AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.: 13 C 142/09, Urteil vom 23.02.2010
1. Die Beklagten werden verurteilt, die Mietwohnung im Hause, 5. Obergeschoss rechts, Vertrags-Nr. 16.012.03, mit einer Größe von 103,71 qm, bestehend aus 4,5 Zimmern nebst Küche, Diele, Toilette, Toilette mit Bad, Balkon sowie einem Keller, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 701,51 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.06.2009 zu zahlen.
3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung Sicherheitsleistung in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beklagten sind seit 1996 Mieter der im Rubrum aufgeführten Wohnung. Durch Zuschlagbeschluss vom 17.9.2007 wurde die Klägerin Eigentümerin und Vermieterin der Streitgegenständlichen Wohnung.
Mit Schreiben vom 4.3.2009 kündigten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin das Mietverhältnis mit den Beklagten fristlos und begründeten dies mit dem Verhalten der beiden Söhne der Beklagten, welches im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist. Wegen des genauen Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Blatt 15 bis 18 der Akte Bezug genommen.
Die Beklagten haben die Kündigung mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 12.3.2009 mangels ordnungsgemäßen Nachweises der Bevollmächtigung nach § 174 BGB zurückgewiesen, weil die Unterschrift auf der beigefügten Originalvollmacht nicht identifizierbar war. Wegen des genauen Inhalts des Schreibens wird auf Blatt 39 und 40 der Akte Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 28.7.2009 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin erneut die fristlose Kündigung.
Die Klägerin behauptet, die Beklagten seien bereits mehrfach abgemahnt worden, nachdem die Geschäftsführerin der Klägerin mehrmals, unter anderem am 20.1.2009 und 18.2.2009, von den Söhnen der Beklagten beleidigt worden sei, unter anderem mit den Worten “Fotze” und “Ich ficke dich”.
Die Klägerin behauptet weiter, der Mitarbeiter der Klägerin, der Zeuge R, sei am 3.3.2009 gegen 13.00 Uhr durch den jüngeren Sohn der Beklagten, H, mit den Worten “du Hurensohn, du Wichser, du Schwuchtel, ich ficke dich, was guckst du, du Arschloch” beleidigt worden.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagten zu verurteilen, die Mietwohnung im Hause, 5. Obergeschoss rechts, Vertrags-Nr.: 16.012.03, mit einer Größe von 103,71 m², bestehend aus 4,5 Zimmern nebst Küche, Diele, Toilette, Toilette mit Bad, Balkon sowie einem Keller zu räumen und an die Klägerin herauszugeben,
2. die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an die Klägerin 701,51 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.6.2009 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, ihr Sohn H habe am 2. und 3.3.2009 in der Zeit von 8 bis 15 Uhr die Schule besucht und sich am 2.3.2009 ab 16.45 Uhr bis ca. 19.45 Uhr auf der Fahrt zum Fußballtraining bzw. beim Training selbst befunden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Räumung der Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB zu, da das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 28.7.2009 beendet wurde.
Die Klägerin kann sich auf den Kündigungsgrund des § 543 Abs. 1, 569 Abs. 2 BGB berufen.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der jüngere Sohn der Beklagten, H, am 3.3.2009 gegen 13.30 Uhr zum Zeugen R folgendes gesagt hat: “Was guckst du? Du Arschloch, ich ficke dich, du Hurensohn, du Wichser, du Schwuchtel.” Der Zeuge war dabei im Beisein von Kaufinteressenten, da die Wohnungen im Hause F.straße … verkauft werden sollen. Der Zeuge K hat ebenfalls bestätigt, dass die Worte “Arschloch “ und “Hurensohn” gefallen sind.
Weiter hat der gleiche Sohn einige Wochen zuvor wiederum zum Zeugen R “du Arsch, du Schwanz, ich ficke ich, Du Arschloch” gesagt.
