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Fernwärmelieferungsvertrag – jederzeitige Kündbarkeit mangels Laufzeitvereinbarung

LG Neuruppin, Az.: 1 O 161/08, Urteil vom 22.04.2010

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.264,54 Euro nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.08.2008 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, die Abschläge für die Fernwärmelieferung an die Wohnhäuser der Klägerin für das Abrechnungsjahr 2008 wie folgt zu korrigieren und neu festzusetzen:

a) Für das Wohnhaus …-Straße 53 (Verbrauchsstellen/Kunden-Nummer: …55) betragen die Abschläge jeweils am Monatsanfang (ersten des Monats) 1.103,20 Euro in der Zeit vom 01.03.2008 bis zum 01.12.2008,

b) für das Wohnhaus …-Straße 55 (Verbrauchsstellen/Kunden-Nummer: …) betragen die Abschläge jeweils am Monatsanfang (ersten des Monats) 1.140,50 Euro in der Zeit vom 01.03.2008 bis zum 01.12.2008,

c) für das Wohnhaus …-Straße 57 (Verbrauchsstellen/Kunden-Nummer: …) betragen die Abschläge jeweils am Monatsanfang (ersten des Monats) 1.778,88 Euro in der Zeit vom 01.03.2008 bis 01.12.2008.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Fernwärmelieferungsvertrag - jederzeitige Kündbarkeit mangels Laufzeitvereinbarung
Symbolfoto: Srdjanns74/Bigstock

Die Beklagte ist ein regionales Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in …. Sie beliefert die Klägerin als Vermieterin verschiedener Mehrfamilienhäuser in … seit 1996 mit Fernwärme. Ein schriftlicher Vertrag zwischen den Parteien über die Versorgung mit Fernwärme besteht nicht.

Bis zum 31.12.2000 erfolgte die Belieferung der Klägerin mit der Bezeichnung „Fernwärmeversorgung mit Vollservicevertrag“ zu unveränderten Preisen. Erstmals im Dezember 2000 teilte die Beklagte der Klägerin schriftlich mit, dass ab 01.01.2001 die Fernwärmepreise erhöht würden. In der Folgezeit erfolgten Änderungen der Fernwärmepreise (Erhöhungen und auch Senkungen) jeweils quartalsweise durch Zusendung von Preisblättern der Beklagten an die Klägerin. Ob diesen Preisblättern noch weitere Unterlagen zur Erläuterung beigefügt waren, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben vom 04.10.2005 (Anlage K4) widersprach die Klägerin erstmals der Erhöhung des Fernwärmepreises und verlangte den Nachweis der Billigkeit bzw. der Rechtmäßigkeit der Tarife. Die Beklagte wies den Widerspruch unter Hinweis auf § 24 AVBFernwärmeV und auf die Vereinbarung einer Preisgleitklausel zurück.

Unter dem 01.06.2006 kündigte die Klägerin den Vollservicevertrag zum 30.06.2006. Diese Kündigung akzeptierte die Beklagte.

Am 14.06.2006 übergab die Beklagte der Klägerin den Entwurf eines Vertragsformulars für einen Fernwärmeversorgungsvertrag. Darin nahm sie unter anderem auf eine als Anlage 2 beigefügte Preisliste Bezug, in der die Grundlagen der Preisgestaltung angegeben waren. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf die vorgelegte Fotokopie der Preisliste, Bl. 62 – 64 d.A. verwiesen. Der Vertragsentwurf wurde von der Klägerin nicht unterzeichnet. Die Belieferung wurde aber fortgesetzt.

Auch in der Folgezeit wurde zwischen den Parteien keine schriftliche Vereinbarung getroffen. Die Klägerin leistete fortan Zahlungen auf die Jahresabrechnungen und die zu leistenden Abschläge jeweils lediglich entsprechend ihrer eigenen Nachberechnungen auf Grundlage der von ihr akzeptierten Preisbasis. Sie widersprach regelmäßig den quartalsmäßigen Preiserhöhungen der Beklagten und leistete Zahlungen nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung.

Die Kürzung der Rechnungsbeträge führte zu der Androhung einer Versorgungssperre durch die Beklagte. In dem darauf geführten einstweiligen Verfügungsverfahren bestätigten das Landgericht Neuruppin und Brandenburgische Oberlandesgericht die Rechtmäßigkeit der Versorgungssperre.

Mit der Klage verlangt die Klägerin, bezogen auf die betroffenen Wohnhäuser, die Erstattung der Differenz zwischen den Beträgen aus der Jahresabrechnung der Beklagten für das Jahr 2007 und denjenigen Beträgen, die die Klägerin selbst als angemessen für den selben Zeitraum ermittelt hat. Darüber hinaus verlangt sie eine entsprechende Anpassung der jeweils sich ergebenden Vorauszahlungsbeträge.

