AG Waiblingen, Az.: 9 C 1106/18, Urteil vom 15.01.2019
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.646,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 17.03.2018 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.646,20 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schadensersatz aufgrund einer durch die Beklagte ausgesprochenen Eigenbedarfskündigung.
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über eine Wohnung in Fellbach. Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs am 26.09.2016 zum 30.06.2017. Die Eigenbedarfskündigung wurde damit begründet, dass die Beklagte beabsichtige die streitgegenständliche Wohnung mit ihren zwei Kindern zu beziehen. Tatsächlich zog die Beklagte allerdings nie in die streitgegenständliche Wohnung ein. Unverzüglich nach Räumung durch die Klägerin wurde die streitgegenständliche Wohnung durch Nachmieter bezogen. Der Klägerin entstand hierdurch ein Schaden in Höhe von 7.646,20 €.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte hätte nie die Absicht gehabt, in die streitgegenständliche Wohnung einzuziehen. Es handele sich um eine vorgeschobene Eigenbedarfskündigung, um sich von einer unliebsamen Mieterin trennen zu können.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.646,20 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2018 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, sie sei mit einem amerikanischen Staatsbürger verheiratet. Zum Zeitpunkt der Kündigung sei geplant gewesen, dass die Beklagte mit ihren zwei Kindern nach Deutschland zurückkehre, um die Kinder hier einzuschulen. Der Umzug habe dann aber verschoben werden müssen, da der Ehemann der Beklagten schwer erkrankt sei und der Pflege der Beklagten bedürfe.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 04.12.2018 (Bl. 51 ff d. A.) verwiesen.
Entscheidungsgründe
I. Die Klage ist zulässig und vollumfänglich begründet.
1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von 7.646,20 € aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag.
Eine Pflichtverletzung der Beklagten liegt im Ausspruch der Kündigung wegen Eigenbedarfs, obwohl ein solcher nicht vorlag.
Die Beklagte hat den von ihr behaupteten nachträglichen Wegfall des Eigenbedarfs nicht hinreichend dargelegt.
Zwar obliegt der Klägerin zunächst die Darlegungs- und Beweislast für das Fehlen des Eigenbedarfs. Der Beklagten obliegt dann jedoch die sekundäre Darlegungslast hinsichtlich des nachträglichen Wegfalls des Eigenbedarfs aufgrund der Erkrankung ihres Ehemannes, da es sich hierbei um Vorgänge handelt, die der privaten Sphäre der Beklagten angehören und von denen die Klägerin keinerlei Kenntnisse hat und haben kann. In diesen Fällen kann von der Beklagten das substantiierte Bestreiten der behaupteten Tatsache unter Darlegung der für das Gegenteil sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (Zöller, ZPO, § 138, Rn. 8 b). Unterbleibt die Eigennutzung einer wegen Eigenbedarfs gekündigten Mietwohnung, muss der auf Schadensersatz in Anspruch genommene Vermieter substantiiert darlegen, weshalb der Eigenbedarf nach Auszug des Mieters weggefallen ist (LG Gießen, NJWE-MietR 1996, 146, beck-online).
Die Beklagte hat vorgetragen, der für Mitte 2017 geplante Umzug in die streitgegenständliche Wohnung habe verschoben werden müssen, da ihr in den USA lebender Ehemann erkrankt sei und der Pflege der Beklagten bedürfe. Dies wurde von der Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Es fehlt –trotz richterlichen Hinweises- insbesondere ein substantiierter Vortrag dazu, wann der Ehemann der Beklagten erkrankte, da im Falle des Wegfalls des Eigenbedarfs vor Ablauf der Kündigungsfrist eine Mitteilungspflicht gegenüber der Klägerin bestanden hätte. Ebenso wurde nicht hinreichend dargelegt, inwieweit die Erkrankung derart schwerwiegend ist, dass der Ehemann der Pflege der Beklagten bedarf, sodass der geplante Umzug der Beklagten nicht realisiert werden konnte.
Die Beklagte hat die Pflichtverletzung nach der Vermutung des § 280 Abs. 1 BGB auch zu vertreten. Sie konnte sich insofern auch nicht entlasten.
Die Schadenshöhe von 7.646,20 € wurde von der Klägerin schlüssig dargetan und von der Beklagtenseite nicht bestritten. Sie macht Umzugskosten in Höhe von 1.166,20 € geltend sowie die Mietdifferenz zwischen der streitgegenständlichen und der nunmehr von der Klägerin bewohnten Wohnung für 24 Monate in Höhe von 6.480,00 € geltend. Die Wohnungen sind hinsichtlich Größe, Lage und Ausstattung vergleichbar. Die Kaltmiete der neuen Wohnung ist jedoch um 270 € höher als in der streitgegenständlichen Wohnung. Ein solcher Anspruch auf Erstattung der Mietdifferenz kann jedoch nicht unbegrenzt bestehen, da es im Laufe der Zeit auch zu einer Angleichung der Mieten kommen kann. Insofern erscheint der geltend gemachte Zeitraum von 24 Monaten angemessen (vgl. Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 542, Rn.118).
2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.
II. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S.1 und S.2 ZPO.