen Beteiligungen umfasse.

Darüber hinaus berufen sich die Beklagten zu 2 – 4 auf die Einrede der Verjährung.

Wegen des weiteren Vortrags der Beklagten 2 – 4 wird auf die Klageerwiderung vom 27.09.2019 (Bl. 52/65 d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1 verweist darauf, dass sie zum Zeitpunkt der Zeichnung der streitgegenständlichen Beteiligungen am 28.01.2011 sowie am 23.06.2011 rechtlich noch nicht existent gewesen sei und vor ihrer Eintragung auch keine Geschäftstätigkeit entfaltet habe.

Da die Beklagte zu 1 im Jahr 2009 noch nicht existiert habe, könne sie die Klägerin auch nicht dazu beraten haben, die bisherige betriebliche Altersvorsorge auf eine pauschal dotierte Unterstützungskasse umzustellen, weiterhin habe die Beklagte zu 1 als nicht existente Gesellschaft kurze Zeit später der Klägerin auch keinen Vorschlag, in eine 2009 noch nicht existierende Unterstützungskasse zu wechseln, unterbreiten können.

Darüber hinaus sei der als Mitarbeiter der Beklagten zu 1 benannte … bei der Vermittlung der streitgegenständlichen Kapitalanlagen nicht zugegen gewesen. Anhand der Eintragungen in dem Outlook-Kalender von … lasse sich rekonstruieren, dass sich dieser am 28.01.2011 auf einem geschäftlichen Termin in Tübingen befunden habe und bei der Zeichnung der streitgegenständlichen Kapitalanlage am 28.01.2011 in … nicht zugegen gewesen sei.

Der 23.06.2011 sei im Jahr 2011 auf Fronleichnam gefallen. Dabei handele es sich in Baden-Württemberg einen gesetzlichen Feiertag. … sei in einem Musikverein und an diesem Tag in dessen Kapelle eingebunden gewesen und sei daher auch bei der Zeichnung der zweiten streitgegenständlichen Kapitalanlage am 23.06.2011 in … nicht zugegen gewesen.

Vielmehr sei die Beratung der Klägerin zur Einrichtung einer betrieblichen Altersvorsorge und zur Zeichnung der streitgegenständlichen Kapitalanlagen alleine durch den Streitverkündeten erfolgt. Dieser sei zu diesem Zeitpunkt einer der umsatzstärksten Vermittler für die Produktreihe … und mit den streitgegenständlichen Kapitalanlagen bestens vertraut gewesen. Der Streitverkündete habe die streitgegenständlichen Kapitalanlagen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung vermittelt und sei damit weder Handelsvertreter, noch Erfüllungsgehilfe der Beklagten zu 1 oder der Vermittlungsgesellschaft gewesen.

Darüber hinaus seien die streitgegenständlichen Kapitalanlagen weder von der Beklagten zu 1, noch von der Vermittlungsgesellschaft initiiert worden. Auch hätten die Beklagte zu 1 oder die Vermittlungsgesellschaft die Klägerin zur Zeichnung der streitgegenständlichen Kapitalanlagen nicht beraten. Zudem verweist die Beklagte zu 1 auf den sich aus der Anlage K 1 (Bl. 16 d. A.) bereits ergebenden Risikohinweis. Außerdem rügt die Beklagte zu 1 den Vortrag der Klägerin zur streitgegenständlichen Anlagevermittlung, zur Risikobereitschaft der Gesellschafter der Klägerin und der „Einbindung“ des als Zeugen benannten … die behauptete Beratung der Klägerin als unsubstantiiert.

Wegen des weiteren Vortrags der Beklagten zu 1 wird auf die Klageerwiderung vom 08.11.2019 (Bl. 94/100 d. A.) und den Schriftsatz (Duplik) der Beklagten zu 1 vom 11.02.2020 (Bl. 169/185 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig.

Das Landgericht Mühlhausen ist gemäß § 29 Abs. 1 ZPO örtlich und sachlich für die Klage gegen alle Beklagten zuständig. Die Klägerin macht gegen die Beklagte zu 1 eine Beratungs- bzw. Aufklärungspflichtverletzung geltend, welche nach herrschender Rechtsprechung am Ort des Beratungsgesprächs zu erfüllen ist (vgl. nur: OLG Frankfurt, Beschluss vom 07.11.2013 – 11 AR 59/13 -, juris; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 22.06.2005 -2 W 99/05 -, juris) und für die (nach Auffassung der Klägerin) die Beklagten zu 2 – 4 als Gründungsgesellschafter unter dem Gesichtspunkt des § 278 BGB einstehen sollen (vgl.: BGH, Urteil vom 04.07.2017 – II ZR 358/16 -, juris).