Hilfsweise wird die Feststellung der Unwirksamkeit der Preisänderungsklausel sowie die Feststellung der Unwirksamkeit und Billigkeit der seit dem 01.10.2005 vorgenommenen Preiserhöhungen für die Fernwärmelieferung verlangt.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe der Fernwärmepreisinformation erstmals seit Bestehen des Lieferverhältnisses dem Schreiben vom 20.12.2007 für das erste Quartal 2008, der Klägerin zugegangen am 28.12.2007, den Abdruck einer sogenannten Preisgleitklausel für die Fernwärmeversorgung beigefügt. Den seit Ende 2000 erfolgten Mitteilungen über Preisänderungen sei auch zu keinem Zeitpunkt ein Vertrags- oder Änderungsangebot beigefügt gewesen.

Über eine Preisgleitklausel sei allerdings bereits am 14.06.2006 gesprochen worden.

Die Klägerin meint, mangels eines schriftlichen Vertrages seien allenfalls die Regelungen der AVBFernwärmeV Vertragsgrundlage. Die von der Beklagten angeführte Preisänderungsklausel sei fehlerhaft i.S.d. § 30 AVBFernwärmeV und entspreche nicht den Vorgaben des § 24 AVBFernwärmeV. Es sei zu beanstanden, dass eine Preisänderung nur bei Kostensteigerungen vorgesehen sei. Die Preisgleitklausel weise nicht die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und auch nicht in allgemein verständlicher Form aus. Sie sei weder nachvollziehbar noch überschaubar und verständlich.

Die Klausel sei auch inhaltlich zu beanstanden. Sie berücksichtige nicht die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme. Sie berücksichtige insbesondere nicht, dass die Beklagte ausschließlich Fernwärme aus Gas erzeuge. Durch die Anbindung an den Ölpreis verschaffe sich die Beklagte unberechtigte Preisvorteile. Die Klausel berücksichtige überdies nicht die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen. Hier beanstandet die Klägerin, dass die Beklagte als Heizmittel Erdgas verwende, die Preisanpassung jedoch auf der Grundlage der Preisentwicklung für leichtes Heizöl vornehme. Sie beanstandet darüber hinaus, dass die Klausel nicht den prozentualen Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an den jeweiligen Preisänderungen gesondert ausweise.

Die Preisänderung sei jedenfalls an § 315 BGB zu messen. Hierzu verweist die Klägerin darauf, dass die Beklagte in ihrem Versorgungsgebiet eine Monopolstellung habe.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.264,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.02.2008 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilten, die Abschläge für die Fernwärmelieferung an die Wohnhäuser der Klägerin für das laufende Abrechnungsjahr 2008 wie folgt zu korrigieren und neu festzusetzen:

a) für das Wohnhaus …53 (Verbrauchsstellen/Kunden-Nr. …) betragen die Abschläge jeweils am Monatsanfang (01. des Monats) 1.103,20 Euro in der Zeit vom 01.03.2008 bis zum 01.12.2008,

b) für das Wohnhaus …-Straße 55 (Verbrauchsstellen/Kuden-Nr.: 211507/509455) betragen die Abschläge jeweils am Monatsanfang (01. des Monats) 1.140,50 Euro in der Zeit vom 01.03.2008 bis zum 01.12.2008,

c) für das Wohnhaus …-Straße 57 (Verbrauchsstellen/Kunden-Nr.: 212214/509455) betragen die Abschläge jeweils am Monatsanfang (01. des Monats) 1.778,88 Euro in der Zeit vom 01.03.2008 bis zum 01.12.2008.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet ein, die Preisgleitklausel sei der Klägerin seit langem bekannt gewesen. Sie habe bereits am 14.04.1999 der Klägerin Vertragsentwürfe für die hier streitgegenständlichen Abnahmestellen übersandt, die auch die Preisänderungsklausel enthalten hätten.

Dieselben Bedingungen seien in allen vergleichbaren Verträgen zwischen der Beklagten und ihren Kunden vereinbart worden. Die einzelnen Komponenten der Klausel seien auf dem Preisblatt (Anlage K10) näher erläutert. Auch der Mitteilung für das zweite Quartal 2001 sei die Preisgleitklausel beigefügt gewesen.

Bis zum 01.01.2002 habe die Beklagte darauf verzichtet, die Anpassungsklausel voll auszuschöpfen. Ab dem 01.04.2002 sei der Preis allerdings immer unter Anwendung der Preisanpassungsklausel berechnet worden.