Beide Zeugen konnten sich an die Vorfälle gut erinnern. Der Zeuge R nahm zwar seine Aufzeichnungen zur Hilfe, hat aber glaubhaft bestätigt, dass er lediglich die Reihenfolge der Wortwahl und in einem Fall nach dem genauen Datum schauen wollte.
Beide Zeugen waren auch glaubwürdig. Zwar sind beide bei der Klägerin beschäftigt, eine Belastungstendenz konnte das Gericht jedoch bei keinem der beiden erkennen. Der Zeuge R schilderte die Vorfälle vielmehr recht ruhig und anschaulich und konnte dem Gericht die Gesamtsituation in dem Haus gut und nachvollziehbar vermitteln. Er zeigte sich von dem Verhalten der beiden Söhne der Beklagten erschüttert und legte nachvollziehbar dar, dass die Geschäftsführerin der Klägerin aufgrund der Vorfälle das Gebäude nur noch in Begleitung betritt.
Die beiden Zeugen haben den Sohn der Beklagten auch zweifelsfrei wieder erkannt. Der Zeuge R hat hierzu ausgesagt, dass er mit der Geschäftsführerin der Klägerin kurz nach dem Eigentumsübergang sämtliche Mieter des Hauses persönlich aufgesucht hat und dabei auch für kurze Zeit in der Wohnung der Beklagten war.
Der Zeuge K kannte die beiden Söhne der Beklagten ebenfalls von Arbeiten in der Wohnung.
Die Kündigung war durch die Bezugnahme auf die Vorfälle ausreichend begründet.
Die nach § 543 Abs. 3 BGB i. d. R. erforderliche Abmahnung ist in jedem Fall in dem Kündigungsschreiben vom 4.3.2009 zu sehen, dessen Erhalt von den Beklagten nicht bestritten wurde. Das Kündigungsschreiben genügte den Anforderungen an eine Abmahnung vollständig, da in der Abmahnung das Fehlverhalten der Mieters – bzw. hier ihrer Kinder – ausreichend beschrieben wurde. Bereits die Wortwahl der Söhne der Beklagten ist völlig ausreichend, das überwiegende Interesse der Klägerin an einer sofortigen Beendigung des Mietverhältnisses gegenüber den Interessen der Beklagten zu bejahen. Ein Eigentümer und Vermieter muss in keiner Weise hinnehmen, dass seine Mitarbeiter auf das Übelste beschimpft werden und durch das Verhalten der Söhne der Beklagten eine Nutzung des Hauses durch die Klägerin, die hier im Verkauf der Wohnungen liegt, praktisch unmöglich ist. Der Zeuge R hat darüber hinaus bestätigt, dass die beiden geschilderten Vorfälle keine Einzelfälle sind, sondern beinahe jeder Aufenthalt von ihm in dem Haus mit Beleidigungen und Provokationen einhergeht.
Die im Prozess ausgesprochene Kündigung konnte auch nicht nach § 174 BGB zurückgewiesen werden.
Der Anspruch auf Zahlung der Rechtsanwaltskosten in Höhe von 701,51 € folgt aus § 280 Abs. 1 BGB. Es liegt eine erhebliche Pflichtverletzung des Mietvertrages vor, da die Beklagten in keiner Weise irgendwelche Schritte unternommen haben, das Verhalten ihrer Söhne zu sanktionieren und dieses zu einem ordnungsgemäßen Verhalten anzuhalten.
Ausgehend von einer Nettokaltmiete und einem sich daraus ergebenden Streitwert 6.772,44 € kann die Klägerin die Erstattung einer 1,5 Geschäftsgebühr (562,50 €) zuzüglich Auslagenpauschale (20,00 €), Mehrwertsteuer (110,68 €) und 8,33 € Zustellkosten verlangen. Eine 1,5 Gebühr ist angemessen, da es sich nicht um eine einfache Kündigung aufgrund von Zahlungsverzug handelt, sondern um eine verhaltensbedingte Kündigung, die eine Ermittlung des genauen Sachverhalts sowie die Überprüfung, ob Zeugen vorhanden sind, voraussetzt.
Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.