Dagegen greift die Gerichtsstandvereinbarung in den Mittelfreigabe- und Mittelverwendungskontrollverträgen (§ 10 Ziff. 2) bzw. die Vereinbarung des Erfüllungsortes in den Treuhand- und Verwaltungsverträgen (§ 14 Ziff. 4) vorliegend nicht ein, da nicht ersichtlich ist, dass die Klägerin Schadensersatzansprüche aufgrund einer Pflichtverletzung dieser Verträge geltend macht.

Darüber hinaus haben die Beklagten zu 1 – 4 die örtliche Zuständigkeit des Gerichts im Termin zur mündlichen Verhandlung 18.02.2020 auch nicht (mehr) gerügt (§ 39 S.1 ZPO).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

1. Die Beklagte zu 1 ist bereits nicht passivlegitimiert, da sie erst nach Zeichnung der streitgegenständlichen Anlagen in das Handelsregister eingetragen worden ist und an der Vermittlung der fraglichen Anlagen nicht beteiligt war.

Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin liegt auch kein Fall einer bloßen Rubrumsberichtigung vor.

Als Teil einer Prozesshandlung ist auch die Parteibezeichnung zwar grundsätzlich der Auslegung zugänglich. Dabei ist maßgeblich, wie die Bezeichnung bei objektiver Deutung aus der Sicht des Gerichts und der gegnerischen Partei zu verstehen ist. Es kommt darauf an, welcher Sinn der von der Klägerseite in der Klageschrift gewählten Bezeichnung bei objektiver Würdigung des Erklärungsinhalts beizulegen ist. Dabei sind nicht nur die im Rubrum der Klageschrift enthaltenen Angaben, sondern der gesamte Inhalt der Klageschrift einschließlich etwa beigefügter Anlagen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 27.11.2007, X ZR 144/06, Rn. 7, juris,). Von der fehlerhaften Parteibezeichnung zu unterscheiden ist die irrtümliche Benennung einer falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei; diese wird Partei, weil es entscheidend auf den objektiv geäußerten Willen der Klägerseite ankommt (BGH, Urteil vom 27.11.2007, X ZR 144/06, Rn. 7 juris; OLG Frankfurt, Urteil vom 10. September 2008 – 9 U 3/08 -, Rn. 16, juris).

Dies bedeutet zwar nicht, dass eine berichtigende Auslegung dann nicht in Frage kommt, wenn irrtümlich die Bezeichnung einer tatsächlich existierenden juristischen Person gewählt worden ist (OLG Frankfurt, a.a.O.). Im vorliegenden Falle liegt aber nicht nur eine ungenaue Bezeichnung der Beklagten zu 1 vor. Vielmehr hat die Klägerin die Beklagte zu 1 verklagt, weil sie die Beklagte zu 1 irrtümlich für die bei der Vermittlung der streitgegenständlichen Anlagen tätige Gesellschaft hielt. Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass aufgrund der Ähnlichkeit der Firmenbezeichnungen der beiden Gesellschaften … eine Verwechslungsgefahr besteht. Jedoch hätte die Klägerin bei Einsicht in das Handelsregister ohne weiteres erkennen können, dass es sich bei der Beklagten zu 1 um die „falsche“ Gesellschaft handelt. Auch aus der E-Mail vom 18.01.2011, Anlage K 3, lässt sich jedenfalls nicht ohne weiteres feststellen, dass die Klägerin tatsächlich die … in Anspruch nehmen wollte. In der E-Mail sind zwei Gesellschaften angegeben, für die der als Zeuge benannte … anscheinend tätig gewesen ist. Dass von den beiden genannten Gesellschaften die … von der Klägerin in Anspruch genommen werden sollte, ergibt sich weder aus der Klageschrift, noch aus der genannten E-Mail mit der notwendigen Eindeutigkeit.

Für eine Rubrumsberichtigung genügt es nach Auffassung des Gerichts auch nicht, dass die Klägerin die bei der Vermittlung der streitgegenständlichen Beteiligungen tätige Gesellschaft verklagen wollte. Würde man dies ausreichen lassen, so wäre letztendlich jedwede Parteibezeichnung durch die Klagepartei entbehrlich.

Somit liegt hier der Fall einer irrtümliche Benennung einer falschen, am materiellen Rechtsverhältnis nicht beteiligten Person als Partei vor, bei der nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine Rubrumsberichtigung nicht in Betracht kommt.