Zum Inhalt der Klausel trägt die Beklagte vor: Sie erzeuge ihre Fernwärme überwiegend mit Erdgas. Sie benutze jedoch auch Heizöl zur Wärmeerzeugung. Auch der Preis für das von der Beklagten bezogene Erdgas folge dem Preis für leichtes Heizöl.

Die Beklagte meint, die Preisänderungsklausel sei wirksam. So könne an den Preis für leichtes Heizöl geknüpft werden. Die Klausel sei klar nachvollziehbar und verständlich. Die maßgebenden Faktoren seien genau festgelegt und die Bindung an statische Werte sei nicht zu beanstanden. Die Klausel wirke auch automatisch, was im Falle von Kostensenkungen zu Preissenkungen führe.

Die Beklagte sei aber auch unabhängig davon zur Preisanpassung berechtigt gewesen.

Dabei komme § 315 BGB nicht zur Anwendung, da eine automatische Preisanpassungsklausel vorliege. Eine Monopolstellung der Beklagten bestehe nicht.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst der Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

1. Die Klägerin kann von der Beklagten die Rückzahlung der von ihr für das Jahr 2007 geleisteten Entgelte für den Fernwärmebezug in Höhe von 6.264,54 Euro gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen. Die Beklagte hat diese Entgelte ohne Rechtsgrund erlangt hat. An einem Rechtsgrund für die Zahlungen fehlt es, da die zwischen den Parteien streitigen Preiserhöhungen weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart wurden und die Beklagte auch nicht aus sonstigen Gründen zur Preiserhöhung berechtigt war.

Die Parteien verbindet ein Fernwärmebezugsvertrag. Die Klägerin hat seit 1996 von der Beklagten Fernwärme bezogen und dafür auch, jedenfalls bis zum dritten Quartal des Jahres 2005, jeweils die von der Beklagten in Rechnung gestellten Preise gezahlt. Damit ist ein Vertragsverhältnis zustande gekommen, indem die Beklagte die Energielieferung angeboten hat, und die Klägerin dieses Angebot angenommen hat, indem sie aus dem Leitungsnetz der Beklagten Fernwärme entnommen hat. Für derartige Vertragsverhältnisse bestimmt § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV, dass die Versorgung zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen erfolgt.

Auch die Klägerin stellt nicht in Abrede, dass darunter jedenfalls diejenigen Preise zu verstehen sind, die von der Beklagten bis zum 3. Quartal 2005 in Rechnung gestellt wurden und von der Klägerin unbeanstandet bezahlt wurden.

Ein darüber hinausgehender Anspruch auf eine Preisanpassung bzw. Preiserhöhung steht der Beklagten nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob der Klägerin bereits zu einem früheren Zeitpunkt der genaue Inhalt der von der Beklagten in ihren Verträgen mit den Kunden verwendeten Preisänderungsklauseln bekannt war und das Verhalten der Klägerin dementsprechend als konkludente Vereinbarung dieser Preisänderungsklausel zu werten wäre oder ob diese Klausel schon deshalb Geltung verlangen kann, weil sie von der Beklagten in gleichartigen Versorgungsverhältnissen stets vereinbart wurde und die Versorgung der Klägerin gem. § 2 Abs. 2 S. 2 AVBFernwärmeV zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen erfolgte. Die von der Beklagten in ihrer Preisliste verwendete Regelung zur Preisänderung findet hier schon deshalb keine Anwendung, weil die Vereinbarung gem. § 307 BGB unwirksam ist.

Gem. § 307 BGB sind Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen des Gebotes von Treue und Glauben unangemessen benachteiligen.

Die Vorschrift des § 307 BGB ist hier anwendbar. Ihre Anwendung ist nicht gem. § 310 Abs. 2 für den Bereich der Verträge mit Fernwärmeunternehmen ausgeschlossen.

Bei der Preisänderungsklausel handelt es sich um eine Bestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die – wie auch die Beklagte eingeräumt hat – für eine Mehrzahl von Verträgen vorformuliert ist und dort Anwendung findet.