Ein Parteiwechsel wurde durch die Klägerin ausdrücklich nicht beantragt, so dass die Klage gegen die Beklagte zu 1 daher mangels Aktivlegitimation abzuweisen ist.

2. Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten zu 2 – 4 aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 Nr. 2, 241 Abs. 2 BGB wegen eines Aufklärungs- und/oder Beratungsfehlers, den sich die Beklagten zu 2 – 4 gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müssten, zu.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Empfehlung einer unternehmerischen Beteiligung wegen des damit regelmäßig verbundenen Verlustrisikos fehlerhaft sein, wenn das beabsichtigte Geschäft einer sicheren Geldanlage dienen soll (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 – III ZR 365/13 -, Rn. 13, juris,; BGH, Urteil vom 16. März 2017 – III ZR 489/16 -, juris). Andererseits rechtfertigt nicht schon alleine der Umstand, dass die Kapitalanlage auch der ergänzenden Altersvorsorge dienen sollte, den Schluss, die Empfehlung an einer mit Verlustrisiken verbundenen Beteiligung stelle keine anlegergerechte Beratung dar. Insbesondere dann, wenn z.B. bereits eine Absicherung für das Alter besteht (z.B. gesetzliche Rente, Immobilien), kann auch eine unternehmerische Beteiligung mit Totalverlustrisiko zur ergänzenden Altersvorsorge tauglich sein (OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. September 2018 – 17 U 75/17 -, Rn. 61, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 26. Oktober 2015 – I-9 U 175/14 -, juris).

In dem vorliegenden Fall ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei der Klägerin um keinen Verbraucher handelt. Bei einem Verbraucher mag eine unternehmerische Beteiligung, wie die streitgegenständlichen Ansparpläne, als Altersvorsorge auf Grund des bei jeder unternehmerischen Beteiligung bestehenden Totalverlustrisikos ungeeignet sein. Bei einer betrieblichen Altersvorsorge, die ein Unternehmen für ihre Geschäftsführer einrichtet, können dagegen die über eine konservative Anlage hinausgehende Renditeerwartung und steuerliche Gründe für die Zeichnung einer solchen Anlage sprechen. Für die Annahme eines Beratungsfehlers hätte es daher nähere Angaben der Klägerin bedurft, ob es sich bei den streitgegenständlichen Anlagen um eine Basisabsicherung der Geschäftsführer der Klägerin oder um eine zusätzliche Altersvorsorge handelte. Die Vermögensverhältnisse der Geschäftsführer der Klägerin und deren bisheriges Anlageverhalten werden nicht dargestellt. Nach Maßgabe der oben zitierten Rechtsprechung kann daher alleine der Vortrag, dass die streitgegenständlichen Sparpläne als Rückdeckung einer betrieblichen Altersvorsorge ungeeignet seien, noch keine Verletzung von Beratungs- und/oder Aufklärungspflichten begründen.

b) Eine den Beklagten zu 2 – 4 zurechenbare Pflichtverletzung kann auch nicht dahingehend gesehen werden, dass den Geschäftsführern der Klägerin versichert worden sei, die fraglichen Beteiligungen seien wegen ihrer Streuung besonders sicher und daher als Rückdeckung für die bei der Klägerin neu eingerichtete betriebliche Altersvorsorge geeignet. Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich schon nicht, wer die Geschäftsführer der Klägerin entsprechend beraten hat. Der für die Vermittlungsgesellschaft tätige … war offenbar bei der Zeichnung der streitgegenständlichen Anlagen nicht zugegen. Auch der Inhalt und der Verlauf der Beratungsgespräche wird im Einzelnen nicht vorgetragen. Selbst wenn man jedoch unterstellt, der Streitverkündete habe eine entsprechende Äußerung getätigt und man weiter unterstellt, dass den Beklagten 2 – 4 das Verhalten des Streitverkündeten aufgrund des mit der Beklagten zu 3 abgeschlossenen Rahmenvertriebsvertrages als Erfüllungsgehilfe zuzurechnen wäre, ist dieser pauschale Vortrag der Klägerin für die Annahme eines Beratung- und Aufklärungsfehlers nicht ausreichend.