Ob eine unangemessene Benachteiligung durch die von der Beklagten verwendete Preisänderungsklausel vorliegt, ist nach ihrem Inhalt zu bestimmen, Kostenelementeklausel, die eine Preisanpassung wegen und auf der Grundlage sich verändernder Kosten vorsehen, sind im Allgemeinen nicht zu beanstanden (BGH NJW 2007, 1054, 1055). Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Wird die Preisanpassung – wie hier – auf der Grundlage der Entwicklung von Kostenelementen herbeigeführt, so darf die Regelung andererseits aber nicht zu einer ausschließlichen und überwiegenden Wahrung der Verwenderinteressen führen. Eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treue und Glauben in diesem Sinne hat die höchstrichterliche Rechtsprechung jedenfalls dann angenommen, wenn die Klauseln nur das Recht des Verwenders vorsehen, Erhöhungen ihrer Kosten an ihre Kunden weiterzugeben, nicht aber die Verpflichtung, bei gesunkenen Gestehungskosten den Preis zu senken. Risiken und Chancen einer Veränderung der Kosten des Energiebezuges werden damit zwischen den Parteien ungleich verteilt (vgl. BGHZ 176, 244). Eine Preisanpassungsklausel muss aber das vertragliche Äquivalenzverhältnis wahren (BGHZ 158, 149, 158) und darf dem Verwender nicht die Möglichkeit geben, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Die von der Beklagten verwendete Preisänderungsklausel enthält hingegen – jedenfalls in der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung – keine Verpflichtung, gefallene Gestehungskosten der Fernwärmeversorgung nach gleichen Maßstäben wie die gestiegenen Kosten zu berücksichtigen. Sie verschafft der Beklagten damit die Möglichkeit einer ungerechtfertigten Erhöhung ihrer Gewinnspanne.

Die von der Beklagten unter „3. Preisänderungen“ in der Preisliste enthaltene Klausel bestimmt, dass das Fernwärmeversorgungsunternehmen bei Kostensteigerungen und Veränderungen am Wärmemarkt die … Preise nach den nachstehenden Formeln anpassen kann. Damit sieht die Klausel lediglich ein Recht der Beklagten vor, den Preis sowohl nach oben als auch nach unten anzupassen. Im Fall der Kostensenkung besteht jedoch keine Pflicht zu einer Anpassung. Der Wortlaut der Klausel ist insoweit eindeutig. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sich bei Anwendung der Preisänderungsklausel unter Berücksichtigung der nachfolgend angegebenen Kostenelemente bei gesunkenen Kosten zwangsläufig eine Reduzierung des Preises ergibt. Denn die Anwendung steht unter dem Obersatz, dass eine Anpassung nur als mögliche Handhabung vorgesehen ist. Dagegen findet sich kein Anhalt für eine Verpflichtung zu einer derartigen Anpassung. Diese Regelung wird noch unterstrichen durch die Klausel unter „4. Anwendung der Preisänderungsklausel“. Darin ist ausdrücklich vorbehalten, dass die Beklagte ggf. von der Möglichkeit der Änderung der Preise nicht oder nur zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch macht. Auch dadurch wird deutlich, dass hier weder eine Pflicht noch eine zeitliche Festlegung für eine bestimmte Preisanpassung begründet werden sollte. Mangels anderweitiger vertraglicher Vorgaben hat die Beklagte damit die Möglichkeit, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie von einem Preisänderungsrecht Gebrauch macht und durch die Wahl des Preisanpassungstermins erhöhte Bezugskosten umgehend, niedrige Bezugskosten jedoch nicht oder erst mit zeitlicher Verzögerung durch eine Preisanpassung zu berücksichtigen.

Nachdem die in den Verträgen der Beklagten enthaltene Preisänderungsklausel schon aus diesen Gründen als unwirksam zu beurteilen ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob sie auch aus Gründen ihrer Verständlichkeit oder der Auswahl der zugrunde gelegten Kostenelemente die Kunden der Beklagten unangemessen benachteiligt und auch deshalb gem. § 307 BGB als unwirksam zu beurteilen ist.

Die Unwirksamkeit hat gemäß § 306 Abs. 1 BGB zur Folge, dass die Klausel im Ganzen nicht anwendbar ist, der Vertrag im übrigen jedoch wirksam bleibt. Unter der Klausel im Ganzen sind auch die in 3.1 und 3.2 der Preisliste enthaltenen Angaben der Preisberechnung zu verstehen. Diese sind schon nach ihrer Unterordnung unter die Preisänderungsklausel deren Bestandteil. Sie enthalten abgesehen davon keine eigenständige Vereinbarung eines Rechts zur Preisänderung. Die Angaben in den Erhöhungsmitteilungen der Beklagten (z.B. Anlagen B3, B14 und B15) lassen ebenfalls nicht auf eine andere Vertragsgestaltung schließen. Die dortigen Angaben dienen lediglich der Erläuterung eines Preiserhöhungsverlangens, zu dem sich die Beklagte entschieden hat. Sie lassen jedoch keinen Rückschluss auf die zugrunde liegenden Vereinbarungen zu.

An die Stelle der unwirksamen Preisanpassungsklausel tritt auch kein Preisänderungsrecht der Beklagten nach den Vorschriften der AVBFernwärmeV. Die AVBFernwärmeV enthält Regelungen zu Preisänderungen lediglich in § 24. § 24 Abs. 2 AVBFernwärmeV regelt die zeitliche Abgrenzung und Berechnung der Preise für den Fall, dass sich innerhalb eines Abrechnungszeitraumes die Preise ändern. Die Vorschrift legt allerdings nicht fest, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Preisänderung vorgenommen werden kann. § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV befasst sich mit der Ausgestaltung von Preisänderungsklauseln. Die Vorschrift setzt damit voraus, dass für eine Preisänderung durch „Preisänderungsklausel“ gesonderte Vereinbarungen zu treffen sind. Sie regelt die Mindestvoraussetzungen derartiger Vereinbarungen, ohne dass dadurch festgelegt wird, in welchem Fall und unter welchen Bedingungen eine Preisänderung vorgenommen werden kann.

Der Beklagten steht auch kein Preisanpassungsrecht gem. § 315 BGB zu. Diese Vorschrift ist nicht anwendbar, da die Parteien keine wirksame Befugnis zu einer einseitigen Leistungsbestimmung vereinbart haben und ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der Beklagten sich auch nicht Kraft Gesetzes ergibt.

Die Möglichkeit der Preisanpassung als vertragsimmanente Gestaltung ergibt sich hier auch nicht aus der Rechtsnatur des Versorgungsvertrages. Sie ist nicht zwingend. Denn es versteht für die Parteien eines solchen Vertrages alternativ die Möglichkeit, Änderungen der Bezugskosten etwa bei der Preisbemessung durch entsprechende Risikozuschläge zu erfassen, im Falle solcher Änderungen eine Pflicht zur Neuverhandlung des Preises vorzusehen oder ein Sonderkündigungsrecht zu vereinbaren.

Ein Preisanpassungsrecht steht der Beklagten auch nicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung gem. §§ 133, 157 BGB zu. Eine solche kommt nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehenden Lücke, nicht durch dispositives Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge einseitig und unzumutbar zugunsten des Kunden verschiebt. Das ist hier nicht der Fall. Für das hier vorliegende Vertragsverhältnis haben die Parteien eine bestimmte Laufzeit nicht vereinbart. Wenn jedoch im Rahmen eines Fernwärmelieferungsvertrages eine Laufzeitvereinbarung nicht getroffen wurde, ist das Vertragsverhältnis jeder Zeit ordentlich kündbar. In einem derartigen Fall kommt § 32 Abs. 1 AVBFernwärmeV, wonach die Höchstlaufzeit von Versorgungsverträgen 10 Jahre beträgt, nicht zur Anwendung (Brandenburgisches Oberlandesgericht CuR 2006, 157 ff.). Die bis zu einer Kündigung bestehende vertragliche Bindung führt allerdings nicht zu einem die ergänzende Vertragsauslegung gebietenden unzumutbaren Ergebnis.

Nach alledem ist ein Rechtsgrund für die von der Beklagten für das Jahr 2007 berechneten erhöhten Preise nicht gegeben.

Auf der Grundlage der von der Klägerin akzeptierten Preise für das Jahr 2005 ergeben sich für das Jahr 2007 folgende Erstattungsbeträge:

…-Straße 53, 12.538,43 Euro ./. 11.031,95 Euro 1.506,48 Euro

…-Straße 55, 12.995,21 Euro ./. 11.405,01 Euro 1.590,20 Euro

…-Straße 57, 20.956,66 Euro ./. 17.788,80 Euro 3.167,86 Euro

Gesamtbetrag 6.264,54 Euro

2. Darüber hinaus ist die Klägerin berechtigt, die Anpassung der Abschlagsbeträge für das Jahr 2008 zu verlangen. Die Höhe der Abschlagsbeträge ergibt sich jeweils aus den für berechtigt erachteten und auf dem Verbrauch des Jahres 2007 basierenden Gesamtbeträgen. Die Höhe des Abschlages im Einzelnen errechnet sich gemäß § 25 Abs. 1 AVBFernwärmeV aus einer gleichmäßigen Verteilung des jeweiligen Gesamtbetrages auf 10 von der Beklagten berechnete Abschlagsbeträge.

Nach alledem ist wie geschehen zu entscheiden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert : 13.408,74 Euro (Antrag zu 1: 6.264,54 Euro;

Antrag zu 2 nach der Differenz der geltend gemachten Abschlagsbeträge: 7.144,20 Euro).

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