Zwar müssen im Rahmen der von dem Anlageberater geschuldeten anlegergerechten Beratung die persönlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden berücksichtigt und insbesondere das Anlageziel, die Risikobereitschaft und der Wissensstand des Anlageinteressenten abgeklärt werden. Die empfohlene Anlage muss unter Berücksichtigung des Anlageziels auf die persönlichen Verhältnisse des Kunden zugeschnitten sein (BGH, Urteil vom 11. Dezember 2014 – III ZR 365/13, juris Rn. 13, m.w.N). Die konkrete Ausgestaltung der Pflicht, vor Abgabe einer Anlageempfehlung den Wissensstand, die Erfahrungen und die Anlageziele zu erfragen, hängt aber entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – XI ZR 316/13 -, juris, Rn. 18). Die Erkundigungspflicht entfällt deshalb dann, wenn dem Berater diese Umstände, beispielsweise aus einer langjährigen Geschäftsbeziehung mit dem Kunden oder dessen bisherigem Anlageverhalten, bereits bekannt sind (OLG Karlsruhe, Urteil vom 25. September 2018 – 17 U 75/17 -, Rn. 60, juris).

Vorliegend ergibt sich die Tatsache, dass es sich bei den streitgegenständlichen Anlagen um unternehmerische Beteiligungen handelt, mit hinreichender Deutlichkeit aus dem den Geschäftsführern der Klägerin übergebenen Verkaufsprospekt. Der Risikoteil der Verkaufsprospekts der … enthält auf den Seiten 11 – 23 eine Darstellung der wesentlichen Risiken der Beteiligung, einschließlich des Totalverlustrisikos. Von einem Geschäftsführer einer Gesellschaft kann zudem erwartet werden, dass ihm aus eigener Erfahrung das jeder unternehmerischen Beteiligung immanente Verlustrisiko bewusst ist, insbesondere im Hinblick auf die im vorliegenden Fall in Aussicht gestellte Renditeerwartung von 7 – 9%. Hiervon kann auch der Anlageberater ausgehen. Somit kann im vorliegenden Fall aufgrund der behaupteten Angaben zur Eignung der Anlagen als Rückdeckung für eine betriebliche Altersvorsorge noch keine Relativierung der im Verkaufsprospekt enthaltenen Risikohinweise gesehen werden.

c) Dass die streitgegenständlichen Anlagen ein über die generellen Risiken einer unternehmerischen Beteiligung hinausgehendes besonders hohes Verlustrisiko aufweisen, hat die Klägerin trotz des Hinweises in der mündlichen Verhandlung 18.02.2020 nicht dargetan. Ein Antrag auf Schriftsatznachlass auf die gerichtlichen Hinweise wurde nicht gestellt. Von den Beklagten wurde ausdrücklich gerügt, dass das bisherige Vorbringen der Klägerin zu den behaupteten Aufklärungs- und/oder Beratungsfehlern unsubstantiiert sei. Hierauf wäre weiterer Vortrag der Klägerin zu erwarten gewesen. Die gerichtlichen Hinweise können für die Klägerin daher nicht „überraschend“ gewesen sein. Somit bestand für das Gericht auch kein Anlass, der Klägerin ohne entsprechenden Antrag einen Schriftsatznachlass zu gewähren oder die Verhandlung zu vertagen.

Der Schriftsatz der Klägerin vom 15.05.2020 ist daher gemäß § 296a ZPO bei der Entscheidung nicht zu berücksichtigen. Er bietet auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen (§ 156 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 ZPO). Soweit die Klägerin erstmals in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 15.05.2020 dargetan hat, dass das Fondsvermögen zu annähernd 75 % in riskante und spekulative Anlagen investiert worden sei, ist dies nicht hinreichend mit Tatsachenvortrag unterlegt. Bei Investitionen in „Leasing & Factoring“ oder „Umwelt/Rohstoffe/erneuerbare Energien“ muss es sich nicht zwangsläufig um hochriskante Beteiligungen handeln. Soweit die Klägerin darauf verweist, dass einzelne Investitionen bereits mit einem Totalverlust geendet hätten oder ein solcher zumindest drohen würde, machen diese nach den Darlegungen der Klägerin nur einen verhältnismäßig geringen Teil des Fondsvermögens (zwischen 0,52 % bis 3,62 %) aus. Ein besonders hohes Verlustrisiko, welches die streitgegenständlichen Beteiligungen für den Zweck der Rückdeckung einer betrieblichen Altersvorsorge als generell ungeeignet erscheinen ließe, lässt sich auch aus diesem Vortrag nicht entnehmen.

Nach alldem war die Klage mit der Folge des § 91 Abs. 1 ZPO abzuweisen, wobei die geltend gemachten Nebenforderungen das Schicksal der Hauptforderung teilen.

III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

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